Arbeitsrecht

Sonderzahlung – lang andauernde Arbeitsunfähigkeit

Aktenzeichen  10 AZR 400/12

Datum:
25.9.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1 TVG
§ 3 Abs 1 EntgFG
Spruchkörper:
10. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Kaiserslautern, 25. Mai 2011, Az: 1 Ca 401/11, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 14. Dezember 2011, Az: 8 Sa 435/11, Urteil

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Dezember 2011 – 8 Sa 435/11 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Höhe des Anspruchs auf eine tarifliche Jahressonderzahlung.
2
Der Kläger ist seit 1990 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Bundes-Manteltarifvertrag für die Entsorgungswirtschaft vom 15. Dezember 2008 (BMTV), gültig ab 1. Januar 2009, Anwendung.
3
Der BMTV lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 11 Krankenbezüge
(1) Bei Arbeitsunfähigkeit im Falle der Krankheit gelten die gesetzlichen Regelungen über die Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall.
(2) Ist der Arbeitnehmer infolge eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, erhält er vom Beginn der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit an einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den tatsächlichen Barleistungen des Sozialversicherungsträgers und der um die gesetzlichen Abzüge verminderten Vergütung. Berechnungsgrundlage ist das Urlaubsentgelt. Der Krankengeldzuschuss wird gezahlt bei einem nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit im Sinne der SGB bis zum Ende der 26. Woche.

§ 13 Jahressonderzahlungen
(1) Als jährliche Sonderzahlungen werden 100 % … des Monatsentgelts bezahlt, das sich aus dem Durchschnitt des aufgrund der tariflichen Regelung gezahlten Entgelts der letzten vorausgegangenen 13 Wochen errechnet.
 Besteht das Arbeitsverhältnis nicht während des gesamten Kalenderjahres, so werden die Sonderzahlungen anteilig gekürzt. Der Zeitpunkt der Fälligkeit wird betrieblich geregelt.
(2) Beschäftigte, die zum 1.1.2009 oder später neu in den Betrieb eingestellt werden, erhalten entgegen der Regelung des Abs. 1 60 % des Monatsentgelts als jährliche Sonderzahlung, …
(3) Für ruhende Arbeitsverhältnisse (bei Wehrpflicht, Ersatzdienst, Elternzeit, unbezahltem Urlaub) besteht kein voller Anspruch auf die Jahressonderzahlungen. Der Anspruch wird bei teilweiser Tätigkeit insoweit gezwölftelt und anteilig für die Monate gewährt, in denen ganz oder teilweise gearbeitet worden ist.
(4) Günstigere Regelungen bis zu einem Aufstockungsbetrag von höchstens 100 % des durchschnittlichen Monatsentgeltes können durch die Betriebsparteien mittels Betriebsvereinbarung geregelt werden.“
4
Nach einer Betriebsvereinbarung vom 5. März 1997 ist die tarifliche Sonderzahlung mit der Novemberabrechnung spätestens zum 1. Dezember zu zahlen.
5
Der Kläger war im Zeitraum vom 11. Februar 2010 bis 31. Juli 2010 arbeitsunfähig erkrankt; die Entgeltfortzahlung endete am 3. März 2010. Die Beklagte hat für das Jahr 2010 eine Jahressonderzahlung in Höhe von 1.253,47 Euro brutto geleistet; wegen der Arbeitsunfähigkeitszeiten ohne Entgeltfortzahlung hat sie den vollen Anspruch um 895,33 Euro brutto gekürzt.
6
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Jahressonderzahlung stehe ihm unabhängig von der Erbringung von Arbeitsleistung in voller Höhe zu. Sein Arbeitsverhältnis habe während des gesamten Kalenderjahres 2010 bestanden und habe auch nicht geruht. Die Tarifvertragsparteien könnten selbst festlegen, welche Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung sich anspruchsmindernd oder anspruchsausschließend auf die Sonderzahlung auswirken sollten. Für Zeiten der lang andauernden Arbeitsunfähigkeit sei eine Kürzung auch nach Ende der Entgeltfortzahlung tariflich nicht vorgesehen.
7
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 895,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2011 zu zahlen.
8
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Tarifvertragsparteien wollten die Sonderzahlung bzw. deren Höhe mit der tatsächlichen Tätigkeit verknüpfen. Dies ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang der Tarifnorm. Bei der Jahressonderzahlung handle es sich um reine Vergütung, die – außer an die Arbeitsleistung – nicht an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft sei.
9
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.


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