Arbeitsrecht

Übertragung von Aktien

Aktenzeichen  7 Sa 752/17

Datum:
17.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 22839
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 307 Abs. 1 Nr. 1
AktG § 192 Abs. 2 Nr. 3, § 193 Abs. 2 Nr. 4

 

Leitsatz

Die Beklagte hat dem Kläger die Übertragung eines Aktienpakets des Mutterkonzerns im Wert von 44.100,00 € unter der Bedingung versprochen, dass er bis zum 31.12.2016 in ungekündigter Stellung ist. Die Klage auf Übertragung der Aktien bzw. Zahlung von Schadenersatz hatte keinen Erfolg, da der Kläger sein Arbeitsverhältnis bereits zum 31.10.2016 beendet hatte. Die vorliegende Bindungsfrist von drei Jahren und vier Monaten ist unschädlich, da nach der Rechtsprechung des BAG bei Aktienoptionen wegen ihres spekulativen Charakters die Rechtsgrundsätze bezüglich der Zulässigkeit von Bindungsfristen nicht uneingeschränkt übertragen werden können. Zudem ist in § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG die Ausgabe isolierter Bezugsrechte an Arbeitnehmer und Führungskräfte als besondere Form erfolgsorientierter langfristig verhaltenssteuernder Vergütung mit einer Wartezeit von vier Jahren für die erstmalige Ausübung vorgesehen mit der Folge, dass die vorliegende Bindung nicht von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB abweicht und zulässig ist.

Verfahrensgang

37 Ca 3671/17 2017-09-27 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 27.09.2017 – 37 Ca 3671/17 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach §§ 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen schließt sich die Kammer zunächst den Ausführungen des Arbeitsgerichts an (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf die Berufungsangriffe ist das folgende veranlasst:
A) 1. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 28.05.2008 – 10 AZR 351/07 entschieden, dass, wenn ein Arbeitgeber Aktienoptionen gewährt, die Ausübungsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen und dass bei dieser Inhaltskontrolle die zu anderen Sondervergütungen entwickelten Grundsätze in Bezug auf Bindungs- und Verfallklauseln nicht uneingeschränkt herangezogen werden können. Weiter gilt nach dieser Entscheidung, dass wenn das Bezugsrecht auch nach Ablauf der in § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG vorgeschriebenen Wartezeit von mindestens zwei Jahren an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses geknüpft wird, diese Regelung den Arbeitnehmer in der Regel nicht unangemessen benachteiligt.
a) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass mit bestimmten Sonderzahlungen verbundene einzelvertragliche Stichtags- und Rückzahlungsklauseln einen Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindern dürfen und insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB unterliegen. Nach den vom Bundesarbeitsgericht für Rückzahlungs- und Stichtagsklauseln entwickelten Grundsätzen hängt die Dauer der zulässigen Bindung regelmäßig von der Höhe der Sonderzahlung ab und es müssen Grenzwerte eingehalten werden. Werden diese überschritten, ist anzunehmen, dass der Arbeitnehmer durch die Rückzahlungs- oder Stichtagsklausel in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindert wird. In einem solchen Fall liegt eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 BGB vor, die zur Unwirksamkeit der Rückzahlungs- oder Stichtagsklausel führt (vgl. zum Ganzen BAG, 28.05. 2008 – 10 AZR 351/07).
b) Das Bundesarbeitsgericht hat in der zitierten Entscheidung vom 28.05.2008 -10 AZR 351/07 aber auch ausgeführt, dass die für bestimmte Sonderleistungen, insbesondere Gratifikationen, entwickelten Rechtsgrundsätze bezüglich der Zulässigkeit von Bindungsfristen und Verfallklauseln nicht uneingeschränkt auf Aktienoptionen übertragen werden können, denn im Gegensatz zu anderen Sondervergütungen haben Aktienoptionen einen ungleich größeren spekulativen Charakter.
aa) Bei jährlichen Sonderleistungen wie Bonuszahlungen, die vor allem eine zusätzliche Vergütung des Arbeitnehmers für im Kalender- oder Geschäftsjahr erbrachte individuelle Leistungen oder erreichte Ziele bezwecken oder auf den Erfolg des Unternehmens in einem Geschäftsjahr abstellen, steht nach Ablauf des Kalender- oder Geschäftsjahres fest, ob die Voraussetzungen für die Sonderleistung erfüllt sind. Ist dies der Fall, kann der Arbeitnehmer sie beanspruchen.
bb) Demgegenüber kann bei Aktienoptionen der bezugsberechtigte Arbeitnehmer auch bei guten eigenen Leistungen und einem für das Unternehmen erfolgreichen Geschäftsjahr mit der Werthaltigkeit der Bezugsrechte nicht zuverlässig rechnen. Bei der Bestimmung der Erfolgsziele hat die Hauptversammlung der emittierenden Gesellschaft ein weites Ermessen. Erfolgsziele können sich am Börsenkurs, an der Eigenkapital- oder Gesamtkapitalrendite, dem Gewinn pro Aktie oder anderen Kennzahlen orientieren. Bei einer Ausrichtung auf den Börsenkurs können die Erfolgsziele an die Steigerung des Aktienkurses um einen bestimmten Prozentsatz oder Betrag anknüpfen (absolute Kurshürde) oder auf das Verhältnis des Aktienkurses zu einem Aktienindex abstellen (relative Kurshürde). Selbst wenn das Erreichen der Erfolgsziele zu einem bestimmten Zeitpunkt wahrscheinlich erscheint, ist nicht garantiert, dass der bezugsberechtigte Arbeitnehmer den momentanen Wert seiner Optionsrechte voll oder auch nur teilweise realisieren wird. Der Aktienkurs kann allein durch externe Faktoren wie die Konjunktur- oder Zinsentwicklung oder bestimmte Ereignisse im In- und oder Ausland erheblich beeinflusst werden. Im Extremfall können die Optionsrechte von einem Tag auf den anderen wertlos werden. Da der Arbeitnehmer daher stets mit dem Verlust der Werthaltigkeit seiner Optionsrechte rechnen muss, kann ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand dieses Vermögenswertes nur sehr eingeschränkt entstehen.
cc) Eine Anbindung der Befugnis zur Ausübung der Bezugsrechte an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer deshalb eher zuzumuten als bei Sonderleistungen ohne oder mit geringerem spekulativen Charakter. Bloße Erwerbschancen genießen nicht den gleichen arbeitsrechtlichen Schutz wie gesicherte Vergütungsbestandteile. Obgleich die Gewährung von Aktienoptionen durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer unabhängig davon, ob das Bezugsrecht im Anstellungsvertrag oder später vereinbart wird, Bestandteil der arbeitsvertraglichen Vergütungsregelung und damit arbeitsrechtlich als Arbeitsentgelt zu qualifizieren ist, steht der Wert des Optionsrechts auf Grund der nicht vorhersehbaren Entwicklung des Aktienkurses und etwaiger Vergleichsparameter bei der Zusage der Bezugsrechte anders als bei einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Sonderzahlung nicht fest. Ungewiss ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine sich im Aktienkurs widerspiegelnde Wertsteigerung der emittierenden Gesellschaft eintritt und der bezugsberechtigte Arbeitnehmer überhaupt einen finanziellen Vorteil erlangt. Unabhängig von ihrer Anzahl sind Optionsrechte auf Grund ihres ungewissen Wertes anders als der Höhe nach feststehende Sonderzahlungen deshalb als maßgebliches Kriterium für eine zulässige Bindungsdauer nicht geeignet. Die Rechnung „je mehr Optionsrechte, desto länger die zulässige Bindungsdauer“ geht nicht auf.
dd) Entscheidend gegen die entsprechende Anwendung der zu anderen Sondervergütungen entwickelten Grundsätze und Höchstbindungsfristen spricht auch die Regelung in § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG. Der Gesetzgeber hat explizit die Zulässigkeit von Aktienoptionsprogrammen anerkannt, welche die Ausgabe isolierter Bezugsrechte an Arbeitnehmer und Führungskräfte der Gesellschaft als besondere Form erfolgsorientierter, langfristig verhaltenssteuernder Vergütung vorsehen. In § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG hat der Gesetzgeber festgelegt, dass in Beschlüssen der Hauptversammlung zur bedingten Kapitalerhöhung zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung (§ 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG) neben der Aufteilung der Bezugsrechte auf Mitglieder der Geschäftsführung und Arbeitnehmer die Erfolgsziele, die Erwerbs- und Ausübungszeiträume und die Wartezeit für die erstmalige Ausübung (mindestens zwei Jahre; (nach der Neufassung des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG ab 01.09.2009 mindestens vier Jahre)) festgestellt werden müssen. Die Wartezeit soll gewährleisten, dass Aktienoptionsprogramme auf langfristige Anreizwirkung ausgelegt werden. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass im Regelfall eine Wartezeit von drei Jahren angemessen ist, um die langfristige Ausrichtung von Aktienoptionsprogrammen zu gewährleisten, und eine kürzere Wartezeit nur in besonderen Fällen, etwa bei sehr innovativen Unternehmen mit sehr kurzen Produktzyklen, gewählt werden sollte. Wenn die Wartezeit zwischen der Einräumung des Bezugsrechts und der erstmaligen Ausübungsmöglichkeit für jede Tranche die Bezugsberechtigten zu einer an der langfristigen Wertsteigerung orientierten Unternehmensstrategie motivieren soll, erfordert schon diese mit der gesetzlichen Regelung beabsichtigte Verhaltenssteuerung eine längere Bindung. Ist eine Mindestwartezeit von zwei Jahren aus Gründen des Aktionärsschutzes gesetzlich vorgeschrieben (nunmehr vier Jahre) und geht der Gesetzgeber von einer sinnvollen Regel-Erstausübung nach drei Jahren aus, folgt daraus, dass im Interesse der beabsichtigten langfristigen Verhaltenssteuerung auch eine noch längere Wartezeit zulässig ist.
ee) Eine zeitliche Obergrenze der Wartezeit hat der Gesetzgeber nicht festgelegt. Wenn aber eine Wartezeit von über drei Jahren aus Gründen des Aktionärsschutzes wirksam ist, kann ein solcher Zeitraum nicht gleichzeitig aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes unzulässig sein. Insofern weicht eine mehrjährige Bindung des bezugsberechtigten Arbeitnehmers bei einer aktienkursorientierten Vergütung nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ab. Die Bindung wird vielmehr der Zielsetzung des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG gerecht. Die beabsichtigte langfristige Verhaltenssteuerung wird durch die mit einer Verfallklausel verbundene Sanktionierung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Bindungsdauer sinnvoll abgesichert. In der Literatur besteht deshalb auch weitgehend Einigkeit, dass Verfallklauseln, die die Befugnis zur Ausübung der Bezugsrechte aus Aktienoptionen an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses knüpfen, grundsätzlich zulässig sind. Dabei wird überwiegend in Anlehnung an § 624 BGB eine Bindungsdauer von bis zu fünf Jahren für noch angemessen erachtet. Die bezugsberechtigten Arbeitnehmer, die von einem steigenden Aktienkurs finanziell profitieren, identifizieren sich mit den Belangen des Unternehmens. Diese Identifikation führt idealerweise zur Erhöhung der Leistungsbereitschaft, zu verbesserter Arbeitsleistung, gesteigerter Produktivität und einem sensibilisierten Kostenbewusstsein. Diesen Motivationszweck kann eine Aktienoption bei Arbeitnehmern, die vor Ablauf der Wartezeit ausgeschieden sind, nicht mehr erfüllen. Der ersatzlose Verfall aller Bezugsrechte wird deshalb bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Wartezeit ganz überwiegend für zulässig gehalten (vgl. zum Ganzen: BAG, 28.05.2008 – 10 AZR 351/07).
B. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
1. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.05.2008 – 10 AZR 351/07 -ist auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, auch wenn die Beklagte bzw. die vormalige Arbeitgeberin des Klägers diesem einen „Incentive Award“ mit einem im Voraus in der Höhe festgelegten Euro-Betrag mit € 44.100,00 zugesagt hat. Maßgeblich für die Anwendbarkeit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.05.2008 ist aber, dass der dem Kläger in Aussicht gestellte „Incentive Award“ an den Erwerb von „Restricted Stock Units“ (RSUs) geknüpft ist, was nichts anderes darstellt, als ein Aktienoptionsprogramm, das nicht jedermann zugänglich ist, sondern eingeschränkt bzw. isoliert nur für Arbeitnehmer. Von der Zielrichtung ist der „Incentive Award“ ein Aktienoptionsprogramm iSv. § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG mit einer aktienkursorientierten Vergütung und die in diesem Zusammenhang festgelegte Wartezeit soll gerade gewährleisten, dass das Aktienoptionsprogramm eine langfristige Anreizwirkung hat. Dass vorliegend der „Incentive-Award“ nicht lediglich und ausschließlich einen bestimmten Euro-Betrag beinhaltet, zeigt seine Bindung an die sogenannten RSU’s verknüpft mit der Folge, dass, wenn die Aktie im schlimmsten Fall einen totalen Kursverlust erleidet, der Betrag in Höhe von € 44.100,00 ebenfalls auf Null fällt, da er an die Aktie geknüpft ist und wenn diese nichts mehr wert ist, fällt auch der zugesagte Betrag auf Null. Gerade dieser Extremfall, wonach das Optionsrecht von einem Tag auf den anderen wertlos werden kann, zeigt deutlich, dass hier ein Aktienoptionsprogramm vorliegt und keine isolierte Bonuszusage.
2. Bei der Zusage des „Incentive Award“ in Form eines Aktienoptionsprogramm handelt es sich um eine vorformulierte und einseitig gestellte allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass nicht nur der Kläger eine entsprechende Zusage erhalten hat, sondern auch weitere und damit eine Vielzahl von Arbeitnehmern. Es wird auch nicht behauptet, dass in den jeweiligen Zusagen die Bedingungen für die Teilnahme an dem Aktionsprogramm nicht einheitlich gestaltet waren und schon gar nicht, dass ein ernsthafter Verhandlungsspielraum hinsichtlich des Inhalts der Klauseln für die Arbeitnehmer vorlag. Damit unterliegt insbesondere die Stichtagsklausel, wonach der Erhalt von RSU’s vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses bis zu einem bestimmten Datum abhängig ist, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB.
a) Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.05.2008 stellt die vorliegende Stichtagsklausel „Arbeitsverhältnis bis 31.12.2016“ als Voraussetzung für die Zuteilung der RSU’s (Aktien) mit einer Wartezeit von drei Jahren und knapp vier Monaten keine unangemessene Benachteiligung dar. Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen und gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Eine solche Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung liegt nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Zusammenhang mit § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG gerade nicht vor, denn die ursprüngliche Zusage der vormaligen Arbeitgeberin des Klägers, die die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin übernommen hat, stammt vom 09.09.2013 und enthält eine Bindungsdauer bis zum 31.12. 2016, mithin von drei Jahren und knapp vier Monaten. Diese Bindungsdauer übersteigt nicht die gesetzlich geregelte Wartezeit von vier Jahren gem. § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG und kann daher auch nicht iSv. § 307 Abs. 2 Nr. BGB gegen wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung verstoßen. Insoweit stellt die streitgegenständliche Stichtagsregelung auch keine unzumutbare Beeinträchtigung der Berufsfreiheit des Klägers dar.
b) Im Zusammenhang mit der vorliegenden Bindungsdauer ist es auch unerheblich, ob der „Incentive Award“ davon abhängig war, dass der Kläger in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetreten ist und seinen Wohnsitz nach M. verlegt hat, denn dies ändert nichts an dem Umstand, dass es sich vorliegend um ein Aktienoptionsprogramm handelt. Ausschlaggebend ist nach der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vielmehr, dass unabhängig von ihrer Anzahl Optionsrechte auf Grund ihres ungewissen Wertes anders als der Höhe nach feststehende Sonderzahlungen deshalb als maßgebliches Kriterium für eine zulässige Bindungsdauer nicht geeignet sind. Und gleiches muss für einen in Euro festgelegten Betrag gelten, wenn dieser wie hier vorliegend unauflöslich mit der Entwicklung des Aktienwertes verknüpft ist.
3. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der Aufhebungsvereinbarung vom 04.03.2016. In Ziffer 1 Abs. 5 der Aufhebungsvereinbarung vom 04.03.2016 ist unmissverständlich und klar geregelt, dass nur die Restricted Stock Units als unverfallbar („vested“) gelten, die bereits zugeteilt wurden und eine solche Zuteilung ist im Fall des Klägers zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Aus der Aufhebungsvereinbarung ergibt sich jedenfalls keine eigenständige Vereinbarung über eine Zuteilung und aus dem vorliegenden Depotauszug (Bl. 31 d. A. = STOCK PLAN SERVICES REPORT October 1, 2016 – November 30, 2016) kann eine Zuteilung bzw. Unverfallbarkeit von Units ebenfalls nicht herausgelesen werden, denn in diesem Papier steht „Unvested Units“ und nicht „vested“. Schließlich geht auch der Verweis des Klägers auf das „Award Statement“ vom 22.08.2014 (Bl.207 d. A.) ins Leere, denn dieser Mitteilung lässt sich gerade nicht eine Unverfallbarkeit „vested“ entnehmen. Vielmehr weist das Award Statement für das Vesting Date, also die Unverfallbarkeit, das Datum 31. Dezember 2016 aus und zu diesem Datum hatte der Kläger mit der Beklagten nicht mehr ein Arbeitsverhältnis.
4. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verwehrt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechter zu stellen (vgl. zB. BAG, 06.12.1995 – 10 AZR 123/95; LAG München, 31.05.2011 – 9 Sa 80/11). Eine Verletzung dieses Grundsatzes ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte auch Arbeitnehmern bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Stichtagsklausel Aktien zugeteilt hat und er von einer solchen Handhabung ausgenommen worden wäre.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Kammer sah sich veranlasst, wegen grundsätzlicher Bedeutung der vorliegenden Rechtsfrage die Revision zuzulassen.

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