Aktenzeichen M 12 K 19.1267
ZPO § 9, § 12, § 17
GVG § 17a Abs. 2 S. 1, S. 2, § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1
VVG § 215
Leitsatz
1. Die Versorgungsansprüche beruhen auf einem Gruppenversicherungsvertrag zwischen der Zusatzversorgungskasse und dem Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer bei der Zusatzversorgungskasse angemeldet hat. Versicherungsnehmer sind dabei nur die Arbeitgeber, während den Arbeitnehmern die Rolle von bloßen Bezugsberechtigten zufällt (vgl. BeckRS 9998, 171113 ff.). (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Rechtsweg für den Arbeitnehmer bestimmt sich allein nach dem privatrechtlich ausgestalteten, versicherungsrechtlichen Teil, der die Rechtsbeziehung zwischen der Zusatzversorgungskasse und dem Leistungsempfängern regelt (vgl. BVerfG BeckRS 1999, 20263; VG München, B.v. 24.2.2012 – M 12 K 11.5884). Der versicherte Arbeitnehmer kann die ihm gegenüber der Zusatzkasse zustehenden satzungsmäßigen Leistungen nur im Zivilrechtsweg durchsetzen. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II. Der Rechtsstreit wird an das Landgericht München I verwiesen.
Gründe
Die Klägerin begehrt mit ihrer am … März 2019 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangenen Klage rückwirkend Leistungen aus der bei der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden bestehenden Zusatzversorgung. Mit Schreiben vom 25. März 2019 wurden die Beteiligten auf die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs hingewiesen und eine Frist zur Stellungnahme bis 26. April 2019 gesetzt. Mit Schriftsatz vom 25. April 2019 erklärten die Klägerbevollmächtigten, dass mit der Verweisung an das zuständige Zivilgericht Einverständnis bestehe, es werde nach § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG die Verweisung an das Amtsgericht … beantragt.
Für den geltend gemachten Anspruch ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht eröffnet. Es handelt sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern um eine privatrechtliche Streitigkeit. Zwischen der Klägerin und der Zusatzversorgungskasse bestehen keine öffentlich-rechtlichen, sondern nur versicherungsrechtliche Rechtsbeziehungen. Die Versorgungsansprüche beruhen auf einem Gruppenversicherungsvertrag zwischen der Zusatzversorgungskasse und dem Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer bei der Zusatzversorgungskasse angemeldet hat. Versicherungsnehmer sind dabei nur die Arbeitgeber, während den Arbeitnehmern die Rolle von bloßen Bezugsberechtigten zufällt (vgl. BGHZ 103, 370/377 ff.). Der Rechtsweg für den Arbeitnehmer bestimmt sich allein nach dem privatrechtlich ausgestalteten, versicherungsrechtlichen Teil, der die Rechtsbeziehung zwischen der Zusatzversorgungskasse und dem Leistungsempfängern regelt (vgl. BVerfG, B.v. 3.12.1998 – 1 BvR 484/96; VG München, B.v. 28.9.2004 – M 3 K 04.4216; VG München, B.v. 24.2.2012 – M 12 K 11.5884). Der versicherte Arbeitnehmer kann die ihm gegenüber der Zusatzkasse zustehenden satzungsmäßigen Leistungen nur im Zivilrechtsweg durchsetzen. Es ist daher im vorliegenden Fall nicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten, sondern der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben.
Da der beschrittene Rechtsweg zum Verwaltungsgericht damit unzulässig ist, ist dies gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG nach Anhörung der Parteien von Amts wegen auszusprechen und der Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 2 GVG ist der Rechtsstreit an das durch die Klagepartei gewählte Gericht zu verweisen, wenn mehrere Gerichte zuständig sind. Dabei hat das verweisende Gericht zu prüfen, ob die Wahl auf ein mögliches Gericht gefallen ist (Gerhold in BeckOK GVG, 2. Edition Stand 1. Februar 2019, § 17a, Rn. 6).
Vorliegend werden Zahlungen für die Vergangenheit geltend gemacht. § 9 Satz 1 ZPO ist daher nicht einschlägig, da er nur künftige Leistungen erfasst (Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 9 Rn. 3).
Die Klägerin begehrt rückwirkend für einen Zeitraum von 14 Jahren und 2 Monaten (170 Monate) eine Betriebsrente in monatlicher Höhe zwischen 45,00 EUR und 51,21 EUR. Nach überschlägiger Rechnung übersteigt der Streitwert daher 5.000,- EUR. Damit sind nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG i.V.m. §§ 1, 2, 4 ZPO die Landgerichte sachlich zuständig. Eine Verweisung an das Amtsgericht … kommt daher nicht in Betracht.
Örtlich zuständig ist nach §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO (jedenfalls auch) das Landgericht München I, da die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts ihren Sitz München hat. Es ist daher der Rechtsstreit an das Landgericht München I zu verweisen. Ob daneben auch das Landgericht … gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 VVG örtlich zuständig ist, kann offenbleiben, da eine Verweisung an dieses Gericht nicht beantragt wurde.