Arbeitsrecht

Verwaltungsgerichte, Stellenausschreibung, Auswahlverfahren, Schwerbehinderter Bewerber, Befähigung zum Richteramt, Volljurist, Widerspruchsbescheid, Anforderungsprofil, Beurteilungsspielraum, Bewerbungsverfahrensanspruch, Mindestnote, Bestenauslese, Bundesamt für Migration, Widerspruchsverfahren, Streitwertfestsetzung, Streitwertkatalog, Externer Bewerber, Bewerberauswahl, Unterlegener Bewerber, Interne Bewerber

Aktenzeichen  AN 16 K 20.01503

Datum:
18.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 38176
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1
SGB IX § 165 S. 4

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten im Rahmen der Stellenausschreibung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unter der Kennziffer BAMF* … hat. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 24. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Das in Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG statuierte Leistungsprinzip, welches für sämtliche Ernennungen gilt, dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und vermittelt zum anderen Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Art. 33 Abs. 2 GG begründet einen Anspruch des Bewerbers, dass über seine Bewerbung in fehlerfreier Weise entschieden und sie nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (vgl. BVerwGE 124, 99 – NVwZ 2006, 212). Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung, Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NJW 2008, 194). Die Prognoseentscheidung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung erfolgt in der Auslegung und Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, bei denen dem Dienstherrn ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Das Gericht kann nur überprüfen, ob der Dienstherr die Begriffe Eignung, Befähigung und fachliche Leistung verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, ob er das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat, ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (BVerwG, U.v. 13.5.1965 – II C 146/62 – juris Rn.40; BVerfG, B.v. 20.9. 2016 – 2 BvR 2453/15 – juris Rn. 18).
b) Nach diesen Maßgaben erweist sich die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin durch die Beklagte als rechtsfehlerfrei und verletzt die Klägerin nicht in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG. Denn die Klägerin erfüllt das von der Beklagten geforderte, rechtlich nicht zu beanstandende Mindestnotenkriterium von 13 Punkten in der Summe beider Staatsexamina deutlich nicht. Sie erzielte in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung in der Summe lediglich eine Punktzahl von 8,9. aa) Die Beklagte durfte die Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes rechtsfehlerfrei an die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung knüpfen, dass Bewerber in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung ein bestimmtes Mindestnotenniveau erreicht haben. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass in einer Stellenausschreibung eine bestimmte Mindestnote oder andere besondere Qualifikationen in zulässiger Weise gefordert werden können, um schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung anhand bestimmter Kriterien als ungeeignet angesehene Bewerber aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber auszuschließen (BVerwG, B.v. 14.11.1986 – 2 B 123.86 – juris Rn. 5; U.v. 3.3.2011 – 5 C 16.10 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 7.5.2019 – 3 ZB 17.557 – juris Rn. 6; OVG NRW – B.v. 12.11.2019 – 1 A 1112/17 – juris Rn. 8; B.v. 16.7.2020 – 1 A 438/18 – juris Rn. 19 ff., VG Ansbach, U.v. 17.1.2017 – AN 1 K 16.00995 – juris Rn. 35 ff.). Ein Spielraum des Dienstherrn zur Festlegung des Anforderungsprofils besteht jedoch nur insoweit, als das Prinzip der Bestenauslese für die zu besetzenden Stellen gewährleistet ist. Das Anforderungsprofil muss jedenfalls diskriminierungsfrei und der zu besetzenden Stelle angemessen sein. Bei einem rechtmäßigen Anforderungsprofil werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber an den aufgestellten Kriterien gemessen. Um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden, darf und soll die Beklagte zur Besetzung der Stellen ihres höheren Dienstes höhere Anforderungen stellen als lediglich die zum Bestehen der juristischen Staatsprüfungen geforderte Mindestnote. Die Vorgabe einer solchen Mindestnote ist gemessen am Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zulässig, weil die Prüfungsnote als ausschließlich sachliches Kriterium geeignet ist, die fachliche Eignung zu beurteilen. Mit der Festlegung einer solchen Notenuntergrenze übt der Dienstherr den ihm zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Bewerber in typisierender Weise aus. Dem liegt die nicht zu beanstandende Annahme zugrunde, dass eine oberhalb der festgesetzten Grenze liegende Benotung in der Regel auf eine bessere Qualifikation hindeutet als eine Benotung, die die Grenze nicht überschreitet, weil die in dieser Prüfung erzielte Gesamtnote für die im Rahmen der Bestenauslese erforderliche Beurteilung der fachlichen und persönlichen Eignung der Bewerber besonders aussagekräftig ist.
bb) Die Eingrenzung des Bewerberkreises durch ein Mindestnotenerfordernis als Eignungskriterium verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, da dieses Freiheitsrecht keine Ansprüche der Klägerin statuiert, die über diejenigen aus Art. 33 Abs. 2 GG hinausgehen (BVerfG, B.v. 28.2.2007 – 2 BvR 2494/06 – juris Rn. 14). Denn das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet das Maß an Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG), welches angesichts der von der jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft zulässigerweise begrenzten Zahl von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst möglich ist. Die freie Berufswahl wird mithin nach Maßgabe der staatlichen Organisationsgewalt eingeschränkt bzw. besteht nur in deren Rahmen (Scholz in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 91. EL April 2020, Art. 12 Rn. 212). Funktionell gilt das Gleiche für das Verhältnis von freier Berufsausübung und öffentlicher Diensttätigkeit. Deshalb ist allein das Gleichheitsrecht des Art. 33 Abs. 2 GG und nicht das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG maßgebend; eine Ausnahme bildet lediglich – hier nicht betroffenes – ausschließlich im öffentlichen Dienst angesiedeltes Ausbildungsrecht. Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Bewerbung der Klägerin ist mithin maßgeblich am Prinzip der Bestenauslese zu bewerten (Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 44. Auflage, Stand: 15.8.2020 – Art. 12 GG Rn. 43; OVG Münster, B.v. 16.7.2020 – 1 A 438/18 – juris Rn. 8).
cc) Die Regelung einer Mindestnote als Eignungskriterium für die Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst der Beklagten unterliegt auch nicht dem Parlamentsvorbehalt. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip verpflichten den Gesetzgeber dazu, für die Grundrechtsverwirklichung maßgebende Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen, wobei wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte Regelungen sind, die insoweit erhebliche Bedeutung haben und sie besonders intensiv treffen. Über die Festlegung einer Mindestnote wird der Grundsatz der Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 GG allerdings bereits nicht eingeschränkt, sondern lediglich im Sinne einer Grenzziehung konkretisiert. Die Note stellt ein ausschließlich sachliches Kriterium zur Beurteilung der fachlichen Eignung eines Bewerbers dar, welches die Beklagte rechtsfehlerfrei in der Stellenausschreibung zum hier streitigen Einstellungsverfahren aufstellen durfte (ebenso OVG NRW, B.v. 16.7.2020 – 1 A 438/18 – juris Rn. 13 ff.).
dd) Der Dienstherr darf das hier streitige Mindestnotenkriterium schließlich auch vor dem Hintergrund der Berufserfahrung der Klägerin als Beamtin im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes fordern, ohne dabei den ihm zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Bewerber zu überschreiten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sucht mit der streitgegenständlichen Stellenausschreibung Volljuristinnen und Volljuristen für eine Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst. Die Ausschreibung richtet sich zuvorderst an Bewerber, die eine Einstellung in den Bundesdienst anstreben. Angeboten wird nämlich eine unbefristete Einstellung im Beschäftigtenverhältnis (Entgeltgruppe 13 TV EntgO Bund) bzw. bei Erfüllung der beamtenrechtlichen Voraussetzungen eine Verbeamtung (BesGrp A 13 BBesO). Verbeamtete oder als Tarifbeschäftigte in einem Dauerarbeitsverhältnis angestellte Bewerber in der Funktionsebene des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes werden auf die Möglichkeit einer Abordnung mit dem Ziel der Versetzung verwiesen. Ausweislich des klaren Wortlauts der Ausschreibung müssen sie als Versetzungsbewerber die geforderte Mindestnote von 13 Punkten in der Summe beider juristischer Staatsexamina ebenso nachweisen wie neu einzustellende Bewerber. Die Ausschreibung setzt weiter keinerlei Berufserfahrung voraus, sondern richtet sich an Berufsanfänger. Dies wird aus dem Anforderungsprofil deutlich, welches neben dem hier streitigen Mindestnotenerfordernis den Hinweis enthält, dass eine Bewerbung bereits unter Vorlage der schriftlichen Ergebnisse des zweiten Staatsexamens zulässig sei, sofern davon auszugehen sei, dass die Notenvorgabe erfüllt werde. Das Einstellungskonzept der Beklagten, alle Bewerber einzubeziehen und dabei einheitlich auf die in den beiden juristischen Staatsexamina erzielten Ergebnisse abzustellen, erweist sich deshalb als sachgerecht. Denn insbesondere beim Fehlen vorheriger praktisch erbrachter fachlicher Leistungen bietet diese Note eine diskriminierungsfreie fachliche Eignungsvoraussetzung. Der gewählte Vergleichsmaßstab bleibt auch aussagekräftig, wenn manch Bewerber berufliche Erfahrungen vorweist (ebenso OVG Koblenz, B.v. 11.7.2000 – 2 B 11038/00.OVG – juris Rn. 4). Weiter durfte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dabei bestimmen, dass eine Gesamtnote, die die Mindestpunktzahl von 13 Punkten in beiden juristischen Staatsexamina unterschreitet, bei der zulässigen typisierenden Betrachtung längerfristig eine belastbare Aussage über die mangelnde fachliche und persönliche Eignung trifft. Im hier zu entscheidenden Fall zwingt die mehrjährige Berufserfahrung der Klägerin das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zudem bereits deshalb zu keiner anderen Bewertung, weil die Klägerin diese nach Abschluss der Zweiten Juristischen Staatsprüfung nicht im höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes, sondern im gehobenen Dienst gesammelt hat. Die nachträglich erworbenen beruflichen Fähigkeiten der Klägerin sind damit schon nicht gleichwertig. Vielmehr lassen die in einer niedrigeren Laufbahngruppe gezeigten Leistungen der Klägerin nur bedingt Schlüsse auf ihre Eignung für ein Amt einer höheren Laufbahngruppe zu. Zudem konnte die Klägerin dort ersichtlich eindeutig keine eignungsrelevanten fachlichen und persönlichen Komponenten in derselben Qualität erwerben, wie sie regelmäßig durch das Erreichen einer Mindestnote in der für den höheren Dienst befähigenden Zweiten Juristischen Staatsprüfung belegt werden (zu Berufserfahrung im höheren Dienst: OVG NRW, B.v. 12.11.2019 – 1 A 1112/17 – juris Rn. 23). Anhaltspunkte dafür, dass sich einzig die Möglichkeit eines Ausgleichs nicht hinreichender Examensnoten durch später erworbene vergleichbare berufliche Fähigkeiten als beurteilungsfehlerfrei erweist, hat die Klägerin somit weder vorgebracht noch sind sie sonst ersichtlich. Der Dienstherr durfte bei seiner Vorauswahl maßgeblich auf die in den Jahren 2005 und 2008 erzielten Ergebnisse der Klägerin in den beiden juristischen Staatsexamina abstellen. Eine Schlechterstellung der Klägerin als interne Bewerberin gegenüber externen Bewerbern geht damit nicht einher. Die Beklagte misst vielmehr sämtliche Bewerber (mit Ausnahme eines schwerbehinderten Bewerbers, auf den noch einzugehen ist) am hier streitigen Mindestnotenkriterium. Soweit die Klägerin eine Zulassung zum Auswahlverfahren begehrt, obwohl sie keine 13 Punkte in der Summe ihrer Staatsexamina nachweisen kann, beansprucht sie für sich eine Ausnahme von den allgemeinen Einstellungskriterien und erstrebt eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu ihren Gunsten.
ee) Die Klägerin hat auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine Diskriminierung vorgebracht. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten verletzt die Klägerin nicht in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
(1) Ausweislich einer anonymisierten Aufstellung bewarben sich neben der Klägerin 39 weitere Personen auf die unter der Kennziffer BAMF* … ausgeschriebenen Stellen, von denen im Rahmen einer formalen Vorauswahl mit Ausnahme eines schwerbehinderten Bewerbers lediglich denjenigen eine formale Eignung zugesprochen worden ist, die in der Summe ihrer beiden Staatsexamina mindestens 13 Punkte erreicht haben. Die Beklagte hat die Eignung der Bewerber damit an ihrem aufgestellten Mindestnotenkriterium gemessen. Ausnahme bildet ein schwerbehinderter Bewerber, den die Beklagte zum Auswahlverfahren zuließ, obwohl er lediglich 9,91 Punkte in seinen Staatsexamina erzielt hat. Dieser Umstand begründet jedoch keinen Anspruch der Klägerin auf Zulassung zum Auswahlverfahren. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt der Klägerin zwar einen Anspruch darauf, dass über ihre Bewerbung fehlerfrei entschieden wird und diese nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Sie kann damit sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung von Konkurrenten rügen. Indem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wohl aufgrund einer ministeriellen Weisung (E-Mail des …, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, v. 29.9.2020) einen schwerbehinderten Bewerber zum juristischen Auswahlverfahren zugelassen hat, ohne diesen im Ansatz am Mindestnotenkriterium zu beurteilen, dürfte eine unzulässige Bevorzugung eines Konkurrenten naheliegen. Denn § 165 Satz 4 SGB IX entbindet öffentliche Arbeitgeber nicht von jedweder Eignungsprüfung, sondern regelt lediglich, dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bei offensichtlichem Fehlen der fachlichen Eignung entbehrlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Bewerber bei Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG jedoch nur dann eine neue Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl bei rechtsfehlerfreiem Verlauf ernsthaft möglich erscheint (vgl. etwa BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 32; BVerfG, B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – juris Rn. 19). Demgemäß führt die dargestellte sachgrundlose Bevorzugung eines schwerbehinderten Bewerbers nicht zum Erfolg der Klage. Denn auch bei fehlerfreier Wiederholung der Vorauswahl durch die Beklagte scheitert die Bewerbung der Klägerin am zulässigen Mindestnotenkriterium. Fehlerfrei müsste die Beklagte nämlich sämtliche, auch schwerbehinderte Bewerber hieran messen.
(2) Dass die Beklagte die Zulassung zum Auswahlverfahren vorliegend an den Nachweis des Erreichens von mindestens 13 Punkten in der Summe beider juristischer Staatsexamina knüpft, stellt sich auch im Übrigen nicht als willkürlich dar.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet das Begehren der Klägerin auf Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten hinsichtlich unter der Kennziffer BAMF* … ausgeschriebenen Stellen für Volljuristinnen und Volljuristen. Eine ungerechtfertigte Bevorzugung nichtjuristischer Akademiker mit Masterabschlüssen gegenüber Volljuristen, die die geforderte Mindestnote nicht nachweisen können, ist im streitgegenständlichen Auswahlverfahren bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin dort lediglich mit anderen Volljuristinnen und Volljuristen konkurriert. Der klägerische Verweis auf andere Stellenausschreibungen erweist sich deshalb als unbehelflich. Auch der Einwand der Klägerin, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge würden zahlreiche Referentenstellen des höheren Dienstes mit nichtjuristischen Akademikern besetzt, die an keiner Mindestnote gemessen würden, führt zu keiner Sachwidrigkeit des hier streitigen Mindestnotenkriteriums für Volljuristinnen und Volljuristen. Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung keineswegs verpflichtet, sämtliche Bewerber mit Hochschulabschlüssen an denselben Einstellungskriterien zu messen. Dass eine differenzierte Betrachtung geboten ist, ergibt sich bereits daraus, dass Juristinnen und Juristen im Gegensatz zu nichtjuristischen Akademikern mit Abschluss der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung die Befähigung zum Richteramt (§ 5 Abs. 1 DRiG) und damit die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst (§ 21 Abs. 2 BLV) erwerben. Ihre Ausbildung unterscheidet sich grundlegend von anderen, nichtjuristischen Ausbildungen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass es bei der hier streitigen Einstellungskonkurrenz um statusrechtliche Ernennungen geht, mit welchen erst in einem weiteren – vorliegend nicht streitgegenständlichen – Schritt Dienstpostenübertragungen einhergehen. Damit geht auch der Einwand der Klägerin, dass beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Volljuristen besetzte Referentenstellen teilweise mit nichtjuristischen Akademikern nachbesetzt würden, fehl. Schließlich begründet auch die Kritik der Klägerin bezüglich fehlender Möglichkeiten beruflichen Fortkommens von Volljuristinnen und Volljuristen im gehobenen Dienst der Beklagten keine Sachwidrigkeit des Mindestnotenkriteriums im vorliegenden Einstellungsverfahren. Denn der Dienstherr ist nicht verpflichtet, der Klägerin einen Ausgleich ihrer nach dem Anforderungsprofil nicht hinreichenden Examensnote durch berufliche Erfahrung einzuräumen (vgl. 1. b) dd). Im Übrigen ist anzumerken, dass die Klägerin als Volljuristin die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst besitzt und damit weder einer Zulassung zum höheren Dienst gemäß § 24 BLV noch eines Aufstiegsverfahrens gemäß § 22 Abs. 5 BBG, §§ 35 ff. BLV bedarf.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens trifft die Kammer nicht, weil sie davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft der Entscheidung nicht vollstreckt.


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