Arbeitsrecht

Wahl einer Schwerbehindertenvertretung – Hinweis- und Prüfungspflicht des Wahlvorstands – Originalunterschrift auf Wahlvorschlagsliste

Aktenzeichen  7 ABR 39/08

Datum:
20.1.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 5 Abs 1 S 2 Nr 3 SchwbWO
§ 83 Abs 3 BetrVG
§ 97 Abs 3 S 1 SGB 9
§ 6 Abs 2 S 2 BPersVG
§ 97 Abs 7 SGB 9
§ 94 Abs 6 S 2 SGB 9
§ 25 BPersVG
§ 7 Abs 2 S 2 BetrVGDV1WO
§ 10 Abs 2 S 1 BPersVWO
§ 6 Abs 1 S 1 SchwbWO
§ 6 Abs 2 S 1 SchwbWO
§ 6 Abs 4 S 1 SchwbWO
§ 22 Abs 1 S 4 SchwbWO
§ 5 Abs 1 S 2 Nr 4 SchwbWO
§ 5 Abs 1 S 2 Nr 9 SchwbWO
§ 87 Abs 1 S 2 BetrVG
§ 126 Abs 1 BGB
§ 6 Abs 4 S 2 SchwbWO
Art 20 Abs 2 S 2 GG
Spruchkörper:
7. Senat

Leitsatz

1. Wahlvorschläge für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung müssen innerhalb der Einreichungsfrist mit der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften im Original beim Wahlvorstand eingehen. Die Einreichung von Telekopien genügt nicht.


2. Die SchwbVWO regelt – im Unterschied zu vielen anderen Wahlordnungen – keine Pflicht des Wahlvorstands, Wahlvorschläge nach ihrem Eingang unverzüglich umfassend auf etwaige Mängel zu prüfen und ggf. den einreichenden Listenvertreter unverzüglich zu unterrichten.

Eine solche Pflicht gehört auch nicht zu den elementaren Grundsätzen einer demokratischen Wahl.


3. Um den Erfordernissen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO zu genügen, muss das Wahlausschreiben für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung in Dienststellen der Bundeswehr, bei denen eine Vertretung der Soldaten nach dem BPersVG zu wählen ist, den Hinweis enthalten, dass auch Soldaten und Soldatinnen wählbar sind.

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Koblenz, 25. Oktober 2007, Az: 10 BV 6/07, Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 1. April 2008, Az: 3 TaBV 1/08, Beschluss

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. April 2008 – 3 TaBV 1/08 – wird zurückgewiesen.

Gründe

1
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl einer Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.
2
Die Beteiligten zu 1) – 3) sind örtliche Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen bei verschiedenen Dienststellen der Bundeswehr im Organisationsbereich des zu 4) beteiligten Sanitätsführungskommandos. Dort sind Soldatinnen und Soldaten sowie Beamtinnen, Beamte und Angestellte beschäftigt.
3
Zur Durchführung der Wahl der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Sanitätsführungskommando wurde Ende 2006 ein Wahlvorstand mit Sitz am Bundeswehrkrankenhaus in H bestellt. Dessen Vorsitzender war der Beteiligte zu 5). Der Wahlvorstand erließ unter dem Vermerk „erlassen am: 01.12.2006“ das Wahlausschreiben für die am 22. Januar 2007 durchzuführende Wahl. Dieses lautet auszugsweise:
        
„2.
Wählbar als Bezirksvertrauensperson oder als stellvertretendes Mitglied ist jeder in der Dienststelle nicht nur vorübergehend Beschäftigte, der am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat und der Dienststelle seit mindestens 6 Monaten angehört. Auch nicht selbst schwerbehinderte Beschäftigte sind wählbar. Wer Kraft Gesetz dem Personalrat nicht angehören kann, ist nicht wählbar.
        
3.   
Wahlberechtigt sind alle Vertrauenspersonen der schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Menschen im
Org.-Bereich des Sanitätsführungskommandos
und in die Liste der Wahlberechtigten eingetragen sind. Einsprüche gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten können nur innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens, also spätestens bis zum 18. 12.2006 schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden.
        
4.   
Die Liste der Wahlberechtigten und die Wahlordnung zur Wahl von Schwerbehindertenvertretungen liegen seit dem 04.12.2006 an jedem Arbeitstag bis zum Abschluss der Stimmabgabe jeweils vom _____ Uhr bis _____ Uhr an folgendem Ort _____ zur Einsichtnahme aus.
        
5.   
Zu wählen sind die Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und 3 stellvertretende Mitglieder. Bezirksvertrauensperson und stellvertretende Mitglieder werden in zwei getrennten Wahlgängen gewählt.
        
6.   
Wir bitten die Wahlberechtigten, innerhalb von zwei Wochen seit dem Erlass dieses Wahlausschreibens, also spätestens am 18.12.2006 schriftliche Wahlvorschläge einzureichen. Nach diesem Termin eingehende Wahlvorschläge können nicht berücksichtigt werden. …
        
        
Jeder Wahlvorschlag muss von mindestens 3 Wahlberechtigten unterzeichnet sein und muss Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Dienststelle der Bewerber oder Bewerberin angeben. Der Wahlvorschlag insgesamt, benötigt die vorgegebene Anzahl von unterzeichnenden Wahlberechtigten. … Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung der Bewerber oder Bewerberin beizufügen.
        
        
…       
        

        
        
9.   
Einsprüche, Wahlvorschläge, Anträge und sonstige Erklärungen sind schriftlich an den Wahlvorstand zu richten.
        
…“
        
4
Bereits vor dem Erlass des Wahlausschreibens war in den Dienststellen des Sanitätsführungskommandos zum Betreff „Wahlen der Schwerbehindertenvertretungen im Geschäftsbereich BMVg“ ein Runderlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 23. Mai 2006 bekannt gemacht worden. Auszugsweise heißt es darin:
        
„II.
        
4.   
Zu der Frage, ob abgeordnete Mitarbeiter bzw. abkommandierte Soldaten das passive Wahlrecht besitzen, hat das federführende Ressort (BMAS) auf eine Anfrage wie folgt geantwortet:
        
        
‚Die Frage ist zu bejahen, soweit die Voraussetzungen des § 94 Abs. 3 SGB IX erfüllt sind und insbesondere eine Dienststellenzugehörigkeit von mindestens sechs Monaten besteht. …’
        
        
Ich teile diese Auffassung und bitte daher um entsprechende Beachtung.
        
        
…“   
5
Am 6. Dezember 2006 ging beim Wahlvorstand ein vom Beteiligten zu 1) unterzeichnetes, mit dem handschriftlichen Vermerk „vorab per Fax“ versehenes Telefax vom selben Tag ein, in dem es heißt, in der Anlage werde ein „den Vorgaben der Ziffer 6 des Wahlausschreibens vom 01.12.2006 bzw. des § 6 SchbWVO entsprechender Wahlvorschlag für die Wahl zur Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim SanFüKdo sowie die Zustimmungserklärung des Bewerbers (Herr D)“ übersandt. Ebenfalls per Fax ging ein mit „06.12.2006“ datierter, mit den Unterschriften der Beteiligten zu 1) und 3) sowie einer weiteren Wahlberechtigten versehener Wahlvorschlag für den Beteiligten zu 1) sowie dessen Zustimmungserklärung ein. Der Wahlvorschlag war Ergebnis eines sogenannten Kettentelefax. Es war entstanden, indem ein Wahlberechtigter das mit seiner Unterschrift versehene Dokument per Telefax an einen anderen Wahlberechtigten geschickt hatte, der das erhaltene Telefax mit seiner Unterschrift versah und das so entstandene Dokument wiederum per Telefax an einen dritten Wahlberechtigten weiterleitete. Mit dessen Unterschrift auf der Telefaxkopie wurde sodann der Wahlvorschlag dem Wahlvorstand zugefaxt. Am 11. Dezember 2006 stellte der Beteiligte zu 1) dem Wahlvorstand mit eingeschriebenem Brief eine weitere Kopie des bereits per Telefax eingereichten Wahlvorschlags zu. Eine Urschrift, auf der sich alle drei Originalunterschriften befinden, existiert nicht.
6
Nach Eingang dieses eingeschriebenen Briefs wies der Wahlvorstand den Wahlvorschlag in einem an den Beteiligten zu 1) gerichteten Einschreiben mit Rückschein vom 14. Dezember 2006 zurück. Auszugsweise heißt es in dem Schreiben:
        
„Nach Entgegennahme der Unterlagen haben wir festgestellt, dass es sich bei dem Wahlvorschlag um eine Kopie handelt. Ihr im Fax handschriftlicher Vermerk ‚Vorab per Fax’ hat bei dem Wahlvorstand den Eindruck hinterlassen, dass Sie das Original mit handschriftlichen Unterzeichnungen fristgerecht nachreichen.
        
…       
        
Den von Ihnen eingereichten Wahlvorschlag erklären wir somit als ungültig und bitten Sie hiermit höflich, das Original bis zur unter Punkt 6 des Wahlausschreibens genannten Frist postalisch zuzustellen.
        

        
In der Sitzung vom 13. – 14. Dezember 2004 einstimmig beraten und beschlossen.“
7
Das Schreiben des Wahlvorstands ging dem Beteiligten zu 1) am 18. Dezember 2006 um 11.00 Uhr zu. Dieser übersandte daraufhin am selben Tag den Wahlvorschlag nochmals per Telefax und außerdem mit einem Einschreiben vom 21. Dezember 2006, das beim Wahlvorstand am 27. Dezember 2006 einging. Mit Schreiben vom 4. Januar 2007 informierte der Wahlvorstand den Beteiligten zu 1) darüber, dass die mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 mitgeteilte Entscheidung auch für dessen erneutes Telefax vom 18. Dezember 2006 gelte und der mit Einschreiben vom 21. Dezember 2006 übermittelte Wahlvorschlag verfristet sei.
8
Zur Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Bereich des Sanitätsführungskommandos wurde am 22. Januar 2007 der Beteiligte zu 5) gewählt. Das Wahlergebnis wurde den Beteiligten zu 1) – 3) mit eingeschriebenem Brief nicht vor dem 24. Januar 2007 mitgeteilt.
9
Die Beteiligten zu 1) – 3) haben die Wahl mit einem am 8. Februar 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz angefochten. Sie haben insbesondere geltend gemacht, der Wahlvorstand habe zu Unrecht den per Telefax am 6. Dezember 2006 eingereichten Wahlvorschlag zurückgewiesen. Der Wahlvorschlag sei mit den erforderlichen Unterschriften versehen gewesen und genüge den Formerfordernissen der SchwbVWO. Jedenfalls sei der Wahlvorstand verpflichtet gewesen, den Wahlvorschlag unverzüglich zu überprüfen und auf etwaige Mängel hinzuweisen. Dieser Verpflichtung habe der Wahlvorstand durch sein Einschreiben vom 14. Dezember 2006 nicht genügt. Angesichts der Terminnot und der weit auseinanderliegenden Dienststellen im Bereich des Sanitätskommandos sei der Wahlvorstand verpflichtet gewesen, den Beteiligten zu 1) von seiner Beanstandung zeitnah mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel zu unterrichten. Die Wahl sei auch aus weiteren Gründen anfechtbar. In dem Wahlausschreiben fehle unter Nr. 2 der Hinweis, dass nach § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 4 SGB IX auch Soldatinnen und Soldaten wählbar seien. Außerdem sei das Wahlausschreiben schon am 1. Dezember 2006 erlassen, entgegen § 5 Abs. 2 SchwbVWO aber – sofern überhaupt – überwiegend erst am 4. Dezember 2006 in den Dienststellen ausgehängt worden. Die Liste der Wahlberechtigten und die Wahlordnung seien ebenfalls nicht rechtzeitig ausgelegen.
10
Die Beteiligten zu 1) – 3) haben zuletzt beantragt,
        
die Wahl zur Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Bereich des Sanitätsführungskommandos für ungültig zu erklären.
11
Der Beteiligte zu 5) hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die angefochtene Wahl sei wirksam. Der Wahlvorstand habe den Wahlvorschlag der Beteiligten zu 1) – 3) zu Recht zurückgewiesen. Ein zur Unwirksamkeit der Wahl führender Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO liege nicht vor, da durch das in den Dienststellen bekannt gemachte Rundschreiben vom 23. Mai 2006 in ausreichender Weise darauf hingewiesen worden sei, dass Soldatinnen und Soldaten zur Schwerbehindertenvertretung wählbar sind.
12
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihm auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) – 3) stattgegeben. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Beteiligte zu 5) die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beteiligten zu 1) – 3) beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Die Beteiligte zu 4) hat keinen Antrag gestellt.
13
B. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 5) ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die angefochtene Wahl im Ergebnis zu Recht für unwirksam erklärt. Zwar hat der Wahlvorstand entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht gegen eine Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der eingereichten Vorschlagslisten und zur Benachrichtigung des Listenvertreters über die festgestellten Mängel verstoßen. Die Wahl leidet aber an einem anderen wesentlichen Fehler des Wahlverfahrens. Das Wahlausschreiben enthielt nicht den nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO erforderlichen Hinweis auf die Wählbarkeit von Soldatinnen und Soldaten. Dieser Mangel war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.
14
I. Am Verfahren ist nicht – wie jedenfalls förmlich in den Vorinstanzen – die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Sanitätsführungskommando, sondern vielmehr dieses selbst beteiligt. Beteiligter Arbeitgeber iSv. § 83 Abs. 3 ArbGG ist in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren über die Anfechtung der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung im Anwendungsbereich des BPersVG die Dienststelle, bei der die Schwerbehindertenvertretung gebildet ist. Vorliegend geht es um die nach § 97 Abs. 3 Satz 1 SGB IX bei einer Mittelbehörde zu wählende Bezirksschwerbehindertenvertretung. Der Begriff der Dienststelle bestimmt sich dementsprechend gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nach dem Personalvertretungsrecht (vgl. BAG 24. Mai 2006 – 7 ABR 40/05 – Rn. 21 mwN, EzA SGB IX § 97 Nr. 1). Behörden der Mittelstufe sind nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BPersVG die der obersten Dienstbehörde unmittelbar nachgeordneten Behörden, denen andere Dienststellen nachgeordnet sind. Hierzu gehört das Sanitätsführungskommando der Bundeswehr, das als zweithöchste Befehlsebene dem Bundesministerium für Verteidigung unmittelbar unterstellt ist (vgl. BVerwG 23. September 2004 – 6 P 2.04 – zu II 4 b cc der Gründe, ZfPR 2004, 297) . Gegen die im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich mögliche Korrektur der Beteiligung hat in der Anhörung vor dem Senat keiner der Beteiligten Einwendungen erhoben. Es wurden dadurch auch nicht etwa Rechte der Beteiligten, insbesondere etwa des bis dahin nicht förmlich beteiligten Sanitätsführungskommandos, verletzt, zumal dieses bereits in den Vorinstanzen als Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland im einzelnen Kenntnis von dem Verfahren hatte.
15
II. Die Beteiligten zu 1) – 3) haben die Wahl der Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom 22. Januar 2007 im Bereich des Sanitätsführungskommandos in zulässiger Weise angefochten.
16
1. Die antragstellenden drei Vertrauenspersonen sind anfechtungsberechtigt. Nach § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX sind für die Wahl der Bezirksvertrauensperson die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des jeweiligen personalvertretungsrechtlichen Gremiums, hier des Personalrats, sinngemäß anzuwenden . Nach dem danach sinngemäß anwendbaren § 25 BPersVG sind somit mindestens drei zur Wahl der Bezirksvertrauensperson Wahlberechtigte anfechtungsbefugt (vgl. BAG 29. Juli 2009 – 7 ABR 25/08 – Rn. 9, EzA SGB IX § 94 Nr. 4) . Hierzu gehören die drei Antragsteller.
17
2. Die nach § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 25 BPersVG zu beachtende Anfechtungsfrist von 12 Arbeitstagen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, ist gewahrt. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass das Wahlergebnis der am 22. Januar 2007 durchgeführten Wahl nicht vor dem 24. Januar 2007 bekannt gegeben worden ist. Die Antragsschrift ging am 8. Februar 2007 und damit rechtzeitig beim Arbeitsgericht ein.
18
3. Die Antragsteller haben die Wahlanfechtung im Verlauf des Verfahrens in zulässiger Weise auf die Wahl der Bezirksvertrauensperson beschränkt. Wie der Senat mit Beschluss vom 29. Juli 2009 (- 7 ABR 91/07 – Rn. 11 ff. mwN, EzA SGB IX § 94 Nr. 5) entschieden und im Einzelnen begründet hat, handelt es sich bei der Wahl der Vertrauensperson und deren Stellvertreter nach § 97 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 5 SGB IX um zwei voneinander unabhängige Wahlen, die getrennt angefochten werden können.
19
III. Der Wahlanfechtungsantrag ist begründet. Die angefochtene Wahl ist gemäß § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 25 BPersVG unwirksam, da gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen wurde und hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte. Rechtsfehlehrhaft ist allerdings die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, ein wesentlicher Verfahrensverstoß liege darin, dass der Wahlvorstand den von ihm beanstandeten Wahlvorschlag nicht unverzüglich geprüft und zurückgewiesen habe. Eine solche Pflicht des Wahlvorstands sieht die SchwbVWO nicht vor. Die angefochtene Entscheidung erweist sich dennoch im Ergebnis als zutreffend. Zwar hat der Wahlvorstand entgegen der Auffassung der Antragsteller den vom und für den Beteiligten zu 1) eingereichten Wahlvorschlag zu Recht zurückgewiesen. Ein wesentlicher Verfahrensverstoß liegt aber darin, dass sich aus dem Wahlausschreiben die Wählbarkeit der Soldatinnen und Soldaten nicht ergab.
20
1. Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Wahl sei deshalb anfechtbar, weil der Wahlvorstand die für ungültig erachteten Wahlvorschläge vom 6. und 11. Dezember 2006 weder unverzüglich geprüft noch den Beteiligten zu 1) unverzüglich über den in der Beratung vom 13./14. Dezember 2006 festgestellten Mangel benachrichtigt habe. Eine solche Pflicht des Wahlvorstands bestand entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht.
21
a) Die SchwbVWO enthält – im Unterschied zu vielen anderen Verordnungen über die Wahl von Vertretungsorganen – keine ausdrückliche Bestimmung, wonach der Wahlvorstand Wahlvorschläge unverzüglich zu prüfen und im Falle der Ungültigkeit zurückzugeben oder den Einreicher des Wahlvorschlags zu unterrichten hat.
22
aa) Bei der Wahl eines Betriebsrats hat der Wahlvorstand nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst innerhalb einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Bei der Wahl des Personalrats hat der Wahlvorstand gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 WO BPersVG Wahlvorschläge, die ungültig sind, unverzüglich nach Eingang unter Angabe der Gründe zurückzugeben. Die Pflicht zu unverzüglicher Unterrichtung über die Ungültigkeit der Wahlvorschläge dient dazu, den Einreichern die Möglichkeit zu eröffnen, innerhalb der Frist einen gültigen Vorschlag einzubringen. Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen (vgl. zu § 7 WO-BetrVG BAG 25. Mai 2005 – 7 ABR 39/04 – zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34).
23
bb) Dagegen sieht die SchwbVWO eine Pflicht des Wahlvorstands zu einer umfassenden unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschläge und zu einer unverzüglichen Benachrichtigung des Listenvertreters über etwaige Mängel nicht vor. Die SchwbVWO regelt in §§ 6 und 7 die Anforderungen an und die Behandlung von Wahlvorschlägen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO hat der Wahlvorstand eine Person, die mit ihrer schriftlichen Zustimmung auf mehreren Wahlvorschlägen für dasselbe Amt benannt ist, innerhalb von drei Arbeitstagen zu der Erklärung aufzufordern, auf welchem der Wahlvorschläge sie benannt bleiben will. Wird diese Erklärung nicht fristgerecht abgegeben, wird der Bewerber nach § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO von sämtlichen Wahlvorschlägen gestrichen. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 SchwbVWO muss der Wahlvorstand einen Wahlberechtigten, der mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet hat, schriftlich gegen Empfangsbestätigung auffordern, binnen drei Arbeitstagen seit dem Zugang der Aufforderung zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Gibt der Wahlberechtigte diese Erklärung nicht fristgerecht ab, zählt seine Unterschrift nach § 6 Abs. 4 Satz 3 SchwbVWO zu keinem Wahlvorschlag. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO hat der Wahlvorstand, sofern nach Ablauf der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO genannten Frist kein gültiger Wahlvorschlag eingegangen ist, dies sofort in der gleichen Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben und eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen zu setzen. Eine umfassende Pflicht, die eingehenden Vorschläge auf ihre Gültigkeit zu überprüfen, besteht danach erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO.
24
b) Die SchwbVWO enthält hinsichtlich etwaiger Prüfungs- und Benachrichtigungspflichten des Wahlvorstands keine planwidrige Regelungslücke, die durch die entsprechende Anwendung von Vorschriften in anderen Wahlordnungen zu schließen wäre. Die Bestimmungen der SchwbVWO stellen ein vollständiges und in sich widerspruchsfreies Regelungswerk dar. Es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit unzulänglicher Wahlvorschläge übersehen hätte. Dies machen die Regelungen in §§ 6, 7 SchwbVWO deutlich. Der analogen Anwendung von Vorschriften aus anderen Wahlordnungen steht außerdem der formalisierte Charakter derartiger Verfahrensvorschriften entgegen. Durch Wahlordnungen werden dem Wahlvorstand im Interesse der Rechtssicherheit detaillierte Vorgaben für die Durchführung der Wahl gegeben. Aufgabe des Wahlvorstands ist es dementsprechend, die maßgeblichen Verfahrensvorschriften genau zu beachten. Dagegen ist es grundsätzlich nicht seine Sache, das Regelungswerk der einschlägigen Wahlordnung durch von ihm für sinnvoll erachtete weitere Regelungen zu ergänzen. Im Übrigen wäre vorliegend auch nicht zuverlässig feststellbar, welche Vorschrift zur Ausfüllung einer etwa angenommenen Regelungslücke heranzuziehen wäre. Selbst zwischen den insoweit in erster Linie in Betracht kommenden Regelungen in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG und in § 10 Abs. 2 Satz 1 WO BPersVG bestehen nicht unbeträchtliche Unterschiede.
25
c) Eine Pflicht des Wahlvorstands zu einer unverzüglichen umfassenden Prüfung der Wahlvorschläge und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über sämtliche festgestellten Mängel ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht Ausdruck eines allgemeinen, für alle demokratischen Wahlen verbindlichen Rechtsgedankens. Die für politische Wahlen maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze einer geheimen, unmittelbaren, freien, allgemeinen und gleichen Wahl, die in bestimmtem, vorliegend nicht näher klärungsbedürftigen Umfang über den Anwendungsbereich von Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG hinaus auch bei der Ausgestaltung der Wahlen von Vertretungsorganen gelten (vgl. etwa BVerfG 23. März 1982 – 2 BvL 1/81 – zu B II der Gründe, BVerfGE 60, 162; 16. Oktober 1984 – 2 BvL 20/82 -, – 2 BvL 21/82 – zu B I der Gründe, BVerfGE 67, 369; vgl. auch BAG 16. März 2005 – 7 ABR 40/04 – zu B III 3 a aa und bb der Gründe, BAGE 114, 119), erfordern nicht zwingend eine unverzügliche, noch vor dem Ablauf der Einreichungsfrist stattfindende, umfassende Prüfung eingehender Wahlvorschläge durch einen Wahlvorstand. Es ist nicht ersichtlich, dass eine solche Prüfungspflicht zu den elementaren Grundsätzen einer demokratischen Wahl gehören würde.
26
d) Hiernach war der Wahlvorstand entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht verpflichtet, den Beteiligten zu 1) vor dem Ablauf der Einreichungsfrist seine Bedenken hinsichtlich der Form des eingereichten Wahlvorschlags mitzuteilen. Es kommt folglich nicht darauf an, ob der Wahlvorstand durch sein Schreiben vom 14. Dezember 2006 einer Pflicht zur unverzüglichen Information des Beteiligten zu 1) noch genügt hätte.
27
2. Die Rechtsbeschwerde ist trotz der in der Begründung des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Rechtsverletzung gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 561 ZPO zurückzuweisen, da sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als richtig erweist. Zwar ist die Wahl entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) – 3) auch nicht deshalb unwirksam, weil der Wahlvorstand die Wahlvorschläge, mit denen der Beteiligte zu 1) vorgeschlagen worden war, zurückgewiesen hat. Bei der Wahl wurde aber gegen die wesentliche Wahlvorschrift in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO verstoßen, da in dem Wahlausschreiben die Voraussetzungen der Wählbarkeit nicht hinreichend genannt waren. Da die Wahlanfechtung bereits aus diesem Grund begründet ist, kommt es auf das Vorliegen weiterer möglicher Verfahrensverstöße nicht an.
28
a) Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) – 3) hat der Wahlvorstand den am 6., 11. und 18. Dezember 2006 jeweils vom Beteiligten zu 1) eingereichten Wahlvorschlag zu Recht zurückgewiesen. Der Wahlvorschlag genügt nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO, da er beim Wahlvorstand nicht rechtzeitig mit den Originalunterschriften der den Vorschlag unterstützenden Wahlberechtigten eingegangen ist. Die Einreichung von Telekopien ist zur Wahrung der durch § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO vorgeschriebenen Form nicht ausreichend.
29
aa) Bei der Wahl der Bezirksschwerbehindertenvertretung können nach § 22 Abs. 1 Sätze 2 und 4, § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO die Wahlberechtigten innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens schriftliche Vorschläge beim Wahlvorstand einreichen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 4, § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO muss jeder Wahlvorschlag von einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten, mindestens jedoch von drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein; bei weniger als fünf Wahlberechtigten reicht die Unterzeichnung durch einen Wahlberechtigten aus. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 SchwbVWO zählt die Unterschrift nur auf einem Wahlvorschlag. Die Auslegung dieser Bestimmungen ergibt, dass die Stützunterschriften im Original beim Wahlvorstand eingehen müssen und die Einreichung per Telekopie nicht genügt.
30
(1) Da § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO und § 22 Abs. 1 Satz 4 ausdrücklich eine Unterzeichnung und § 6 Abs. 4 Satz 1 SchwbVWO eine Unterschrift verlangen, kann dahinstehen, ob § 126 BGB auf Wahlvorschläge iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO unmittelbar oder entsprechend anwendbar wäre. Die Notwendigkeit der Unterzeichnung des Wahlvorschlags durch die erforderliche Anzahl von Wahlberechtigten folgt vielmehr bereits aus den Bestimmungen der SchwbVWO.
31
(2) Der von den Wahlberechtigten eigenhändig unterzeichnete Wahlvorschlag muss im Original beim Wahlvorstand eingehen. Es reicht nicht aus, wenn dem Wahlvorstand lediglich die Telekopie der Originalunterschriften zugeht. Dies folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Formvorschrift.
32
(a) Gesetzgeber und Rechtsprechung haben allerdings in bestimmten Fällen die Übermittlung eines eigenhändig zu unterzeichnenden Dokuments per Telefax als ausreichend anerkannt. So genügt für bestimmende Schriftsätze in einem Zivilprozess gemäß § 130 Nr. 6 ZPO im Falle der Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie. Für eine durch Computerfax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden, dass in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können (5. April 2000 – GmS-OGB 1/98 – Rn. 9, BGHZ 144, 160; vgl. auch BAG 5. August 2009 – 10 AZR 692/08 – Rn. 21 ff., EzA ZPO 2002 § 130 Nr. 1; BGH 15. Juli 2008 – X ZB 8/08 – Rn. 11, NJW 2008, 2649). Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass Verfahrensvorschriften im Zivilprozess nicht Selbstzweck sind, sondern der Wahrung der materiellen Rechte der Prozessbeteiligten dienen und deshalb die einwandfreie Durchführung des Rechtsstreits unter Wahrung der Rechte aller Beteiligten sicherstellen und nicht behindern sollen (5. April 2000 – GmS-OGB 1/98 – Rn. 10, aaO).
33
(b) Die Erwägungen, welche es gebieten, bei bestimmenden Schriftsätzen in Zivilprozessen weitreichende Ausnahmen vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift – bis hin zur telefonischen Telegrammaufgabe (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes 5. April 2000 – GmS-OGB 1/98 – Rn. 12 mwN, BGHZ 144, 160)  – zu machen, gelten für das in § 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 4 SchwbVWO normierte Erfordernis der eigenhändigen Stützunterschriften nicht in gleicher Weise. Gesamtumstände und Interessenlage der Beteiligten unterscheiden sich vielmehr ganz erheblich.
34
(aa) Bestimmende Schriftsätze in einem Zivilverfahren stammen in der Regel von nur einem Absender, der durch seine Unterschrift oder deren von der Rechtsprechung zugelassenes Substitut die Verantwortung für den Inhalt und die Richtigkeit des Schriftsatzes übernimmt. Demgegenüber bedarf es für Wahlvorschläge regelmäßig der Stützunterschriften mehrerer Personen. Der Absender eines solchen Wahlvorschlags kann daher meist nicht in gleicher Weise für die Unterzeichnung die Verantwortung übernehmen, wie in den Fällen, in denen er selbst alleiniger Autor des Schriftstücks ist. Dies wird besonders deutlich bei einem sogenannten Kettenfax, bei dem ein mit einer oder mehreren Unterschriften versehenes Schriftstück an einen Adressaten gefaxt, von diesem mit einer weiteren Unterschrift versehen und sodann erneut weitergefaxt wird. Bei dieser Art der Herstellung des letztlich an den Wahlvorstand per Fax übersandten Wahlvorschlags entsteht weder ein von allen Unterstützern im Original unterzeichnetes Schriftstück, noch kann der Listenvertreter, der den Wahlvorschlag beim Wahlvorstand einreicht, selbst zuverlässig überprüfen, ob die ihm per Fax zu geleiten Telekopien von Unterschriften auf Originalunterschriften beruhen, und hierfür gegenüber dem Wahlvorstand die Verantwortung übernehmen. Auch der Wahlvorstand hat nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob dem einreichenden Listenführer sämtliche Originalunterschriften vorliegen oder ob dieser ebenfalls nur über Telekopien verfügt.
35
(bb) Durch die per Kettenfax erfolgende Herstellung eines Wahlvorschlags wird das Fälschungsrisiko erheblich erhöht. Anders als regelmäßig bei einem bestimmenden Schriftsatz in einem Zivilverfahren ist bei einem Wahlvorschlag ein Interesse an der Fälschung von Stützunterschriften nicht völlig fernliegend. Die einen bestimmenden Schriftsatz einreichende Anwaltskanzlei wird kaum ein Interesse daran haben, die Unterschrift eines Rechtsanwalts durch Herstellung einer Telekopie zu fälschen. Bei Wahlen ist dagegen die Gefahr, dass auf diesem Wege rechtzeitig eine etwa noch fehlende Stützunterschrift hergestellt wird, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Um ein solches Fälschungsrisiko so weit wie möglich auszuschließen, muss daher der Wahlvorstand die Echtheit der Stützunterschriften für einen Wahlvorschlag anhand der Originalunterschriften prüfen können.
36
(c) Durch das Erfordernis der Einreichung eines mit Originalunterschriften gestützten Wahlvorschlags beim Wahlvorstand wird die Beteiligung an der Wahl auch bei räumlich weit auseinanderliegenden Dienststellen nicht derart erschwert, dass die Chancengleichheit von Beschäftigten in kleinen Einheiten bei der Aufstellung eines Wahlvorschlags beeinträchtigt wäre. Die Stützunterschriften müssen sich nicht alle auf demselben Blatt befinden. Vielmehr genügt es, wenn die Bewerberliste und die Stützunterschriften eine einheitliche Urkunde bilden und sichergestellt ist, dass sich die Unterschriften auf den betreffenden Wahlvorschlag und nicht auf eine andere Erklärung beziehen. Wie der Senat zu dem in § 14 Abs. 4 BetrVG geregelten Erfordernis der Unterzeichnung eines Wahlvorschlags durch eine bestimmte Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer entschieden hat, setzt dies nicht einmal voraus, dass bei einem aus mehreren Blättern bestehenden Wahlvorschlag die einzelnen Blätter körperlich fest miteinander verbunden sind. Die Einheitlichkeit der Urkunde kann sich vielmehr auch aus anderen Umständen ergeben, wie zB aus der Angabe des Kennworts auf den einzelnen Blättern der Vorschlagsliste (BAG 25. Mai 2005 – 7 ABR 39/04 – zu B II 1 a der Gründe, BAGE 115, 34). Daher kann ein wirksamer Wahlvorschlag auch auf mehreren Blättern erstellt werden, die nicht sämtlich zur Unterzeichnung in den verschiedenen Dienststellen vorgelegt werden müssen, sondern – versehen mit einem gemeinsamen Kennwort – gesondert in den Dienststellen gefertigt und sodann beim Listenvertreter zur Einreichung beim Wahlvorstand zusammengeführt werden können.
37
bb)Hiernach hat der Wahlvorstand den am 6., 11. und 18. Dezember 2006 jeweils vom Beteiligten zu 1) eingereichten Wahlvorschlag zu Recht als formunwirksam erachtet und nicht zur Wahl zugelassen.
38
b) Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich gleichwohl im Ergebnis als richtig, weil die angefochtene Wahl aus anderen Gründen unwirksam ist. Bei der Wahl wurde gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren iSv. § 25 BPersVG verstoßen. Das Wahlausschreiben genügt nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO. In ihm waren die Voraussetzungen der Wählbarkeit zur Bezirksschwerbehindertenvertretung nicht hinreichend bezeichnet. Es fehlt an dem erforderlichen Hinweis der Wählbarkeit der Soldaten und Soldatinnen. Dieser Verstoß konnte das Wahlergebnis beeinflussen.
39
aa) Das Wahlausschreiben genügt nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO.
40
(1) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO muss das Wahlausschreiben die Voraussetzungen der Wählbarkeit zur Schwerbehindertenvertretung enthalten. Bei der „Muss“-Bestimmung, die sich in anderen Wahlordnungen, wie etwa der Wahlordnung zum BetrVG oder der Wahlordnung zum BPersVG so nicht findet, handelt es sich um eine für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren. Nach ihr müssen die wahlberechtigten und wählbaren Personen anhand des Wahlausschreibens zuverlässig erkennen können, wer bei der Wahl wählbar ist. Die entsprechende Kenntnis ist von Bedeutung für die Beurteilung, wer als Wahlbewerber in Betracht kommt und vorgeschlagen werden kann. Diese Beurteilung ist gerade bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung, bei der sich die Voraussetzungen von Wahlberechtigung (§ 94 Abs. 2 SGB IX) und Wählbarkeit (§ 94 Abs. 3 und 4 SGB IX) erheblich unterscheiden, nicht einfach. Um den Erfordernissen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO zu genügen, muss das Wahlausschreiben für die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung zunächst die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 94 Abs. 3 SGB IX beschreiben. Bei Dienststellen der Bundeswehr, bei denen eine Vertretung der Soldaten nach dem BPersVG zu wählen ist, muss das Wahlausschreiben darüber hinaus den Hinweis enthalten, dass auch Soldaten und Soldatinnen wählbar sind. Deren Wählbarkeit folgt aus § 94 Abs. 4 SGB IX. Nach § 49 Abs. 1 SBG wählen Soldaten eine Personalvertretung, sofern es sich um eine andere als die in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen handelt (vgl. BVerwG 8. Oktober 2007 – 6 P 2/07 – zu II 3 a der Gründe, ZfPR 2008, 66). Zu den in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen gehört das Sanitätsführungskommando nicht. Daher sind dort gemäß § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 4 SGB IX auch Soldaten und Soldatinnen zur Bezirksschwerbehindertenvertretung wählbar. Hierauf muss gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO im Wahlausschreiben hingewiesen werden.
41
(2) Hiernach genügt das vorliegende Wahlausschreiben nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO. Zwar nennt es in seiner Ziffer 2 die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 94 Abs. 3 SGB IX. Es fehlt jedoch an dem erforderlichen Hinweis, dass nach § 94 Abs. 4 SGB IX auch die Soldaten und Soldatinnen wählbar sind.
42
bb) Durch den Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO konnte das Wahlergebnis beeinflusst werden.
43
(1) Nach § 25 BPersVG iVm. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtung ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend dasselbe Wahlergebnis zustande gekommen wäre (BAG 24. Mai 2006 – 7 ABR 40/05 – Rn. 30 mwN, EzA SGB IX § 97 Nr. 1).
44
(2) Vorliegend war der fehlende Hinweis auf die Wählbarkeit von Soldaten und Soldatinnen geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Er kann dazu geführt haben, dass sich Soldaten oder Soldatinnen nicht als Wahlbewerber zur Verfügung gestellt haben oder hierzu nicht aufgefordert worden sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Runderlass des Bundesverteidigungsministeriums vom 23. Mai 2006, in dem Ausführungen zum passiven Wahlrecht abkommandierter Soldaten enthalten sind, in den Dienststellen des Sanitätsführungskommandos bekannt gemacht war. Für die wahlberechtigten und wählbaren Personen im Sanitätsführungskommando ist hinsichtlich der Wählbarkeit zur Bezirksschwerbehindertenvertretung nicht die Beurteilung der Dienststellenleitung sondern diejenige des Wahlvorstands maßgeblich. Im Übrigen bezogen sich die einschlägigen Ausführungen in dem Runderlass ohnehin nur auf das aus § 94 Abs. 3 SGB IX abgeleitete passive Wahlrecht „abkommandierter“ Soldaten, nicht dagegen auf die Wählbarkeit nach § 94 Abs. 4 SGB IX.
45
c) Da die Wahl bereits wegen des Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO unwirksam ist, kommt es auf das Vorliegen weiterer Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften und deren mögliche Ursächlichkeit für das Wahlergebnis nicht mehr an. Ernsthaft in Betracht kommen – wegen des Erlassdatums „01.12.2006“ sowie des in Ziffer 3 des Wahlausschreibens für die Einlegung von Einsprüchen und die in Ziffer 6 für die Einreichung von Wahlvorschlägen bis zum „18.12.2006“ gesetzte Frist – insbesondere Verstöße gegen § 5 Abs. 2 SchwbVWO und gegen § 5 Abs. 1 Nr. 9 SchwbVWO sowie – wegen der fehlenden Angaben in Ziffer 4 des Wahlausschreibens – Verstöße gegen § 5 Abs. 1 Nr. 4 SchwbVWO.
        
    Linsenmaier    
        
    Gräfl    
        
    Kiel    
        
        
        
    Krollmann    
        
    Schuh    
        
        


Ähnliche Artikel

Minusstunden im Sommerloch: Was ist erlaubt?

In vielen Branchen ist das Sommerloch sehr präsent. Doch wie ist das eigentlich bei einem flexiblen Arbeitszeitmodell, wenn durch weniger Arbeit Minusstunden entstehen? Wir erklären, was zulässig ist und was nicht erlaubt ist.
Mehr lesen


Nach oben