Arbeitsrecht

XI ZA 1/21

Aktenzeichen  XI ZA 1/21

Datum:
27.7.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:270721BXIZA1.21.0
Normen:
§ 114 Abs 1 ZPO
§ 115 ZPO
§ 118 Abs 2 S 1 ZPO
§ 118 Abs 2 S 4 ZPO
Spruchkörper:
11. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Köln, 13. Januar 2021, Az: 13 U 82/14vorgehend LG Aachen, 27. Mai 2014, Az: 10 O 227/13, Urteilnachgehend BGH, 7. September 2021, Az: XI ZA 1/21, Beschluss

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Januar 2021 wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Die Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Berufungsgerichts, mit dem ihre Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Aachen vom 27. Mai 2014 teilweise zurückgewiesen worden ist (SA 69 ff.).
2
Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in den Vorinstanzen ist das angefochtene Urteil am 21. Januar 2021 zugestellt worden (GA VII/1540). Mit einem am 5. Februar 2021 eingegangenen Telefax vom selben Tag hat die Beklagte Prozesskostenhilfe “wegen Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgericht Köln, 13 U 82/14, vom 13.01.2021” begehrt und eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Nachweise vom selben Tage dazu vorgelegt. Mit einem am 20. Februar 2021 eingegangenen Telefax hat die Beklagte den Prozesskostenhilfeantrag begründet. Am 28. Mai 2021 wurde die Beklagte aufgefordert, die Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bis zum 18. Juni 2021 zu ergänzen, zu erläutern sowie entsprechende Nachweise vorzulegen. Die Beklagte hat daraufhin diese Angaben in Schreiben vom 4. Juni 2021, vom 18. Juni 2021 sowie vom 26. Juni 2021 ergänzt und teilweise Belege vorgelegt.
II.
3
Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
4
1. Einer Partei, die nicht über die finanziellen Mittel zur Einlegung eines Rechtsmittels verfügt, wird auf Antrag Wiedereinsetzung in eine versäumte Rechtsmittelfrist gewährt, wenn die Partei innerhalb dieser Rechtsmittelfrist einen Prozesskostenhilfeantrag bei Gericht gestellt und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über diesen Antrag ohne Verzögerung entschieden werden kann. Das setzt voraus, dass innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist nicht nur der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, sondern auch eine vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllte Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Partei unter Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Formulars (§ 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO, § 1 Abs. 1 PKHFV) nebst den erforderlichen Nachweisen vorgelegt wird (BGH, Beschlüsse vom 3. April 2001 – XI ZA 1/01, juris Rn. 3, vom 4. Juli 2002 – IX ZB 221/02, NJW 2002, 2793 f., vom 31. August 2005 – XII ZB 116/05, NJW-RR 2006, 140, 141, vom 13. Februar 2008 – XII ZB 151/07, NJW-RR 2008, 942 Rn. 10, vom 28. Juni 2011 – IX ZA 29/11, juris Rn. 2, vom 15. November 2012 – IX ZA 36/12, juris Rn. 2 und vom 5. Februar 2013 – XI ZA 13/12, juris Rn. 4).
5
2. Diesen Anforderungen genügt der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten nicht.
6
a) Prozesskostenhilfe erhält eine Partei, die die Kosten der Prozessführung nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 114 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. ZPO).
7
b) Wird Prozesskostenhilfe von Personen beantragt, die, wie die Beklagte, nach ihren Angaben nur einen äußerst geringfügigen Geldbetrag aus einer Rente beziehen, muss dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie der Lebensunterhalt finanziert wird. Auch freiwillige Zuwendungen Dritter sind nach der umfassenden Definition des § 115 ZPO grundsätzlich dem Einkommen hinzuzurechnen, wenn sie regelmäßig und in nennenswertem Umfang gewährt werden. Bei freiwilligen Leistungen Dritter müssen etwa eidesstattliche Versicherungen der Dritten über Umfang und Grund der Hilfeleistung vorgelegt werden (BGH, Beschluss vom 16. November 2017 – IX ZA 21/17, NJW-RR 2018, 190 Rn. 7). Hinzu kommt, dass, wenn die von einem Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren beziffert angegebenen Einkünfte auch für einen noch so bescheidenen Lebensunterhalt nicht ausreichen, die Vermutung gerechtfertigt ist, dass bestimmte Einkünfte nicht angegeben wurden. Diese Vermutung muss der Antragsteller ausräumen. Andernfalls ist sein Begehren nach staatlicher Prozessfinanzierung rechtsmissbräuchlich (BGH, Beschlüsse vom 2. April 2008 – XII ZB 184/05, NJW-RR 2008, 953 Rn. 8 und vom 27. November 2018 – X ZA 1/17, FamRZ 2019, 547 Rn. 5).
8
Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht und insbesondere auch eine Versicherung an Eides statt vorlegt. Hat der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist bestimmte Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab (§ 118 Abs. 2 Satz 1 und 4 ZPO).
9
3. Nach diesen Maßstäben ist der Beklagten Prozesskostenhilfe zu versagen, weil sie auch nach Ablauf der ihr für ergänzende Angaben und zur Auflösung von Widersprüchen gesetzten Frist keine hinreichend zuverlässigen, vollständigen und widerspruchsfreien Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hat.
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