Arbeitsrecht

Zahlung eines 13. Monatsgehalts im Baugewerbe

Aktenzeichen  12 Ca 149/22

Datum:
4.5.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
ArbG Koblenz 12. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:ARBGKOB:2022:0504.12Ca149.22.00
Spruchkörper:
undefined

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.415,91 EUR festgesetzt.
4. Die Berufung wird, sofern sie nicht bereits kraft Gesetzes statthaft ist, nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand


Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung eines anteiligen 13. Monatsgehaltes für das Jahr 2021.
Der Kläger war seit über 20 Jahren bei der Beklagten als Zimmermann beschäftigt. Es gibt keinen schriftlichen Arbeitsvertrag zwischen den Parteien. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31.08.2021. Die Beklagte ist tarifgebunden und Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der Kläger ist kein Gewerkschaftsmitglied.
Ausweislich der Gehaltsabrechnungen für den Monat November 2021 zahlte die Beklagte jedenfalls in den Jahren 2015 bis 2020 mit dem Novembergehalt ein 13. Monatsgehalt in jeweils unterschiedlicher Höhe (siehe Gehaltsabrechnungen für die Jahre 2015 bis 2020 = Blatt 60 bis 65 der Akten). In der Gehaltsabrechnung November 2019 (Blatt 61 der Akten) heißt es unterhalb der Bezüge-Aufstellung mit dem unter anderem aufgeführten 13. Monatsgehalt ergänzend: „Weihnachtsgeld 2019, Facharbeiter 93 St. x 20,62 €“.
Als die Beklagte das 13. Monatsgehalt auch im November 2021 nicht auszahlte, machte der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2021 (siehe Bl. 3 der Akten) ein anteiliges 13. Monatsgehalt geltend und ging hierbei für die 8 Monate von einer Arbeitszeit von 103 Stunden aus. Nachdem die Beklagtenseite die Ansprüche mit Schreiben vom 20.12.2021 sowie mit weiterem Schreiben von 04.01.2022 unter Hinweis auf den Verfall der Ansprüche zurückgewiesen hat, verfolgt der Kläger mit seiner am 20.01.2022 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage seinen Anspruch gerichtlich weiter.
Er ist der Ansicht, der Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe (im Folgenden: Tarifvertrag 13. Monatseinkommen) sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden und sei mangels beiderseitiger Tarifbindung auch im Übrigen nicht anwendbar. Sein Anspruch auf das 13. Monatsgehalt sei nicht mit seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31.08.2021, sondern erst im Monat der regulären Auszahlung, d. h. mit der November Abrechnung fällig geworden. Aus dem Grund sei der Anspruch nach den tarifvertraglichen Ausschlussfristen nicht verfallen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.415,91 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszins nach §§ 247/288 seit 01.01.2022 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Anspruch sei verfallen.
Sie behauptet, sie habe das 13. Monatseinkommen auch in den vergangenen Jahren entsprechend des Tarifvertrages 13. Monatseinkommen behandelt und ausgezahlt. Dies sei insbesondere daran zu erkennen, dass sie im Jahr 2019 noch 93 Gesamtstundenlohn und in dem Jahr 2020 ausweislich der aktuellen tarifvertraglichen Regelung in § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages 13. Monatseinkommen 103 Stunden bei der Berechnung des 13. Monatseinkommens zugrunde gelegt habe. Sie ist der Auffassung, die damit entstandene betriebliche Übung erstrecke sich nicht bloß auf die Zahlung, sondern auf die Anwendung des Tarifvertrages 13. Monatseinkommens insgesamt, was auch die dort geregelte Fälligkeitsregelung umfasse. Danach werde das 13. Monatseinkommen gemäß § 6 Abs. 3 bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, in dem das Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Insoweit sei der Anspruch wegen der Ausschlussfrist in dem für allgemeinverbindlich erklärten § 14 BRTV-Bau verfallen.
Hinsichtlich des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines anteiligen 13. des Monatsgehalts für das Jahr 2021.
Der Anspruch ist zwar nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung entstanden, aber aufgrund der bestehenden tarifvertraglichen Ausschlussfrist nach § 14 Abs. 1 BRTV-Bau verfallen.
1.
Auch tarifvertragliche Regelungen können durch stillschweigende Inbezugnahme, insbesondere durch betriebliche Übung, auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sein (BAG, Urteil vom 19.01.1999, NZA 1999, 879 ff.). Besondere formelle Voraussetzungen bestehen für eine betriebliche Übung nicht. Eine betriebliche Übung entsteht auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann, wenn der Arbeitgeber dreimalig aufeinander folgend ohne Widerrufsvorbehalt eine gleichförmige Leistung gewährt. Die Anforderungen an die Gleichförmigkeit des Arbeitgeberverhaltens als Voraussetzung für einen Vertrauenstatbestand beim Arbeitnehmer hat das BAG in neueren Entscheidungen heraufgesetzt. Wird der Anspruch jährlich in unterschiedlicher Höhe, dh zB die tariflichen Leistungen nicht in jedem Jahr zu 100 % übernommen, soll kein Anspruch aus betriebliche Übung entstehen. Das Gleiche gilt, wenn sich der Arbeitgeber jährlich die Übernahme der tariflichen Leistungen zur Überprüfung vorbehält.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat sich die Beklagte durch die Zahlung des 13. Monatseinkommens in unterschiedlicher Höhe an die Vorgaben des nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages für das 13. Monatseinkommen bei der Gewährung des 13. Monatseinkommens gehalten, indem sie bei der Berechnung des 13. Monatseinkommens auf die jeweils aktuellen Arbeitszeiten von 93 Stunden und zuletzt von 103 Stunden abgestellt hat. Damit hat sie sich bei der Zahlung des 13. Monatsgehalt genau an den für ihre Branche einschlägigen Tarifvertrag gerichtet und die dort enthaltenen Vorgaben eins zu eins umgesetzt.
Eine betriebliche Übung losgelöst von den tarifvertraglichen Vorgaben im Tarifvertrag 13. Monatseinkommens kommt entgegen der Auffassung der Klägerseite nicht in Betracht aufgrund der nach den tarifvertraglichen Grundsätzen erfolgten Berechnung des 13. Monatseinkommens in unterschiedlich Höhe jedes Jahr.
2.
Von der betrieblichen Übung ist der gesamte Tarifvertrag 13. Monatseinkommen umfasst mit der Folge, dass der Anspruch entsprechend § 6 Abs. 2 am 15.09.2021 fällig wurde. Zwar ist zu berücksichtigen, dass sich die einzelvertragliche Bezugnahme kraft betrieblicher Übung auch nur auf Teile eines Tarifvertrags beschränken kann und so möglicherweise die Fälligkeitsregelung von der betrieblichen Übung nicht erfasst ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes soll bei tarifgebundenen Arbeitgebern die einzelvertragliche Verweisung (auch konkludent kraft betrieblicher Übung) auf Tarifverträge regelmäßig zur Gleichstellung der Außenseiter mit den Gewerkschaftsmitgliedern führen In diesem Fall kann aus der Anwendung wesentlicher Tarifbedingungen, insbesondere aus der Gewährung einer tarifvertraglichen Einmalzahlung, geschlossen werden, dass das Arbeitsverhältnis insgesamt dem einschlägigen Tarifvertrag unterliegen soll (vgl. BAG, a.a.O.). Da die Beklagte Mitglied des Arbeitgeberverbandes und insoweit tarifgebunden ist, ist der gesamte Tarifvertrag 13. Monatseinkommen Bestandteil der betrieblichen Übung geworden.
3.
Der zum 15.09.2021 fällige Anspruch ist gemäß § 14 Abs. 1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe verfallen, da er nicht innerhalb der tarifvertraglich vorgeschriebenen Frist von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht wurde. Erstmals hat der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2021 seinen Anspruch schriftlich geltend gemacht. Dies ist drei Monate nach Fälligkeit des Anspruches gewesen und daher nicht mehr innerhalb der zweimonatigen tarifvertraglichen Ausschlussfrist.
Ob der Anspruch auf das 13. Monatseinkommen losgelöst von der tarifvertraglichen Fälligkeitsregelung in § 6 Abs. 2 jedenfalls mit Ende des Arbeitsverhältnisses und damit zum 31.08.2021 fällig gewesen wäre oder erst mit dem November Gehalt, kann mithin offenbleiben.
II.
Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Der Wert des Streitgegenstandes entspricht dem bezifferten Zahlungsanspruch.
Die Berufung ist gem. § 64 Abs. 2a ArbGG nicht zuzulassen, da Gründe für eine solche Zulassung nach § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen. Die Nichtzulassung der Berufung ist im Urteilstenor aufzunehmen, § 64 Abs. 3a ArbGG. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 64 Abs. 2b ArbGG bleibt davon unberührt.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben