Bankrecht

132 C 12506/21

Aktenzeichen  132 C 12506/21

Datum:
21.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZInsO – 2022, 552
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Dem Europäischen Gerichtshof werden bezüglich der Auslegung der Datenschutzgrundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates) folgende Fragen zur Vorabentscheidung unterbreitet:
1a. Ergibt sich bei Auslegung von Art. 6 Abs. 1 lit. 1b und 1f Datenschutzgrundverordnung, dass bei einer Publikumspersonengesellschaft schon die Beteiligung an der Gesellschaft als nicht persönlich und nur gering haftender und nicht geschäftsführender Gesellschafter genügt, um „berechtigtes Interesse“ an Auskunft über alle mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Gesellschafter, deren Erreichbarkeit und deren Beteiligung an der Publikumspersonengesellschaft zu bejahen und dem Gesellschaftsvertrag eine entsprechende vertragliche Verpflichtung zu entnehmen,
1b. oder beschränkt sich unter solchen Bedingungen das berechtigte Interesse darauf, von der Gesellschaft Auskunft über diejenigen mittelbar Beteiligten zu erhalten, die nicht gering haften, sondern eine Mindestquote innehaben, die einen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zumindest in Betracht kommen lässt.
2a. Genügt, um bei einem solchen unbeschränkten Anspruch (1a) dessen immanente Grenze eines Rechtsmissbrauchs nicht zu überschreiten, oder von der Beschränkung eines beschränkten Auskunftsanspruch (1b) eine Ausnahme zu machen, eine Absicht der Kontaktaufnahme zu einem Kennenlernen, einem Meinungsaustausch oder Verhandlungen über den Abkauf von Gesellschaftsanteilen,
2b. oder kommt ein Interesse an Auskunft erst als relevant in Betracht, wenn eine Weitergabe unter der ausdrücklichen Absicht gefordert wird, um Kontakt zu anderen Gesellschaftern aufzunehmen, um von diesen wegen konkret benannter Anlässe, die eine Willensbildung im Rahmen von Beschlüssen der Gesellschafter erforderlich machen, Koordinierung einzufordern.

Tenor

Der Europäische Gerichtshof wird hiermit um Vorabentscheidung ersucht. Die Vorlage erfolgt zusammen und bis auf das Rubrum wortgleich mit einem weiteren Verfahren des vorlegenden Gerichts Aktenzeichen 132 C 22992/20. Mit der Vorlage ist das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt. Es erfolgt unter dem 21.12.2021
Vorabentscheidungsersuchen
Dem Europäischen Gerichtshof werden bezüglich der Auslegung der Datenschutzgrundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates) folgende Fragen zur Vorabentscheidung unterbreitet:
1.a. Ergibt sich bei Auslegung von Art. 6 Abs. 1 lit. 1b und 1f Datenschutzgrundverordnung, dass bei einer Publikumspersonengesellschaft schon die Beteiligung an der Gesellschaft als nicht persönlich und nur gering haftender und nicht geschäftsführender Gesellschafter genügt, um „berechtigtes Interesse“ an Auskunft über alle mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Gesellschafter, deren Erreichbarkeit und deren Beteiligung an der Publikumspersonengesellschaft zu bejahen und dem Gesellschaftsvertrag eine entsprechende vertragliche Verpflichtung zu entnehmen,
1.b. oder beschränkt sich unter solchen Bedingungen das berechtigte Interesse darauf, von der Gesellschaft Auskunft über diejenigen mittelbar Beteiligten zu erhalten, die nicht gering haften, sondern eine Mindestquote innehaben, die einen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zumindest in Betracht kommen lässt.
2.a Genügt, um bei einem solchen unbeschränkten Anspruch (1a) dessen immanente Grenze eines Rechtsmissbrauchs nicht zu überschreiten, oder von der Beschränkung eines beschränkten Auskunftsanspruch (1b) eine Ausnahme zu machen, eine Absicht der Kontaktaufnahme zu einem Kennenlernen, einem Meinungsaustausch oder Verhandlungen über den Abkauf von Gesellschaftsanteilen,
2.b oder kommt ein Interesse an Auskunft erst als relevant in Betracht, wenn eine Weitergabe unter der ausdrücklichen Absicht gefordert wird, um Kontakt zu anderen Gesellschaftern aufzunehmen, um von diesen wegen konkret benannter Anlässe, die eine Willensbildung im Rahmen von Beschlüssen der Gesellschafter erforderlich machen, Koordinierung einzufordern.

Gründe

A. Zum vom vorlegenden Gericht zu entscheidenden Streit:
Dem nationalen Gericht liegen zwei Rechtsstreitigkeiten zur Entscheidung vor, bei denen auf Auskünfte und damit auf Datenpreisgabe geklagt wird. Die klagenden Parteien sind jeweils mittelbar an einer Fondsgesellschaft beteiligt, die als Kommanditgesellschaften und damit als Personengesellschaften organisiert sind. Es handelt sich um Publikumsgesellschaften. Die Beteiligung an ihnen ist als wirtschaftliche Geldanlag konzipiert. In einem der Fälle sind von der Größenordnung her direkt und mittelbar ca. 1.800 Kommanditisten beteiligt.
Gefordert wird die Preisgabe der Namen und Adressen aller Personen und damit des gesamten Publikums, das an der Publikumsfondsgesellschaft beteiligt ist, insbesondere also die Namen und Erreichbarkeit auch aller mittelbar über treuhänderische Beteiligungsgesellschaften beteiligten Kommanditisten. Abgefragt werden also alle, die wirtschaftlich in die Gesellschaft investiert haben.
Die klagenden Parteien sind jeweils selbst Anlagegesellschaften. Die Beklagten nehmen an, dass mit den verlangten Daten keine gesellschaftsfördernden Zwecke verfolgt werden sollen, sondern wirtschaftliche Eigeninteressen der Kläger, sei es zur Werbung für eigene Investmentprodukte, sei es, um Investoren zu beunruhigen, ihnen deren Anteile unter Wert abzukaufen und über Weiterverkauf Gewinn zu erwirtschaften. In den Beteiligungs- und Treuhandverträgen sind vertragliche Regelungen vorgesehen, die ein vertragliches Verbot der Weitergabe der Daten an andere Beteiligte begründen.
Die Klägerparteien stellen solche Absichten in Abrede. Es handle sich um ihr Recht, Kontakt zu den anderen Mitgliedern aufzunehmen. Die vertraglichen Verbote einer Datenweitergabe seien unwirksam. Die Kläger würden mit den anderen Kommanditisten über den Ankauf von deren Anteilen verhandeln und diese zu einem Meinungsaustausch näher kennenlernen wollen. Die Klagen zielen in solchem Vortrag auf zwei sich verstärkende Entscheidungslinien höchster und oberer deutscher Zivilgerichtsbarkeit.
1. Damit, dass es ihr Recht sei, zu den anderen Mitglieder Kontakt aufzunehmen, beziehen sich die Kläger auf Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs. Dieser setzt im Beschluss vom 19.11.2019 – II ZR 263/18 seine Rechtsprechung fort, dass es „unverzichtbarer Kernbereich der Gesellschafterrechte“ in einer Personengesellschaft sei, Name und Anschrift seiner Mitgesellschafter zu erfahren und so seine Vertragspartner zu kennen. Dies gelte auch für nur mittelbar beteiligte Kommanditisten. Die Kenntnis aller, auch mittelbarer Mitgesellschafter sei für jeden Gesellschafter zur effektiven Nutzung der Rechte in der zwischen Treugebern einer Publikumsgesellschaft bestehenden Gesellschaft erforderlich. Die Weitergabe der Daten an Mitgesellschafter entspreche so den Verpflichtungen der Gesellschaft aufgrund des geschlossenen Gesellschaftsvertrags. Ein auf Kenntnis seiner Mitgesellschafter gerichtete Auskunftsbegehren eines Gesellschafters sei lediglich durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt.
Fortgeführt wird damit eine vor Erlass der Datenschutzgrundverordnung begonnene höchstrichterliche Rechtsprechung. In die Erwägungen des Gerichts flossen folgende Gesichtspunkte ein:
Rechtsmissbrauch scheide jedenfalls aus, wenn ein Anleger Kontakt zu anderen Anlegern suche, um sich mit den anderen Anlegern über aus seiner Sicht hinsichtlich der Gesellschaft bestehende Probleme auszutauschen, gegebenenfalls um eine Interessengemeinschaft unter den Anlegern zu organisieren. Im Fall der Verfolgung gesellschaftsfremder Zwecke wären wettbewerbsrechtliche und datenschutzrechtliche Rechtsbehelfe genügend, um gegen ein missbräuchliches Verhalten vorzugehen. Ein Anlass, wegen bloß abstrakter Gefahr des Missbrauchs der Daten Auskunft zu verweigern, bestehe nicht. (Wertungen aus BGH, Urteil vom 5.2.2013 – II ZR 134/11). Es müsse dabei einem Gesellschafter überlassen bleiben, auf welchem Weg und in welcher Weise er sich an seine Mitgesellschafter wenden wollen. Ein Gesellschafter dürfe nicht auf die Geschäftsführung der Gesellschaft als Mittlerin zu den übrigen Gesellschaftern angewiesen seien oder von ihr bereitgestellte und kontrollierte Medien nutzen müssen. Ein Gesellschafter müssen sich so auch nicht in Anlehnung an § 127 a AktG auf ein Internetforum als milderes Mittel verweisen lassen. (Wertungen aus BGH, Urteil vom 11.1.2011 – II ZR 187/09, BGH, Urteil vom 5.2.2013 – II ZR 134/11).
Das Auskunftsrecht sei auch nicht durch Vertrag abdingbar. Der Ausschluss eines Rechts, alle Mitgesellschafter zu kennen, würde ein wesentliches Gesellschafterrecht, nämlich dasjenige, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, faktisch beseitigt, da hierfür notwendige Quoren von einem gering beteiligten Gesellschafter nur zu erlangen seien, wenn er sich mit anderen Mitgesellschaftern zusammenschlösse, was zwingend voraussetze, dass er deren Namen und Anschriften kennt. (Wertungen aus BGH, Beschluss vom 21.9.2009 – II ZR 264/08).
Weitergehender als bei eine börsennotierten Aktiengesellschaft, bei der nach § 33 des deutschen Wertpapierhandelsgesetzes erst bei 3 % Stimmrechtsbeteiligung eine gesetzliche Mitteilungspflicht einsetzt, würden Fragen, wer die Gesellschaft beherrscht, wessen „Sprachrohr“ ein Treuhänder sei, ob in Hinblick auf andere Beteiligte und einer Interessenvermengung ein Stimmverbot des Treuhänders bestünde, ob ein wettbewerbsverbotsähnliche Treuepflicht eines anderen Beteiligten bestünde, und wie sich die Zusammensetzung der Gesellschaft in ihrer Struktur mit der Zeit verändere, ein unausschließbares Recht auf Auskunft über alle Beteiligten begründen, auch in einer Publikumsgesellschaft. (Wertungen aus BGH, Urteil vom 5.2.2013 – II ZR 134/11).
Eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH sah der BGH nicht. Dass einem Gesellschafter ein vertraglich nicht einschränkbarer Anspruch auf Auskunft zuzubilligen sei, gegen den nur Rechtsmissbrauch einzuwenden ist, sei als Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibe. Dass Weitergabe von Daten aller Gesellschafter durch die Gesellschaft an einen von ihnen auch nach der Datenschutz-Grundverordnung gerechtfertigt sei, ergebe sich als offenkundig aus Nr. 48 der Erwägungen zur Datenschutz-Grundverordnung, weil dort die Datenverarbeitung „sogar innerhalb einer Unternehmensgruppe“ als mögliches berechtigtes Interesse aufgeführt ist. Der Bundesgerichtshof verkürzt dabei, dass sich nach Erwägungsgrund 48 die Datenweitergabe in der Unternehmensgruppe in ihrer Berechtigung auf „interne Verwaltungszwecke“ richten muss, und stellt so die Weitergabe persönlicher Daten von allen Gesellschaftern an einen Gesellschafter zumindest in der Wertung einer Weiterleitung von einem Unternehmen an ein anderes mitabhängiges oder beherrschendes Unternehmen und gleichzeitig einem internen Verwaltungszweck gleich.
2. Mit dem weiteren klägerischen Vortrag, man wolle mit den anderen Kommanditisten über den Ankauf von deren Anteilen verhandeln, beziehen sich die Kläger dann auf Rechtsprechung zur Frage, was, wenn die einzige Grenze des Auskunftsrechts Rechtsmissbrauch sei, dann bereits/erst Rechtsmissbrauch darstelle. Insoweit werden weitere, hier dann oberlandesgerichtliche Entscheidungen maßgeblich, insbesondere seitens des Oberlandesgerichts München im Urteil vom 16.1.2019 – Aktenzeichen 7 U 342/18.
Danach sei Teil des Gesellschafterrechts auch, die Stärkung der eigenen Gesellschafterstellung durch Zuerwerb weiterer Beteiligung zu ermöglichen. Jedem Treugeber sei klar, dass die Fondsgesellschaft seine Daten zum Zwecke der Durchführung des Gesellschaftsvertrags verwenden würde. Vertragszweck des Gesellschaftsvertrags sei wesentlich die Ausübung der Gesellschafterrechte, insb. auch durch den gegenseitigen Austausch, die Ausübung der Kontrolle und ggf. Zusammenschluss der Mitgesellschafter, die Stärkung der Gesellschafterstellung. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, auf diese gegebenenfalls durch den Ankauf von Gesellschaftsanteilen Einfluss zu nehmen. Unzulässige Rechtsausübung würde es erst darstellen, wenn unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Bezug zur Gesellschafterstellung und der vertraglichen Verbindung mit den anderen Mitgesellschaftern aufgewiesen sei. Die Auskunft dürfe nur dann verweigert werden, wenn an ihrer Erteilung kein vernünftiges Interesse bestehe, etwa wenn geschäftsfremde Zweckverfolgung feststünde. Das Interesse am Ankauf fremder Anteile sei aber ein vernünftiges Interesse.
Implizit geht das Oberlandesgericht so davon aus, dass die abstrakt gehaltene Erwartung jedes Mitgesellschafters, dass seine Daten zur Durchführung des Gesellschaftsvertrags nötig sind und verwendet würden, auch die Konkretisierung darauf trage, die Kommanditgesellschaft dürfte jedem anderen Gesellschafter Daten übermitteln, schon deswegen, weil dieser andere Gesellschafter ein Kaufinteresse hat. Vernünftige Interessen der anderen Gesellschafter an einer Nichtpreisgabe ihrer persönlichen Daten werden vom Oberlandesgericht nicht erwogen. Weiter impliziert das oberlandesgerichtliche Urteil, dass selbst zukünftige Stimmrechte aus einer vielleicht stattfindenden Erweiterung der eigenen Beteiligung ein bereits im gegebenen Vertragsverhältnis liegendes berechtigtes Interesse an Auskunft darstellen würden.
B. Dies weist dann die Entscheidungserheblichkeit der Beantwortung der vorgelegten Fragen aus:
In der Konsequenz der nationalen Rechtsprechung würden floskelhafte und einem Beweis praktisch unzugängliche Behauptung eines Interesses, man wolle u.U. die Beteiligung anderer kaufen, genügen, um umfassend über alle, auch mittelbar beteiligte Kommanditisten samt Anschriften und Beteiligungshöhe Auskunft verlangen zu können. Da erst, wenn unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Bezug zur Gesellschafterstellung aufgewiesen sei, Rechtsmissbrauch in Betracht komme, sind dann selbst zwar abstrakte, aber darstellbare und nicht rein theoretische Risiken der Verfolgung vertragsfremder Zwecke ohne Gewicht, weil immer denkbar bleibt, dass mit den Daten zumindest auch ein die Gesellschaft förderndes Miteinander zu den anderen Gesellschaftern realisiert wird. Der Datenverantwortliche hat nach Preisgabe der Daten dann keine Sicherungsmöglichkeiten mehr, die Handhabung der Daten durch die Kläger zu kontrollieren. In der Summe sind die mitgeteilten Daten von Kommanditisten, selbst wenn diese sich nur mittelbar an einer Publikumsgesellschaft beteiligen, ab Preisgabe ohne verbleibenden Schutz.
Dies mag zwar dann das Ergebnis einer Auslegung sein, etwa wenn die handelsrechtlichen Grundsätze einer Beteilung an einem Unternehmen als Gesellschaftergemeinschaft vorrangig sind, so dass sich jeder, der sich als persönlich, wenn auch beschränkt mithaftend an einem Unternehmen beteiligt, als Unternehmer behandeln lassen muss. Dass dies bei anteilsmäßig gering und häufig auch summenmäßig mit überschaubarem Kapital haftenden Kommanditisten einer Publikumsgesellschaft derart offenkundig sei, dass eine Auslegung des hierzu berufenen europäischen Gerichts so voraussehbar ist, dass sie nicht einmal mehr einzuholen wäre, sieht das vorlegende Gericht nicht.
Die vorgelegten Fragen sind deswegen entscheidungserheblich, weil in den streitigen Verfahren derzeit nur behauptet wurde, es bestünde Absicht zum Ankauf fremder Gesellschafteranteile. Wenn dies genügt, wäre die Sache zuzusprechen. Wenn dies nicht genügt und alles bliebe, was vorgebracht wird, wäre die Sache abweisungsreif. Im Fall eines Zusprechens der Klage wäre das Gericht auch letztentscheidend, da sich die Beschwer der Beklagtenseite dann auf den Aufwand für die Auskünfte beschränkt und dieser Aufwand wirtschaftlich die nationale Wertgrenze für die Anrufung einer nächsten Instanz nicht erreicht.
C. Eigene Erwägungen zur Beantwortung der vorgelegten Fragen.
1.a. Auch das vorlegende Gericht geht von einer Unwirksamkeit der vertraglichen Klausel zum Ausschluss von Auskünften aus, allerdings nicht unter Gesichtspunkten einer grundsätzlichen Unausschließbarkeit, sondern aufgrund eines Scheiterns als Allgemeiner Geschäftsbedingung, unter Gesichtspunkten zu weitgehender und deswegen unangemesserer und deswegen unwirksamer Rechtseinschränkung.
1.b. Die Frage des vorlegenden Gerichts beschränkt sich auf die europarechtlichen Vorgaben bei Auskünften zu mittelbaren Gesellschaftern. Unmittelbare Kommanditisten sind nach deutschem Recht schon von Gesetzes wegen mit Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort im Handelsregister einzutragen und so publik zu machen. Mit dieser Publikation hat jeder, der sich auf diese Art und Weise an einem Unternehmen beteiligt, zu rechnen.
2. Im Unterschied hierzu liegt bei einer Beteilung über einen Treuhänder für denjenigen, der sich beteiligt, nicht auf der Hand, dass solche Daten zwingend preiszugeben sind, weil mit einer solchen Preisgabe Kernbereiche des Gesellschaftsverhältnisses realisiert würden. Dass eine Gleichsetzung mit direkten Kommanditisten geboten ist, liegt aber nicht auf der Hand:
2.a. Die streitigen Beteiligungs- oder Treuhandsverträge sehen – auch wenn sie insoweit unwirksam sind – vor, dass keine Weitergabe der Daten an andere Beteiligte erfolgen soll und bringen so zumindest eine grundsätzliche Erwartungshaltung der Gesellschafter zum Ausdruck.
2.b. Eine gesetzliche Verpflichtung, an einer Treuhand und ohne Inkorporierung in eine Handelsgesellschaft Beteiligte zu publizieren, besteht nicht.
2.c. Zwar teilt das Amtsgericht dann die grundlegenden Annahmen der höheren Gerichte, nämlich dass bei einer Personengesellschaft jedem klar ist, dass seine persönlichen Daten bei der Gesellschaft gespeichert sind und, soweit dies für die Erfüllung vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten „objektiv sinnvoll“ ist, auch herausgegeben werden dürfen. Dann liegt auch auf der Hand, dass dann, wenn eine Verpflichtung besteht, objektiv sinnvoll ist, diese zu erfüllen.
Allerdings ist dafür, eine Verpflichtung zu bejahen, nicht alleine maßgeblich, ob das Ansinnen des Auskunft fordernden Gesellschafters objektiv sinnvoll ist, sondern wie der Vertrag zu werten ist, so dass dem Ansinnen das Interesse der anderen Gesellschafter entgegensteht, jedenfalls im Ausgangspunkt ihre Daten geheim halten zu dürfen und nicht schon bei sinnvollen Gegeninteressen preisgegeben zu sehen. Gemessen am Europäischen Recht ist der Datenschutz die Regel und muss die Ausnahme ausreichend Berechtigung erkennen lassen, für die nicht schon Nachvollziehbarkeit eines Interesses genügt. Dieses Interesse muss sich dann nach Auffassung des vorlegenden Gerichts jedenfalls auf das beziehen, für was der jeweilige Gesellschafter seine Daten überhaupt preisgegeben hat, also auf die Geschicke der Gesellschaft.
2.d. Dann teilt das vorlegende Gericht die Zielrichtungen der berichteten Rechtsprechung, dass ein Gesellschafter ohne Weiteres und insoweit auch nicht beschränkbar wissen darf, wer realen Einfluss auf seine Gesellschaft hat, an der er mit unternehmerischem Risiko mitbeteiligt ist. Nur erscheint dem vorlegenden Gericht fraglich, dass damit eine Offenbarungspflicht aller mittelbar beteiligten Kommanditisten begründbar ist.
(1) Auf der Hand liegt, dass der Großteil der Kommanditisten einer Publikumsgesellschaft in einem Umfang beteiligt ist, der keinen Einfluss dieses Kommanditisten allein mit seiner Beteiligung auf die Geschicke der Gesellschaft erwarten lässt. Das vorlegende Gericht nimmt stattdessen an, dass der Umstand, in einer Personengesellschaft und damit persönlich verbunden zu sein, für sich genommen nicht genügt, um Auskunft fordern zu können. So würde unzureichend berücksichtigt, dass in Publikumskommanditgesellschaften, die einem beliebigen Anlegerkreis offen stehen oder standen, ein Element persönlicher Verbundenheit weitestgehend zurückgetreten ist, sondern dies als bloß kapitalmarkförmige Beteilung angesehen wird, ähnlich einer Aktie, bei der niemand, der erhebliche Beteiligungsquoten nicht erreicht, damit rechnen würde, dass sein Name und Anschrift von demjenigen, der das Aktiendepot führt, an andere Aktionäre weitergegeben würde.
Ergänzende Vertragsauslegung würden dabei auch diverse Möglichkeiten an die Hand geben, den Schutz eines „kleinen“ Anlegers zu ermöglichen, damit auch dieser dann notwendige kollektive Ausübung von Interessen erreichen kann, etwa durch Anspruch auf Weiterleitung von Mitteilungen des „kleinen“ Anlegers über die Gesellschaft – die ihrem Gesellschafter ihrerseits zur Wahrung von rechtstreuem Verhalten verpflichtet ist – an alle anderen Anleger oder ein von der Gesellschaft vorgehaltenes Forum zum Austausch von Stellungnahmen, ähnlich zu § 127 a des deutschen Aktiengesetzes.
(2) Die Entscheidungen der höheren Gerichte sind auch insofern sachgerecht, als sie ein klares Regel-Ausnahme-Verhältnis etablieren. Dies wird dem Umstand gerecht, dass der Verantwortliche in einer Publikumsgesellschaft nicht sinnvoll für jeden von 1.800 Gesellschaftern einzeln und gesondert abwägen kann, ob über diesen Auskunft zu gewährten ist oder nicht, sondern auf handhabbare Kriterien angewiesen ist, die abstrakt den Kreis der Auskunft festlegen. Insofern erscheint ein allgemeines und damit formales Kriterium dafür, zu wem jedenfalls im Regelfall eine Mitteilungspflicht besteht, notwendig, um ausreichend rechtssichere Entscheidbarkeit solcher Streitigkeiten nicht erst für ein Gericht, sondern bereits für die Datenschutzverantwortlichen zu bewahren.
Die bisherige Rechtsprechung zeichnet sich durch ein hohes Maß an Handhabbarkeit aus, weil die Fondsgesellschaft praktisch allen Auskunftsersuchen eines Gesellschafters entsprechen müsste.
Stattdessen hält das Gericht es für naheliegend, eine förmliche Quote anzunehmen, ähnlich der Quote, bei der Mitteilungspflicht bei börsennotierten Aktiengesellschaftern entsteht, weil ab dann ein maßgeblicher Einfluss auf die Gesellschaft auch formell in Betracht kommt, wie es in § 33 des deutschen Wertpapierhandelsgesetz mit einer Quote von 3 % zum Ausdruck kommt. Dessen analoge Anwendung wurde zwar bisher vom Bundesgerichtshof abgelehnt. Europäische Vorgaben würden aber eine analoge Anwendung zumindest wieder in Betracht kommen lassen.
2.e. Jedenfalls sieht das Gericht es als unzutreffend an, dass bloß floskelhafte Behauptungen eines „Interesses an einem Kennenlernen“ oder eines „Kaufinteresses“ für die Datenpreisgabe genüge und keinen Rechtsmissbrauch darstelle.
(1.) Dass ein Kaufinteresse genügt, um ein Auskunftsrecht zu begründen, erscheint nach Auffassung des vorlegenden Gerichts vertrags- und sachfremd: Niemand hat Anspruch darauf, unmittelbar Namen und Anschriften, die einem Dritten anvertraut sind, von diesem Dritten zu erfahren, um mit den Datengebern in Verhandlungen über einen künftigen Vertragsschluss eintreten zu können. Stattdessen erscheint eine solche Argumentation in sich unschlüssig, wenn künftige Rechtsstellungen, die von fremden Willensentschlüssen und damit von Willkür abhängen, vorab schon Auskunftsrechte begründen sollen. Jemandem ein Geschäft anzubieten, rechtfertigt ohne dessen Einwilligung nicht die Preisgaben seiner Daten.
Noch grundlegender erscheint die Auffassung, jede denkbare Berechtigung genüge, um Rechtsmissbrauch auszuschließen, als unzureichend, um auf europarechtlichem Niveau Datenschutz zu gewährleisten. Datenschutz bedeutet nach Auffassung des vorlegenden Gerichts, dass auch abstrakten Gefahren vorgebeugt werden muss, was dann auf das Verständnis dessen, was Rechtsmissbrauch darstellt, Auswirkung haben muss. In der Folge wäre die Geltendmachung eines Rechts, die nicht ihrerseits ein Mindestmaß an Selbstbindung und/oder inhaltliche Plausibilisierung zum Ausdruck bringt, jedenfalls als rechtsmissbräuchlich einzustufen.
(2.) Genauso wenig stellt ein „Kennenlernen“ gemessen an dem, was für denjenigen zu erwarten ist, der als Publikum seine Daten im Rahmen einer wirtschaftlichen Beteiligung anvertraut hat, einen beachtlichen Grund dar. Niemand, der in eine Kapitalanlage investiert, äußert damit sein Einverständnis, man könne sich für ein Kennenlernen an ihn wenden.
(3.) Stattdessen erscheint sinnvoll und geboten, dass konkrete und benennbare Anliegen mit direktem Bezug zur Geschäftsführung notwendig sind. Dies würde die Zweckbestimmung der Datenüberlassung formalisieren und die Gesellschaft hätte es so in der Hand, bei Beschwerden über die Datenpreisgabe auf die Zweckbestimmung der Datenüberlassung zu verweisen, und, wenn ihr – etwa durch Beschwerden anderer Gesellschafter – eine Verwendung zu anderen Zwecken als erklärt bekannt wird, die im Datenschutzrecht vorgesehenen Sanktionsmechanismen in Gang zu bringen.
3. In der Summe hält das vorlegende Gericht eine Auslegung der Datenschutzgrundverordnung dahingehend für sinnvoll, dass sie bei einer Publikumsgesellschaft im Ausgangspunkt nur bei Erreichen einer prozentualen Beteiligungsquote ein unbeschränktes Auskunftsrecht begründet, und im übrigen nur die Pflicht der Gesellschaft zur Weitergabe von Mitteilungen eines Gesellschafters an alle direkten und mittelbaren Gesellschafter, und weiter hält das vorlegende Gericht eine Auslegung der Datenschutzgrundverordnung dahingehend für sinnvoll, dass ein bloßes „Kennenlernen“ und das Interessen am Abkauf von Beteiligungen keine beachtlichen Gesichtspunkte sind und deswegen kein Auskunftsrecht begründen können, sondern jedes Auskunftsverlangen den konkreten gesellschaftsbezogenen Anlass benennen muss, wofür Auskunft verlangt wird.
D. Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen:
Die aufgeworfenen Fragen zielen nicht auf Vornahme der Abwägung anstelle des vorlegenden Gerichts, sondern auf Antwort, welchen Gesichtspunkten bei einer solchen Abwägung von Rechts wegen Relevanz zukommt, was bei Abwägung also beachtlich und damit „denknotwendig“ erscheint. Gleiches gilt für Fragen nach den Gesichtspunkten, die für inhärente Grenzen eines „berechtigten Interesses“ relevant sind. Die sich damit eröffnenden Fragen nach Rechtsstrukturen des europäischen Rechts lässt eine Vorlage zum Europäischen Gerichtshof angezeigt erscheinen.
Anhang – In Betracht kommende Rechtsvorschriften:


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