Bankrecht

Insolvenz einer Kommanditgesellschaft: Haftung der Kapitalanleger aus abgetretenem Recht des Treuhandkommanditisten auf Rückzahlung von Ausschüttungen zur Einlagenrückgewähr; Aufrechnung mit Ansprüchen gegen den Treuhandkommanditisten und Verjährungsfrist für den abgetretenen Befreiungsanspruch des Treuhänders

Aktenzeichen  II ZR 215/09

Datum:
22.3.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 171 Abs 1 HGB
§ 172 Abs 4 HGB
§ 157 BGB
§ 199 BGB
§ 242 BGB
§ 257 S 1 BGB
§ 399 BGB
§ 670 BGB
§ 675 BGB
Spruchkörper:
2. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Karlsruhe, 6. August 2009, Az: 4 U 11/08, Urteilvorgehend LG Waldshut-Tiengen, 13. Dezember 2007, Az: 1 O 313/06, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlussrevision der Beklagten das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. August 2009 teilweise abgeändert.
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im Übrigen und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 13. Dezember 2007 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.712,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. November 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen tragen der Kläger zu 24 %, die Beklagte zu 76 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. Beteiligungsgesellschaft KG (im Folgenden: Schuldnerin), deren Gesellschaftszweck die Beteiligung als Kommanditistin an den Objektgesellschaften des F. Fonds … war.
2
Die Beklagte erklärte am 20. Juli 1999 gegenüber der Treuhänderin P. Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH ihren Beitritt zur Schuldnerin mit einer Beteiligungssumme von 100.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Die Treuhänderin übernahm gemäß § 1 des Treuhandvertrages für die Beklagte die förmliche Stellung als Kommanditistin im Handelsregister; nach § 5 des Treuhandvertrages hatte der Treugeber die Treuhänderin von ihrer persönlichen Kommanditistenhaftung freizustellen.
3
§ 12 des Gesellschaftsvertrages lautet auszugsweise:
(1) An dem Vermögen und am Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind allein die Kommanditisten in dem zum 31.12. des betreffenden Geschäftsjahres gegebenen Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten ab dem der Einzahlung der Einlage folgenden Monatsersten beteiligt.

(3) Die Gesellschaft hat die Ausschüttungen, die die Gesellschaft von den Objektgesellschaften erhält und die nach Abdeckung ihrer Kosten und Aufrechterhaltung einer Liquiditätsreserve in der in der Liquiditätsprognose des Beteiligungsprospektes angegebenen Höhe verbleiben, ab 1999 halbjährlich, jeweils bis 31.01. und 31.07. des Jahres, erstmals bis 31.01.2000, an die Kommanditisten im Verhältnis der Ergebnisbeteiligung gemäß Ziff. 1 auszuschütten. Das gilt auch dann, wenn die Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter den Stand der Kapitaleinlage abgesunken sind.
(4) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach den handelsrechtlichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem Beteiligungstreuhänder für Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen sind, entsteht für den Beteiligungstreuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben diejenigen Treugeber bzw. Kommanditisten, für die der Beteiligungstreuhänder die Kommanditbeteiligung im eigenen Namen hält, den Beteiligungstreuhänder nach Maßgabe des Treuhandvertrages (Anlage 2) freizustellen.
4
In den Jahren 2000 bis 2004 erhielt die Beklagte in zwei Zahlungen jeweils zum 31. Januar und 31. Juli eines jeden Jahres, erstmals am 31. Juli 2000, Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 14.060,52 €. Die Handelsbilanzen der Schuldnerin wiesen für 1999 bis 2002 Gewinne aus, die die Ausschüttungen jedoch nicht in vollem Umfang deckten; in den Jahren 2003 und 2004 wiesen sie Verluste aus.
5
Die Schuldnerin stellte am 29. Juli 2005 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit; das Verfahren wurde am 20. April 2006 eröffnet. Mit Vereinbarung vom 6. April 2006 ließ sich der Kläger von der Treuhandkommanditistin deren Freistellungsansprüche gegen die Anleger abtreten. Er forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 20. November 2006 vergeblich zur Rückzahlung der Ausschüttungen auf.
6
Der Kläger hat seinen mit der Klage geltend gemachten Rückzahlungsanspruch auf § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 2 HGB, hilfsweise auf abgetretenes Recht und auf §§ 134, 143 InsO gestützt. Das Landgericht hat der Klage aus abgetretenem Recht bis auf einen Betrag von 135,49 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wenden sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision und die Beklagte mit der Anschlussrevision.


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