Bankrecht

Kapitalanlegerentschädigung: Ersatzfähigkeit von Handelsverlusten bei vertragsgemäßer Anlage von Kundengeldern

Aktenzeichen  XI ZR 18/13

Datum:
5.11.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1 Abs 4 S 1 EAEG vom 21.06.2002
§ 3 Abs 1 EAEG vom 21.06.2002
§ 4 Abs 1 EAEG vom 21.06.2002
§ 667 BGB
§ 675 Abs 1 BGB
Spruchkörper:
11. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend KG Berlin, 7. Dezember 2012, Az: 9 U 47/12vorgehend LG Berlin, 8. November 2011, Az: 2 O 268/11

Tenor

Die Revision der Kläger zu 2) und 3) gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 7. Dezember 2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14. Dezember 2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Kläger zu 2) und 3) nehmen im Wege der Rechtsnachfolge nach einem Erbfall die beklagte Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen auf Entschädigung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (im Folgenden: EAEG) in Anspruch. Zwischen den Parteien steht nur noch im Streit, ob die Beklagte von ihr berechnete Handelsverluste in Abzug bringen durfte.
2
Die Rechtsvorgänger der Kläger zu 2) und 3) beteiligten sich im Dezember 1996 jeweils hälftig gemeinschaftlich und außerdem jeweils zusammen mit einem nicht mehr am Rechtsstreit beteiligten Kläger mit einem Anlagebetrag von insgesamt 29.552,72 € einschließlich Agio an dem Phoenix Managed Account (im Folgenden: PMA), einer von der Phoenix Kapitaldienst GmbH (im Folgenden: P. GmbH) im eigenen Namen und für gemeinsame Rechnung der Anleger verwalteten Kollektivanlage, deren Gegenstand nach Nummer 1.4 der in den Geschäftsbesorgungsvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Anlage der Kundengelder in “Termingeschäften (Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften” war.
3
Die P. GmbH war bis Ende 1997 auf dem sogenannten Grauen Kapitalmarkt tätig. Ab dem 1. Januar 1998 wurde sie als Wertpapierhandelsbank eingestuft und der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel unterstellt. Bereits ab Mitte 1993 hatte die P. GmbH begonnen, die für den PMA eingegangenen Verpflichtungen aus den Termingeschäften nicht mehr mit dem aktuellen Marktwert, sondern mit “Null” zu bewerten, um eingetretene Verluste zu verschleiern. Ab 1997 legte die P. GmbH nur noch einen geringen Teil der von ihren Kunden vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in Termingeschäften an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege eines “Schneeballsystems” für Zahlungen an Altanleger und für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten verwendet. Den Anlegern wurden monatliche Kontoauszüge übermittelt, die den tatsächlichen Handelsverlauf nicht widerspiegelten.
4
Im März 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der P. GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15. März 2005 den Entschädigungsfall fest. Am 1. Juli 2005 wurde über das Vermögen der P. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
5
Die Beklagte ermittelte auf der Grundlage der von ihr überprüften Berechnungen des Insolvenzverwalters ausgehend vom rekonstruierten, tatsächlichen Handelsverlauf des PMA für jeden Anleger den Verlauf und Endstand seiner Anlage. Für die Konten der Rechtsvorgänger der Kläger zu 2) und 3) ergab sich so unter Abzug der Handelsverluste jeweils zum 31. März 2005 ein Endbetrag von insgesamt 27.147,95 €, wovon auf sie jeweils ein Betrag von 8.637,80 € entfiel.
6
Mit der Klage verlangen die Kläger zu 2) und 3) von der Beklagten die Zahlung von 90% ihrer Anlagesumme ohne Agio nebst Rechtshängigkeitszinsen abzüglich der von der Beklagten bereits erbrachten Teilentschädigungen, d.h. insgesamt jeweils 4.955,79 €. Sie meinen, dass die Handelsverluste nicht hätten abgezogen werden dürfen.
7
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage nur in Höhe von jeweils 4.318,44 € für begründet erachtet und sie im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

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