Aktenzeichen 13 A 18.2041
AGFlurbG Art. 2 Abs. 2
Leitsatz
1 Das Ziel, bestimmte bisher nicht geregelte bzw. unterliebene Baumaßnahmen nachzuholen, kann allenfalls im Wege einer Planänderung oder -ergänzung nach § 64 FlurbG erreicht werden, wenn die vorzeitige Ausführung des angeblich unzureichenden Flurbereinigungsplans (§ 63 FlurbG) bereits angeordnet worden war und hinsichtlich des Flurbereinigungsplans Bestandskraft eingetreten ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Widerspruchsverfahren ist entbehrlich, wenn die Behörde mit hinreichender Sicherheit zu erkennen gibt, dass dieses keinen Erfolg haben wird. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30 Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Das gilt sowohl hinsichtlich des Antrags, das Flurbereinigungsverfahren wieder aufzunehmen und den Flurbereinigungsplan zu ändern (sogleich 1.), als auch hinsichtlich des Antrags, verschiedene Baumaßnahmen umzusetzen (sogleich 2.).
1. Der Antrag des Klägers, das Flurbereinigungsverfahren wieder aufzunehmen und den Flurbereinigungsplan entsprechend seinem Vortrag zu ändern, ist als Verpflichtungsklage, den Flurbereinigungsplan gemäß § 64 FlurbG zu ändern oder zu ergänzen, zu verstehen (§ 88 VwGO). Soweit der Kläger eine „Wiederaufnahme des Flurbereinigungsverfahrens“ beantragt und vorbringt, dass bestimmte Baumaßnahmen „bisher nicht geregelt“ seien bzw. die Regelung dieser Maßnahmen „unterblieben“ sei und „noch nachgeholt“ werden müsse, kann er sein Begehren allenfalls im Wege einer Planänderung oder -ergänzung nach § 64 FlurbG erreichen, nachdem die vorzeitige Ausführung des Flurbereinigungsplans (§ 63 FlurbG) bereits mit Bescheid vom 19. November 2008 angeordnet worden war und hinsichtlich des Flurbereinigungsplans nach rechtskräftigem Abschluss des klägerseitigen Widerspruchs- und Klageverfahrens (BVerwG, B.v. 15.5.2014 – 9 B 14.14 – juris) Bestandskraft eingetreten ist (vgl. dazu: Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Auflage 2018, § 64 Rn. 1 und 10).
Die so verstandene Klage ist zwar ausnahmsweise auch ohne zuvor durchgeführtes Widerspruchsverfahren zulässig: Das Verhalten der beteiligten Behörden – siehe vor allem das Schreiben des Amts für ländliche Entwicklung (ALE) Niederbayern vom 25. September 2018, das auf das Schreiben der Beklagten vom 11. April 2017 Bezug nimmt – ließen mit hinreichender Sicherheit erkennen, dass ein Widerspruchsverfahren keinen Erfolg haben wird (vgl. dazu: Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 141 Rn. 17 m.w.N.). Indes ist diese Klage unbegründet:
Der Kläger hat gegen die Beklagte schon deshalb keinen Anspruch auf Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans nach § 64 FlurbG, weil diese hierfür nicht passivlegitimiert ist: Zuständig für Planänderungen oder -ergänzungen nach § 64 FlurbG ist gemäß Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 und 2 AGFlurbG nicht die beklagte Teilnehmergemeinschaft, sondern das ALE (Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 64 Rn. 9; Linke in Linke/Mayr, AGFlurbG, 2012, Art. 2 Rn. 10). Für den klägerseitig geltend gemachten Anspruch wäre mithin der Freistaat Bayern als Träger des ALE passivlegitimiert. Hingegen ist die klägerseitig in Anspruch genommene Teilnehmergemeinschaft nicht die richtige Beklagte. Hierauf hat der Senat den Kläger in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen (SP S. 3).
Darüber hinaus fehlt es an den materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für eine dem klägerseitigen Vortrag entsprechende Planänderung oder -ergänzung gemäß § 64 Satz 1 FlurbG: Nach dieser Vorschrift kann die Flurbereinigungsbehörde den Flurbereinigungsplan auch nach der Ausführungsanordnung ändern oder ergänzen, wenn öffentliche Interessen oder wichtige, nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten es erfordern oder wenn ihr eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird. Vorliegend sind diese Voraussetzungen für eine Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans nicht gegeben: Der Kläger bringt vor, für die Abfindungsflurstücke 129 und 152 müssten noch ordnungsgemäße Zufahrten geschaffen werden. Hinsichtlich dieser Grundstücke hatte der Senat bereits mit (rechtskräftigem) Urteil vom 8. Oktober 2013 (13 A 10.3043 – KommP BY 2014, 59 – juris) entschieden, dass eine ausreichende Erschließung vorliegt (juris Rn. 36). Dass insoweit öffentliche Interessen oder wichtige, nichtvorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse eine Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans erforderten oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekanntgeworden wäre, lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt für das klägerseitige Vorbringen, der Graben beim Lagerplatz auf Abfindungsflurstück 158 müsse wieder verlegt oder verrohrt werden, sowie, die Waldgrundstücke Mitterberg und Kreuzhaus hätten zu enge Zufahrten: Der Senat hatte im genannten Urteil u.a. auch festgestellt, dass die Erschließung des Abfindungsflurstücks 158 trotz des an dessen östlicher Grenze verlaufenden Grabens gesichert ist (juris Rn. 37) und dass die jeweiligen Zufahrten zu den Abfindungsflurstücken 177/1 und 182 im Bereich Mitterberg (juris Rn. 35) und zum Abfindungsflurstück 71 im Bereich Kreuzhaus (juris Rn. 37 a.E.) gesichert sind. Auch insoweit sind keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst erkennbar geworden, die darauf hindeuteten, dass insoweit die Voraussetzungen des § 64 FlurbG für eine Änderung oder Ergänzung des Plans vorliegen könnten. Soweit der Kläger noch vorbringt, der Flächenverlust am Flurstück 21 sei noch ungeklärt, betrifft auch dies letztlich die Wertgleichheit der Abfindung, die Gegenstand des Urteils vom 8. Oktober 2013 war. Dass insoweit die Voraussetzungen für eine Planänderung oder -ergänzung nach § 64 FlurbG vorliegen könnten, ist nicht ansatzweise erkennbar. Unbeschadet dessen sei der Kläger darauf hingewiesen, dass die Beklagte bereits in der mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2012 im Verfahren 13 A 10.3043 erläutert hatte, dass hinsichtlich des Einlageflurstücks 21 aufgrund des Verwendungsnachweises des Vermessungsamts Straubing vom 8. November 2002 eine Flächenveränderung vorgenommen worden sei (SP S. 2 f.) und dass dieses Einlageflurstück damit mit der richtigen Grundstücksgröße erfasst wurde.
2. Der weitere Antrag des Klägers, verschiedene Baumaßnahmen entsprechend seinem Vortrag umzusetzen, ist als sog. „echte Ausbauklage“ (vgl. dazu: Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 61 Rn. 10) zu verstehen (§ 88 VwGO). Soweit der Kläger vorbringt, bestimmte Baumaßnahmen seien noch „nicht umgesetzt“, zielt sein Begehren darauf ab, die Beklagte im Rahmen einer Leistungsklage zu verpflichten, die im Flurbereinigungsplan vorgesehenen oder ihm zugesagten Maßnahmen tatsächlich durchführen.
Die so verstandene Klage ist zulässig, bleibt indes in der Sache ohne Erfolg. Als im Flurbereinigungsplan vorgesehene oder dem Kläger zugesagte, aber noch nicht umgesetzte Baumaßnahme kommt gemessen am klägerseitigen Vortrag allein die Herstellung der Befahrbarkeit der Zufahrt zu Abfindungsflurstücken 177/1 und 182 im Bereich Mitterberg über den Weg Abfindungsflurstück 150/4 in Betracht. Insoweit hatte der Senat im Urteil vom 8. Oktober 2013 (13 A 10.3043 – juris) ausgeführt, dass in den Augenscheinsterminen für den Bereich ca. 300 m nördlich der Abzweigung des Wegs zwar noch festgestellt worden sei, dass die abgemarkte Breite durch in den Wegkörper hineinragende Wurzeln eingeschränkt gewesen sei, allerdings hätte u.a. der Vertreter der Beklagten erklärt, dass der Weg in der abgemarkten Breite in vollem Umfang befahrbar gemacht werde (juris Rn. 35). Wie der Senat durch Vorlage eines entsprechenden Fotos und vor allem durch Einnahme des Augenscheins feststellen konnte, hat die Beklagte indes diese Zusage hinreichend erfüllt: Der Weg wurde befahrbar gemacht. Hierzu wurde der Baum gefällt. Der verbliebene Baumstumpf wurde ungefähr in der Hälfte senkrecht abgeschnitten. Der Schnitt befindet sich auf Höhe des Grenzsteins. Zwar handelt es sich durchaus um eine kritische Engstelle, eine Durchfahrt mit entsprechendem Gerät ist indes möglich. Der Weg weist auch an dieser Stelle eine Beschaffenheit auf, welche dem Kläger eine bestimmungsgemäße Nutzung der erschlossenen Abfindungsflurstücke ermöglicht (vgl. zu diesem Maßstab: Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 44 Rn. 61 m.w.N.). Da der Senat sachverständig besetzt ist (vgl. BVerwG, B.v. 29.9.2003 – 9 B 28.03 – RdL 2004, 19 und B.v. 18.12.1990 – 5 C 36.90 – NVwZ-RR 1991, 389), war es – anders als der Kläger wohl meint – nicht erforderlich, zur Beurteilung dieser Frage das Gutachten eines land- und forstwirtschaftlichen Sachverständigen einzuholen. Hinsichtlich der sonstigen im klägerseitigen Vortrag genannten Baumaßnahmen ist weder vorgebracht noch sonst erkennbar, dass insoweit im Flurbereinigungsplan vorgesehene oder dem Kläger zugesagte Maßnahmen noch nicht umgesetzt worden sein könnten.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 147 Abs. 1 FlurbG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.