Baurecht

Berufung, Beschaffenheit, Werkleistung, Beschaffenheitsvereinbarung, Gutachten, Widerspruch, Berechnung, Werk, Heizungsanlage, Protokoll, Unternehmer, Verhandlung, Vereinbarung, Einbau, vereinbarten Beschaffenheit

Aktenzeichen  20 U 4425/19 Bau

Datum:
30.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51430
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

51 O 310/16 2019-07-26 Urt LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufungen gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 26.07.2019, Az. 51 O 310/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufungen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufungen nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.02.2020.

Gründe

I.
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann eine Berufung nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dies zeigen die Berufungsbegründungen nicht auf.
1. Berufung des Beklagten
Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung von 15.471,15 Euro bejaht, §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1, 3 BGB.
a. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der vom Beklagten ausgeführte Einbau einer Solarthermieanlage im Anwesen des Klägers mangelhaft ist.
aa. Zwar weist der Beklagte in der Berufungsbegründung zu Recht darauf hin, dass bei der Frage, ob das geschuldete Werk der vereinbarten Beschaffenheit entspricht, zu differenzieren ist, ob nach der Vereinbarung der Parteien ein Werk geschuldet ist, das den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ genügt oder ein Werk, das dem „Stand der Technik“ entspricht. Eine technische Regel ist dann allgemein anerkannt, wenn sie der Richtigkeitsüberzeugung der vorherrschenden Ansicht der technischen Fachleute entspricht und darüber hinaus in der Praxis erprobt und bewährt ist. Der „Stand der Technik“ entspricht dagegen nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 6 BImSchG dem Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt (vgl. zur Abgrenzung Seibel, NJW 2013, 3000).
bb. Im Ergebnis kann dies hier aber dahinstehen. Denn selbst wenn man, wie der Beklagte, davon ausgeht, dass sein Werk den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entspricht und man weiterhin mit dem Beklagten davon ausgeht, dass die Parteien nicht vereinbart haben, dass das Werk dem „Stand der Technik“ zu entsprechen habe, ist die Werkleistung des Beklagten hier dennoch mangelhaft, da sie jedenfalls nicht der von den Parteien vereinbarten Beschaffenheit – Optimierung der Heizungsanlage unter ökologischen Geschichtspunkten – entspricht.
Denn auch wenn ein Unternehmer regelmäßig verpflichtet ist, die aktuell anerkannten Regeln der Technik zu beachten, so schließt doch umgekehrt die Beachtung dieser Regeln die Annahme eines Sachmangels nicht aus (vgl. BGH, NZBau 2002, 611, 612; OLG Hamm, NJW 2013, 545 m.w.N.). Auch das diesen Regeln entsprechende Werk ist mangelhaft, wenn es nicht den Beschaffenheitsvereinbarungen (vgl. BGH, NJW 1998, 2814, 2815; BGH, NJW-RR 1996, 340) oder den erkennbaren Bedürfnissen des Bestellers entspricht oder es sonst in seiner Gebrauchsfähigkeit eingeschränkt ist; denn geschuldet ist der vertraglich vereinbarte Erfolg, nicht bloß ein den Regeln der Technik entsprechendes Werk (vgl. zum Ganzen OLG Hamm, NJW 2013, 545 m.w.N.).
(1) Das Landgericht hat vorliegend zutreffend festgestellt, dass die Parteien die Optimierung der Heizungsanlage unter ökologischen Gesichtspunkten vereinbart haben.
Nach dem Schriftsatz des Klägers vom 09.05.2016 sollte mit dem Einbau der Solarthermieanlage die Heizungsanlage optimiert werden (vgl. S. 1 Rückseite, S. 2; Bd. I Bl. 29 d.A. Rückseite, Bl. 30 d.A.). Dies wurde vom Beklagten nicht bestritten (vgl. Schriftsatz des Beklagten 31.05.2016 S. 3, Bd. I Bl. 39 d.A.) und entspricht dem Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers und des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2016 vor dem Landgericht. Der Kläger führte im Rahmen seiner Anhörung aus, der Beklagte habe gemeint, „man könne die Anlage optimieren, (…) er habe durch den Einsatz eines Durchlauferhitzers gute ökologische Ergebnisse erreicht“ (vgl. Protokoll S. 2, Bd. I Bl. 49 d.A.). Daraufhin habe er dem Einsatz des Durchlauferhitzers zugestimmt (vgl. Protokoll S. 2, Bd. I Bl. 49 d.A.). Diese Ausführungen des Klägers blieben bei der nachfolgenden persönlichen Anhörung des Beklagten von diesem unwidersprochen (vgl. Protokoll S. 23, Bd. I Bl. 50 d.A.). Mithin haben die Parteien vereinbart, dass die vorhandene Heizungsanlage nach ökologischen Gesichtspunkten optimiert werden solle.
(2) Dieser Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien wird das Werk des Beklagten, wie das Landgericht zutreffend auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2018 festgestellt hat, nicht gerecht.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen führt die Nachschaltung eines elektrisch betriebenen Durchlauferhitzers dazu, dass man rein elektrisch heizt, was zu steigenden Energiekosten führt (vgl. Protokoll S. 8 f., Bd. I Bl. 304 f. d.A.). Der Sachverständige belegt dies nachvollziehbar durch konkrete Berechnungen zur Heizleistung, aus denen die ungünstige Energieeffizienz des elektrischen Heizens deutlich wird (vgl. Protokoll S. 8 f., Bd. I Bl. 304 f. d.A.). Mithin entspricht das Werk des Beklagten aufgrund der ungünstigen Energieeffizienz und der erhöhten Stromkosten nicht der von den Parteien vereinbarten nach ökologischen Gesichtspunkten optimierten Heizungsanlage und ist daher mangelhaft.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die Ausführungen des Sachverständigen auch nicht widersprüchlich. In der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2018 hat der Sachverständige ausgeführt, dass man, wenn die Wärmepumpe nur heizt, die Spitzen des Brauchwasserverbrauchs mit dem Durchlauferhitzer ausgleichen könnte (vgl. Protokoll S. 8, Bl. 304 d.A.). Hierin sieht der Beklagte einen Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen im schriftlichen Sachverständigengutachten vom 08.08.2017 (vgl. Gutachten S. 30 ff.) sowie seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung (vgl. Protokoll S. 5 ff., Bd. I Bl. 301 ff. d.A.), wonach die bauliche Ausführung des Gewerks des Beklagten insgesamt nicht geeignet sei, eine ausreichende Brauchwasserversorgung und Heizkörperbeheizung zu gewährleisten. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Sachverständige hat nämlich seine Aussage, die Spitzen des Brauchwasserverbrauchs könnten mit dem Durchlauferhitzer ausgeglichen werden, dahingehend eingeschränkt, dass dies nicht „Stand der Technik“ sei (vgl. Protokoll S. 8, Bl. 304 d.A.). Denn Folge der Betreibung des Durchlauferhitzers wäre, dass die Energiekosten deutlich steigen würden (vgl. Protokoll S. 9, Bl. 305 d.A.). Damit hat der Sachverständige zum Ausdruck gebracht, dass es zwar technisch möglich sei, parallel zur Heizkörperversorgung die Erhitzung des Brauchwassers mittels des Durchlauferhitzers sicherzustellen, allerdings mit der Einschränkung, dass diese Vorgehensweise zu einem erhöhten Energieverbrauch führen würde. Insoweit sind die Ausführungen des Sachverständigen nicht widersprüchlich, sondern gehen von unterschiedlichen Prämissen aus. Unter der Prämisse, eine, wie von den Parteien vereinbarte, energieeffiziente Lösung erreichen zu wollen, ist die bauliche Ausführung des Gewerks des Beklagten insgesamt nicht geeignet eine ausreichende Brauchwasserversorgung und Heizkörperbeheizung zu gewährleisten. Unter der Prämisse, dass ein erhöhter Energieverbrauch in Kauf genommen wird, stellt auch die Erhitzung des Brauchwassers mittels eines Durchlauferhitzers eine mögliche Konstruktion dar.
(3) An der Mangelhaftigkeit des Werks des Beklagten ändert auch die Tatsache nichts, dass die Parteien den Einbau eines Durchlauferhitzers vereinbart haben.
Denn der Unternehmer schuldet im Rahmen der getroffenen Vereinbarung ein Werk, das die Beschaffenheit aufweist, die für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch erforderlich ist. An dieser Erfolgshaftung ändert sich grundsätzlich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben, mit der die geschuldete Beschaffenheit des Werks nicht erreicht werden kann (vgl. BGH, NJW 1998, 3707, 3708).
Wie dargestellt, hatten die Parteien hier vereinbart, dass die Heizanlage des Klägers durch den Einbau der Solarthermieanlage nach ökologischen Gesichtspunkten optimiert werden sollte. Dies war, wie bereits dargestellt, durch den Einbau eines Durchlauferhitzers nicht zu erreichen.
b. Die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten hat das Landgericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachten zutreffend festgestellt.
Soweit der Beklagte in der Berufungsbegründung pauschal moniert, der erstinstanzlich zugesprochene Vorschuss sei bei weitem übersetzt, da der Kläger vom Beklagten nicht einen Vorschuss für eine Anlage verlangen könne, die modernster Wärmepumpentechnologie entspreche, fehlt es schon an einer Konkretisierung, welche Posten in der Kostenaufstellung des Sachverständigen im Einzelnen vom Beklagten angegriffen werden.
Die Höhe des festzusetzenden Vorschusses zur Mängelbeseitigung hat sich im Übrigen daran zu orientieren, welche Kosten erforderlich sind, um das Werk des Beklagten so umzurüsten, dass es der von den Parteien vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Es ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht dieser Maßgabe bei der Berechnung des Kostenvorschusses auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens nicht Genüge getan hat.
2. Berufung des Klägers
Das Landgericht hat zu Recht bei der Berechnung des Vorschussanspruchs die Kosten für die Einbringung eines Pufferspeichers, die der Sachverständige im Ergänzungsgutachten vom 22.02.2019 mit 4.957 Euro netto angesetzt hat (Gutachten S. 4), nicht berücksichtigt.
Der Vorschussanspruch ist um diejenigen (Mehr-)Kosten zu kürzen, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre – sog. „Sowieso“-Kosten. Anknüpfungspunkt ist die Erwägung, dass der Unternehmer nicht mit den Kosten solcher Maßnahmen belastet werden darf, die er nach dem Vertrag gar nicht zu erbringen hatte. Andererseits ist es ihm nicht gestattet, sich auf diese Weise seiner werkvertraglichen Erfolgshaftung zu entziehen. Es muss deshalb in jedem Einzelfall die geschuldete Leistung konkret ermittelt und aus dem Vertrag heraus festgelegt werden. Hat der Auftragnehmer einen bestimmten Erfolg zu einem bestimmten Preis versprochen, so bleibt er an seine Zusage selbst dann gebunden, wenn sich die beabsichtigte Ausführungsart nachträglich als unzureichend erweist und aufwendigere Maßnahmen erforderlich werden. Auch im Rahmen der Nachbesserung können diese Mehrkosten nicht dem Auftraggeber aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung aufgebürdet werden. Haben die Parteien allerdings eine bestimmte Ausführungsart vereinbart, umfasst der vereinbarte Werklohn, sofern die Kalkulation des Werklohns nicht allein auf den Vorstellungen des Auftragnehmers beruht, nur diese Ausführungsart, so dass der Auftraggeber Zusatzarbeiten, die für den geschuldeten Erfolg erforderlich sind, gesondert vergüten muss (vgl. zum Ganzen BGH, NJW 1984, 2457, 2458; BGH, NJW 1998, 3707, 3708).
Letztes ist hier der Fall, die Parteien haben sich, wie dargelegt, auf den Einbau eines Durchlauferhitzers verständigt. Sie haben mithin eine bestimmte Ausführungsart vereinbart. Zusatzarbeiten, wie der Einbau eines Pufferspeichers, die erforderlich wären um den vertraglich geschuldeten Erfolg, die Optimierung der Heizungsanlage nach ökologischen Gesichtspunkten, zu erreichen, sind daher vom Kläger zu tragen.
II.
Zur Vermeidung weiterer Kosten regt der Senat die Zurücknahme der offensichtlich unbegründeten Berufungen an. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren des Berufungsverfahrens von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben