Baurecht

Kostenentscheidung – Rücknahme des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens

Aktenzeichen  8 C 18.614

Datum:
20.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17224
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 98, § 162 Abs. 3
ZPO §§ 485 ff.

 

Leitsatz

Im selbständigen Beweisverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen, der die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Verfahrens beantragt hat, in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei aufzuerlegen. (Rn. 3)

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 500.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin hat den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 485 ff. ZPO) mit Schriftsatz vom 11. Juli 2018 zurückgenommen. Das Verfahren ist daher einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend; vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2015 – 15 C 14.2528 – juris).
Die Tatsache, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens gehören, wirkt sich vorliegend nicht aus, weil kein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt wird. Im Fall der Rücknahme ist eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 10.10.2017 – 15 C 14.1592 – juris Rn. 12; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 98 Rn. 39 m.w.N.), die hier auf § 155 Abs. 2 VwGO beruht.
Eine Kostentragung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen erscheint gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht billig. Nach ständiger Praxis des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – juris Rn. 10 ff.; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 17 jew. m.w.N.) ist hierfür maßgeblich, ob ein Beigeladener wegen Stellung eines Sachantrags (zur Unterscheidung von Prozessanträgen vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl. 2018, § 297 Rn. 1 f.) ein Kostenrisiko auf sich genommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 HS 1 VwGO) oder ob er das Verfahren wesentlich gefördert hat. Die Beigeladenen haben hier lediglich die Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung eines selbständigen Beweisverfahrens (während der Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens) beantragt. Im Fall eines das selbständige Beweisverfahren eröffnenden Beschlusses wäre keine Kostenentscheidung zu treffen gewesen (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2007 – 3 C 07.1118 – juris Rn. 23; OVG NW, B.v. 24.3.2009 – 15 E 31/09 – juris Rn. 13 ff.; HessVGH, B.v. 17.1.2011 – 2 B 1966/10 – juris Rn. 6; Geiger in Eyermann, a.a.O., § 98 Rn. 39). Die Beigeladenen sind somit in derartigen Fällen bei einem Unterliegen regelmäßig keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Ebenso wie das Zulassungsverfahren weist das selbständige Beweisverfahren daher Besonderheiten auf, die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind. Eine wesentliche Förderung des Verfahrens durch die Beigeladenen ist hier nicht gegeben. Eine Entscheidung zu deren Gunsten ist im Übrigen auch nicht deshalb veranlasst, weil sie durch die Ablehnung des Antrags im Ergebnis begünstigt würden (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – juris Rn. 10 ff.).
Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Mit der Reduzierung des Streitwerts folgt der Senat – unter Aufgabe seiner bisherigen Ansicht, wonach grundsätzlich der ungekürzte Hauptsachestreitwert zugrunde zu legen ist (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 15.5.2012 – 8 C 10.2054 – juris Rn. 13; B.v. 3.6.2014 – 8 C 13.2070 – juris Rn. 10) – der in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs überwiegend vertretenen Auffassung (BayVGH, B.v. 22.9.2000 – 22 C 00.2503 – BayVBl 2001, 763 = juris Rn. 2 ff.; B.v. 28.3.2002 – 4 C 01.2417 – juris Rn. 13; B.v. 12.8.2002 – 13 S 01.1662 – juris Rn. 9; B.v. 25.6.2007 – 3 C 07.1118 – juris Rn. 24; B.v. 23.1.2015 – 15 C 14.2528 – juris Rn. 2; B.v. 8.7.2015 – 13 S 15.600 – juris Rn. 18 m.w.N.), die vor allem auf den „eilverfahrensrechtlichen“ Charakter des selbständigen Beweisverfahrens abstellt. Im Verwaltungsrechtsstreit erscheint – im Unterschied zum Zivilprozess – die Annahme eines Streitwerts in der vollen Höhe des zu sichernden Anspruchs in der Regel nicht gerechtfertigt, weil dem selbständigen Beweisverfahren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die unterschiedlichen Verfahrensstrukturen eine geringere Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2002 – 13 S 01.1662 – juris Rn. 9). Daraus folgt regelmäßig eine Reduzierung des Hauptsachestreitwerts (vgl. zu Ausnahmen OVG NW, B.v. 16.7.2007 – 8 E 547/07 – juris Rn. 9 f.).
Maßgeblich für die Bestimmung der Streitwerthöhe ist hier – in entsprechender Heranziehung von Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 – der zu erwartende Jahresgewinn. Dieser wurde vom Senat anhand der vorgelegten Bewerbungsunterlagen und der Ausführungen der Beteiligten in den Verfahren Az.: 8 ZB 17.2076 (Beschluss vom 6.6.2018 – juris Rn. 38) und Az.: 8 CS 17.432 (Beschluss vom 8.5.2017 – juris Rn. 123) für die hier maßgeblichen Tätigkeiten auf 1 Million Euro geschätzt. Die Antragstellerin hat die Höhe im Ergebnis für angemessen erachtet (Schriftsätze vom 7.11.2017 im Verfahren 8 ZB 17.2076 und vom 23.3.2017 im Verfahren 8 CS 17.432). Der nunmehr erfolgte, pauschale Verweis der Antragstellerseite auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Oktober 2017 (9 B 1789/17.T – juris Rn. 57) vermag diese Schätzungen nicht in Zweifel zu ziehen. Die zitierte Entscheidung enthält keine nähere Begründung zur Streitwerthöhe. Sie bezieht sich zudem auf eine andere Ausschreibung für einen anderen Flughafen, ohne dass auf die Vergleichbarkeit im Einzelnen eingegangen wurde. Daher besteht mangels hinreichend substanziierter Einwendungen kein Anlass, von den genannten Einschätzungen abzuweichen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 92 Abs. 3 Satz 2, § 152 Abs. 1 VwGO.


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