Baurecht

Rechtmäßigkeit einer Abfallgebührensatzung und der dahinterstehenden Gebührenkalkulation

Aktenzeichen  7 A 678/20 MD

Datum:
13.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 7. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0113.7A678.20MD.00
Normen:
Art 3 Abs 1 GG
§ 86 Abs 1 S 1 VwGO
§ 2 Abs 2 KAG ST
§ 5 Abs 1 KAG ST
§ 5 Abs 2 KAG ST
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Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Die Gebührenkalkulation verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Beklagte ausreichende Ermittlungen über die Anschlusspflichtigen aus privaten Haushalten bzw. anderen Herkunftsbereichen anstellt.(Rn.38)

2. Die Kammer hält insoweit an ihrer Rechtsauffassung fest, dass bei der Gebührenkalkulation nicht allein die tatsächlich angeschlossenen Grundstücke maßgeblich sind, auf denen Abfälle zur Beseitigung aus privaten Haushalten oder anderen Herkunftsbereichen anfallen, sondern vielmehr der Kreis der normativ Anschlusspflichtigen zu berücksichtigen ist.(Rn.42)

3. Sofern daher der Beklagte für einen zurückliegenden Zeitraum eine Gebührenkalkulation erstellt, ist dieser gehalten, Grundstücke auf ihre seinerzeitige Anschlusspflicht hin zu überprüfen und realitätsnahe Zahlen zu ermitteln.(Rn.44)
(Rn.46)

4. Wenn den Mitgliedern des Kreistages im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Abfallgebührensatzung neben dem Ergebnis der ermittelten Gebührensätze auch die Unterlagen zur Kalkulation der Gebührensätze nebst einem Erläuterungsbericht zur Gebührenkalkulation vorgelegen haben, ist denen zum Kreisumlagerecht aufgestellten Grundsätzen zur Erfüllung der Ermittlungs- und Offenlegungspflicht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.03.2020 – 4 L 184/18 – juris) genüge getan.(Rn.48)

5. Ergeben sich durch nachvollziehbare und plausible Ermittlungen und Berechnungen des Beklagten, dass die durchschnittliche Dichte der in Müllschleusen gesammelten Abfallmenge von dem maximalen Füllvolumen der Müllschleuse abweicht, verstößt es nicht gegen höherrangiges Recht, wenn der Beklagte in seiner Gebührenkalkulation ausschließlich die ermittelten Durchschnittswerte berücksichtigt.(Rn.49)

6. Mit der Möglichkeit der Eigenverwertung besteht für Eigentümer oder die sonst am Grundstück dinglich Berechtigten – anders als bei Restabfall aus privaten Haushaltungen – nicht die Pflicht zum Anschluss an die öffentliche Abfallentsorgung des Beklagten, weshalb der Beklagte im Umkehrschluss auch nicht gehalten ist, gegenüber diesen den Anschlusszwang durchzusetzen. Insoweit gehören diejenigen, die von der Eigenverwertung Gebrauch machen, nicht zum Kreis der normativ Anschlusspflichtigen, und müssen keinen Eingang in die Gebührenkalkulation finden.(Rn.57)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 4/10 und der Beklagte zu 6/10.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich nunmehr nur noch gegen die endgültige Festsetzung von Abfallgebühren für den Erhebungszeitraum vom 01.01.2019 bis 31.12.2019.
Die Klägerin ist am Anschlussort Vermieterin dreier Mietwohnungen sowie Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims.
Mit Bescheid vom 24.04.2020 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für den Erhebungszeitraum 2019 endgültig Abfallgebühren in Höhe von 6.365,59 € (Nr. 1) und für den Erhebungszeitraum 2020 vorläufig Abfallgebühren in Höhe von 8.729,68 € (Nr. 2) fest. Wegen bereits gezahlter Abschläge für den Erhebungszeitraum 2019 wurden insgesamt Abfallgebühren in Höhe von 9.207,28 € festgesetzt. Der Festsetzung lagen die Abfallgebührensatzung 2019 sowie die Abfallgebührensatzung 2020 des Beklagten jeweils in der Fassung vom 19.03.2020 zugrunde. Bei der Berechnung für den Erhebungszeitraum 2019 ging der Beklagte für die drei Mietwohnungen jeweils von einem Einwohnergleichwert 1 und für das Alten- und Pflegeheim von einem Einwohnergleichwert 24 sowie insgesamt 134 Entleerungen der 1.100-l-Restabfallbehälter aus. Ein Einwohnergleichwert entspreche einer Grundgebühr in Höhe von 33,77 € und eine Entleerung einer Gebühr in Höhe von 40,70 €, weshalb sich ein Betrag in Höhe von 6.365,59 € ergebe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 07.05.2020 Widerspruch und bezog sich zur Begründung auf die rechtskräftige Entscheidung des VG Magdeburg vom 15.08.2019 (u.a. Az. 7 A 228/18 MD). Unter Berücksichtigung der dortigen Ausführungen beruhe der Bescheid auf einem Kalkulationsfehler und damit auf einem Satzungsfehler. Weiterhin seien ca. 30.000 Einwohner nicht an die Bioabfall- und mehrere tausend Bürger, welche über eine Nebenwohnung verfügen würden, nicht an die Restabfallentsorgung angeschlossen.
Den am 08.05.2020 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 24.04.2020 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18.05.2020 ab und führte zur Begründung aus, an der Rechtmäßigkeit des Bescheides würden keine Zweifel bestehen. Aus diesem Grund bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides. Dass die Vollziehung des Bescheides für die Klägerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, hätte diese nicht geltend gemacht und sei nach der bekannten Sachlage auch nicht zu befürchten.
Unter dem 14.08.2020 beantragte die Klägerin nochmals die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides und bezog sich zur Begründung auf die Ausführungen in ihrem Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2020 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und lehnte den erneuten Aussetzungsantrag ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die von der Klägerin in der Widerspruchsbegründung benannten Urteile des VG Magdeburg würden sich ausdrücklich auf den rechtswidrigen Kalkulationszeitraum 2017-2019 beziehen. Der angefochtene Bescheid beruhe jedoch auf den neu erlassenen Abfallgebührensatzungen 2019 und 2020 und den hierauf basierenden Neukalkulationen. Der Mangel für das Jahr 2019 sei aufgrund der Neukalkulation geheilt worden, weshalb im Ergebnis die vorgetragenen Argumente gegenstandslos seien. Die Aussage der Klägerin, dass ca. 30.000 Einwohner nicht an die Bioabfallentsorgung und mehrere tausend Bürger, die über einen Nebenwohnsitz im Landkreis C. verfügen würden, nicht an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossen seien, sei unzutreffend. Die Rechtmäßigkeit der Abfallgebührensatzung hänge nicht vom tatsächlichen Anschluss oder Nichtanschluss ab. Vielmehr sei die prognostisch ermittelte Anzahl der Anschlusspflichtigen als Berechnungsgrundlage in die Gebührenkalkulation aufzunehmen. Die in den Kalkulationen für die Jahre 2019 und 2020 verwendeten Einwohnerzahlen würden auf einer sachgerechten Prognose der Einwohnerzahlen inklusive der zu veranlagenden Nebenwohnsitzbewohner unter Verwendung der aktuellen Zahlen des statistischen Bundesamtes, der 6. Regionalen Bevölkerungsprognose 2014-2030 des Landes Sachsen-Anhalt und Kenntnissen des Beklagten zu den Nebenwohnsitzen beruhen.
Dagegen hat die Klägerin am 01.12.2020 Klage erhoben und unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren zur Begründung weiter ausgeführt, in der Kalkulation würde im Unterflursystem statt 5.000 l Fassungsvermögen für die großen Unterflurbehälter lediglich ein Wert von 3.100 l angesetzt werden. Dies führe dazu, dass alle anderen Gebührenzahler diesen Rabatt, von dem lediglich die Stellen einer Wohnungsbaugesellschaft profitieren würden, mit bezahlen müssten. Für die vom Beklagten vorgenommenen Berechnungen zum durchschnittlichen Volumen der Unterflursysteme gebe es kein Regelwerk, welches diese Vorgehensweise vorsehe.
Abgesehen davon seien 3.608 Bürger, welche über eine Nebenwohnung verfügen würden, nicht angeschlossen. Insgesamt seien auch weiterhin 2.517 Einwohner (2019) bzw. 2.699 (2020) nicht angeschlossen und würden nicht in die Kalkulation einbezogen. Die Einwohner von Nebenwohnungen seien in den Kalkulationsunterlagen nirgendwo genannt.
Im Hinblick auf die nicht an die Bioabfallentsorgung angeschlossenen Grundstücke sei noch zu berücksichtigen, dass bis zum 25.08.2021 lediglich 1.346 Anträge auf Eigenkompostierung bei dem Beklagten gestellt worden seien. Daraus ergebe sich für das hier fragliche Gebührenjahr eine Nichtberücksichtigung normativ Anschlusspflichtiger. Diejenigen, die nicht selbst kompostieren könnten, seien an die Bioabfallentsorgung anzuschließen. Eine Satzung und Kalkulation, die dies nicht berücksichtige, sei im Ergebnis rechtsfehlerhaft und könne keine taugliche Ermächtigungsgrundlage sein.
Ferner würden seit Jahren regelmäßig und kontinuierlich Ausschüttungen seitens der K. GmbH an den Beklagten erfolgen. Dies sei mit dem Kostendeckungsprinzip nicht vereinbar. Der in der Kalkulation berücksichtigte Gewinn führe zu erheblichen Nachteilen für die Gebührenschuldner.
Weiterhin würden bei Gewerben doppelte Gebühren anfallen, was nicht hinnehmbar sei, wenn keine entsorgungspflichtigen Abfälle anfallen würden.
Die Kalkulation erweise sich auch deshalb als rechtswidrig, weil den Mitgliedern des Kreistages im Zeitpunkt des Beschlusses über die Abfallgebührensatzung nicht sämtliche Unterlagen und Informationen zum Zahlenwerk des Beklagten vorgelegen hätten.
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 24.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2020 aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit in dem streitgegenständlichen Bescheid für den Erhebungszeitraum 01.01.2020 bis 31.12.2020 eine vorläufige Gebühr für die Abfallentsorgung festgesetzt wurde.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Ziffer 1 des Bescheides des Beklagten vom 24.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2020 aufzuheben und
ferner die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt der Klage mit der Begründung entgegen, anders als das Gericht in seinem Urteil vom 15.08.2019 meine, sei die Berücksichtigung normativ Anschlusspflichtiger gebührenrechtlich nicht geboten. Das Gericht habe bei dieser Annahme einen falschen Anknüpfungspunkt gewählt. Die Bemessung der Gebühren erfolge gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 KAG-LSA unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Inanspruchnahme. Auch bei Bestehen eines Anschluss- und Benutzungszwanges sei – auch für die Erhebung einer Grundgebühr – eine tatsächliche Inanspruchnahme der Abfallentsorgung Voraussetzung für eine Gebührenpflicht. Nicht angeschlossene, aber Anschlusspflichtige anderer Herkunftsbereiche als private Haushalte würden die öffentliche Einrichtung der Abfallentsorgung nicht in Anspruch nehmen und seien daher nicht gebührenpflichtig. Die Angeschlossenen hingegen würden die Leistung in Anspruch nehmen. Es läge daher keine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vor, wenn die Gebührenlast unter den Nutzern der Einrichtung verteilt werde, während Nichtnutzer nicht herangezogen würden. Aus diesem Grund komme es auf die Diskussion zur genauen Anzahl von hiernach zu berücksichtigenden Einwohnergleichwerten nicht an. Ungeachtet dessen habe der Beklagte alle zu berücksichtigenden normativ Anschlusspflichtigen nunmehr tatsächlich in seiner Satzung berücksichtigt und insoweit erhebliche Ermittlungen zur Zahl der Anschlusspflichtigen angestellt. Beispielsweise seien die kreisangehörigen Einheits- und Verbandsgemeinden gebeten worden, im Wege der Amtshilfe Daten über Anzahl, Lage und Eigentümer kleingärtnerisch genutzter Grundstücke zu übermitteln. Selbst bei etwaigen Abweichungen wäre die anerkannte Bagatellgrenze von 3 % anzuwenden, weil die normativ Anschlusspflichtigen nicht tatsächlich veranlagt werden können und der Gebührenausfall für die ihnen zuzuordnenden Einwohnergleichwerte aus dem Finanzhaushalt getragen werden müsse, eine Verschiebung mithin nicht zwischen Gebührenpflichtigen untereinander, sondern zwischen Finanzhaushalt und Gebührenpflichtigen erfolge. Insoweit sei keine fehlerhafte Maßstabsbildung anzunehmen.
Soweit die Klägerin rüge, Einwohner seien nicht an die Bioabfallentsorgung angeschlossen, weshalb die Kalkulation fehlerhaft sei, verkenne diese dabei, dass bei Bioabfall wegen der fehlenden Überlassungspflicht bei Eigenkompostierung kein Anschlusszwang bestehe, so dass bereits auf der Ebene der Durchsetzung eines Anschlusszwanges keine Ungleichbehandlung angenommen werden könne. Ob Grundstücke zusätzlich an die Bioabfallentsorgung angeschlossen seien oder nicht, entscheide nicht über ihre Gebührenpflicht und sei nicht relevant für die Ermittlung der für die Grundgebühr maßgeblichen Einwohnergleichwerte. Aus diesem Grund könnten die Ausführungen des Gerichts in dem Urteil vom 15.08.2019 nicht auf die Bioabfallentsorgung übertragen werden.
Die Behauptung der Klägerin, es seien bestimmte Bürger nicht an die Abfallentsorgung angeschlossen, sei unsubstantiiert. Die richtige Anzahl an Einwohnergleichwerten lasse sich nicht direkt aus Daten der Einwohnermeldeämter oder sonstigen Statistiken ableiten. Die 2019 und 2020 geltenden Abfallgebührensatzungen hätten eine degressive haushaltsbezogene Bemessung der Grundgebühr anhand der in einem Haushalt lebenden Personenzahl vorgesehen. Aus der Anzahl der im Landkreis gemeldeten Einwohner zu einem bestimmten Zeitpunkt lasse sich aufgrund dieser Systematik daher nicht auf die Einwohnergleichwerte aus Haushaltungen schließen. Denn diese würden von der Zusammensetzung der jeweiligen im Landkreis ansässigen Haushalte abhängen, und die Zahl der Einwohnergleichwerte sei aufgrund der Degression in jedem Fall niedriger als die der Einwohner. Der Beklagte ermittele die jeweilige Anzahl für die Veranlagung in einem aufwändigen ständig andauernden Prozess, dessen Ergebnisse sich in der Veranlagungsdatenbank wiederfinden würden. Für die Kalkulation sei deshalb auf die Werte, die der Veranlagungsdatenbank entnehmbar seien, zurückgegriffen worden, die die richtigen Zahlen widerspiegeln würden. Da bezüglich aller Grundstücke und Haushalte eine ständige Überprüfung der Einwohnerzahlen stattfinde, würden keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass anschlusspflichtige Einwohner nicht an die Abfallentsorgung angeschlossen wären.
Bei dem Unterflursystem verkenne die Klägerin, dass anders als bei sonstigen behältergestützten Sammeltouren die in einem Unterflurbehälter bei Leerung enthaltene Abfallmenge konkret festgestellt werde, da der Behälter einzeln entleert und der Inhalt verwogen werde. Im Rahmen eines Modellversuchs sei anhand dieser Daten die durchschnittliche Dichte der in den Behältern gesammelten Menge ermittelt worden. Ebenfalls sei im Vergleich dazu die durchschnittliche Dichte des in den sonstigen Restabfallbehältern (60-1.100 l und Säcke) enthaltenen Abfalls ermittelt worden, was für die Behälter in ihrer Gesamtheit durch Kenntnis der Gesamtmenge aus den Sammeltouren und der Leerungszahlen und damit des Leerungsvolumens möglich sei. Diese Dichte sei deutlich höher als bei den Unterflurcontainern, weil sich bei Einwurf der Abfälle in die Einwurföffnung der Unterflurcontainer ein sog. Schüttkegel bilde, der die Einwurföffnung versperre, bevor auch das Randvolumen der Behälter mit Abfall befüllt sei. Aus dem Verhältnis dieser beiden Werte sei ein „Volumenkorrekturfaktor“ ermittelt worden, der auf das tatsächliche Nutzvolumen der Unterflurbehälter schließen lasse. Selbst wenn in dieser Vorgehensweise eine degressive Gebührenbemessung zu erblicken sei, sei diese nach § 5 Abs. 3a S. 2 KAG-LSA zulässig. Die dortigen Voraussetzungen lägen vor, weil je Liter Nennvolumen eine deutlich geringere Abfallmenge zu entsorgen sei, mithin entsprechend weniger Entsorgungskosten entstehen würden.
Weiter sei dem VG Magdeburg in seinem Beschluss vom 18.01.2021 im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes nicht zuzugeben, die Abfallgebührensatzung 2020 verstoße gegen das Schlechterstellungsverbot aus § 2 Abs. 2 S. 4 KAG-LSA. Mit der Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Abfallgebührensatzung 2020 werde die Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Abfallgebührensatzung in der Fassung vom 13.12.2018 ersetzt, welche für das Gebührenjahr 2020 eine Grundgebühr in Höhe von 39,90 € vorgesehen habe. Die Grundgebühr für das Jahr 2020 belaufe sich auf 39,44 € und sei daher geringer als nach der Vorgängersatzung. Insoweit ergebe sich eine Besserstellung für die Gebührenschuldner. Zudem gelte das Schlechterstellungsverbot nicht, weil der rückwirkende Erlass zur Heilung einer unwirksamen Satzung erfolgt sei. Auch wenn man in der Abfallgebührensatzung 2019 die Vorgängersatzung erblicken würde, würde kein Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot vorliegen, weil sich insoweit die Gebührenpflichtigen nicht auf einen Vertrauensschutz berufen könnten.
Mit Beschluss vom 18.01.2021 hat das VG Magdeburg (Az. 7 B 457/20 MD) die aufschiebende Wirkung der am 01.12.2020 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 24.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2020 angeordnet, da die der Abfallgebührensatzung 2019 zu Grunde liegende Gebührenkalkulation gegen Art 3 Abs. 1 GG verstoße, weil bei der Berechnung des Einwohnergleichwertes aus einem anderen Herkunftsbereich bzw. Gewerbe nicht die Zahl der tatsächlich Anschlusspflichtigen, sondern die Zahl der Bescheidempfänger berücksichtigt worden sei. Zudem verstoße die Abfallgebührensatzung 2020 gegen das Schlechterstellungsverbot aus § 2 Abs. 2 S. 4 KAG-LSA. Nachdem die Beklagte gegen diesen Beschluss bei dem OVG Sachsen-Anhalt Beschwerde erhoben hat, hat das OVG den Beschluss mit Beschluss vom 16.06.2021 (Az. 4 M 28/21) geändert und den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes abgelehnt, soweit Gebühren für das Gebühren Jahr 2019 festgesetzt wurden. Im Übrigen wurde das Beschwerdeverfahren eingestellt, soweit die Klägerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die in dem Bescheid festgesetzten Abfallgebühren für das Gebührenjahr 2020 begehrt hat.
Mit Bescheid vom 03.03.2021 hat der Beklagte für den Erhebungszeitraum 2020 die Abfallgebühren gegenüber der Klägerin endgültig festgesetzt und insoweit den Bescheid vom 24.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2020 aufgehoben. Über den dagegen eingelegten Widerspruch hat der Beklagte bisher nicht entschieden.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, soweit mit dem streitgegenständlichen Bescheid gegenüber der Klägerin vorläufig Gebühren für die Abfallentsorgung in der Zeit vom 01.01.2020 bis 31.12.2020 festgesetzt wurden.
Die im Übrigen noch anhängige Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 24.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2020 über die endgültige Festsetzung von Abfallgebühren für die Zeit vom 01.01.2019 bis 31.12.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Er war daher nicht aufzuheben.
Rechtsgrundlage für die Erhebung von Abfallgebühren ist §§ 4 und 6 Abfallgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (AbfG LSA) in der Fassung vom 01.02.2010 (GVBl. 2010, 44), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.12.2015 (GVBl. 2015, 610) i.V.m. §§ 2 Abs. 1 und 2, 5 Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KAG-LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.12.1996 (GVBl. LSA 1996, 405), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.12.2020 (GVBl. LSA 2020, 712) i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 23 der Satzung über die Abfallentsorgung für den Landkreis C. (Abfallentsorgungssatzung) in der Fassung vom 01.03.2018 (Amtsblatt für den Landkreis C. vom 14.03.2018, Nr. 9, S. 41 ff.) i.V.m. §§ 1 S. 1, 2 Abs. 1 S. 1, 3,4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 6 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung im Landkreis C. 2019 (Abfallgebührensatzung) in der Fassung vom 19.03.2020 (Amtsblatt für den Landkreis C. vom 05.04.2020, Nr. 14, S. 57 ff.). Danach werden vom Gebührenschuldner für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abfallentsorgung des Landkreises und zur Deckung der Kosten für die Durchführung der Abfallentsorgung einschließlich der damit verbundenen abfallwirtschaftlichen Maßnahmen Gebühren nach dem satzungsrechtlich festgelegten Gebührenmaßstab und festgelegten Gebührensätzen erhoben. Die Gebührenpflicht entsteht mit dem Tag des Anschlusses an die öffentliche Abfallentsorgung durch Bereitstellung der Abfallbehälter.
Der Umstand, dass die Abfallgebührensatzung gemäß deren § 10 rückwirkend zum 01.01.2019 in Kraft getreten ist und damit gleichzeitig die Abfallgebührensatzung vom 13.12.2018 (Amtsblatt für den Landkreis C. vom 30.01.2019, Nr. 4) außer Kraft getreten ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 KAG-LSA können Satzungen nur innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen rückwirkend erlassen werden. Nach S. 2 kann eine Satzung insbesondere rückwirkend erlassen werden, wenn sie ausdrücklich eine Satzung ohne Rücksicht auf deren Wirksamkeit ersetzt, die eine gleiche oder gleichartige Abgabe regelte. Ein solcher Fall liegt hier vor, da Regelungsgegenstand der bisher geltenden Satzung sowie der diese ersetzende Satzung die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung war bzw. ist. Um den Anforderungen des § 2 Abs. 2 S. 2 KAG-LSA gerecht zu werden, ist erforderlich und auch ausreichend, dass die satzungsrechtliche Bestimmung unmissverständlich deutlich macht, dass die ersetzende Satzung anstelle des bis zu ihrer Verkündung geltenden Satzungsrechts Geltung auch für die Vergangenheit beansprucht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.03.2000 – 1 K 12/00 – zitiert nach juris). In der Regelung des § 10 Abfallgebührensatzung kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass das gesamte im Jahr 2019 geltende Abfallgebührenrecht rückwirkend zum 01.01.2019 durch die Satzung vom 19.03.2020 ersetzt werden soll. Vernünftige Zweifel darüber, welches Satzungsrecht ab dem 01.01.2019 Geltung beanspruchen sollte, sind deshalb nicht gerechtfertigt und werden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Mit der Rückwirkung der Satzung zum 01.01.2019 liegt auch kein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 S. 4 KAG-LSA vor, weil diese Bestimmung auf die rückwirkende Ersetzung unwirksamer Satzungen keine Anwendung findet (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteile vom 08.10.2015 – 4 L 57/14 -, vom 11.09.2012 – 4 L 155/09 – und Beschluss vom 17.12.2007 – 4 L 275/07 -; alle zitiert nach juris). Bei § 2 Abs. 2 S. 4 KAG LSA steht nicht der Schutz der Abgabenpflichtigen im Vordergrund, sondern die abgabenerhebende Körperschaft soll lediglich gehindert werden, sich durch nachträgliche Satzungsänderungen über eine rückwirkende Anordnung Mehreinnahmen zu verschaffen, als ihr nach der bisherigen Satzung zustehen würden. Zu solchen verbotenen Mehreinnahmen gegenüber einem früheren Zustand kann es nicht kommen, wenn die frühere Satzung nichtig war und deshalb keine Grundlage bilden konnte, um Abgaben zu erheben (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.06.2021 – 4 M 28/21 – nicht veröffentlicht). Ein solcher Fall liegt hier vor. Mit Urteil vom 15.08.2019 (Az. 7 A 228/18 MD) hat die Kammer entschieden, dass sich die Vorgängersatzung des Beklagten (Abfallgebührensatzung in der Fassung vom 13.12.2018), die auch auf das Gebührenjahr 2019 Anwendung finden sollte, als insgesamt nichtig erweist. Aus diesem Grund konnte die Vorgängersatzung auch nicht die Grundlage für die Erhebung von Abfallgebühren für das Gebührenjahr 2019 bilden.
Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die der hier maßgeblichen Abfallgebührensatzung zu Grunde liegende Gebührenbedarfsberechnung führen nicht zu der Annahme der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides, denn die vorgebrachten Mängel sind nicht geeignet, daraus einen Verstoß der ermittelten Gebühren-sätze gegen das Kostenüberschreitungsverbot nach § 5 Abs. 1 S. 2 HS 1 KAG-LSA herzuleiten.
Nach § 6 Abs. 1 AbfG LSA erheben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Leistungen der kommunalen Abfallentsorgung auf der Grundlage von Satzungen nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes und unter Beachtung der nachfolgenden Absätze Gebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Der Beklagte betreibt die öffentliche Abfallentsorgung gem. § 1 Abs. 2 Abfallentsorgungssatzung als eine öffentliche Einrichtung. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 KAG LSA soll das Gebührenaufkommen die Kosten der Einrichtung decken, jedoch nicht überschreiten. Die Kosten der Einrichtungen sind gemäß § 5 Abs. 2 KAG-LSA nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. Dies erfolgt im Rahmen einer Gebührenkalkulation, welche der Abfallgebührensatzung zugrunde liegt.
Die Gebührenkalkulation ist der Berechnungsvorgang zur Bestimmung der Gebühren-sätze. Erforderlich ist dabei die Ermittlung der voraussichtlich anfallenden ansatzfähigen Kosten und der voraussichtlichen Anzahl der maßstabsbezogenen Einheiten. Da die im Rahmen einer Vorabentscheidungskalkulation zugrunde gelegten ansatzfähigen Kosten sowie die zugrunde gelegte Zahl der Leistungseinheiten letztlich zumindest teilweise auf Schätzungen, Prognosen und Werturteilen beruhen, kann bei der Überprüfung der Kalkulation auch nur der Wissensstand zum Zeitpunkt ihrer Erstellung zugrunde gelegt werden. Die gerichtliche Kontrolle eines Gebührensatzes ist insofern lediglich eine Rechtmäßigkeitsüberprüfung und beschränkt sich darauf, ob der festgelegte Gebührensatz im Ergebnis mit höherrangigen Recht vereinbar ist. Dem kommunalen Satzungsgeber steht bei der Kalkulation ein Prognosespielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die Prognose kann insofern gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob im Zeitpunkt der Billigung der Gebührenkalkulation durch den Satzungsgeber die Berechnungsfaktoren vertretbar angenommen werden konnten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 – 9 CN 1.01- zitiert nach juris). Der Gebührensatz für die einzelne Maßstabseinheit ergibt sich aus der Teilung der ansatzfähigen Gesamtkostenmasse durch die Anzahl der Maßstabseinheiten (vgl. insgesamt dazu: Hessischer VGH, Beschluss des Senats vom 10.05.2012 – 5 C 3180/09.N – zitiert nach juris; Wagner in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2018, § 6 Rn. 676). Der Ermittlung der Kosten kann ein mehrjähriger Kalkulationszeitraum zugrunde gelegt werden, der drei Jahre allerdings nicht überschreiten soll (§ 5 Abs. 2b S. 1 KAG LSA). Der Beklagte hat als Satzungsgeber seiner Kalkulation einen Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.12.2019 zugrunde gelegt.
Gemessen daran verstößt die Gebührenkalkulation nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil der Beklagte ausreichende Ermittlungen über die Anschlusspflichtigen aus privaten Haushalten bzw. anderen Herkunftsbereichen angestellt und es daher auch nicht willentlich unterlassen hat, gegenüber 2.517 Einwohnern aus privaten Haushalten und 3.608 Einwohnern mit einem Nebenwohnsitz im Geltungsbereich des Beklagten den Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Abfallentsorgung durchzusetzen (dazu unter 1.). Die Gebührenkalkulation erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte im Rahmen der Unterflursysteme mit einem Fassungsvermögen von 5.000 l lediglich 3.100 l in die Berechnung des Abfallaufkommens eingestellt hat (dazu unter 2.). Auch der Einwand der Klägerin, 30.000 Einwohner seien nicht an die Bioabfallentsorgung angeschlossen, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Gebührenkalkulation (dazu unter 3.). Die Gebührenkalkulation unterliegt auch nicht deshalb eine Fehlerhaftigkeit, weil nach dem Vorbringen der Klägerin ein jährlicher Gewinn zugunsten des Beklagten einkalkuliert sei, der von den Gebührenpflichtigen im Rahmen der Grundgebühr aufzubringen sei (dazu unter 4.).
1. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.1953 – 1 BvR 147/52 – BVerfGE 3, 58/135). Dies gilt jedoch nicht unter allen Umständen, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.01.1959 – 1 BvR 154/55 – BVerfGE 9, 124/129 f.). Dabei ist dem Gesetzgeber in den Grenzen des Willkürverbots weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.07.1964 – 1 BvR 375/62 – BVerfGE 18, 121/124). Ob er im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, ist angesichts dessen nicht zu prüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1981 – 8 C 48.81 – und Beschluss vom 25.03.1985 – 8 B 11.84 – beide zitiert nach juris). Dies gilt auch für die das Abgabenrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (vgl. BVerfG, Urteil vom 22.05.1963 – 1 BvR 78/56 – BVerfGE 16, 147/185 und Beschluss vom 17.01.1957 – 1 BvL 4/54 – BVerfGE 6, 55/70). Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können – insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen – durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.04.1977 – 1 BvL 17/75 – BVerfGE 44, 283/288 und Beschluss vom 28.01.1970 – 1 BvL 4/67 – BVerfGE 27, 375/387; BVerwG, Urteil vom 16.09.1981, a.a.O.), solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung steht (vgl. BVerfG, Urteil vom 20.12.1966 – 1 BvR 320/57, 70/63 – BVerfGE 21, 12/27f. und Beschluss vom 26.04.1978 – 1 BvL 29/76 – BVerfGE 48, 227/239) und die Zahl der „Ausnahmen“ gering ist (BVerwG, Urteile vom 16.09.1981, a.a.O., und vom 01.08.1986 – 8 C 112.84 – sowie Beschluss vom 19.09.1983 – 8 N 1.83 – beide zitiert nach juris). Die Grenze liegt dort, wo ein sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung wesentlich gleicher oder die gesetzliche Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte auch mit Blick auf die Verwaltungsvereinfachung fehlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.08.1982 – 8 C 182.81 – zitiert nach juris; BVerfG, Beschlüsse vom 16.06.1959 – 2 BvL 10/59 – BVerfGE 9, 334/337 und vom 14.04.1964 – 2 BvR 69/62 – BVerfGE 17, 319/330).
Gemäß §§ 1 S. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Abfallgebührensatzung erhebt der Beklagte für die Inanspruchnahme und zur Deckung der Kosten der öffentlichen Einrichtung “Abfallentsorgung” neben Grundgebühren auch Leerungsgebühren nach der Zahl der Leerungen und der Größe des Restabfallbehälters. Die Grundgebühr beträgt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 Abfallgebührensatzung 33,77 € je Einwohnergleichwert und Jahr. Dieser von dem Beklagten im Wege einer Kalkulation ermittelte Gebührensatz für die Grundgebühr wird der genannten Abgabengerechtigkeit gerecht und verstößt daher nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Beklagte hat die der Kalkulation zugrunde gelegte Maßstabseinheit ordnungsgemäß mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ermittelt.
Wie bereits in seinem Urteil vom 15.08.2019 (Az. 7 A 228/18 MD, zitiert nach juris) ausgeführt, nimmt das Gericht – auch unter Berücksichtigung der neuerlichen Ausführungen des Beklagten – weiterhin an, dass bei der der Gebührenkalkulation nicht allein die tatsächlich angeschlossenen Grundstücke maßgeblich sind, auf denen Abfälle zur Beseitigung aus privaten Haushalten oder anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushalten anfallen, sondern vielmehr der Kreis der normativ Anschlusspflichtigen zu berücksichtigen ist (vgl. zu diesem Ansatz der Sachverhalt in BVerwG, Urteil vom 01.12.2005 – 10 C 4.04 – zitiert nach juris), weil aufgrund des hohen Anteils von Vorhaltekosten bzw. Fixkosten (ca. 60 %) die Kosten der öffentlichen Abfallentsorgung nicht proportional zum tatsächlichen Maß der Inanspruchnahme steigen. Für den einzelnen Gebührenschuldner ist daher im Sinne der Abgabengerechtigkeit nicht unerheblich, ob eine Divergenz zwischen den tatsächlichen Nutzern der öffentlichen Einrichtung und den normativ Anschlusspflichtigen vorliegt. Insoweit unterscheidet sich die Gebühr für die Nutzung der öffentlichen Abfallentsorgung von anderen Benutzungsgebühren im Sinne von § 5 Abs. 1 KAG-LSA für öffentliche Einrichtungen mit einem weit geringeren Fixkostenanteil ohne Anschluss- und Benutzungszwang. Die Regelungen in § 5 KAG-LSA treffen lediglich Bestimmungen zu der Gebührenbemessung bei der Benutzung von öffentlichen Einrichtungen. Einen Anschluss- und Benutzungszwang an öffentliche Einrichtungen sehen die Regelungen gerade nicht vor, weshalb nach § 5 KAG-LSA eine unterschiedliche Heranziehung zu Gebühren für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung nach deren Art nicht ausgeschlossen ist. Bei nicht anschlusspflichtigen öffentlichen Einrichtungen liegt die Inanspruchnahme im Benehmen des Nutzers und erwächst nicht aus einer normativen Verpflichtung, weshalb in diesen Fällen die Gebührenlast auch nur unter den Gebührenpflichtigen aufzuteilen ist. Diese unterschiedliche Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen i.S.v. § 5 Abs. 1 KAG-LSA verkennt der Beklagte bei seiner Argumentation.
In diesem Zusammenhang führt das Gericht in dem benannten Urteil zur Maßstabsbildung anhand der normativ Anschlusspflichtigen weiter aus:
„Für diese Annahme spricht auch, dass es nach den Regelungen der hier maßgeblichen Abfallentsorgungssatzung des Beklagten gerade nicht in dessen Ermessen steht, inwieweit dieser von der Durchsetzung des Anschlusszwanges Gebrauch macht. Sofern die satzungsrechtlichen Voraussetzungen des Anschlusszwanges vorliegen, ist das betreffende Grundstück an die öffentliche Abfallentsorgung anzuschließen. Diese zwingend anzuschließenden Grundstücke haben daher auch Eingang in die Gebührenkalkulation zu finden. Auch wenn der Beklagte gleichwohl bei der Erstellung der Kalkulation einen Prognosespielraum innehat, den das Gericht nur eingeschränkt überprüfen kann, ist vorliegend aber zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte im Zeitpunkt der Erstellung der Kalkulation am 30.01.2018 jedenfalls hinsichtlich der anschlusspflichtigen gewerblich genutzten Grundstücke zum Stichtag 30.06.2017 nicht einer solchen Prognose bedienen durfte, sondern den Wissensstand im Zeitpunkt der Erstellung zugrunde legen musste. Der vom Beklagten selbst gewählte Stichtag zum 30.06.2017 betraf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit, der es ohne weiteres ermöglichte, bei der Erstellung der Kalkulation Grundstücke auf ihre seinerzeitige Anschlusspflicht hin zu überprüfen und realitätsnahe Zahlen zu ermitteln. Besonders schwer wiegt hier, dass nach § 4 Abs. 5 Abfallentsorgungssatzung in der Fassung vom 23.11.2016, welche bis zum 14.03.2018 Geltung beanspruchte und damit auch noch im Zeitpunkt der Erstellung der Kalkulation, nur auf Antrag eine Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang vom Beklagten erteilt wurde. Damit war es dem Beklagten ohne erheblichen Aufwand möglich, insbesondere die in Vereinen organisierten Kleingartenanlagen in den Blick zu nehmen und nur diejenigen bei der Erstellung der Kalkulation unberücksichtigt zu lassen, für welche eine solche Ausnahme nach § 4 Abs. 5 Abfallentsorgungssatzung erteilt wurde. Danach sind jedenfalls für das Jahr 2017 die bekannt gewordenen anschlusspflichtigen Grundstücke und damit der Ist-Zustand zugrunde zu legen und ist gerade keine Prognoseentscheidung anzustellen (so auch zu bekannten Einnahmen und Ausgaben: OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.11.2010 – 4 L 115/09 – zitiert nach juris). Nach § 4 Abs. 1 der Abfallentsorgungssatzungen in der Fassung vom 23.11.2016 und 14.03.2018 besteht für jeden Eigentümer eines Grundstückes in der Gebietskörperschaft des Beklagten die Verpflichtung, sich an die öffentliche Abfallentsorgung anzuschließen, soweit die dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Im Umkehrschluss hat auch der Beklagte die Verpflichtung, diejenigen Grundstücke an die Abfallentsorgung anzuschließen, die die Voraussetzungen erfüllen. (…)“
Auch diese Ausführungen beanspruchen für den hier zu entscheidenden Fall gleichermaßen Geltung. Zum einen findet die Abfallentsorgungssatzung des Beklagten in der Fassung vom 14.03.2018 weiterhin Anwendung, wonach gemäß deren § 4 Abs. 1 und 3 ein Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Abfallentsorgung des Beklagten für Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigten eines Grundstückes, auf dem Abfälle aus privaten Haushalten und/oder Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen anfallen, besteht. Wie bereits in dem seinerzeit zu entscheidenden Fall liegt es auch hier nicht im Ermessen des Beklagten, inwieweit dieser von der Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs Gebrauch macht. Aus diesem Grund besteht für den Beklagten auch für das Gebührenjahr 2019 die Verpflichtung fort, diejenigen Grundstücke an die Abfallentsorgung anzuschließen, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 3 Abfallentsorgungssatzung erfüllen. Zum anderen wählte der Beklagte bei der Erstellung der Gebührenkalkulation für das Gebührenjahr 2019 am 20.02.2020 mit dem Stichtag 30.06.2019 erneut einen Zeitpunkt in der Vergangenheit aus, der ihm das Aufstellen von Prognosen verbietet.
Bei der Gebührenkalkulation für das Gebührenjahr 2019 war der Beklagte daher gehalten, Grundstücke auf ihre seinerzeitige Anschlusspflicht hin zu überprüfen und realitätsnahe Zahlen zu ermitteln. Anders als noch in dem Gebührenjahr 2017 ist der Beklagte diesen Anforderungen nunmehr gerecht geworden. So hat der Beklagte unter anderem im Wege der Amtshilfe Daten über Anzahl, Lage und Eigentümer kleingärtnerisch genutzter Grundstücke ermittelt und die dabei gewonnenen Daten der Gebührenkalkulation zu Grunde gelegt. So stieg die Zahl der Einwohnergleichwerte für Kleingartenanlagen im Vergleich zur Gebührenkalkulation für das Gebührenjahr 2017 von 11 auf 1.149. Im Hinblick auf die Ermittlung der Anschlusspflichtigen aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen bediente sich der Beklagte seit Frühjahr 2019 einer Software, mit deren Hilfe Änderungsdatensätze zu Gewerbebetrieben wie An-, Ab- und Ummeldungen in das Veranlagungsprogramm des Beklagten eingepflegt wurden. Nicht an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossene Gewerbebetriebe haben ein Anschreiben erhalten, ob das Gewerbe angeschlossen wird bzw. ob der Gewerbetreibende den Nachweis erbringen kann, dass er keine andienungspflichtigen Abfälle besitzt. Sofern daraufhin die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Abfallentsorgungssatzung vorlagen, erfolgte der Anschluss an die öffentliche Abfallentsorgung. Zum Nachweis dieser Ausführungen hat der Beklagte dem Gericht Vorgänge zu unterschiedlichen Gewerbebetrieben zur Verfügung gestellt, die diese Vorgehensweise belegen. Im Hinblick auf die Ermittlung der Einwohnergleichwerte aus privaten Haushalten erfolgt eine Aktualisierung der Personenzahl je Haushalt durch eine mehrmals jährliche Verarbeitung der Änderungsmitteilungen der Einwohnermeldeämter sowie einen Abgleich zwischen den je Grundstück vorliegenden Einwohnermeldeinformationen und den zusammengefassten Informationen der Veranlagungsdatenbank. Zusätzlich werden direkte Meldungen der Haushalte zum Beispiel bei Umzug, Zuzug oder Wegzug berücksichtigt. Bei einer erkannten Unplausibilität zwischen den Daten der Veranlagungsdatenbank und den Meldedaten zu einem der Haushalte erfolgt zusätzlich die Nachfrage beim betroffenen Haushalt oder beim Vermieter. An der Richtigkeit dieser Angaben hat das Gericht keine Zweifel. Solche Zweifel sind auch von der Klägerin nicht vorgebracht worden. Insbesondere hat diese nicht substantiiert dargelegt, woher deren Kenntnis stammt, dass 3.608 Bürger, welche über eine Nebenwohnung verfügen würden, und 2.517 Einwohner nicht an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossen seien. Derartige Diskrepanzen lassen sich auch nicht aus der Gebührenkalkulation unter Berücksichtigung der dem Gericht allgemein zugänglichen Quellen ableiten. So ist dem Erläuterungsbericht zur Abfallgebührenkalkulation des Landkreises C. für das Jahr 2019 auf Seite 4 zu entnehmen, dass bei der Ableitung der Einwohnergleichwerte für private Haushalte die tatsächliche Anzahl der jeweiligen Personenhaushalte wiedergegeben wurde. Diese ermittelten Zahlen finden auf Seite 2 der Unterlagen zur Kalkulation der Gebührensätze für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.12.2019 Eingang in die Gebührenkalkulation gliedert nach der Anzahl der Personenhaushalte beginnend bei einem 1-Personenhaushalt und endend bei einem 12-Personenhaushalt. Bei einer Rückrechnung der dort angegebenen Haushalte auf die Anzahl der Einwohner ergibt sich eine ermittelte Einwohnerzahl in Höhe von 111.990. Im Vergleich dazu meldete das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt in seinem statistischen Bericht zur Bevölkerung der Gemeinden mit dem Stand 30.06.2019 für den Landkreis C. 111.546 Einwohner, die dort zu dieser Zeit ihren Hauptwohnsitz eingenommen haben (vgl. Statistischer Bericht, „Bevölkerungsstand, Natürliche Bevölkerungswanderung, Wanderungen – Bevölkerung der Gemeinden“, Stand: 30.06.2019, S. 8, abrufbar unter: https://statistik.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Landesaemter/StaLa/startseite/Themen/Bevoelkerung/BBericht/Bevoelkerungsstand/6A102_01_19-A.pdf, abgerufen am 13.01.2022). Dabei zeigt sich, dass der Beklagte mit seinen ermittelten Ist-Werten sogar nach oben von den amtlich ermittelten Werten abweicht und damit eine höhere Anzahl an Einwohnern in seiner Kalkulation berücksichtigt hat, als tatsächlich zum Stichtag der Kalkulation am 30.06.2019 ihren Hauptwohnsitz im Gebiet des Beklagten hatten. Daraus lässt sich ableiten, dass der Beklagte in seiner Kalkulation bei der Anzahl der privaten Haushalte nicht nur diejenigen mit Hauptwohnsitz berücksichtigt hat, sondern auch diejenigen mit einem Nebenwohnsitz. Sollten darüber hinaus Personen im Gebiet des Beklagten ihren Haupt- oder Nebenwohnsitz genommen haben, ohne dies gegenüber den Meldebehörden anzuzeigen, so kann dies nicht zum Nachteil des Beklagten im Rahmen seiner Gebührenkalkulation gereichen. Bei der Ermittlung der Ist-Werte ist es geboten, aber auch ausreichend, wenn der Beklagte seine Veranlagungsdatenbank mit den Daten der Meldebehörde abgleicht und mögliche Veränderungen einpflegt. Im Umkehrschluss muss der Beklagte darüber hinaus keine Ermittlungen darüber anstellen, wie hoch die Zahl der Personen ist, die ihrer Verpflichtung nach § 17 Abs. 1 Bundesmeldegesetz (BMG) zur Anmeldung bei Einzug in eine Wohnung (Haupt- oder Nebenwohnung) nicht nachkommen und sich damit auch dem Anschluss an die öffentliche Abfallentsorgung entziehen. Derartige Ermittlungen gehen über das Maß der Zumutbarkeit hinaus.
Da dem Gericht aus diesem Grund schon konkrete und greifbare Anhaltspunkte dazu fehlen, dass die Angaben der Klägerin zu nicht angeschlossenen Haupt- und Nebenwohnsitzen der Wirklichkeit entsprechen könnten, waren auch keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen dazu anzustellen. Nach § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (so u.a. BVerwG, Beschluss vom 06.11.2020 – 6 B 31.20 – zitiert nach juris). Diese Amtsermittlungspflicht findet ihre Grenzen in den Fällen, in denen für den Wahrheitsgehalt der Behauptung nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d.h. wenn die Behauptung mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also, „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ aufgestellt worden ist (vgl. BVerwG, u.a. Beschluss vom 30.05.2014 – 10 B 34.14 – zitiert nach juris). So liegt der Fall hier, da die Klägerin eine Grundlage für ihre Behauptung zu nicht angeschlossenen privaten Haushalten nicht benennen konnte. Auf entsprechende Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung zur Grundlage der konkret genannten Zahlen zu nicht angeschlossenen Haupt- und Nebenwohnsitzen äußerte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zunächst, dass es sich dabei um eigene Schätzungen und Hochrechnungen handele. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung änderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seine Argumentation und führte nunmehr aus, die vorgelegten Zahlen würden durch eine telefonische Abfrage des Herrn L. bei den Einwohnermeldeämtern des Beklagten ermittelt worden sein. Dieses Auswechseln der Tatsachengrundlage lässt das Gericht bereits erheblich am Wahrheitsgehalt der Angabe zweifeln, es hätte Telefonate zwischen den Einwohnermeldeämtern des Beklagten und Herrn L. gegeben, bei denen über anschlusspflichtige Haushalte gesprochen worden sei. Wenn dem so gewesen wäre, so wäre zu erwarten gewesen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dies bereits auf die erste Nachfrage des Gerichtes geäußert hätte. Dem Angebot der Klägerin, Herrn L. als Zeugen dazu befragen, ging das Gericht abgesehen davon aber auch deshalb nicht nach, weil Rückfragen bei den Einwohnermeldeämtern des Beklagten nicht geeignet sind, die Tatsache, Einwohner mit Haupt- oder Nebenwohnsitz seien nicht an die öffentliche Abfallentsorgung des Beklagten angeschlossen, unter Beweis zu stellen. Die Einwohnermeldeämter erfassen die in § 3 Abs. 1 und 2 BMG benannten Daten zu einer Person, wie beispielsweise derzeitige Anschriften und frühere Anschriften gekennzeichnet nach Haupt- und Nebenwohnung. Nicht erfasst werden hingegen Daten zum Anschluss an die öffentliche Abfallentsorgung. Aus diesem Grund mag der benannte Zeuge unter Umständen Informationen darüber erhalten haben, wie hoch die Zahl der angemeldeten Haupt- und Nebenwohnungen im Gebiet des Beklagten ist. Inwieweit diese Wohnungen aber an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossen sind, kann der benannte Zeuge damit nicht erfahren haben. Auf welcher Grundlage die Klägerin daher wissen möchte, dass angeblich 3.608 Einwohner mit ihrer Hauptwohnung und 2.517 Einwohner mit ihrer Nebenwohnung nicht an die öffentliche Abfallentsorgung des Beklagten angeschlossen sein sollen, bleibt weiterhin im Unklaren und lässt sich nicht im Ansatz aus den dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Beklagten sowie allgemein zugänglichen Quellen herleiten. Zudem hat die Klägerin bereits nicht im Ansatz dargelegt, dass sich die von Herrn L. nach eigenen Angaben eingeholten Auskünfte auf den nach den Kalkulationsunterlagen maßgeblichen Stichtag, den 30.06.2019, beziehen.
In diesem Zusammenhang erweist sich die Abfallgebührensatzung und die dahinterstehende Gebührenkalkulation auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil den Mitgliedern des Kreistages des Beklagten bei der Beschlussfassung über die Abfallgebührensatzung nach Auffassung der Klägerin nicht bekannt gewesen sei, inwieweit bei der Gebührenkalkulation auch Einwohner mit einer Nebenwohnung im Gebiet des Beklagten Berücksichtigung gefunden hätten. Angelehnt an die Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt zur Kreisumlage (Urteil vom 17.03.2020, Az. 4 L 184/18, zitiert nach juris) vertritt die Klägerin die Auffassung, zur Einhaltung der Verfahrensanforderungen sei es erforderlich, dass den Mitgliedern des Kreistages die zur Ermittlung der Gebührenhöhe herangezogenen Unterlagen und Datensätze aufbereitet zur Verfügung gestellt werden müssen und eine – so wie hier – reine verwaltungsinterne Ermittlung und Bewertung der Informationen nicht genüge. Ein Verstoß gegen diese Verfahrensanforderungen würde zur Rechtswidrigkeit der Abfallgebührensatzung führen. Seitens des Gerichtes bestehen bereits Zweifel darüber, inwieweit die Feststellungen des OVG Sachsen-Anhalt zur Erfüllung der Ermittlungs- und Offenlegungspflicht im Rahmen einer Haushaltssatzung auf die hier zu überprüfende Abfallgebührensatzung Anwendung finden können, weil sich im Abfallgebührenrecht die Verfahrensanforderungen – anders als beim Kreisumlagerecht – nicht aus Art. 28 Abs. 2 GG ableiten lassen. Abschließend braucht darüber hingegen keine Entscheidung getroffen werden, denn auch wenn zu Gunsten der Klägerin die Anwendung der vom OVG Sachsen-Anhalt aufgestellten Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar wären, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der maßgeblichen Abfallgebührensatzung. Denn anders als bei dem vom OVG Sachsen-Anhalt zu bewertendem Sachverhalt lag den Mitgliedern des Kreistages im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Abfallgebührensatzung nicht nur die ermittelte Höhe des Gebührensatzes vor, sondern auch die Unterlagen zur Kalkulation der Gebührensätze für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.12.2019 sowie der Erläuterungsbericht zur Abfallgebührenkalkulation des Landkreises C. für das Jahr 2019. Aus diesen Unterlagen ergab sich für die Mitglieder des Kreistages, welches Zahlenmaterial der Ermittlung des Gebührensatzes zugrunde lag. Bei Unklarheiten über das vorgelegte Zahlenmaterial wäre es Aufgabe der Mitglieder des Kreistages gewesen, durch entsprechende Fragestellungen Klarheit zu erlangen.
2. Anders als die Klägerin meint, war der Beklagte bei seiner Gebührenkalkulation nicht gehalten, bei den Müllschleusen (sog. Unterflurbehälter) deren maximales Füllvolumen von 5.000 l in die Gebührenberechnung einzustellen. Die Berücksichtigung des durchschnittlichen tatsächlichen Nutzungsvolumens der Unterflurbehälter in Höhe von 3.100 l lässt einen Verstoß gegen die Abgabengerechtigkeit nicht erkennen, denn anders als die Klägerin meint, erlangen dadurch Mietparteien in Großwohnanlagen keinen Vorteil, der durch die übrigen Gebührenpflichtigen auszugleichen ist.
In diesem Zusammenhang legte der Beklagte plausibel dar, dass im Rahmen eines Modellversuchs Daten zur Entleerung der Müllschleusen sowie des Gewichts der jeweiligen Entleerung gesammelt wurden und anhand dieser Daten die durchschnittliche Dichte der in den Müllschleusen gesammelten Abfallmenge ermittelt werden konnte. Ein Vergleich mit der ebenfalls ermittelten Dichte der sonstigen Restabfallbehälter (60 l – 1.100 l und Säcke) hat ergeben, dass diese Dichte deutlich höher ist als bei den Unterflurbehältern, weil sich bei Einwurf der Abfälle in die Einwurföffnung der Unterflurbehälter ein sog. Schüttkegel bilde, der die Einwurföffnung versperrt, bevor auch das Randvolumen der Behälter mit Abfall gefüllt ist. Aus dem Verhältnis dieser beiden Werte ist ein „Volumenkorrekturfaktor“ ermittelt worden, der auf das tatsächliche Nutzungsvolumen der Müllschleusen schließen lässt. Dieses durchschnittliche tatsächliche Nutzungsvolumen in Höhe von 3.100 l ist in die Gebührenkalkulation eingeflossen. Es bestehen auch keine berechtigten Zweifel an der Ermittlung des Nutzungsvolumens der Unterflurbehälter. Es entspricht insoweit physikalischen Gesetzmäßigkeiten, dass sich bei dem Einwurf von Abfall in einen Unterflurbehälter mit Einwurfschacht ein Schüttkegel bildet, welcher die vollständige Ausnutzung des Behältervolumens ausschließt, weil sich der eingeworfene Abfall nicht gleichmäßig in der Schleuse verteilen kann und sich ab einer bestimmten Füllmenge im Einwurfschacht ansammelt und dadurch ein weiteres Einwerfen von Abfall verhindert wird. In der Konsequenz ist es auch nachvollziehbar, dass die Abfalldichte bei Unterflurbehältern im Vergleich zu den übrigen Restabfallbehältern (60 l – 1.100 l) geringer ist, weil bei Letzteren der Einwurf des Abfalls unmittelbar in die Behälter erfolgt und nicht der Abfall durch eine Schleuse in die Behälter gelangt. Weil sich dabei ein Schüttkegel nicht bilden kann, kann das Füllvolumen der Restabfallbehälter in einem größeren Maß ausgeschöpft werden. Auch in diesem Zusammenhang hat die Klägerin die Ausführungen des Beklagten nicht infrage gestellt. Sofern die Klägerin rügt, der von dem Beklagten zu Grunde gelegte Rechenweg zur Ermittlung des durchschnittlichen Nutzungsvolumens von Unterflurbehältern entspreche keinem Regelwerk, verhilft dieser Einwand nicht zum Erfolg. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass es weder satzungsrechtliche noch gesetzliche Regelungen dazu gibt, nach welchem Verfahren der Beklagte das tatsächliche Nutzungsvolumen zu ermitteln hat. Deshalb konnte der Beklagte auf übliche und anerkannte mathematische Formeln – wie den hier gewählten Dreisatz – zurückgreifen und das Nutzungsvolumen berechnen. Fehler in der Berechnung sind nicht erkennbar.
Gegen die die Berücksichtigung des tatsächlichen Nutzungsvolumens bestehen auch sonst keine rechtlichen Bedenken. Soweit dem Beklagten im Zeitpunkt der Erstellung der Gebührenkalkulation realitätsnah ermittelte Durchschnittswerte für den Erhebungszeitraum vorliegen, so ist dieser nicht gehalten, andere Werte – wie das theoretisch mögliche Füllvolumen – zu berücksichtigen, denn mithilfe der Durchschnittswerte ist es dem Beklagten möglich, das tatsächlich anfallende Abfallaufkommen zu ermitteln und daraus ableitend den Aufwand für die Abfallentsorgung im Kalkulationszeitraum zu bemessen. Mit der Erkenntnis darüber, dass das theoretische Füllvolumen vom tatsächlichen Nutzungsvolumen abweicht, war der Beklagte nicht mehr berechtigt, in seiner Kalkulation im Rahmen des Aufwandes das theoretische Füllvolumen zu berücksichtigen, sondern dieser war sogar verpflichtet, das tatsächliche Nutzungsvolumen einzustellen. Bei der Berücksichtigung des theoretischen Füllvolumens hätte der Beklagte wissentlich in Kauf genommen, dass sämtliche Gebührenpflichtige nicht nur Gebühren für anfallenden Abfall begleichen müssen, sondern auch für nicht nutzbares Füllvolumen, welches jedoch nicht entsorgt werden muss und daher auch keine Kosten verursacht, die auf Gebührenpflichtige umzulegen wären. Mit der Berücksichtigung von ermittelten Durchschnittswerten in der Gebührenkalkulation geht zwar einher, dass diese Werte bei der Erstellung einer neuen Gebührenkalkulation einer Überprüfung und ggf. Aktualisierung bedürfen. Vorliegend ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass das ermittelte durchschnittliche Nutzungsvolumen von 3.100 l nicht den tatsächlichen Gegebenheiten im Zeitpunkt der Erstellung der Gebührenkalkulation entsprach.
Ein Vergleich der in Anlage 5 zur Abfallgebührensatzung ausgewiesenen Gebühren (Grund- und Mindestleerungsgebühren) für Privathaushalte und für Großwohnanlagen mit Unterflurbehältern zeigt an dem Beispiel eines 1-Personenhaushaltes zwar, dass bei Nutzung eines 60 l-Restabfallbehälters eine Gebühr in Höhe von 40,43 € und bei Nutzung eines Unterflurbehälters mit einem 5 l-Einwurf eine Gebühr von 40,25 € anfällt. Jedoch ist in dieser degressiven Gebührenbemessung kein Verstoß gegen höherrangiges Recht in Form des § 5 Abs. 3a S. 2 KAG-LSA zu erblicken.
Gemäß § 5 Abs. 3a KAG LSA kann bei Einrichtungen und Anlagen, die auch dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen dienen oder bei deren Inanspruchnahme die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen gefährdet werden können, die Benutzungsgebühr für die Leistungen so bemessen werden, dass sie Anreize zu einem umweltschonenden Verhalten bietet (Satz 1). Benutzungsgebühren können insoweit degressiv bemessen werden, als bei zunehmender Leistungsmenge nachweislich eine Kostendegression eintritt (Satz 2).
Soweit das OVG Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 16.04.2013 (Az. 4 L 102/12, zitiert nach juris) noch ausgeführt hat, eine degressive Gebührenbemessung sei bei Abfallgebühren nach § 5 Abs. 3a S. 2 KAG-LSA nicht zulässig, beansprucht diese Rechtsprechung keine Bedeutung mehr und ist überholt, weil sich der Gesetzgeber mit der Änderung des § 5 Abs. 3a S. 2 KAG-LSA durch Gesetz vom 17.12.2014 (GVBl. LSA 2014, 522 ff.) im Anschluss an diese Entscheidung dazu entschieden hat, zusätzlich zu Trinkwasser- und Abwassergebühren auch bei Abfallgebühren eine degressive Gebührenbemessung zuzulassen (vgl. Plenarprotokoll 6/79 vom 10.12.2014, S. 6596). Demgegenüber erging die Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt zur alten Rechtslage des § 5 Abs. 3a S. 2 KAG-LSA in der Fassung vom 18.11.2005, wonach ausweislich des Wortlauts der seinerzeitigen Regelung Abwassergebühren degressiv bemessen werden konnten, wenn dies im öffentlichen Interesse erforderlich war.
Ausgehend von der Regelung in § 5 Abs. 3a S. 2 KAG-LSA ist die Gebührendegression für Unterflurbehälter im Verhältnis zu den übrigen Restabfallbehältern dadurch gerechtfertigt, dass bei Unterflurbehältern je Liter Nennvolumen – wie die Ermittlungen des Beklagten ergeben haben – eine deutlich geringere Abfallmenge zu entsorgen ist als bei den übrigen Restabfallbehältern und daher auch weniger Entsorgungskosten entstehen.
3. Der Einwand der Klägerin, 30.000 Einwohner seien nicht an die Bioabfallentsorgung angeschlossen, kann nicht die Annahme eines Fehlers in der Gebührenkalkulation des Beklagten rechtfertigen.
Es ist der Klägerin zwar zuzugeben, dass nicht sämtliche private Haushalte im Gebiet des Beklagten hinsichtlich des Anfalls von bioorganischem Abfall an die Entsorgungseinrichtung des Beklagten angeschlossen sind. Ausgehend von einer Einwohnerzahl in Höhe von 111.982 ließen in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt lediglich 84.898 Einwohner ihren bioorganischen Abfall über die Entsorgungseinrichtung des Beklagten entsorgen (vgl. Abfallbilanz 2018 für das Land Sachsen-Anhalt, Stand: 31.12.2018, S. 9; abrufbar unter: https://lau.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/LAU/Wir_ueber_uns/PublikPublika/Abfallbilanzen/201214_Abfallbilanz_2018_BF.pdf; abgerufen am 13.01.2022). Danach waren 27.084 Einwohner nicht an die Bioabfallentsorgung des Beklagten angeschlossen. Anders als bei der Entsorgung von Restabfall besteht bei bioorganischem Abfall aus privaten Haushaltungen nach § 4 Abs. 6 Abfallentsorgungssatzung indes die Möglichkeit der Befreiung von der Pflicht zur gesonderten Überlassung und des Anschlusszwangs, wenn und soweit die anfallenden bioorganischen Abfälle durch die Abfallerzeuger oder -besitzer auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken ordnungsgemäß kompostiert werden (Eigenverwertung). Aufgrund dieser Regelung verstößt es nicht grundsätzlich gegen Satzungsrecht, wenn Erzeuger oder Besitzer von bioorganischem Abfall nicht an die entsprechende Entsorgungseinrichtung des Beklagten angeschlossen sind. Mit der Möglichkeit der Eigenverwertung besteht für Eigentümer oder die sonst am Grundstück dinglich Berechtigten – anders als bei Restabfall aus privaten Haushaltungen – nicht die Pflicht zum Anschluss an die öffentliche Abfallentsorgung des Beklagten, weshalb der Beklagte im Umkehrschluss auch nicht gehalten ist, gegenüber diesen den Anschlusszwang durchzusetzen. Insoweit gehören diejenigen, die von der Eigenverwertung Gebrauch machen, nicht zum Kreis der normativ Anschlusspflichtigen. Aus dem Vortrag der Klägerin, in der Zeit vom 01.01.2015 bis zum 25.08.2021 seien lediglich 1.346 Anträge auf Eigenkompostierung bei dem Beklagten gestellt worden, lässt sich auch nicht der Schluss ziehen, dass der Beklagte es willentlich unterlässt, normativ Anschlusspflichtige an die Bioabfallentsorgung anzuschließen. Die Klägerin verkennt dabei, dass es im Falle der Eigenverwertung bioorganischen Abfalles und somit der Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht eines schriftlichen Antrages bei dem Beklagten und im Nachgang einer schriftlichen Genehmigung durch diesen bedarf. Dies sehen die satzungsrechtlichen Regelungen in § 4 Abs. 6 und § 21 Abfallentsorgungssatzung nicht vor. Erforderlich ist nach § 21 Abs. 1 bis 3 Abfallentsorgungssatzung lediglich die schriftliche Anzeige der Eigenverwertung und eine Auskunft gegenüber dem Beklagten über die Art, Beschaffenheit, Menge und Herkunft des anfallenden und zu entsorgenden Abfalles. Sofern Einwohner darüber hinaus einen Antrag bei dem Beklagten auf Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang für ihren bioorganischen Abfall gestellt haben, geht dies über die satzungsrechtlichen Anforderungen hinaus, was jedoch unschädlich ist. Die Anzahl der Anträge bei dem Beklagten lässt aber insoweit keinen Rückschluss auf die Zahl derjenigen zu, die wegen Eigenverwertung tatsächlich nicht ihren bioorganischen Abfall dem Beklagten andienen und somit nicht zum Kreis der normativ Anschlusspflichtigen gehören.
Dafür, dass es sich bei den (angeblich) 30.000 Einwohnern um solche handelt, die die Entsorgungseinrichtung des Beklagten für die Entsorgung ihres bioorganischen Abfalls nutzen, ohne dafür Gebühren zu entrichten, liegen keine Anhaltspunkte vor. Erst dies könnte einen Verstoß gegen die Abgabengerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG begründen. Dies wird aber auch von der Klägerin nicht behauptet.
Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang sinngemäß gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides einwendet, die Kosten für die Entsorgung des bioorganischen Abfalles würden unzulässig durch die Erhebung der Grundgebühr, die von allen Gebührenpflichtigen unabhängig vom Anschluss an die Bioabfallentsorgung zu tragen sei, zu einem Teil mitfinanziert werden, führt dieser Einwand nicht zum Erfolg der Klage. Mittlerweile ist höchstrichterlich geklärt, dass die Erhebung einer einheitlichen Gebühr einschließlich der darin liegenden Querfinanzierung der Entsorgungskosten für Bioabfälle grundsätzlich zulässig ist. Weder das Äquivalenzprinzip noch der Gleichheitssatz verlangen es, dass Benutzungsgebühren strikt nach dem Maß der durch die jeweilige Benutzung verursachten Kosten erhoben werden müssen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 20.12.2000 – 11 C 7.00 – zitiert nach juris).
4. Auch der Einwand der Klägerin, die Gebührenkalkulation des Beklagten enthalte bei den Kostenpositionen in unzulässiger Weise einen kalkulierten Gewinn, der an den Beklagten ausgeschüttet werden solle, verhilft der Klage bereits deshalb nicht zum Erfolg, weil bei den Kostenpositionen der hier maßgeblichen Gebührenkalkulation ein derartiger kalkulatorischer Gewinn nicht einberechnet wurde. Aus diesem Grund muss das Gericht auch keine Entscheidung darüber treffen, inwieweit ein solcher Gewinn bei den Kosten einer Abfallgebührenkalkulation hätte berücksichtigt werden dürfen.
5. Da sich der streitgegenständliche Bescheid auch nicht aus anderen Gründen als rechtswidrig erweist, war dieser nicht aufzuheben.
6. Dem Beklagten waren nach § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO die Kosten des für erledigt erklärten Teils des Rechtstreites nach billigem Ermessen aufzuerlegen, da sich die vorläufige Festsetzung der Abfallgebühren für das Gebührenjahr 2020 unmittelbar vor dem Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses als rechtswidrig erwiesen hätte. Wie bereits in seinem Beschluss vom 18.01.2021 (Az. 7 B 457/20 MD) geht das Gericht weiterhin davon aus, dass die für das Gebührenjahr 2020 maßgebliche Abfallgebührensatzung des Beklagten (Abfallgebührensatzung 2020 in der Fassung vom 19.03.2020, Amtsblatt für den Landkreis C. vom 05.04.2020, Nr. 14, S. 64 ff.) gegen das Schlechterstellungsverbot aus § 2 Abs. 2 S. 4 KAG-LSA verstößt und bereits aus diesem Grund rechtswidrig ist und daher nicht als Grundlage für die Erhebung von Abfallgebühren für das Gebührenjahr 2020 herangezogen werden kann. Mit diesem Verbot soll die abgabenerhebende Körperschaft gehindert werden, sich durch nachträgliche Satzungsänderung über eine rückwirkende Anordnung mehr Einnahmen zu verschaffen, als ihr nach der bisherigen Satzung zustehen würden. Zu solchen verbotenen Mehr-Einnahmen gegenüber einem früheren Zustand kann es nicht kommen, wenn die frühere Satzung nichtig war und deshalb keine Grundlage bilden konnte, um Abgaben zu erheben (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.06.2021 – 4 M 28/21 – nicht veröffentlicht). In dem benannten Beschluss des OVG Sachsen-Anhalt geht dieses zwar davon aus, dass die Abfallgebührensatzung 2020 des Beklagten nicht gegen das Schlechterstellungsverbot verstoße, weil zum einen die Grundgebühr für das Gebührenjahr 2020 nach § 4 Abs. 1 Abfallgebührensatzung 2020 im Vergleich zu § 4 Abs. 1 der Satzung über die Erhebung von Gebühren über die Abfallentsorgung im Landkreis C. (Abfallgebührensatzung) vom 13.12.2018 in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.01.2019 um 0,46 € von 39,90 € auf 39,44 € pro Einwohnergleichwert herabgesetzt worden sei und zum anderen die Abfallgebührensatzung des Beklagten vom 13.12.2018 aller Voraussicht nach nichtig gewesen sei, weshalb das Schlechterstellungsverbot in diesem Fall nicht zur Anwendung gelangen könne. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht jedoch nicht an. Anders als das OVG Sachsen-Anhalt vertritt das Gericht die Auffassung, dass die Vorgängersatzung der Abfallgebührensatzung 2020 nicht die Abfallgebührensatzung des Beklagten vom 13.12.2018 ist, sondern die Abfallgebührensatzung 2019. Nach § 10 S. 1 und 2 Abfallgebührensatzung 2019 trat mit deren Inkrafttreten zum 01.01.2019 die Abfallgebührensatzung vom 13.12.2018 außer Kraft, so dass diese Abfallgebührensatzung für das Gebührenjahr 2020 keine Wirkung mehr entfalten und die Grundlage für eine Gebührenerhebung bilden konnte. Zudem ergibt sich aus der Abfallgebührensatzung 2019 auch nicht der Wille des Satzungsgebers, dass diese Satzung ausschließlich für das Gebührenjahr 2019 Geltung beanspruchen sollte. Anders als der Eindruck, den möglicherweise die Überschrift der Satzung („2019“) vermittelt, ist der sachliche und zeitliche Anwendungsbereich nach dem insoweit nur maßgeblichen Wortlaut der Regelung des § 10 S. 1 Abfallgebührensatzung 2019 nicht nur auf das Gebührenjahr 2019 begrenzt gewesen (zur rechtsförmlichen Gestaltung von Inkrafttretensregelungen: Bundesministerium für Justiz, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, Bundesanzeiger 2008, Nr. 160a, Rn. 438 f.). Für eine juristische Sekunde, nämlich bis zur Veröffentlichung der Abfallgebührensatzung 2020 vom 19.03.2020, ebenfalls im Amtsblatt Nr. 14 vom 05.04.2020, beanspruchte die Abfallgebührensatzung 2019 zumindest auch Geltung für die auf das Jahr 2019 folgenden Jahre. Zudem findet sich unter anderem in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Abfallgebührensatzung 2019 die Regelung zur Höhe der jährlichen Grundgebühr wieder, welche nicht auf das Gebührenjahr 2019 beschränkt ist. Die Annahme einer zeitlich nicht auf das Gebührenjahr 2019 beschränkten Geltung der Abfallgebührensatzung 2019 lässt sich auch mit der Regelung in § 10 S. 1 und 2 Abfallgebührensatzung 2020 rechtfertigen. Danach tritt die Satzung zum 01.01.2020 in Kraft und gleichzeitig tritt die zum 01.01.2019 in Kraft getretene Abfallgebührensatzung 2019 außer Kraft. Hätte der Satzungsgeber mit der Abfallgebührensatzung 2019 eine befristete Regelung für das Gebührenjahr 2019 treffen wollen, so hätte dieser keine Rückwirkung der Abfallgebührensatzung 2020 zum 01.01.2020 sowie ein gleichzeitiges Außerkrafttreten der Abfallgebührensatzung 2019 regeln müssen, da mit dem zeitlichen Ablauf des Gebührenjahres 2019 die Abfallgebührensatzung 2019 gleichsam ihre rechtliche Wirkung verloren hätte, ohne dass es einer Außerkraftsetzung bedurft hätte. Darüber hinaus erweist sich die Abfallgebührensatzung 2019 nach den obigen Ausführungen auch als rechtmäßig, weshalb diese auch bis zum Inkrafttreten der Abfallgebührensatzung 2020 die Grundlage für die Abfallgebührenerhebung bilden konnte und daher auch als Vorgängersatzung in den Blick zu nehmen ist. Vergleicht man nunmehr die jeweils in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Abfallgebührensatzung 2019 und Abfallgebührensatzung 2020 geregelte Höhe der jährlichen Grundgebühr, so zeigt sich, dass mit der Abfallgebührensatzung 2020 ein Anstieg der Grundgebühr von 33,77 € auf 39,44 € zu verzeichnen ist. Dieser Anstieg der Grundgebühr verschafft dem Beklagten durch eine rückwirkende Inkraftsetzung der Abfallgebührensatzung 2020 damit verbotene Mehr-Einnahmen gegenüber einem früheren Zustand, was einen Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs. 2 S. 4 KAG-LSA darstellt.
Sofern der Beklagte die Auffassung vertritt, die Klägerin könne sich nicht auf das Schlechterstellungsverbot berufen, weil die die Abfallgebührensatzung 2019 und die Abfallgebührensatzung 2020 an demselben Tag, nämlich am 19.03.2020, vom Kreistag des Beklagten beschlossen worden seien und daher der Klägerin ein Vertrauensschutz in die „alte“ Rechtslage nicht zuteilwerde, folgt das Gericht dem nicht. Bei dieser Argumentation lässt der Beklagte außer Betracht, dass das Schlechterstellungsverbot nach den obigen Ausführungen nicht dem Schutz der Abgabepflichtigen dienen soll, sondern dem Verbot von Mehr-Einnahmen. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, inwieweit der Abgabepflichtige auf den Bestand der bisher geltenden Rechtslage vertrauen durfte. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Beklagte mit der rückwirkenden Regelung Mehreinnahmen verschafft hat. Dies hat das Gericht bereits bejaht.
Bezüglich des noch streitigen Teils der Klage bestimmt sich die Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO. Im Sinne einer einheitlichen Kostenentscheidung waren die Kosten des Verfahrens nach § 155 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VwGO verhältnismäßig zu teilen. Danach entspricht die getroffene Kostenquotelung entsprechend der Gebührenforderung des Beklagten für die Gebührenjahre 2019 und 2020 dem anteiligen Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten.
7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
8. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, da es der Klägerin angesichts der Schwierigkeit des Falles nicht zuzumuten war, das Widerspruchsverfahren ohne rechtlichen Beistand zu betreiben.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.207,28 € festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG und entspricht in der Höhe der gegenüber der Klägerin festgesetzten Abfallgebühren mit dem streitgegenständlichen Bescheid.


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