Aktenzeichen M 11 K 16.5630
VwZVG VwZVG Art. 29
Leitsatz
Tenor
I. Der Bescheid des Landratsamtes … vom 9. November 2016 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage hat Erfolg.
1. Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Landratsamtes vom 9. November 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die auf Art. 36 VwZVG i.V.m. Art. 31 VwZVG beruhende Zwangsgeldandrohung im streitgegenständlichen Bescheid ist rechtswidrig, da die Klägerin nicht zur Unterlassung einer etwaigen Beleuchtung des Naturinformationszentrums aufgrund der Auflage Nr. 3.1.5 aus dem Baugenehmigungsbescheid vom 15. März 2007 verpflichtet war.
Grundsätzlich wird nur der Adressat einer behördlichen Anordnung verpflichtet. Adressat der Auflage Nr. 3.1.5 im Baugenehmigungsbescheid vom 15. März 2007 war der damalige Bauherr, mithin der Markt … Auch ist die Klägerin nicht aufgrund von Art. 54 Abs. 2 Satz 3 BayBO zur Einhaltung der Auflage Nr. 3.1.5 verpflichtet. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Klägerin entweder Rechtsnachfolgerin des Marktes … wäre (Art. 54 Abs. 2 Satz 3, erster Halbsatz) oder die Klägerin nach Erteilung der Baugenehmigung ein Besitzrecht an dem streitgegenständlichen Grundstück erlangt haben sollte (Art. 54 Abs. 2 Satz 3, zweiter Halbsatz). Die Klägerin ist jedoch zum einen nicht Rechtsnachfolgerin des Marktes … in diesem Sinne. Mit „Rechtsnachfolge“ im Sinne des Art. 54 Abs. 2 Satz 3 erster Halbsatz BayBO ist eine Erlangung der Eigentümerstellung an dem streitgegenständlichen Grundstück gemeint. Die genauen Eigentumsverhältnisse konnten sich allerdings nicht aufklären lassen. Selbst falls die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. … sein sollte, ist nach Aktenlage nicht eindeutig, ob bzw. zu welchem Teil das Naturinformationszentrum auf dem Grundstück Fl.Nr. … zum Liegen kommt. Auch ist nicht bekannt, wann das Grundstück Fl.Nr. … aus dem Grundstück Fl.Nr. … herausgemessen worden ist.
Auf den vorliegenden Parzellkarten scheint es so, dass das Naturinformationszentrum zum Teil auf dem Grundstück Fl.Nr. … und zum Teil auf dem Grundstück Fl.Nr. … liegt. Diese Ungewissheit im tatsächlichen Bereich geht aufgrund der materiellen Feststellungslast zu Lasten des Beklagten. Zum anderen hat die Klägerin kein Besitzrecht im Sinn des Art. 54 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz BayBO nach Erteilung der Baugenehmigung erlangt. Die Besitz- und Nutzungsverhältnisse im Bereich der …bahn-Bergstation konnten auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht hinreichend geklärt werden. Unstreitig ist jedenfalls, dass nicht die Klägerin, sondern die Bergewalt … GmbH momentan die Betreiberin des Naturinformationszentrums ist.
Wenn überhaupt hat also diese ein Besitzrecht im Sinn des Art. 54 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz BayBO erlangt. Dass die Klägerin zu 80% Gesellschafterin der Bergwelt … GmbH ist, ändert nichts an der rechtlichen Eigenständigkeit der Bergewelt … GmbH. Eine entsprechende Zwangsgeldandrohung hätte also dieser gegenüber ergehen müssen.
Da die Klägerin mithin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt durch die Auflage Nr. 3.1.5 aus dem Baugenehmigungsbescheid vom 15. März 2007 gebunden ist, durfte diese Auflage ihr gegenüber auch nicht mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden. Voraussetzung der Androhung eines Zwangsgelds zur Durchsetzung einer Unterlassungspflicht ist nach Art. 36 VwZVG i.V.m. Art. 31 VwZVG ist gemäß Art. 29 Abs. 1 VwZVG das Vorliegen eines Verwaltungsakt mit dem eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung aufgegeben wird. Da die streitgegenständliche Auflage die Klägerin allerdings nicht bindet, fehlt es dieser gegenüber an einer Grundverfügung in Form eines Verwaltungsaktes mit dem eine Unterlassung gefordert wird. Dies stellt jedoch, wie soeben ausgeführt, gemäß Art. 29 Abs. 1 VwZVG eine unabdingbare allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung dar.
Aus alldem folgt, dass die streitgegenständliche Androhung des Zwangsgeldes gegenüber der Klägerin rechtswidrig und daher aufzuheben war.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.