Baurecht

Umnutzung und Sanierung der Dienstleistungen von Architekturbüros als Verhandlungsverfahren

Aktenzeichen  RMF-SG21-3194-4-42

Datum:
19.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42500
Gerichtsart:
Vergabekammer
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GWB § 134, § 135 Abs. 1 Nr. 1, § 160 Abs. 2, § 182 Abs. 3 S. 1, S.3 u. S.5
RL 2014/24/EU Art. 4
BayNpV § 1 Abs. 2  § 2 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Zur Begründung reicht es aus, dass die ASt vorträgt, dass ihr Angebot derart besser zu bewerten gewesen sei, dass es vor dem Angebot des für den Zuschlag vorgesehenen Mitbewerbers hätte platziert werden müssen und bei korrekter Bewertung der Zuschlag auf ihr Angebot erteilt werden müsse.
2. In einem Informationsschreiben gemäß § 134 GWB ist das konkrete Zuschlagsdatum zu nennen, der Verweis auf § 134 GWB und die darin genannte Frist genügt nicht.
3. Allein die fehlerhafte Information gemäß § 134 GWB begründet keine Rechtsverletzung der Antragstellerin, sondern führt nur zur Unwirksamkeit eines bereits erfolgten Zuschlags und damit der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags.
4. Grundsätzlich steht der Vergabestelle bei der Bewertung einzelner Angebote allgemein ein weiterer Beurteilungsspielraum zu. Die Vergabekammer prüft die Bewertung der Vergabestelle nur daraufhin, ob diese ihren Beurteilungsspielraum verletzt hat, sie ersetzt insbesondere nicht die Wertung der Vergabestelle durch eine eigene Wertung. Die Wertungsentscheidung muss den an sie zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen genügen. Dazu gehört, dass das vorgeschriebene Verfahren für die Bewertung eingehalten und der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird sowie die von der Vergabestelle selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und keine sachwidrigen und gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt werden.
5. Bei der Bewertung von Angeboten ist nicht davon auszugehen, dass der Bieter im Grundsatz die volle Punktzahl erhalten muss und es der Vergabestelle obliegt, negative Aspekte im Angebot entsprechend bei der Punktwertung abzuziehen, sondern es ist zunächst von 0 Punkten und einer Addition von Punkten nach dem jeweiligen Angebotsinhalt auszugehen.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle.
3. Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst.
4. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt ….,- €. Auslagen sind nicht angefallen.

Gründe

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.
b) Die Vergabestelle ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 GWB.
c) Bei dem ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrag handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag gemäß § 103 Abs. 4 GWB.
d) Der Auftragswert übersteigt den für Dienstleistungsaufträge maßgeblichen Schwellenwert nach Art. 4 der Richtlinie 2014/24/EU (§ 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB).
e) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat im Sinne des § 160 Abs. 2 GWB vorgetragen, dass sie ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat, und eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht. Sie hat geltend gemacht, dass ihr durch die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene und nicht an sie ein Schaden zu entstehen droht.
Zur Begründung reicht aus, dass sie vorträgt, dass ihr Angebot derart besser zu bewerten gewesen sei, dass es vor dem Angebot der Beigeladenen hätte platziert werden müssen. Bei korrekter Bewertung müsse der Zuschlag auf ihr Angebot erteilt werden.
Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft.
f) Die Antragstellerin hat die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße ordnungsgemäß gerügt, § 160 Abs. 3 GWB. Zum Zeitpunkt der Stellung des Nachprüfungsantrags am 02.08.2019 war auch die 15-Tages-Frist gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB nicht abgelaufen, die der Antragstellerin nach der Rügezurückweisung vom 29.07.2019 zur Verfügung stand.
g) Der Zuschlag der Vergabestelle auf das Angebot der Beigeladenen vom 02.08.2019 und der dadurch zustande gekommene Vertrag sind unwirksam, § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB.
Die Vergabestelle hat gegen die Informationspflicht aus § 134 Abs. 1 GWB verstoßen.
Gemäß § 134 Abs. 1 GWB ist jede Vergabestelle verpflichtet, den Bietern, deren Angebot nicht berücksichtigt werden soll, den Namen des Zuschlagsprätendenten, die Gründe der Nichtberücksichtigung und den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses mitzuteilen.
Die Vergabestelle hat vorliegend zwar mit Schreiben vom 19.07.2019 der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihr Angebot nicht bezuschlagt werden solle, sondern das der Beigeladenen. Jedoch fehlte in diesem Schreiben die Angabe des frühesten Zuschlagstermins, sodass die Informationspflicht nach § 134 GWB nicht erfüllt wurde. Wie auch die Vergabestelle nunmehr einräumt, ist in einem Informationsschreiben gemäß § 134 GWB das konkrete Zuschlagsdatum zu nennen, der Verweis auf § 134 GWB und die darin genannte Frist genügt nicht.
Inwiefern eine Übermittlung über die Vergabeplattform erfolgen kann und ob die tatsächliche Kenntnisnahme einen eventuell darin begründeten Verstoß zu heilen vermag, ist insofern vorliegend nicht entscheidungserheblich.
2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Bewertung des Angebots der Antragstellerin durch die Vergabestelle erfolgte weitestgehend ordnungsgemäß, mit Ausnahme des Unterkriteriums 4.3. Doch auch wenn die Bewertung dort fehlerhaft durchgeführt wurde, ist die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB nicht verletzt, da auch nach korrekter Wertung durch die Vergabestelle sich keine andere Platzierung in der Bieterreihenfolge ergeben würde.
a) Allein die fehlerhafte Information gemäß § 134 GWB begründet keine Rechtsverletzung der Antragstellerin, sondern führt nur zur Unwirksamkeit eines bereits erfolgten Zuschlags und damit der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags überhaupt (vgl. nur zuletzt VK Sachsen, Beschluss vom 28.03.2019 – 1/SVK/044-18 m.w.N.).
b) Die Bewertung des Angebots der Antragstellerin ist lediglich im Unterkriterium 4.3 zu beanstanden.
Grundsätzlich steht der Vergabestelle bei der Bewertung einzelner Angebote allgemein ein weiterer Beurteilungsspielraum zu. Die Vergabekammer prüft die Bewertung der Vergabestelle nur daraufhin, ob diese ihren Beurteilungsspielraum verletzt hat, sie ersetzt insbesondere nicht die Wertung der Vergabestelle durch eine eigene Wertung (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 01.03.2019 – RMF-SG21-3194-4-3).
„Die Nachprüfungsinstanzen untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.“ (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17)
Die Wertungsentscheidung muss den an sie zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen genügen. Dazu gehört, dass das vorgeschriebene Verfahren für die Bewertung eingehalten und der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird sowie die von der Vergabestelle selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und keine sachwidrigen und gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt werden (vgl. VK Nordbayern, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017 – Verg 39; OLG München, Beschluss vom 25.09.2014).
Ferner ist zu beachten, dass bei der Bewertung von Angeboten nicht davon auszugehen ist, dass der Bieter im Grundsatz die volle Punktzahl erhalten muss und es der Vergabestelle obliegt, negative Aspekte im Angebot entsprechend bei der Punktwertung abzuziehen, sondern es ist zunächst von 0 Punkten und einer Addition von Punkten nach dem jeweiligen Angebotsinhalt auszugehen (vgl. VK Sachsen, a.a.O.; VK Bund, Beschluss vom 25.10.2013 – VK 2-90/13). Weiterhin muss sich die erreichte Punktzahl nicht an der bloßen Anzahl positiver oder negativer Aspekte im jeweiligen Angebot mathematisch orientieren (vgl. VK Sachsen, a.a.O.). Der Dokumentation der Bewertungsbegründung kommt ein hohes Gewicht zu, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, die Anforderungen an die Dokumentationspflicht der Vergabestelle dürfen gleichzeitig aber auch nicht überspannt werden, besonders dort, wo ein Angebot gute oder sehr gute Bewertungen erhält (VK Bund, a.a.O).
Zuletzt ist vorauszustellen, dass lediglich die Bewertung des Angebots der Antragstellerin und nicht die Bewertungskriterien als solche auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Rechtsverstöße, die bereits in der Bewertungsmatrix selbst angelegt sind, wurden nicht von der Antragstellerin gerügt und wären selbst bei Erhebung einer entsprechenden Rüge nach Angebotsabgabe nicht mehr zu berücksichtigen, da insoweit die Präklusion gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB eingetreten ist.
aa) Die Bewertung des Angebots der Antragstellerin in Ziffer 2.1 erfolgte ordnungsgemäß.
Die Vergabestelle verlangte hier die Darstellung von Methoden zur Qualitätssicherung der Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung.
Die Bewertung mit 4 von 5 Punkten ist nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass in der Begründung der Bewertung keine Defizite benannt sind, sie dennoch nicht die volle Punktzahl erhalten hat, begründet dies keinen Vergaberechtsverstoß. Die Bewertungsbegründung spricht hier von einer nachvollziehbar erläuterten Arbeitsweise, wobei eine für die Maximalpunktzahl erforderliche vollständige und uneingeschränkte Erfüllung der Bewertungskriterien gerade nicht bestätigt wird. Insofern hat die Vergabestelle sich in dem ihr zustehenden Beurteilungsspielraum gehalten, die Bewertung hält einer Plausibilitätskontrolle stand.
bb) Die Bewertung in Ziffer 2.2, Methoden zur Kostensicherheit, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Bewertung mit 4 von 5 Punkten wird begründet durch eine aufgrund stichpunktartiger Erläuterungen vorliegende Abstraktheit. Insofern wird – entgegen den Ausführungen der Antragstellerin – nicht die Darstellung in Stichpunkten bemängelt, sondern die aus der Darstellungsweise folgenden Abstraktheit. Die Bewertung als solche ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
cc) Die Bewertung in Ziffer 2.5 erfolgte ebenfalls ordnungsgemäß. Die Bemerkungen zur Bewertung sprechen hier zu Recht von nur einer ausgewählten Referenz, die vorgestellt wurde. Aus den Angebotsunterlagen ergibt sich eindeutig, dass bei einem der zwei Referenzprojekte nicht die Arbeitsweise im Hinblick auf öffentliche Genehmigungsverfahren und den Umgang mit Förderbehörden dargestellt wurde. Es ist daher nachvollziehbar, warum die Vergabestelle in ihrer Begründung zur Bewertung des Angebots das Vorliegen eines zweiten Referenzprojektes nicht berücksichtigt, sondern davon ausgeht, es liege nur eines vor.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie habe nicht nur „einige“, sondern 29 Referenzprojekte aufgezählt, handelt es sich lediglich um eine unerhebliche Beanstandung angeblicher sprachlicher Ungenauigkeit.
Insofern ist die Begründungsbewertung hier nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
dd) Mit der Bewertung des Angebots in Ziffer 3.1 befindet sich die Vergabestelle hart an der Grenze ihres Beurteilungsspielraums, überschreitet diesen jedoch im Ergebnis nicht.
Die Antragstellerin hat in ihrem Angebot in der Tat die Zuständigkeiten, Einsatzzeiten und Verfügbarkeiten ihres Projektteams nicht in epischer Breite ausgearbeitet. Es ist ihr hierbei durchaus zuzugestehen, dass in wesentlichen Punkten, insbesondere bei geplanten Einsatzzeiten und Verfügbarkeiten, eine konkrete Benennung im jetzigen Stand des Vorhabens nicht unbedingt sinnvoll sein muss. Dies betrifft jedoch die Bewertungskriterien an sich, die von der erkennenden Vergabekammer im hiesigen Verfahren nicht überprüft werden (vgl. oben).
Die Bewertung ist aber insoweit kritisch zu sehen, als die Vergabestelle die Darstellungen der Beigeladenen einen Punkt besser bewertet hat, obwohl in deren Angebot nur sehr geringfügig ausführlichere Angaben zu finden waren.
Die Wertung muss, wie oben dargestellt sowohl an sich als auch im Quervergleich zu den anderen Bietern nachvollziehbar sein. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass der Beurteilungsspielraum der Vergabestelle weit ist. Nach Ansicht der erkennenden Vergabekammer vermögen es die minimalen inhaltlichen Unterschiede zwischen den jeweiligen Ausführungen gerade noch so, eine unterschiedliche Bewertung zu rechtfertigen. Die Vergabestelle hat insofern diesen Spielraum ausgenutzt und der Beigeladenen das Erreichen der nächsthöheren Punktwertung zugesprochen, der Antragstellerin nicht. Anzeichen für eine sachfremde oder willkürliche Handhabung der Bewertung waren von der erkennenden Vergabekammer insoweit nicht sicher feststellbar, sodass die Bewertung nicht als rechtswidrig zu beanstanden ist.
ee) Die Bewertung in Ziffer 3.2 ist nachvollziehbar. Eine Bewertung mit 4 von 5 Punkten erscheint gerechtfertigt. Die Charakterisierung der Ausführungen als „sehr kurz“, jedoch in wesentlichen Teilen vorhanden, ist nicht zu beanstanden.
ff) Die Bewertung in den Kriterien 3.3, 3.4. und 3.5 wird von der Antragstellerin jeweils unter dem gleichen Gesichtspunkt angegriffen. Sie macht geltend, dass sie als Verfasserin der Machbarkeitsstudie auf diese verweisen habe dürfen, sodass eine nochmalige Auseinandersetzung mit der Machbarkeitsstudie und den darin zugrunde gelegten Angaben nicht in einem größeren Umfang als in ihrem Angebot erforderlich gewesen sei, um eine höhere Bewertung zu erzielen.
Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen. Die Antragstellerin verkennt, dass – wie von der Vergabestelle vorgetragen – die Machbarkeitsstudie als Grundlage des Angebots für alle Bieter diente. Eine Bevorzugung desjenigen Bieters, der bereits in einem früheren Stadium mit dem Vorhaben befasst war, ist unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Gleichbehandlung aller Bieter vergaberechtlich unzulässig.
Ein Verweis auf die Machbarkeitsstudie beinhaltet demzufolge gerade keinerlei positiv zu bewertenden Angaben, sondern deren Zugrundelegung wird für alle Bieter vorausgesetzt. Unter Zugrundelegung der oben dargestellten Rechtsprechung können aber nur positiv zu bewertende Aspekte sich auch in einer Erhöhung der Punktzahl von 0 auf entsprechend höhere Werte niederschlagen. Insofern durfte die Vergabestelle das Angebot der Antragstellerin entsprechend niedrig bewerten, da die über die Machbarkeitsstudie hinausgehenden Angaben, in denen eigentlich eine nähere Auseinandersetzung mit eben dieser Machbarkeitsstudie erfolgen hätte sollen, auch im Vergleich zu den anderen Bietern bei der Antragstellerin nachvollziehbar als „rudimentär“, „sehr kurz“ und ohne „tiefergehende Auseinandersetzung“ bewertet wurden.
Im Kriterium 3.3 hat die Antragstellerin ohnehin laut Bewertung „eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Machbarkeitsstudie“ vorgenommen und bereits nachvollziehbar 4 von 5 Punkten erhalten. Die Bewertung mit je 2 von 5 Punkten in den Kriterien 3.4 und 3.5, was nach der Wertungsmatrix „Punktabzug wegen weitreichender bzw. gewichtiger Defizite und Schwächen“ oder „nur wenige wertungsfähige Aussagen“ bedeutet, erscheint ebenfalls nicht ungerechtfertigt.
gg) Hinsichtlich der Ziffer 3.7 der Bewertung und den geforderten Ausführungen zur Präsenz vor Ort, ist parallel zu den Ausführungen zu Ziffer 3.1 unter dd) festzuhalten, dass die Wertungskriterien als solche hier nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind. Die Antragstellerin hat sich in ihrem Angebot im Wesentlichen darauf beschränkt, auf die räumliche Nähe ihrer Büroräume zum Vorhaben zu verweisen und zu betonen, dass die Präsenz vor Ort aus diesem Grund jederzeit sichergestellt sei. Die Vergabestelle hat diese Ausführungen aufgrund ihrer Kürze und der fehlenden konkreten Angaben zur Präsenz auf der Baustelle mit lediglich 2 von 5 Punkten bewertet.
Es ist insofern nachvollziehbar, dass die Vergabestelle die gemachten Ausführungen derart bewertet. Zumindest ist der Vergabestelle zuzustimmen – wie sie auch in der mündlichen Verhandlung betont hat – dass es nicht ausschließlich auf die räumliche Nähe zum Bauprojekt ankommen darf.
Es fehlt an einem klaren Anzeichen, dass hier eine sachfremde, ungerechtfertigte Bewertung vorgenommen wurde, sodass die erkennende Vergabekammer davon ausgeht, dass sich die Vergabestelle innerhalb des sich ihr zustehenden Beurteilungsspielraums bewegt hat.
hh) Eine fehlerhafte Berechnung der Punkte unter Kriterium 4.3 wurde von der Vergabestelle eingeräumt. Insofern liegt hier ein Bewertungsverstoß vor, der eine höhere Bewertung um 0,6 Wertungspunkte rechtfertigt.
ii) Die unter Ziffer 5 vorgenommene Bewertung des Gesamteindrucks des Angebots, wo die Antragstellerin 3 von 5 möglichen Punkten erhalten hat, hält schließlich auch einer Überprüfung durch die Vergabekammer stand.
Die Antragstellerin hat durchschnittlich ca. 3,6 Punkte in den vorangegangenen Kriterien erzielt. Auch hier ist aber zu beachten, dass der Beurteilungsspielraum der Vergabestelle insoweit nicht eingeschränkt ist, als eine Berücksichtigung des mathematisch ermittelten Durchschnittswerts der zuvor erreichten Punkte zwingend die zu vergebende Punktzahl determiniert. Insoweit ist bereits in der Bewertungsmatrix eine eigenständige Gesamtbewertung des Angebots vorgesehen, bei der die zuvor erreichten Punktwerte allenfalls indizielle Wirkung haben können.
Es erscheint hier, auch und vor allem unter Zugrundelegung der oben ausgeführten Gesichtspunkte, nicht sachfremd, wenn die Vergabestelle das Angebot der Antragstellerin zwar als „insgesamt gut und detailliert“, jedoch auch mit durchaus ins Gewicht fallenden Defiziten und damit mit 3 von 5 Punkten bewertet.
c) Soweit die Bewertung vergaberechtswidrig erfolgte, liegt keine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 6 GWB vor.
Eine Erhöhung der Bewertung um 0,6 Punkte auf den maximal erzielbaren Wert im Kriterium 4.3 von 5 Punkten bzw. 10 Wertungspunkten reicht nicht aus, um insgesamt auf den ersten Rang der Bieterreihenfolge vorzurücken. Es ist insofern ausgeschlossen, dass sich bei einer Neubewertung unter Vermeidung des Rechtsverstoßes eine andere Platzierung der Antragstellerin ergibt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
a) Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie mit ihren Anträgen unterlegen ist (§ 182 Abs. 3 Satz 1, 3 u. 5 GWB).
b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der Vergabestelle ergibt sich aus § 182 Abs. 4 GWB.
c) Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt. Sie hat daher das Risiko des Unterliegens nicht getragen und bekommt im Umkehrschluss dazu auch keine Aufwendungen erstattet.
d) Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 GWB festzusetzen. Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der Antragstellerin aus dem Angebot und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von ….,- €.
e) Die von der Antragstellerin zu tragende Gebühr in Höhe von ….,- € wird mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss von 2.500,- € verrechnet.
Für den übersteigenden Betrag von …,- € erhält die Antragstellerin eine Kostenrechnung.


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