Baurecht

Unwirksame Veränderungssperre wegen Verhinderungsplanung in Bezug auf das Vorhaben eines Abfallentsorgungsbetriebs

Aktenzeichen  Au 4 K 16.1015

Datum:
26.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 1 Abs. 3, § 14 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Den Vorwurf einer am Maßstab von § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB unzulässigen Verhinderungs- bzw. Negativplanung (als Missbrauchsschranke) muss eine Kommune nur dann gegen sich gelten lassen, wenn sie keine städtebaulichen Ziele verfolgt, wenn m it anderen Worten die planerische Ausweisung in Wirklichkeit nicht gewollt ist, sondern die Regelung nur und ausschließlich getroffen wird, um eine andere Nutzung zu verhindern. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2 Davon ist grundsätzlich erst auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (hier bejaht im Hinblick auf eine Veränderungssperre, die einzig auf die Verhinderung des Betriebs einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung und Verladung von nicht gefährlichen Abfällen in einer geschlossenen Lagerhalle wegen massiven öffentlichen Widerstandes abzielte). (Rn. 53 – 58) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Landratsamtes … vom 16.6.2016 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die mit Antrag vom 18. Dezember 2015 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen über eine Gesamtlagerkapazität von 180 t und deren Umschlag in einer geschlossenen Lagerhalle mit Ablufterfassung und -reinigung, Hofbefestigung mit Abstellfläche und Lkw-Waage mit Büro – vorbehaltlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur Versickerung von Niederschlagswasser der Dachflächen der Lagerhalle über eine Sickermulde – zu erteilen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag der Klägerin auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, für das zwischenzeitlich nach Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zum Vorhaben eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB erlassen wurde.
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2017 ihren Antrag vorbehaltlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis auf die Frage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens konzentriert hat, ist in der Folge nur noch hierüber zu befinden.
Die Klage ist als Versagungsgegenklage zulässig und begründet.
Die Versagung der Genehmigung durch den Beklagten ist rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil die von dem Beigeladenen erlassene Veränderungssperre wegen Verhinderungsplanung unwirksam ist und im Übrigen wegen des durch den Beigeladenen erteilten Einvernehmens das Vorhaben der Klägerin analog § 14 Abs. 3 BauGB ohnehin von den Wirkungen dieser Veränderungssperre freizustellen wäre.
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
Die für die Errichtung und den Betrieb des klägerischen Vorhabens nötige immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) und wenn andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Zu den zu beachtenden anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehören auch die örtlichen bauplanungsrechtlichen Anforderungen.
Das Vorhaben der Klägerin (vgl. Betriebsbeschreibung Bl. 484 ff. der Antragsakte) ist nach § 4 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV und Nr. 8.12.2 des Anhangs zur 4. BImSchV wegen der beantragten Menge der zeitweiligen Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen von 180 t (vgl. Bl. 484 Antragsakte) genehmigungspflichtig. Die Genehmigungspflicht für den Umschlag von nicht gefährlichen Abfällen im Übrigen folgt aus § 4 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 des Anhangs zur 4. BImSchV.
a) Das Vorhaben ist sowohl in immissionsschutzrechtlicher (aa)) als auch baurechtlicher Hinsicht (bb)) genehmigungsfähig.
aa) Das Vorhaben ist in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht genehmigungsfähig, weil es die Vorgaben von § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 5 Abs. 1 BImSchG im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen bzw. die Vorsorge hiergegen nach den im Verfahren vorgelegten und vom Landratsamt fachtechnisch geprüften Gutachten einhalten wird. Der Sachverhalt und die für eine Genehmigungsfähigkeit notwendigen Unterlagen wurden unstreitig durch die Klägerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, entsprechend angeforderte Ergänzungen nachgeliefert.
Das Gericht nimmt dabei umfassend Bezug auf die vom Landratsamt geprüfte Schallprognose „Lager-und Verladehalle in …-… Bericht Nr. M121531/01 Version 3D der … GmbH 5. April 2016 (Bl. 18 ff. Verfahrensakte) und das lufthygienische Gutachten vom 17. Dezember 2015 mit den ergänzten Auflagenvorschlägen vom 9. März 2016 (Bl. 575 ff. Verwaltungsakte).
Sämtliche weiteren Anforderungen wurden durch das Landratsamt ersichtlich behandelt und befinden sich bereits in einem Entwurf der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (Bl. 428 ff. Verfahrensakte). Dem Gericht ist bewusst, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Allgemeinen nicht ohne zahlreiche Nebenbestimmungen erteilt wird. Grundsätzlich könnte zwar auch das Gericht mithilfe kundiger Sachverständiger ein Auflagenprogramm entwickeln und ihm mit dem Tenor des Verpflichtungsurteils Verbindlichkeit verschaffen. Im Allgemeinen sind jedoch individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich, ob diese oder jene häufig gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmungen anzufügen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann es aus diesen besonderen Gründen ausnahmsweise gerechtfertigt sein, dass das Tatsachengericht davon absieht, die Sache spruchreif zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 – 4 C-52/87). Im vorliegenden Fall ist jedoch der Sachverhalt bereits verwaltungstechnisch derart ausgearbeitet und die Genehmigung durch die Verwaltung vollständig vorbereitet worden, dass sich das Gericht gezwungen sieht, die Sache dennoch spruchreif zu machen (s.u.), wobei in der Urteilsbegründung jedoch lediglich auf die Empfehlung der Übernahme der Auflagen zu verweisen ist, die die Behörde für notwendig erachtet. Dies rechtfertigt sich auch daraus, dass eine bindende Festlegung der im Vorentwurf der Genehmigung gemachten Auflagen der Klägerin eine Instanz im Falle von Rechtsstreitigkeiten bezüglich vom Gericht angeordneter Nebenbestimmungen nehmen würde.
bb) Dem Vorhaben der Klägerin stehen auch keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegen. Dies gilt bauplanungsrechtlich insbesondere für die von dem Beigeladenen am 27. April 2016 bekannt gemachte Veränderungssperre.
Die Veränderungssperre des Beigeladenen ist im Ergebnis unwirksam ((a)) und wäre selbst bei Wirksamkeit nicht für das Vorhaben der Klägerin beachtlich ((b)).
(a) Zwar war der Beigeladene grundsätzlich nicht gehindert, nach Erteilung des Einvernehmens zum Vorhaben der Klägerin seine Bauleitplanung zu ändern und zu ihrer Sicherung eine Veränderungssperre zu erlassen. Das Recht – und die Pflicht – der Gemeinde, ihre Bauleitpläne in eigener Verantwortung aufzustellen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB), wird durch die Erteilung des Einvernehmens zu einem konkreten Bauvorhaben nicht berührt. Die Gemeinde darf ihre Bauleitpläne immer dann aufstellen, wenn es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB). Dabei kommt es in erster Linie auf die Sicht der Gemeinde selbst an. Sie darf die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet bestimmen und sich dabei grundsätzlich von „gemeindepolitischen“ Motiven, die sich jederzeit ändern können, leiten lassen (BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16/03 – juris Rn. 23).
Auch leidet die Veränderungssperre entgegen der Argumentation des Klägerbevollmächtigten nicht an beachtlichen formellen Mängeln.
1) Es liegt kein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz nach Art. 52 Abs. 2 GO vor, wenn der Beigeladene die Tagesordnung allein dadurch ändert, dass verschiedene Tagesordnungspunkte vorgezogen werden. Eine darin zu erblickende fehlende oder fehlerhafte Bekanntmachung würde „nur“ eine Behinderung der Teilnahme der Öffentlichkeit, aber keinen Ausschluss der Öffentlichkeit selbst darstellen (BayVGH, U.v. 3.3.2006 – 26 N 01.593 – juris Rn. 18).
2) Wegen der Einstimmigkeit der Beschlüsse kam es nach Art. 49 Abs. 4 GO auch nicht auf eine Prüfung der Notwendigkeit des Ausschlusses einzelner Mitglieder an, da sich das Ergebnis ohnehin nicht geändert hätte.
3) Auch ist kein Ausfertigungs- und Bekanntmachungsfehler ersichtlich. Entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten erfolgte in der Sonderausgabe des Marktboten vom 27. April 2016 auch die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses (Bl. 139 Verwaltungsakte). Auch erfolgte der Beschluss über den Erlass einer Veränderungssperre zeitlich nach dem Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans (TOP 7). Eine gleichzeitige Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses und der Veränderungssperre ist dann unschädlich (Stock in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 123. EL Oktober 2016, § 14 Rn. 38).
4) Die Veränderungssperre ist allerdings materiell unwirksam.
Die von dem Beigeladenen angestrebte Änderungsplanung verstößt gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil es sich um eine reine Verhinderungs- bzw. Negativplanung handelt.
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Eine Kommune darf sich in Wahrnehmung ihrer Planungshoheit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) bei der Steuerung der städtebaulichen Entwicklung grundsätzlich von „kommunalpolitischen“ Motiven leiten lassen, sie darf unter Beachtung der dafür geltenden gesetzlichen Regeln Bauleitplanung nach ihren Vorstellungen betreiben (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – BVerwGE 120, 138 ff. = juris Rn. 23). Den Vorwurf einer am Maßstab von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB unzulässigen Verhinderungs- bzw. Negativplanung (als Missbrauchsschranke) muss eine Kommune nur dann gegen sich gelten lassen, wenn sie keine städtebaulichen Ziele verfolgt, wenn m.a.W. die planerische Ausweisung in Wirklichkeit nicht gewollt ist, sondern die Regelung nur und ausschließlich getroffen wird, um eine andere Nutzung zu verhindern. Nicht erforderlich im Sinne dieser Bestimmung sind daher nur solche Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist grundsätzlich erst auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. Ein solcher Fall ist aber nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Festsetzungen in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Eine Gemeinde darf mit der Bauleitplanung grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Insbesondere gibt es kein generelles Verbot negativer Festsetzungen. Schon mit jeder positiven Ausweisung einer zulässigen Nutzung ist regelmäßig auch eine negative, andere Nutzungen ausschließende Wirkung verbunden. Wie § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO zeigt, geht der Normgeber selbst davon aus, dass „positive“, d.h. nicht von vornherein gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstoßende Planungsziele auch durch rein negative Festsetzungen erreicht werden können. Der Gemeinde ist es auch nicht verwehrt, auf Bauanträge mit einer Bauleitplanung zu reagieren, die diesen die materielle Rechtsgrundlage entziehen soll. Auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer – aus der Sicht der Kommune – auf eine Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (zum Ganzen: BVerwG, B.v. 18.12.1990 – 4 NB 8.90 – BayVBl. 1991, 280 ff. = 13 ff.; B.v. 15.3.2012 – 4 BN 9.12 – BauR 2012, 1067 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 12.12.2013 – 15 N 12.1020 – juris Rn. 19; VGH BW, B.v. 24.4.2013 – 3 S 2404/12 – BauR 2013, 1635 ff. = juris Rn. 14; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 56; zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 27.1.2017 – 15 B 16.1834 – juris Rn. 28). „Ein Mindestmaß des abzusehenden Inhalts der Planung“ kann nur erfüllt sein, wenn die Gemeinde für das betroffene Gebiet schon positive planerische Vorstellungen entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (BVerwG, B.v. 5.2.1990 – 4 B 191/89, NVwZ, 1990, 558).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist vorliegend von einer reinen Negativplanung auszugehen. Trotz der von der obergerichtlichen Rechtsprechung geforderten hohen Voraussetzungen bei der Annahme einer solchen Verhinderungsplanung geht die Kammer davon aus, dass im vorliegenden Fall eine unzulässige Negativplanung erfolgte. Diese Annahme speist sich aus folgenden Gesichtspunkten:
α) Ausweislich der Niederschrift zur Markt Gemeinderatssitzung vom 26. April 2016 (vorgelegt durch die Beigeladene am 14. März 2017) und der amtlichen Bekanntmachung zum Aufstellungsbeschluss wurde die Bebauungsplanänderung begründet mit den durch den Neubau entstehenden Konflikten zu den umliegenden Unternehmen, die größtenteils im Lebensmittelsektor angesiedelt sind. Diese Konflikte müssten im Rahmen einer gemeinverträglichen Bebauung des Gewerbegebiets ausgeschlossen werden. Ziel der Bebauungsplanänderung sei es daher, das Plangebiet von gewerblichen Nutzungen, die mit der Lagerung von Müll verbunden sind, freizuhalten, um die Sicherung der vorhandenen, lebensmittelbezogenen Nutzungen zu gewährleisten. Die Änderung würde damit auch dem Erhalt und der Stärkung der Nahversorgungsfunktion des bestehenden Gewerbegebiets dienen.
β) Aus den Äußerungen des Bürgermeisters des Beigeladenen, die aus der Presse entnommen werden können (Lokalteil … der … Allgemeine, Ausgabe Samstag, 23. April 2016, Bl. 405 Verwaltungsakte) geht hervor, dass der Bürgermeister versicherte, dass die Kommune hinter den Bürgern stehe. In einer Fraktionssitzung hätten die Vertreter der Räte beschlossen, in der nächsten Sitzung eine Veränderungssperre zu verhängen und den Bau der Halle zu verhindern. In der Bauausschusssitzung im Februar sei dem Projekt noch einstimmig zugestimmt worden. Doch jetzt, so die Zitierung des Bürgermeisters des Beigeladenen durch die Zeitung, gebe es eben Widerstand der Bürger. Die Sitzung zu den Beschlüssen wurde sehr kurzfristig terminiert, nachdem sich in der Öffentlichkeit massiver Widerstand gegenüber dem Vorhaben andeutete.
Für die Kammer ist klar, dass die Veränderungssperre einzig auf die Verhinderung des klägerischen Vorhabens wegen massiven öffentlichen Widerstandes abzielte. Dass laut Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet … West II Teil Süd – 1. Ergänzung“ zugleich das Ziel verfolgt werden soll, eine Sicherung des Plangebiets bezüglich der vorhandenen, lebensmittelbezogenen gewerblichen Nutzungen zu gewährleisten, ist nach Auffassung der Kammer lediglich vorgeschoben und erfüllt auch nicht die die Anforderungen an eine positive planerische Vorstellung. Alleinige Motivation für die Veränderungssperre war demnach nach den Gesamtumständen, die sich der Presse und der Verwaltungsakte entnehmen lassen, die Verhinderung des klägerischen Vorhabens. Dieser Schluss rechtfertigt sich insbesondere aus der Tatsache, dass das Einvernehmen des Beigeladenen zum Vorhaben der Klägerin am 16. Februar 2016, mithin lediglich zwei Monate vor Erlass der Veränderungssperre erteilt wurde. Damit steht auch erkennbar fest, dass allein der Bürgerprotest, nicht aber das Vorhaben an sich eine Anstoßwirkung für die Änderung des Bebauungsplans hatte. Diese radikale Kehrtwende des Beigeladenen lässt sich allein aus der öffentlichen Missbilligung und teils wohl verzerrten öffentlichen Wahrnehmung des Vorhabens als „Müllhalde“ verstehen. Dass allein das Vorhaben der Klägerin getroffen wird, bestätigt auch die Formulierung im Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan, wonach insbesondere eine Freihaltung der Lagerung von Müll im Plangebiet angestrebt werde (Bl. 141 Verwaltungsakte). Die in der Rechtsprechung gezogenen Grenzen für die Frage der Negativplanung wurden damit überschritten.
γ) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer Entscheidung des BVerwG (B.v. 26.10.1998 – 4 BN 43.98 –IBRRS 2003, 2019), wonach politische Motive im Rahmen der Bauleitplanung auch bei vorher erteiltem Einvernehmen Anstoß für die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplanes sein können. Der Ausschluss der Nutzung ist vorliegend nicht städtebaulich begründet. Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (stRspr, z.B. BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 – BVerwG 4 C 39.74 – BVerwGE 51, 121 ; Beschluss vom 27. Juli 1990 – BVerwG 4 B 156.89 – ZfBR 1990, 302; Beschluss vom 25. November 2003 – BVerwG 4 BN 60.03 -). Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären – auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG – nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt (BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 – BVerwG 4 C 39.74 – BVerwGE 51, 121 ; Beschluss vom 5. Februar 1990 – BVerwG 4 B 191.89 – ZfBR 1990, 206). Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört auch zur Konzeption des § 14 BauGB. Nach seinem Absatz 2 Satz 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. zu allem BVerwG, U.v. 19. Februar 2004 – 4 CN 16/03 –, BVerwGE 120, 138-148, Rn. 28). Nach dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan soll durch die Gliederung der Nutzungsart das Nebeneinander von gewerblichen Nutzungen gesteuert werden und dabei Konflikte zwischen Nutzungen unterschiedlicher Schutzwürdigkeit und Störungseigenschaft vermieden werden. Ziel sei Erhalt und Stärkung der Nahversorgungsfunktion des bestehenden Gewerbegebietes. Das Gebiet, das von der Veränderungssperre betroffen ist, ist bereits jetzt fast gänzlich bebaut. Allein die streitgegenständliche Fl.Nr. … ist noch unbebaut. Konkrete Nutzungskonflikte des bereits mit drei Gewerbegebieten und zwei Sondergebieten überplanten Bereiches werden nicht weiter erläutert. Es handelt sich bisher in der Tendenz nur um abstrakte Aussagen. Betroffen von der Veränderungssperre ist damit hauptsächlich das Grundstück mit der Flurnummer …. Der Beigeladene hat damit zwar möglicherweise formal dem Erfordernis der Entwicklung positiver planerischer Vorstellungen (vgl. BVerwG vom 5.2.1990 NVwZ 1990, 558) Genüge getan. Es zeigt sich jedoch, dass diese Vorstellungen jedenfalls nicht für das gesamte Gebiet der Veränderungssperre auf eine Realisierung angelegt sind, sondern sich ihre Bedeutung in der „Sperrung“ der Flurnummer … erschöpft. Die positiven Planungsvorstellungen sind insoweit nur vorgeschoben (vgl. BVerwG vom 14.7.1972 – 4 C 8.70 BVerwGE 40, 258; vom 11.5.1999 – 4 BN 15.99 NVwZ 1999, 1338); sie müssten aber bezogen auf das gesamte Plangebiet vorliegen (vgl. auch Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Januar 2012, RdNr. 48 zu § 14; zu allem vgl. auch BayVGH, U.v. 9.10.2012 – 15 N 11.1857 – juris Rn. 23).
(b) Selbst wenn allerdings die gegenständliche Veränderungssperre wirksam wäre, könnte sie dem Vorhaben der Klägerin analog § 14 Abs. 3 BauGB jedoch nicht entgegengehalten werden. Aus der auch in der mündlichen Verhandlung thematisierten Entscheidung des BVerwG (U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16/03 – juris) geht hervor, dass die Erteilung des Einvernehmens zu einem konkreten Vorhaben zwar kein Hindernis für die Bauleitplanung der Gemeinde darstellt (BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16/03 – juris Rn. 25, s.o.). Allerdings ist im vorliegenden Fall problematisch, dass der Beigeladene nach Erteilung des Einvernehmens, aber vor Genehmigung des Vorhabens eine dieses hindernde Veränderungssperre erlassen hat und sein Einvernehmen zu einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB verweigert hat. Diese Problematik wird im Schrifttum und in der Rechtsprechung als Konflikt mit dem Regelungszweck des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB diskutiert, wonach mit Fristablauf für die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens für den Bauherrn hinsichtlich der Position der Gemeinde Klarheit bestehen müsse (Jäde, Gemeinde und Baugesuch – Einvernehmen, Veränderungssperre, Zurückstellung; 5. Auflage 2014, Rn. 117). Nichts anderes kann auch bei einem ausdrücklich erteilten Einvernehmen gelten (vgl. Jäde, Gemeinde und Baugesuch – Einvernehmen, Veränderungssperre, Zurückstellung; 5. Auflage 2014, Rn 115), wobei es hier im Ergebnis nicht darauf ankäme, da selbst die Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bereits am 4. März 2017 (Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde am 4. Januar 2016, Bl. 106 Verwaltungsakte), mithin deutlich vor Bekanntgabe der Veränderungssperre am 27. April 2016 abgelaufen wäre.
1) Als rechtliche Konsequenz des erteilten Einvernehmens werden in der Rechtsprechung und Literatur, soweit ersichtlich, drei verschiedene Lösungsansätze diskutiert, die dem Schutz des derart betroffenen Bauherrn dienen sollen. In der bereits angesprochenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16/03 – juris Rn.26) hatte der Senat erwogen, Vorhaben, für die zwar noch keine Baugenehmigung erteilt ist, zu denen die Gemeinde jedoch die Einvernehmen erteilt hat, generell oder bei unveränderter Sach- und Rechtslage wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen in erweiternder oder analoger Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB von den Wirkungen der Veränderungssperre freizustellen. Demnach könnte die Veränderungssperre in Anwendung dieser Grundsätze dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegengehalten werden (ähnlich dem aus dem Zivilrecht bekannten Rechtsgedanken der relativen Unwirksamkeit einer Verfügung im Falle des Vorliegens einer Vormerkung analog § 883 Abs. 2 BGB). Im konkreten Fall ließ das Bundesverwaltungsgericht diesen Punkt mangels Entscheidungserheblichkeit offen.
2) Eine weitere Lösung dieses Problems wird von Jäde über den Weg des ermessensreduzierten § 14 Abs. 2 BauGB diskutiert. Nach seiner vorgeschlagenen Lösung (vgl. Jäde, Gemeinde und Baugesuch – Einvernehmen, Veränderungssperre, Zurückstellung; 5. Auflage 2014, Rn. 117) wirft er zunächst die Frage auf, ob die Gemeinde gegen eine für dieses Bauvorhaben erteilte Baugenehmigung noch klagebefugt wäre. Daran fehlte es, wenn sich die Gemeinde durch ihr zunächst erklärtes Einvernehmen ihrer sich aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB ergebenden wehrfähigen Rechtsstellung begeben hätte; davon werde im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 4 C-24/95 – juris Rn. 17 f.) auszugehen sein. Durch die „nachgeschobene“ Veränderungssperre habe sie sich zwar grundsätzlich eine neue derartige Position, nunmehr auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 BauGB verschafft. Dabei spreche aber viel dafür, dass sie von dieser Position gegenüber dem streitigen Bauvorhaben nicht ohne weiteres Gebrauch machen könne. Denn die auf die Auslösung einer Bauleitplanungsaktivität der Gemeinde zielende „Anstoßwirkung“ dieses Bauvorhabens sei durch die Erstbefassung damit und die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gleichsam „verbraucht“. Die nunmehr die Genehmigung dieses Bauvorhabens hindernde Veränderungssperre müsse folglich auf einen anderen städtebaulichen Anlass zurückgehen und das Ausgangsbauvorhaben nur gleichsam als ungezielten Nebeneffekt mit erfassen. Andernfalls sei davon auszugehen, dass jedenfalls das der Gemeinde in § 14 Abs. 2 BauGB eröffnete Ermessen zugunsten des Bauherrn auf Null reduziert wäre. Dann bedürfe es auch keiner entsprechenden Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB (Jäde, Gemeinde und Baugesuch – Einvernehmen, Veränderungssperre, Zurückstellung; 5. Auflage 2014, Rn 117).
In Anwendung dieser Grundsätze müsste der Klägerin zwingend eine Ausnahme von der Veränderungssperre erteilt werden. Städtebaulicher Anlass für den Erlass der Veränderungssperre war nämlich genau das Vorhaben der Klägerin. Die Veränderungssperre hat ihren Hauptzweck in der Verhinderung des Vorhabens der Klägerin und stellt gerade keinen „ungezielten Nebentreffer“ dar.
3) Ein dritter Ansatz des BayVGH setzt sich ebenfalls mit den Wirkungen des erteilten Einvernehmens auseinander. In jenem Fall hatte jedoch – anders als im hier zu entscheidenden Fall – eine Gemeinde geklagt (BayVGH, U.v. 30.7.2013 – 15 B 12.147 – juris). Demnach stehe das fingierte Einvernehmen der Klagebefugnis nur entgegen, soweit es sich um Ausformungen und Aspekte der Planungshoheit der Klägerin handele, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Fiktionswirkung bereits eine rechtliche Bedeutung hatten (BayBGH, a.a.O. –juris Rn. 25). Anders formuliert dürfen neue, selbst geschaffene Gesichtspunkte Berücksichtigung finden, also solche Tatsachen, die die Gemeinde bei ihrer Befassung mit dem Vorhaben zu Entscheidung über ihr Einvernehmen weder gesehen hat noch hätte sehen müssen. In der Folge sind alle planerischen Motive verbraucht, die schon bei Erstbehandlung des Vorhabens durch die Gemeinde hätten mobilisiert werden müssen (vgl. BayVGH, U.v. 30.7.2013 – 15 B 12.147, BayVBl. 2014, 113 mit kritischer Anmerkung Jäde zu einer „nachgeschobenen“ Zurückstellung). Selbst bei diesem weiten Ansatz ist zu bemerken, dass die Gemeinde die angeblichen Nutzungskonflikte, die durch das Vorhaben im Bebauungsplangebiet entstehen, bereits vor Erteilung ihres Einvernehmens hätte erkennen können.
4) Nichts anderes ergibt sich aus Entscheidungen des BayVGH vom 23. April 2015 (B.v. 23.4.2015 – 15 ZB 13.2378 – juris Rn.10 sowie BayVGH, B.v. 23.4.2015 – 15 ZB 13.2377 – juris), wonach die oben genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB zwar vornehmlich dem Schutz des Bauantragstellers diene, aus einer Einvernehmensfiktion aber lediglich folge, dass die Gemeinde dem Vorhaben zustimme, nicht aber, dass das Vorhaben planungsrechtlicher Hinsicht auch zu genehmigen sei. Diese Entscheidung obliege vielmehr der Bauaufsichtsbehörde. Diese habe von sich außen in eigener Verantwortung zu prüfen ob das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei oder nicht. Dabei sei die Baugenehmigungsbehörde an ein erteiltes Einvernehmen nicht gebunden. In den zitierten Entscheidungen kam es auf die Frage aber nicht an, weil in den dortigen Fällen – anders als hier – Identität zwischen Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde vorlag, sodass kein Einvernehmenserfordernis bestand. Insoweit wurde diese Frage auch vom BayVGH letztlich offen gelassen (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2015 – 15 ZB 13.2377 – juris Rn. 7 f.). Die Veränderungssperre ist hier jedoch als Instrument der Beigeladenen und nicht als Instrument der Genehmigungsbehörde zur Verhinderung des Vorhabens aktiviert worden. Gegenüber der Klägerin war die Gemeinde damit gebunden (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 4 C-24/95 – juris Rn. 18). Diese Bindung würde durch eine Veränderungssperre gegenüber dem Vorhaben unterlaufen.
In der Gesamtschau der diskutierten Lösungsmöglichkeiten muss daher im Ergebnis die Veränderungssperre des Beigeladenen für das klägerische Vorhaben jedenfalls unbeachtlich bleiben. Die Kammer schließt sich der rechtstechnischen Erwägung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach analog § 14 Abs. 3 BauGB die Veränderungssperre der Gemeinde dem Vorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegengehalten werden kann.
(c) Das Bauvorhaben der Klägerin liegt innerhalb des Geltungsbereiches des rechtskräftigen und qualifizierten Bebauungsplanes „Gewerbegebiet … West“ –Teil Süd“ des Beigeladenen. Das Vorhaben ist gemäß § 30 Abs. 1 BauGB zulässig, weil es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Hinsichtlich der zulässigen Art der baulichen Nutzung wird ein Gewerbegebiet mit beschränkten Immissionen gemäß § 8 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 4 und 5 BauNVO festgesetzt. Danach sind in diesem Bereich Betriebe und Anlagen mit erheblichen Luft Schadstoff- bzw. Geruchsimmissionen nicht zulässig. Außerdem sind nur Betriebe und Anlagen zulässig, die einen für die Bezugsfläche von 12.147 qm pro Quadratmeter Gewerbegebiets Fläche abgestrahlten flächenbezogenen Schallleistungspegel von 50 dB (A) nachts nicht überschreiten. Das Vorhaben ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung unter Zugrundelegung der Antragsunterlagen demnach in dem maßgeblichen Bereich des Gewerbegebietes als nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb zulässig. Aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem schalltechnischen und lufthygienischen Gutachten ergibt sich, dass es kein erhebliches Störpotenzial aufweist und die Grenzwerte eingehalten sind. Es handelt sich ausschließlich um ein Vorhaben für die Zwischenlagerung nicht gefährliche Abfälle und betrifft zudem relativ geringe Lagermengen von maximal 180 t, sodass es sich im Hinblick auf den Schwellenwert für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht von 100 t um eine eher kleine Anlage handelt. Zudem dürfen die Abfälle ausschließlich in einer geschlossenen Halle verladen und gelagert werden. Während des emissionsträchtigen Betriebszeitraumes von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr wird eine Abluftabsaugung und –reinigung betrieben. Das Gericht erlaubt sich insoweit einen Verweis auf die zutreffende rechtliche Würdigung im Vorentwurf der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (Bl. 440 ff. Verwaltungsakte) Die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit wurde im Übrigen von den Beteiligten abseits von der Veränderungssperre auch nicht in Zweifel gezogen (vgl. Äußerung des Landratsamts in … Zeitung vom 28. April 2016, Bl. 411 Verwaltungsakte).
2. Nach allem war die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, die Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist insofern rechtswidrig, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dabei sind die Grundsätze des sogenannten „steckengebliebenen Verfahrens“, die lediglich zu einem Verbescheidungsurteil führen würden, nicht anwendbar, weil aus den Akten ersichtlich ist, dass alle wesentlichen Aspekte der Genehmigungsfähigkeit nach § 6 Abs. 1 BImSchG im konkreten Fall durch das Landratsamt geprüft worden sind. Das Gericht war insoweit verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen (vgl. zu den Anforderungen BayVGH, U.v. 18.8.2015 – 22 B 14.1263 – juris Rn. 31; vgl. zu allem Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 39 f.). Die Besonderheit dieses Falles besteht darin, dass sich die Behörde im Zusammenwirken mit der Klägerin und den beteiligten öffentlichen Stellen bereits umfassend Gedanken zu den nötigen Nebenbestimmungen gemacht hat, diese bereits in einem Vorentwurf festgeschrieben hat und das Auslaufen der Genehmigung allein durch die von dem Beigeladenen erlassenen Veränderungssperre gestoppt wurde. Das Gericht nimmt nochmals Bezug auf die im Vorentwurf vorgesehenen Nebenbestimmungen, die bei der Erteilung der Genehmigung durch das Landratsamt zweckmäßigerweise als Vorlage für das nötige Auflagenprogramm maßstäblich sein werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, auch ihm Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, § 154 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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