Baurecht

Verpflichtung zur Wiederaufforstung einer gerodeten Waldfläche, Fehlen der Rodungserlaubnis, Verpflichtung zum Walderhalt aufgrund der Ziele des Waldfunktionsplans und den Erhaltungszielen einer Landschaftsschutzgebietsverordnung, Frist zur Wiederaufforstung

Aktenzeichen  Au 8 K 21.121

Datum:
28.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33349
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayWaldG Art. 2 Abs. 1
BayWaldG Art. 15 Abs. 1 BayWaldG analog i.V.m. Art. 41 Abs. 1
BayWaldG Art. 9 Abs. 1 S. 1 i.V.m. S. 2
BayWaldG Art. 6
BNatSchG §§ 13, 14

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässig erhobene Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2020 hat die Wiederaufforstung der gerodeten Fläche auf dem Grundstück des Klägers angeordnet, diese Anordnung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Das Grundstück des Klägers, das im südlichen Teil im Umfang von etwa 2500 qm² mit Fichten bepflanzt war, ist Wald im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayWaldG.
Nach dieser Vorschrift ist Wald „jede mit Waldbäumen bestockte oder nach den Vorschriften dieses Gesetzes wiederaufzuforstende Fläche.“ Dabei hat es sich auf dem Grundstück des Klägers um im Zusammenhang stehende Bäume gehandelt (vgl. Zerle/Hein u.a., Forstrecht in Bayern, Stand Juli 2020, Art. 2 BayWaldG Rn. 5). Auch wenn der Kläger zwischenzeitlich auf seinem Grundstück sämtliche Bäume hat fällen lassen, bestehen an dieser Voraussetzung keine durchgreifenden Zweifel. Im Rahmen der Ortseinsicht durch den Berichterstatter war die Lage des dem Kläger gehörenden Grundstücks zwischen den auf den benachbarten Flächen weiter befindlichen Waldflächen erkennbar, die Bestockung auf dem klägerischen Grundstück war in diesem Zusammenhang als Wald i.S.d. Art. 2 Abs. 1 WaldG einzuordnen. Dass das Grundstück des Klägers nicht in ganzem Umfang sondern nur im südlichen Teil mit Wald bestockt war, ändert an dieser Beurteilung nichts, sie lässt die Waldeigenschaft i.S.d. Art. 2 Abs. 1 BayWaldG unberührt (vgl. Zerle/Hein, a.a.O., Rn. 6 f.).
Auch die vom Kläger vorgetragene ungünstige Bodeneigenschaft und die Lage des Grundstücks an einem nach Süden ausgerichteten Hang, lässt die Eigenschaft als Wald unberührt. Die gesetzliche Definition des Art. 2 Abs. 1 BayWaldG begründet die Waldeigenschaft nicht nur für Flächen, die gute oder optimale Wuchsbedingungen für Bäume aufweisen. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Waldeigenschaft alleine an die Bestockung mit Waldbäumen angeknüpft, was bei den auf dem klägerischen Grundstück gepflanzten Fichten unzweifelhaft zum Vorliegen von Wald im Sinne der gesetzlichen Regelung führt. Dass im Grundbuch für das klägerische Grundstück eine andere Nutzungsart eingetragen ist, ist damit ebenfalls ohne rechtliche Bedeutung.
Für die Anpflanzung des Waldes benötigte der Voreigentümer des Grundstücks entgegen der Auffassung der Klägerseite auch keine behördliche Genehmigung. Die Notwendigkeit einer Erlaubnis für die Erstaufforstung einer Fläche wurde erstmals mit Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG eingeführt, so dass diese erst ab dem Inkrafttreten des BayWaldG zum 1. Januar 1975 (vgl. Art. 52 BayWaldG i.d.F. d. Bek. vom 22.10.1974, GVBl S. 551; vgl. insoweit zur Entstehungsgeschichte auch Zerle/Hein u.a., Forstrecht in Bayern, EinfBayWaldG Ziff. 1 und 7) für die Frage der Waldeigenschaft überhaupt von Bedeutung sein kann. Die vorliegende Bestockung der Fläche durch den Voreigentümer aus den 1960iger Jahren führte somit ohne weiteres dazu, dass Wald i.S.d. Art. 2 Abs. 1 BayWaldG vorliegt.
2. Die Beseitigung des Walds durch das Einschlagen der Bäume und das Entfernen der Wurzelstöcke stellt damit eine Waldzerstörung dar, die ohne die erforderliche Rodungserlaubnis unzulässig ist (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. S. 2 BayWaldG). Eine Rodungserlaubnis war dem Kläger nicht erteilt, der Kläger kann auch keinen Anspruch auf die Erteilung der Rodungserlaubnis geltend machen.
Nach den vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Lageplänen ist für das klägerische Grundstück im Waldfunktionsplan nach Art. 6 BayWaldG eine Nutzung als Wald vorgesehen, es liegt im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung „*“. Nach den Festlegungen in beiden Schutzregimen ist die Erhaltung der Waldfläche als Ziel vorgegeben (Waldfunktionsplan für die Region, Stand November 2013, S. 21; zuletzt abgerufen am 5. Oktober 2021 unter Waldfunktionsplan für die Region * (bayern.de); § 3 der Verordnung des Bezirks * über das Landschaftsschutzgebiet „*“ vom 22.4.1988, * S. 65). Die Rodung der Waldfläche verstößt damit gegen die Erhaltungsziele in beiden Regelungszusammenhängen, sie ist nicht erlaubnisfähig.
Das Vorbringen des Klägers, dass der Wald die Funktion als Klimaschutzwald bzw. die Funktion im Rahmen der Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht erfüllen kann, widerspricht den fachlichen Festlegungen in beiden Schutzregimen, es ist nach den Feststellungen der jeweiligen Fachbehörden in Bezug auf die Wald- und Landschaftsschutzfunktion nicht begründet. Insbesondere hat die Untere Naturschutzbehörde im Rahmen des ursprünglich vom Kläger im Jahr 2017 gestellten Antrags auf Erteilung einer Rodungserlaubnis zur Landschaftsschutzfunktion des Waldes auf dem klägerischen Grundstück im Einzelnen Stellung genommen (Stellungnahmen vom 24. Januar 2018 und vom 21. Februar 2018, Bl. 4 ff. der Behördenakte).
Ob die vom Kläger befürchtete Beeinträchtigung der Luftzirkulation eines benachbarten Milchviehbetriebs durch den Wald auf dem klägerischen Grundstück nach einer erneuten Aufforstung gegeben ist, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Dies ist ggf. eine Frage, die im Rahmen des insoweit anhängigen Genehmigungsverfahrens für Erweiterung des Stallgebäudes zu klären ist, die aber die Zielsetzungen des Waldfunktionsplans und der Landschaftsschutzgebietsverordnung unberührt lässt.
Auch die vom Kläger vorgetragene Lagerung von Schadholz auf einem Lkw-Stellplatz in räumlicher Nähe zum Grundstück des Klägers führt zu keiner von den fachlichen Feststellungen der Waldfunktion auf dem klägerischen Grundstück abweichenden Beurteilung. Es ist nicht erkennbar, dass die Bestockung des Grundstücks des Klägers anders zu beurteilen ist, weil die auf dem Grundstück wachsenden Fichten möglicherweise einem Schädlingsbefall ausgesetzt gewesen sind. Die Waldeigenschaft i.S.d. Art. 2 BayWaldG und die daraus folgende Verpflichtung zur Walderhaltung aus den fachlichen Plänen wird von dieser Frage nicht berührt.
3. Der ohne die erforderliche Rodungserlaubnis beseitigte Wald ist in analoger Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG wiederaufzuforsten, wozu der Kläger durch den angefochtenen Bescheid verpflichtet worden ist, da er seiner Wiederaufforstungspflicht nicht nachgekommen ist (vgl. Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG).
Dabei konnte der Beklagte für die Durchführung der Maßnahme eine von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG abweichende, kürzere Frist setzen. Denn in die in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG enthaltene (Maximal-)Frist zur Wiederaufforstung innerhalb von drei Jahren nach dem Kahlhieb bzw. dem Schadensereignis beruht darauf, dass sich die Verpflichtung zur Wiederaufforstung nach diesen Ereignissen bereits ohne weitere Verfügung der Forstbehörde aus dem Gesetz ergibt und dem Waldbesitzer damit ein betrieblicher Spielraum für die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung eingeräumt werden soll (Zerle/Hein u.a., Forstrecht in Bayern, Art. 15 BayWaldG Rn. 6). Im Gegensatz dazu hat der Kläger vorliegend jedoch durch die ohne die erforderliche Erlaubnis vorgenommene Rodung gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen zum Erhalt des Waldes (vgl. Art. 9 Abs. 1 BayWaldG) verstoßen, so dass im Rahmen der Anordnung von Maßnahmen nach Art. 41 BayWaldG die Forstbehörde in Abwägung mit den klägerischen Interessen auch eine kürzere Frist zur Wiederaufforstung setzen konnte.
Nur ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass mit der Rodung des Waldes durch den Kläger im Jahr 2019 und der nunmehr mit dem möglichen Eintritt der Bestandskraft der angefochtenen Verfügung im Jahr 2021 die Drei-Jahres-Frist des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG faktisch ebenfalls bereits fast eingehalten wird.
4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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