Baurecht

Zur Abgrenzung von Erschließungsbeitrags- und Straßenausbaubeitragsrecht

Aktenzeichen  6 ZB 15.1979

Datum:
27.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 53215
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5 Abs. 1, Art. 5a
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1-3, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5
BauGB § 132 Nr. 4, § 133 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1 Die (erstmalige endgültige) “Herstellung einer Erschließungsanlage” (Art. 5a KAG iVm §§ 128 ff. BauGB) und die “Erneuerung einer Ortsstraße” (Art. 5 Abs. 1 S. 3 KAG) sind zwei rechtlich unterschiedlich zu behandelnde Sachverhalte. (red. LS Andreas Decker)
2 Für die Abgrenzung des Erschließungsbeitrags- vom Straßenausbaubeitragsrecht ist im Falle der Neuerrichtung einer Anbaustraße bei kurz danach abgeschlossener Erneuerung der bereits vorhandenen Straße von folgenden Grundsätzen auszugehen: (a) Wird ein zum Anbau bestimmtes, bereits endgültig hergestelltes Teilstück einer Straße, für das die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bereits entstanden waren, verlängert oder fortgeführt, liegen – unabhängig von dem bei natürlicher Betrachtungsweise gewonnenen tatsächlichen Erscheinungsbild – zwei nach dem Erschließungsbeitragsrecht selbstständige Anlagen vor. (b) Nur solange eine Straße vom Erschließungsbeitragsrecht erfasst wird, ist angesichts des Vorrangs dieses Rechtsgebietes kein Raum für eine Anwendung des Straßenausbaubeitragsrechts. (c) Das ändert sich in dem Moment, in dem die entsprechende Straße infolge einer erstmaligen endgültigen Herstellung aus dem vorrangigen Erschließungsbeitragsrecht entlassen wird („logische Sekunde“ nach dem Entstehen der Erschließungsbeitragspflicht); ab diesem Zeitpunkt ist die Erschließungsanlage einer straßenausbaubeitragsrechtlichen Betrachtung zugänglich. (red. LS Andreas Decker)

Verfahrensgang

2 K 14.1567 2015-07-30 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juli 2015 – Au 2 K 14.1567 – wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 3.772,25 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO – ausdrücklich oder sinngemäß – geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2014 über die Erhebung einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 3.772,25 Euro zur Finanzierung der Erneuerung der Albert-Schweitzer-Straße rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Der von den streitgegenständlichen Erneuerungs- bzw. Verbesserungsmaßnahmen betroffene westliche Teil der Albert-Schweitzer-Straße sei von der Beklagten Anfang der 1960er Jahre erstmalig endgültig hergestellt worden, so dass es außer Frage stehe, dass dieser zum Zeitpunkt der durchgeführten Baumaßnahmen erneuerungsbedürftig gewesen sei und die Baumaßnahmen damit eine beitragsfähige Erneuerung darstellten. Das klägerische Grundstück unterliege der Beitrags- und damit der Vorauszahlungspflicht, auch wenn die den Grund für die Erhebung der Vorauszahlung bildende Erneuerungsmaßnahme nicht den erst unmittelbar zuvor erstmals endgültig hergestellten östlichen Teil der Albert-Schweitzer-Straße erfasse, an dem das klägerische Grundstück anliege. Die Verlängerungsstrecke, hier der östliche Teil der Albert-Schweitzer-Straße, sei lediglich erschließungsbeitragsrechtlich als selbstständige Anbaustraße zu qualifizieren; aus der Sicht des Straßenausbaubeitragsrechts sei die Verlängerungsstrecke aber nach ihrer Fertigstellung zu einer Teilstrecke einer einheitlichen Einrichtung (Albert-Schweitzer-Straße) geworden. Dies habe zur Folge, dass das Abrechnungsgebiet bei einer nur teilweisen Erneuerung dieser Einrichtung – vorbehaltlich einer wirksamen Abschnittsbildung – sämtliche Anliegergrundstücke unabhängig davon erfasse, ob diese unmittelbar an die erneuerten Teile angrenzten oder davon mehr oder weniger weit entfernt lägen. Einen solchen Abschnitt habe die Beklagte jedoch unstreitig nicht gebildet, was wohl rechtlich ohnehin nicht zulässig gewesen sei.
Den überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts hält der Kläger in der Antragsbegründung nichts Stichhaltiges entgegen, das ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils wecken und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfen würde.
a) Wenn der Kläger vorträgt, die Erhebung eines Ausbaubeitrags nach Art. 5 KAG sei hier nicht zulässig, da der westliche (alte) Teil der Albert-Schweitzer-Straße als ein in den 60er Jahren nicht fertiggestellter Torso anzusehen sei, geht er offensichtlich davon aus, dass diese Teilstrecke bis zur Herstellung der östlichen (neuen) Verlängerung nicht als erstmals endgültig hergestellt angesehen werden kann.
Mit diesem Vorbringen wird die rechtliche Bedeutung der erstmaligen endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage i. S. v. § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB verkannt. Ob eine Erschließungsanlage im Rechtssinne endgültig hergestellt ist (und damit eine sachliche Erschließungsbeitragspflicht entstanden ist), richtet sich nach den Planungen der Gemeinde und der Frage, ob die Anlage in ihrer gesamten – geplanten – Ausdehnung den Ausbauzustand erreicht hat, der den satzungsmäßig festgelegten Merkmalen der endgültigen Herstellung entspricht (§ 132 Nr. 4 BauGB; vgl. Driehaus, Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrecht, 9. Aufl. 2012, § 19 Rn. 2).
Dass der Ausbau der Albert-Schweitzer-Straße in den 60er Jahren die entsprechenden satzungsrechtlichen Herstellungsmerkmale (wie Pflasterung, Asphalt-, Teer-, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise mit dem notwendigen technischen Unterbau, Straßenentwässerung und Beleuchtung und Anschluss an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße) nicht erfüllt hätte, macht der Kläger vorliegend nicht geltend. Vielmehr ist er wohl der Meinung, dass damals lediglich ein „Straßenabschnitt“ hergestellt worden sei, und unterstellt, dass die Beklagte damals ganz bewusst zunächst (ohne Beschluss über eine Abschnittsbildung) nur einen Torso ohne Wendehammer gebaut habe.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist hier aber eine solche Abschnittsbildung nicht – also auch nicht pflichtwidrig – erfolgt. Dies hätte vorausgesetzt, dass die Beklagte vor der Herstellung des westlichen Teils der Albert-Schweitzer-Straße eine Verlängerung über den Abschnitt hinaus geplant hätte, d. h. dass sie mit anderen Worten damals die Herstellung der Albert-Schweitzer-Straße nicht in einem Zuge, sondern in Etappen hätte verwirklichen wollen. Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte. Auch der Kläger trägt nicht vor, dass es Anfang der 60er Jahre insoweit ein konkretes Bauprogramm für die Fortführung der Herstellung der Albert-Schweitzer-Straße innerhalb eines konkreten zeitlichen Horizonts gegeben hätte. Im Gegenteil widerspricht diese Auffassung den bisherigen Einlassungen des Klägers, wonach „der westliche Teil der Albert-Schweitzer-Straße ein seit über 50 Jahren geschlossener Wohnbereich war, wobei nach dem Erschließungsbeitragsrecht deren Erschließung definitiv abgeschlossen war“. Auch hatte der Kläger bisher vorgetragen, „der östliche Teil der Albert-Schweitzer-Straße sei bis vor wenigen Jahren intensiv landwirtschaftlich genutzt worden, eine Einbeziehung sei über Jahrzehnte nicht vorgesehen gewesen“ (Schreiben vom 22.7.2013 an die Beklagte). Aus welchem Grund der westliche Teil der Albert-Schweitzer-Straße als „nicht fertig gestellter Torso“ gewertet werden sollte, erschließt sich aus dem Vortrag des Klägers zur Antragsbegründung demgegenüber nicht.
Der westliche Teil der Albert-Schweitzer-Straße mit einer Länge von ca. 230 m reichte von der Abzweigung der Leibnizstraße bis zur Ostgrenze der Grundstücke FlNr. 913/15 bzw. 913/52 und endete damit an der Grenze zum Außenbereich. Dieser Umstand spricht gegen die Annahme, die Beklagte habe damals die Absicht gehabt, die Straße in absehbarer Zeit weiter fortführen zu wollen. Auch die erhebliche Zeitspanne von beinahe 50 Jahren bis zum Erlass der Einbeziehungssatzung des Außenbereichs in den Innenbereich spricht gegen eine bereits damals bestehende Verlängerungsabsicht.
Nach alledem ist bezüglich des westlichen Teilstücks der Albert-Schweitzer-Straße mit dem Verwaltungsgericht von einer erstmaligen endgültigen Herstellung in den 60er Jahren auszugehen.
b) Nicht überzeugen kann damit auch der weitere Einwand des Klägers, die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Abschnittsbildung im Straßenausbaubeitragsrecht einerseits und im Erschließungsbeitragsrecht andererseits seien widersprüchlich. Dem Verwaltungsgericht ist vielmehr darin beizupflichten, dass die Beklagte in den 1960er Jahren mit der endgültigen erstmaligen Herstellung des westlichen Teils der Albert-Schweitzer-Straße gerade keinen Abschnitt gebildet hatte (s.o.). Der Kläger verkennt insoweit, dass die (erstmalige endgültige) „Herstellung einer Erschließungsanlage“ (Art. 5a KAG i. V. m. §§ 128 ff. BauGB) und die „Erneuerung einer Ortsstraße“ (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG) zwei rechtlich unterschiedlich zu behandelnde Sachverhalte sind.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerseite lag im vorliegenden Fall in Bezug auf die (erstmalige endgültige) Herstellung des östlichen (Verlängerungs-)Teils einerseits und die Erneuerung des westlichen Teils andererseits keine einheitliche und daher auch keine einheitlich abzurechnende Baumaßnahme vor. Wird – wie hier – ein zum Anbau bestimmtes, bereits endgültig hergestelltes Teilstück einer Straße, für das die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bereits entstanden waren, verlängert oder fortgeführt, liegen – unabhängig von dem bei natürlicher Betrachtungsweise gewonnenen tatsächlichen Erscheinungsbild – zwei nach dem Erschließungsbeitragsrecht selbstständige Anlagen vor (BVerwG, U. v. 5.10.1984 – 8 C 41.83 – juris LS 3; BayVGH, B. v. 27.6.2001 – 6 ZB 98.1724 – juris Rn. 7; B. v. 22.3.2010 – 6 CS 10.161 – juris). Nur solange eine Straße vom Erschließungsbeitragsrecht erfasst wird, ist angesichts des Vorrangs dieses Rechtsgebietes kein Raum für eine Anwendung des Straßenausbaubeitragsrechts (Driehaus, a. a. O. § 12 Rn. 16). Das ändert sich in dem Moment, in dem die entsprechende Straße infolge einer erstmaligen endgültigen Herstellung aus dem vorrangigen Erschließungsbeitragsrecht entlassen wird („logische Sekunde“ nach dem Entstehen der Erschließungsbeitragspflicht); ab diesem Zeitpunkt ist die Erschließungsanlage einer straßenausbaubeitragsrechtlichen Betrachtung zugänglich.
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde die Verlängerungsstrecke (östlicher Teil) – wenn auch zeitlich nur knapp – noch vor Beendigung aller erforderlichen Arbeiten am westlichen Teil erstmals endgültig fertiggestellt. Dies hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen. Damit war sie aus dem vorrangigen Erschließungsbeitragsrecht entlassen und ist aus Sicht des Straßenausbaubeitragsrechts zu einer Teilstrecke der Albert-Schweitzer-Straße als einer (bei natürliche Betrachtungsweise) einheitlichen Einrichtung geworden mit der Folge, dass die Albert-Schweitzer-Straße nunmehr mit dem westlichen und dem östlichen Teil eine einzige Ortsstraße bildet.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist es vorliegend ausgeschlossen, die „erneuerte“ Teilstrecke als Abschnitt der (Gesamt-)Einrichtung „Albert-Schweitzer-Straße“ rechtlich zu verselbstständigen und gesondert abzurechnen. Gegenstand einer beitragsfähigen Erneuerung i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG ist grundsätzlich die einzelne Ortsstraße als öffentliche Einrichtung. Wie weit diese reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter im Hinblick auf Straßenführung, Straßenbreite und -länge sowie Ausstattung mit Teileinrichtungen vermitteln (st. Rspr.. vgl. BayVGH, U. v. 28.1.2010 – 6 BV 08.3043 – juris Rn. 12 m. w. N.). Bezieht sich eine beitragsfähige Erneuerung auf die jeweilige Einrichtung insgesamt, ist der umlagefähige Aufwand gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG auf sämtliche Grundstücke zu verteilen, die eine beitragsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit „dieser Einrichtung“ haben. Im Falle einer nur teilweisen Erneuerung der Einrichtung – wie hier Erneuerung nur des westlichen Teils der Albert-Schweitzer-Straße – erfasst das Abrechnungsgebiet mithin sämtliche Anliegergrundstücke unabhängig davon, ob diese unmittelbar an die erneuerten Teile angrenzen oder davon mehr oder weniger weit entfernt liegen (vgl. BayVGH, B. v. 29.5.2001 – 6 ZB 98.1375 – juris Rn. 5; U. v. 5.12.2007 – 6 BV 04.496 – juris Rn. 23), wenn eine Erneuerung im Rechtssinne vorliegt, d. h. wenn die von den Bauarbeiten erfasste Teilstrecke „innerhalb der öffentlichen Einrichtung einen nicht nur untergeordneten Teilbereich erfasst“ (vgl. BayVGH, U. v. 28.1.2010, a. a. O., juris Rn. 13 m. w. N.). Das ist hier ganz offensichtlich der Fall.
Eine wirksame Abschnittsbildung, wie sie durch Art. 5 Abs. 1 Satz 5 KAG i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 ABS ermöglicht wird, ist nicht erfolgt. Im Übrigen ist dem Verwaltungsgericht auch darin zuzustimmen, dass die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt wären. Ein Abschnitt darf grundsätzlich nur dann gebildet werden, wenn der Ausbau nach den planerischen Vorstellungen der Gemeinde, die im Bauprogramm ihren Niederschlag gefunden haben, fortgeführt werden soll, die tatsächliche Ausführung sich aber zunächst auf eine bestimmte Strecke der geplanten Ausdehnung beschränkt, wenn mit anderen Worten die Erneuerung der Einrichtung nicht in einem Zuge, sondern in Etappen (Teilstrecken) verwirklicht wird (vgl. BayVGH, B. v. 4.1.2005 – 6 CS 03.3248 – juris Rn. 10; U. v. 28.1.2010 a. a. O. Rn. 16). Das war vorliegend gerade nicht der Fall, da der östliche Teil der Albert-Schweitzer-Straße erst kurz zuvor erstmalig endgültig hergestellt worden und deshalb noch nicht erneuerungsbedürftig war. Eine Abschnittsbildung im Rahmen der Abrechnung der Ausbaukosten wie der Kläger sie sich wünscht, hätte vielmehr einen Verstoß gegen das Willkürverbot bedeutet, da eine solche nicht dazu dienen darf, bei der Abrechnung eines nach dem Bauprogramm auf eine Teilstrecke beschränkten Ausbaus nur die an diesem Teil der Einrichtung gelegenen Anlieger zu belasten, die übrigen aber zu verschonen. Da die von den Erneuerungsmaßnahmen betroffene Teilstrecke der Albert-Schweitzer-Straße weitaus mehr als ein Viertel der gesamten Straßenlänge umfasste (vgl. dazu BayVGH, U. v. 28.1.2010 a. a. O. Rn. 14), liegt auch eine beitragsfähige Erneuerung der Straße i. S. d. Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KAG vor und keine beitragsfreie Instandsetzung.
d) Der Vortrag, das Vorgehen der Beklagten verstoße gegen den Umfang der vertraglich gegenüber dem Voreigentümers S. zugesagten Abgeltung, begründet ebenfalls keinen Zulassungsgrund. Bei der zeitlich vor Beendigung der Erneuerungsmaßnahmen auf dem westlichen Teil fertiggestellten Verlängerung (östlicher Teil) der schon seit ca. 50 Jahren bestehenden Ortsstraße „Albert-Schweitzer-Straße“ handelte es sich – wie oben dargelegt – erschließungsbeitragsrechtlich um eine selbstständige Anbaustraße, so dass ihre erstmalige Herstellung grundsätzlich nach den Regeln des Erschließungsbeitragsrechts abzurechnen war. Vorliegend hat die Erbengemeinschaft die Finanzierung der Kosten für diese erstmalige Herstellung mit Abschluss des städtebaulichen Vertrages übernommen.
Aus der Sicht des Straßenausbaubeitragsrechts ist die Verlängerungsstrecke (östlicher Teil) mit ihrer Fertigstellung bei der erforderlichen natürlichen Betrachtungsweise zu einer Teilstrecke der einheitlichen Einrichtung „Albert-Schweitzer-Straße“ geworden. Einwände hiergegen hat auch der Kläger nicht erhoben. Das hat zur Folge, dass die Beklagte das klägerische Grundstück zu Recht in das Abrechnungsgebiet für den Straßenausbau miteinbezogen hat. Die einheitliche Ortsstraße „Albert-Schweitzer-Straße“ zerfällt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht deshalb in straßenausbaubeitragsrechtlicher Sicht in zwei „Ausbau-Anlagen“, weil der östliche Teil zeitlich nur knapp vor Beendigung der Ausbaumaßnahmen auf dem westlichen Teil erstmals endgültig hergestellt worden ist. Denn aus der Sicht des Straßenausbaubeitragsrechts sind nach der hier anzustellenden natürlichen Betrachtungsweise die westliche und die östliche Teilstrecke nach deren erstmaliger Herstellung zu einer einheitlichen Einrichtung geworden (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.2015 – 6 ZB 14.2843 – juris Rn. 9; B. v. 21.7.2016 – 6 ZB 16.97 – juris Rn. 8).
Auch der Einwand des Klägers, „eine einheitliche, gleichzeitig errichtete Baumaßnahme einer einheitlichen Straße“ könne doch keine Beiträge aus zweierlei Satzungen auslösen, beruht auf einer unzutreffenden rechtlichen Einordnung der unterschiedlichen Maßnahmen (s.o.). Wie oben dargelegt, kann eine erschließungsbeitragrechtlich als selbstständige Anbaustraße zu qualifizierende Anlage durchaus aus der Sicht des Straßenausbaubeitragsrechts als Teilstrecke einer einheitlichen Einrichtung anzusehen sein, wenn dies – wie hier ohne vernünftige Zweifel – die anzustellende natürliche Betrachtungsweise ergibt (BayVGH, B. v. 2.9.2011 – 6 CS 11.445 – juris Rn. 11; Driehaus, a. a. O., § 31 Rn. 12).
Die beitragsrechtlichen Folgen sind auch mit Blick auf den zeitlichen Zusammenhang der beiden Straßenbaumaßnahmen (Herstellung einer Erschließungsanlage und Erneuerung einer Ortsstraße) keineswegs unbillig. Die Baumaßnahme an der (alten) westlichen Teilstrecke vermittelt auch den am (neuen) östlichen Teil gelegenen Grundstücken, wie dem des Klägers, einen uneingeschränkten Sondervorteil, nämlich die Inanspruchnahmemöglichkeit einer erneuerten Ortsstraße. Dass der Kläger die westliche (alte) Teilstrecke in den vergangenen Jahren nicht genutzt und daher auch nicht zu ihrem schlechten Zustand beigetragen hat, kann dagegen keine Rolle spielen – schließlich haben sich der Kläger und seine Rechtsvorgänger auch nicht an den in den 1960er Jahren angefallenen Erschließungskosten beteiligen müssen.
2. Die Rechtssache weist aus den unter 1. genannten Gründen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3. Der Rechtssache kommt im Hinblick auf die Ausführungen unter 1. auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zu. Im Übrigen verlangt das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, zweitens ausführt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, drittens erläutert, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und viertens darlegt, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Eine solche Rechts- oder Tatsachenfrage hat der Kläger nicht aufgeworfen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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