Europarecht

Abschalteinrichtung, Darlegungs- und Beweislast, Verrichtungsgehilfen, Klagepartei, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Sittenwidrigkeit, Merkantiler Minderwert, Obergerichtliche Rechtsprechung, Zug-um-Zug-Verurteilung, Abgasskandal, Gewährleistungsansprüche, Kostenentscheidung, Nutzungsentschädigung, Einrede der Verjährung, Schädigungsvorsatz, Subjektive Tatseite, Schriftliches Verfahren, EG-FGV, Erbauseinandersetzung, Streitwert

Aktenzeichen  33 O 1778/19

Datum:
19.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51542
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Memmingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 28.534,27 € festgesetzt.

Gründe

A.
Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet, so dass sie vollumfänglich abzuweisen war.
I.
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Memmingen ist das örtlich gem. § 32 ZPO und sachlich gem. § 1 ZPO i.V.m. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG zuständige Gericht.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klagepartei hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV oder § 826 i.V.m. § 31 BGB.
Die Ansprüche scheitern bereits im Ausgangspunkt daran, dass die Klägerseite nicht einmal schlüssig dargelegt hat, dass die Beklagte vorliegend eine „unzulässige Abschalteinrichtung“ verbaut hat. Die Verwendung dieser Bezeichnung und die rechtliche Ausschmückung derselben mit Überlegungen zum europäischen Recht ersetzen keinen konkreten Tatsachenvortrag, welcher dem Gericht eine Subsumption der technischen Parameter unter die rechtlichen Bestimmungen erlauben würde. Der Umstand, dass die Beklagte ggf. in anderen Modellen und Motoren eine ggf. unzulässige Abschalteinrichtung verbaut hat, begründet keine Vermutung oder gar Beweislastumkehr dahingehend, dass dies auch im vorliegenden Fall zutrifft (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 18.10.2019, Az.: 21 U 3241/19).
Ein amtlicher Rückruf hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges liegt jedenfalls nicht vor.
Soweit die Klägerseite das Vorliegen einer nach ihrer Auffassung unzulässigen Abschalteinrichtung mit der Installation eines „Thermofensters“ begründet, so verkennt sie dabei, dass die temperaturabhängige Reduzierung der Menge der zurückgeführten Abgase zur Vermeidung von Motorschäden durchaus als eine zulässige Abschaltvorrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 lit. A) der VO (EG) Nr. 715/2007 gewertet werden kann (vgl. LG Hanau, Urteil vom 31.01.2019, Az.: 4 O 748/19; OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2019, Az.: 10 U 134/19). Dass vorliegend aber eine andere Konfiguration zum Motorschutz ohne die hier gegenständliche Funktion möglich war und durch die Beklagte hätte ausgeführt werden können, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ein konkreter Vortrag der Klägerseite zum Nichteingreifen der verordnungsrechtlich vorgesehenen und zulässigen Ausnahme fehlt gänzlich.
Insgesamt war daher nach dem getätigten Vortrag der Klägerseite bereits nicht von einer pauschal behaupteten „unzulässigen Abschalteinrichtung“ auszugehen. Soweit die Klägerseite hier die Entscheidung des BGH vom 28.01.2020, Az.: VIII ZR 57/19 zitiert, ist zu beachten, dass es sich in dem Fall um einen Gewährleistungsfall handelte. Diesbezüglich reichen nach der bereits seit jeher vertretenen „Symptomtheorie“ Indizien und Mangelerscheinungen um einen Sachmangel zunächst einmal schlüssig zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Mängelrechte sind vorliegend jedoch verjährt. Ein deliktischer Anspruch indes weist völlig andere Anspruchsmerkmale auf und an die substantiierte Darlegung einer deliktischen Handlung sind ungleich höhere Maßstäbe anzusetzen, da im Ergebnis gar eine Straftat behauptet wird.
Selbst aber eine solche Vorrichtung unterstellt, scheitert der klägerische Anspruch an den weiteren Anspruchsvoraussetzungen, bzw. an unzureichendem Sachvortrag. Ein gerichtlicher Hinweis zum Sachvortrag war nicht veranlasst, da die Beklagte bereits ausführlich auf die Mängel des klägerischen Vortrages hingewiesen hat und insoweit im Rahmen der sorgfältigen Prozessführung ein Auseinandersetzen hiermit erwartet werden darf (Musielak/Voit/Stadler, 16. Aufl. 2019, ZPO § 139 Rn. 6).
Im Einzelnen:
1. Mängelrechte nach § 437 BGB sind vorliegend verjährt. Der Fahrzeugerwerb war im Jahr 2013. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
2. Die Klagepartei hat aufgrund des erfolgten Vortrags keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB.
a) Es fehlt vorliegend bereits an einer Täuschungshandlung i.S.v. § 263 StGB b.z.w. jedenfalls an ausreichend substantiiertem Vortrag hierzu.
Es fehlt von Klageparteiseite an jeglichem Vortrag, wer konkret auf Seiten der Beklagten wie über welche Tatsachen getäuscht haben soll und wie dies zu einem Vermögensschaden geführt haben könnte. Das Gericht sieht sehr wohl, dass es der Klagepartei (derzeit) nicht möglich ist, mehr Details über konzerninterne Vorgänge vorzutragen. Soll die erhobene Schadensersatzforderung erfolgreich sein, ist aber genau das erforderlich. Spekulationen oder Mutmaßungen können dagegen die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Zivilprozessordnung nicht außer Kraft setzen. Solange es aber – zum Beispiel durch strafgerichtliche Verurteilungen – nicht feststeht, wer ganz konkret für welche Täuschungen verantwortlich ist, ist es für Kläger immer schwierig, konkrete (insbesondere konzerninterne) Tatsachen vorzutragen. Im vorliegenden Fall gilt insofern nichts anderes als in anderen vergleichbaren Fällen (zum Beispiel bei Anlegerverfahren im Bereich des sog. „Grauen Kapitalmarktes“, vgl. OLG München, Beschluss vom 25.07.2017 – 13 U 566/17).
Eine Beweiserhebung war damit auf der von der Klagepartei vorgetragenen Grundlage nicht veranlasst.
Angesichts des fehlenden Vortrages zu beteiligten Personen und deren jeweiliger Verwirklichung einzelner Tatbestandsmerkmale ist die Beklagte auch nicht im Rahmen einer sekundären Darlegungs- und Beweislast zu weiterem Vortrag verpflichtet. Es kann damit dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast trifft. Hieran bestehen allerdings Zweifel, weil der Umstand, dass Tatsachen außerhalb des Wahrnehmungsbereichs des darlegungs- und beweisbelasteten Partei liegen, eine Partei nicht berechtigt, ohne greifbare Anhaltspunkte und damit willkürlich Behauptungen ins Blaue hinein aufzustellen und diese unter Beweis zu stellen (vgl. Pfeiffer, ZIP 2017, 2077, 2078). Selbst wenn man aber eine Darlegungs- und Beweislast der Beklagten annehmen wollte, so könnte von der Beklagten nicht mehr Vortrag verlangt werden, als bisher erfolgt.
b) Darüber hinaus ist auch eine Schädigung des Vermögens des Klägers durch Täuschungshandlungen der Beklagten nicht schlüssig und hinreichend dargelegt.
aa) Der Kläger hat das streitgegenständliche Fahrzeug bisher uneingeschränkt nutzen können. Dem Kläger ist bislang kein Schaden in Form von erhöhten Steuern oder Nachrüstungskosten u.s.w., entstanden. Eine zwingendes Update oder ähnliches ist vorliegend im Gegensatz zu den „VW-Fällen“ gerade nicht durchzuführen oder überhaupt zu erwarten. Ein Schaden durch die technische Ausgestaltung des behaupteten „Thermofensters“ aber ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, vielmehr dient die entsprechende Konfiguration sogar unstreitig dem Schutz von Bauteilen.
bb) Es ist auch mehr als fraglich, ob auf Grund der nunmehrigen Diskussion um generelle Diesel-Fahrverbote durch einen Sachverständigen überhaupt ein eigenständiger merkantiler Minderwert bezogen auf die durch den sog. „Abgasskandal“ betroffenen Diesel-Fahrzeuge – eine Betroffenheit des hiesigen Fahrzeuges einmal unterstellt – bestimmt werden kann. Selbst wenn die drohenden Diesel-Fahrverbote in Deutschlands Großstädten hätten vermieden werden können, wenn sämtliche Dieselmotorenhersteller im normalen Fahrbetrieb einen erheblich geringeren Stickoxidausstoß der Motoren erreicht hätten, so wäre damit noch nichts darüber gesagt, ob gerade der Einsatz der streitgegenständlichen Software in Motoren der Beklagten als kausal für die Fahrverbote angesehen werden kann.
cc) Ferner besteht für das klägerische Fahrzeug keine Gefahr des Entzuges der Zulassung. Das Fahrzeug der Klagepartei unterfällt der für den Typ bestehenden Typengenehmigung. Diese ist weder kraft Gesetzes erloschen, noch ist ein Widerruf zu befürchten (vgl. hierzu LG Braunschweig, Urteil vom 16.10.2017 – 11 O 4092/16). Das KBA als zuständige Behörde hat das ihm zustehende Ermessen, wonach der eine Typengenehmigung ganz oder teilweise widerrufen werden kann, wenn es an der Übereinstimmung eines Fahrzeugs mit dem genehmigten Typ fehlt, gerade nicht dahingehend ausgeübt, eine Entziehung der Typengenehmigung in die Wege zu leiten. Es gibt – anders als in den „VW-Fällen“ vorliegend keine behördlich veranlasste Rückrufaktion und ein entsprechend behördlich genehmigtes Update. Das Fahrzeug ist nach wie vor ohne rechtliche oder tatsächliche Einschränkung nutzbar.
c) Es bestehen daneben erhebliche Bedenken im Hinblick auf das Vorliegen eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten – eine Betroffenheit des Fahrzeuges einmal unterstellt -.
aa) Die Klagepartei trägt auch für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands die Darlegungs- und Beweislast. Sie hat also darzulegen, wer aus dem Daimler-Konzern für die Entwicklung und den Einsatz der fraglichen Software verantwortlich war und wer hiervon vor Vertragsschluss der Klagepartei Kenntnis hatte. Nur in einem solchen Fall können aber auch die Voraussetzungen für eine etwaige Haftung der Beklagten gemäß § 31 BGB vertreten durch den Vorstand bzw. dessen Repräsentanten festgestellt werden. Der Vortrag der Klagepartei hierzu enthält (wie oben bei der Täuschungshandlung ausgeführt) Vermutungen ins Blaue hinein, die sich auf andere Vermutungen aus der Presse stützten und damit nicht geeignet sind, eine Beweisaufnahme anzustoßen.
Insofern führt das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 30. Juli 2019 zum Az. 10 U 134/19 überzeugend aus, dass dieser bei der Verwendung eines Thermofensters erfordere, dass Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass der Einbau der Einrichtung mit der in Rede stehenden Funktionsweise in den streitgegenständlichen Motor in dem Bewusstsein geschehen sei, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen worden sei. Bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiteten wie auf dem Prüfstand und bei denen Gesichtspunkte des Motorrespektive des Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden könnten, könne es bei Fehlen von konkreten Anhaltspunkten nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Verantwortlichen in dem Bewusstsein gehandelt hätten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Denn der Einschätzung im Hinblick auf das Thermofenster könne auch eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung zugrunde liegen, dass es sich um eine zulässige Abschalteinrichtung handele (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 81 ff.). Dieser Sichtweise schließt sich auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 23.08.2019 zum Az. 3 U 13/19 an. Auch das Oberlandesgericht Köln vertritt in einem Beschluss vom 04.07.2019 zum Az. 3 U 148/18 die Auffassung, dass in einem solchen Fall der erforderliche Schädigungsvorsatz nicht festzustellen sei.
Dies überzeugt, denn anders als in den VW-Fällen verhält es sich hier so, dass nicht grundsätzlich auf dem Prüfstand und auf der Straße unterschiedliche Abgasrückführungsmodi aktiviert wurden, sondern die Abgasrückführung temperaturabhängig stärker oder weniger stark aktiviert wird. Bei einer Abschalteinrichtung, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motors bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2019, Az. 10 U 134/19). Denn anders als die „Schummelsoftware“ des Motors EA 189 unterscheidet das Thermofenster nicht zwischen Prüfstand und realem Betrieb, sondern richtet sich nach der Umgebungstemperatur und ist damit nicht offensichtlich auf eine „Überlistung“ der Prüfungssituation ausgelegt (vgl. auch OLG Schleswig, Urteil vom 18.09.2019 – 12 U 123/18).
bb) Im Rahmen des subjektiven Tatbestands gem. § 263 StGB fehlt es außerdem an der erforderlichen Stoffgleichheit des Schadens. Es ist nicht substantiiert vorgetragen, dass gerade eine von Beklagtenseite erfolgte Täuschung (durch Unterlassen) zu einer Schädigung der Klagepartei geführt hätte, die auf der anderen Seite zu einem ebensolchen Vermögensvorteil der Beklagten geführt hätte.
d) Weiter fehlt es an jeglichem Vortrag zur Irrtumserregung bei dem – einzig relevanten – Erblasser. Die Erwartungen des hiesigen Klägers sind völlig irrelevant, da er als Rechtsnachfolger auftritt. Es wäre daher bezogen auf die konkrete Erwartungs- und Vorstellungslage des Erblassers abzustellen und vorzutragen gewesen.
3. Der Klagepartei steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV aufgrund des von der Klagepartei behaupteten Umstandes zu, dass die Beklagte ein Fahrzeug in den Verkehr gebracht habe, welches nicht mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung ausgestattet gewesen sei. § 27 Abs. 1 EG-FGV stellt kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar, das den von dem Klagepartei geltend gemachten Schaden betrifft (vgl. LG Hagen, Urteil v. 16.06.2017 – 8 O 218/16 LG Landgericht Braunschweig, Urteil v. 31.08.2017 – 3 O 21/17).
§§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV schützen nicht die Vermögensinteressen von Fahrzeugkäufern, sondern die Verkehrssicherheit und die Gesundheit der Verbraucher, wie auch die Umwelt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine Norm als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzusehen, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder mitgewollt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 09.04.2015 – VII ZR 36/14). Die Richtlinie 2007/46/EG bezweckt jedoch die Vollendung des Binnenmarkts und dessen ordnungsgemäßes Funktionieren, wie sich eindeutig aus den Erwägungsgründen 2,4 und 23 der Richtlinie ergibt. Darüber hinaus sollten die technischen Anforderungen harmonisiert und spezifiziert werden. Ziel ist ein hohes Sicherheits- und Umweltschutzniveau sowie der Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Verbraucher. Nicht geschützt sind dagegen die Vermögensinteressen des Klägers.
Darüber hinaus setzt die Haftungsvorschrift Vorsatz zumindest im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung voraus, ohne die das Schutzgesetz nicht verletzt ist (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Absatz 1 EG-FGV) bzw. noch weitergehend Vorsatz bezüglich des kausalen Eintritts eines Schadens (§ 826 BGB, § 823 Absatz 2 BGB i.V.m. § 263 StGB), der hier nicht festgestellt werden kann (vgl. auch OLG Schleswig Urt. v. 18.9.2019 – 12 U 123/18).
4. Auch auf einen Anspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB kann die Klagepartei ihre Klageanträge nicht stützen.
Selbst wenn man hier einen Schaden der Klagepartei durch Kauf des streitbefangenen Pkws unterstellen würde, woran aber bereits erhebliche Zweifel bestehen (s.o.), so hat die Klagepartei nicht hinreichend dargelegt, dass eine etwaige Schädigung ihrer Person sittenwidrig wäre und ein entsprechender Vorsatz der Beklagten vorliege. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter Ziff. 2 verwiesen.
5. Zuletzt besteht auch kein Anspruch gemäß § 831 Abs. 1 BGB. Obwohl § 831 BGB an eine Sorgfaltspflichtverletzung des Geschäftsherrn selbst anknüpft und insofern die Beweislast umkehrt, bedarf es zusätzlich eines Delikts, um die Haftung auszulösen (vgl. Wagner in: MüKo BGB, 7. Auflage 2017, § 831 Rn. 29).
Hierfür fehlt es jedoch an einem deliktischen Handeln der jeweiligen Verrichtungsgehilfen. Die Klagepartei hat nicht substantiiert dargetan, dass auf Seiten der Verrichtungsgehilfen die objektive und subjektive Tatseite konkret vorliegt. Insofern fehlen jegliche Ausführungen der Klagepartei dazu, inwiefern welche Verrichtungsgehilfen die objektive oder subjektive Tatseite der in Betracht kommenden deliktischen Normen verwirklicht haben. Die Ausführungen der Klagepartei sind damit nicht geeignet, ein deliktisches Handeln der jeweiligen Verrichtungsgehilfen nachzuvollziehen.
Zur Frage des Vorsatzes gilt das bereits unter Ziff. 2 Ausgeführte.
III.
Die geltend gemachten Nebenforderungen teilen das Schicksal der nicht bestehenden Hauptforderung.
B.
I. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
II. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
C.
Der Streitwert wurde nach §§ 63, 39 ff. GKG, 3 ff. ZPO festgesetzt. Dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten kommt neben dem auf eine Zug-um-Zug-Verurteilung gerichteten Antrag zu Ziffer I. keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu (BGH, Beschluss vom 09.05.2017 – XI ZR 484/15).


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