Europarecht

Abschalteinrichtung – Erfordernis des Nachweises der Kausalität der Täuschungshandlung für den Willensentschluss des Fahrzeugkäufers

Aktenzeichen  18 U 65/20

Datum:
15.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26066
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 826

 

Leitsatz

1. In dem Inverkehrbringen eines mit einer nicht offen gelegten Abschalteinrichtung versehenen Motors ist grundsätzlich eine Schädigungshandlung im Sinne des § 826 BGB zu sehen. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Schädigungsvorsatz des Fahrzeugherstelles ist auch nicht durch die Veröffentlichung der Adhoc-Mitteilung vom 22.09.2015 und die anschließende Medienberichterstattung beseitigt worden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
3. Allerdings kann auf den Nachweis der konkreten Kausalität der Täuschung für den Willensentschluss des Getäuschten nicht verzichtet werden. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

18 U 65/20 2020-04-27 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 09.12.2019, Aktenzeichen 5 O 3956/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Traunstein ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.970,56 € festgesetzt.

Gründe

I.
(abgekürzt gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3, § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 09.12.2019, Aktenzeichen 5 O 3956/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 27.04.2020 Bezug genommen. Die Ausführungen in der Gegenerklärung des Klägers vom 10.05.2020 geben zu einer Änderung keinen Anlass.
1. Auch der Senat ist der Ansicht, dass in dem Inverkehrbringen eines mit einer nicht offen gelegten Abschalteinrichtung versehenen Motors grundsätzlich eine Schädigungshandlung im Sinne des § 826 BGB zu sehen ist und der Schädigungsvorsatz der Beklagten durch die Veröffentlichung der Adhoc-Mitteilung vom 22.09.2015 und die anschließende Medienberichterstattung nicht beseitigt worden ist. Darauf kommt es im vorliegenden Fall aber nicht an, weil die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis der Kausalität der sittenwidrigen Täuschungshandlung für den Erwerb des streitgegenständlichen Pkw nicht führen kann.
2. Wie im Hinweisbeschluss dargelegt, kann auf den Nachweis der konkreten Kausalität der Täuschung für den Willensentschluss des Getäuschten nicht verzichtet werden. Schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers ist die Täuschungshandlung der Beklagten für den Erwerb des streitgegenständlichen Pkw durch den Kläger nicht kausal geworden. Mit dieser Argumentation des Senats setzt sich der Kläger in seinem Schriftsatz vom 10.05.2020 nicht erkennbar auseinander.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Zurückweisung der Berufung nicht nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO ausgeschlossen.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1944; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 543 Rn. 11 m.w.N.). Klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 08.12.2010 – 1 BvR 381/10, Rn. 12, NJW 2011, 1277). Bezugspunkte sind einerseits die in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO als selbständiger Zulassungsgrund definierten Kriterien der Fortbildung des Rechts und der Wahrung der Rechtseinheit, andererseits die Praxis der Instanzgerichte oder nachhaltige Bedenken im Schrifttum gegen höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. Zöller/Heßler a.a.O.).
Der Senat hat vorliegend nur eine Entscheidung anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls und auf Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast für den Kausalzusammenhang getroffen. Die Zugrundelegung unterschiedlicher Rechtsgrundsätze im Vergleich zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ist nicht erkennbar.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt.


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