Europarecht

Anspruch auf Förderung nach der Bayerischen Corona-Pflegebonus Richtlinie, keine Förderung mit bayerischem Corona-Pflegebonus bei Tätigkeit in einer teilstationären Einrichtung für behinderte Menschen

Aktenzeichen  B 8 K 20.891

Datum:
29.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 35508
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
CoBoR

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. Der Beklagte hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO einverstanden erklärt.
1. Die Klage ist zulässig.
Das Gericht ist nach § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG örtlich zuständig. Der unanfechtbare Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11.09.2020 ist entsprechend § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindend (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 83 Rn. 12, 18).
2. Die Klage hat inhaltlich allerdings keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 12.08.2020 ist rechtmäßig und damit nicht aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung eines Pflegebonus nach der Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in Bayern (Corona-Pflegebonusrichtlinie – CoBoR) zu, § 113 Abs. 5 VwGO. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Wesentlichen zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen im genannten Bescheid des Beklagten und dem bisher geführten Schriftverkehr Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO. Ergänzend ist auszuführen:
2.1 Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 23). Allein daran setzt der Maßstab der gerichtlichen Überprüfung an.
Nach Nr. 2 der CoBoR sind Begünstigte der Richtlinie Personen, die in bestimmten Einrichtungen eine geförderte pflegerische Tätigkeit ausüben.
(1) Gefördert wird nach Nr. 2 Satz 1 CoBoR die Tätigkeit in folgenden Einrichtungen:
– Krankenhäuser
– Rehabilitationskliniken
– Stationäre Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen
– Ambulante Pflegedienste
(2) Begünstigte Tätigkeiten sind nach Ziff. 2 Satz 1 und 2 insbesondere
– Pflegende
– tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist
– Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst
– Auszubildende in den in den Anlagen benannten staatlich anerkannten Berufsgruppen
(3) Das Beschäftigungsverhältnis muss am 7 April 2020 bestanden haben und nach seiner vertraglichen Bestimmung überwiegend im Freistaat Bayern ausgeübt werden.
Dabei müssen alle Voraussetzungen für die Förderfähigkeit erfüllt sein.
Es verbietet sich nach dem oben beschriebenen Maßstab der gerichtlichen Überprüfung insbesondere eine weite „Auslegung“ der Richtlinie. Die jeweilige Förderrichtlinie darf nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BayVGH, a.a.O.).
Vom Gericht ist nicht zu entscheiden, ob der Normgeber die praktikabelste oder gerechteste Lösung für die Gewährung der jeweiligen Förderung gefunden hat, sondern ob der Normgeber sowie die tatsächliche Förderpraxis sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraumes insbesondere unter Beachtung des Willkürverbotes hinsichtlich dieser freiwilligen Leistung gehalten hat. Wenn danach gleiche Fallkonstellationen gefördert werden, besteht ein Anspruch auf Förderung, andernfalls nicht.
2.2 Die Klägerin war nicht in einer der als begünstigt benannten Einrichtungen tätig. Die Einrichtung, in der die Klägerin tätig war, ist eine Behindertenwerkstätte und damit keine stationäre Behinderteneinrichtung. In Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität (PfleWoqG) ist näher ausgeführt, was als „stationäre Einrichtung“ in diesem Kontext verstanden werden kann. Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege sind dagegen nicht als stationäre Einrichtungen anzusehen, vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 PfleWoqG. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die genannte Werkstatt ausnahmsweise (auch) die Voraussetzungen für eine stationäre Einrichtung erfüllt (z.B. Überlassen von Wohnraum unter Vorhaltung pflegerischer Dienste; vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG). Die Klägerin hat letztlich selbst eingeräumt, in einer teilstationären Behinderteneinrichtung tätig gewesen zu sein. Diese ist jedoch nicht von der oben genannten Aufzählung der Richtlinie umfasst. Für das Gericht ergeben sich keine Anhaltspunkte am Vortrag des Beklagten zu zweifeln, dass in der Förderpraxis entsprechend dem obigen Wortlaut der Richtlinie regelmäßig nur diejenigen Personen einen Pflegebonus erhalten haben, die in einer der wörtlich genannten Einrichtungen tätig waren.
2.3 Die Tätigkeit der Klägerin kann auch nicht als Tätigkeit in einem ambulanten Pflegedienst eingeordnet werden. Die Klägerin ist gerade nicht für einen Pflegedienst im klassischen Sinne, der auch die Voraussetzungen des § 71 Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI) Soziale Pflegeversicherung SGB) erfüllt, tätig.
2.4 Auf die Einordnung der Tätigkeit der Klägerin als pflegend oder nah am Menschen kommt es damit nicht mehr an, da es schon an der Tätigkeit in einer förderfähigen Einrichtung fehlt. Der Einleitungssatz zu vergleichbaren Tätigkeiten in Nr. 2 CoBoR („Ebenso begünstigt sind…“) bezieht sich auf eine Tätigkeit in einer begünstigenden Einrichtung. Dass dies in der – für die gerichtliche Beurteilung relevanten – Behördenpraxis anders gehandhabt wurde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Zudem profitiert die Klägerin auch nicht von den Beispielkatalogen in Anlage 1 und 2 der CoBoR, da die Behörde hier insbesondere Tätigkeiten ausdrücklich und abschließend nur in den benannten Einrichtungen begünstigen will. Auch hierunter fällt die Werkstätte für behinderte Menschen als teilstationäre Einrichtung für behinderte Menschen nicht.
2.5 Auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) kommt kein Anspruch auf Bewilligung des Pflegebonus in Betracht.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte Beschäftigten im Arbeitgebermodell generell einen Bonus nach der genannten Richtlinie gewährt hat und die Klägerin unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz davon ausgenommen hätte. Die fehlerhafte Bewilligung des Pflegebonus bei einzelnen Kollegen kann vor diesem Hintergrund keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Gewährung des Bonus gegenüber der Klägerin unter Bezugnahme auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen. Es obliegt dem Beklagten, erkannte fehlerhafte Bescheide zurückzunehmen, um Gleichheit innerhalb der gesetzlichen Grenzen wiederherzustellen. Dies will der Beklagte selbst auch, wie im Schriftsatz vom 03.02.2021 angedeutet, in Anwendung von Ziff. 8 der CoBoR sicherstellen.
Nach alledem besteht kein Anspruch auf Gewährung des Corona-Pflegebonus.
Dabei wird das persönliche Engagement der Klägerin durchaus wahrgenommen und mit hohem Respekt gewürdigt; doch werden trotz allem die Fördervoraussetzungen der CoBoR unter Berücksichtigung der Bewilligungspraxis der Behörde nicht erfüllt.
Die Klage hat deshalb inhaltlich keinen Erfolg und ist abzuweisen.
3. Als unterliegender Teil trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung – ZPO -.


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