Europarecht

Baurechtliche Beseitigungsverfügung für eine Grillhütte

Aktenzeichen  2 L 155/21

Datum:
20.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0120.2L155.21.00
Normen:
§ 2 Abs 5 BauO ST 2013
§ 46 BauO ST 2013
Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Eine mit Sitzbänken und Tischen um den Grill ausgestattete Grillhütte ist ein Aufenthaltsraum i.S. des § 2 Abs. 5 BauO LSA (juris: BauO ST).(Rn.5)
2. § 2 Abs. 5 BauO LSA (juris: BauO ST) setzt nicht voraus, dass der Raum oder die Nutzung des Raumes in jeder Hinsicht die Anforderungen an Aufenthaltsräume i.S. des § 46 BauO LSA (juris: BauO ST) erfüllt.(Rn.7)

Verfahrensgang

vorgehend VG Halle (Saale), 20. Oktober 2021, 2 A 80/19 HAL, Urteil

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle – 2. Kammer – vom 20. Oktober 2021 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert für das Rechtsmittelverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

1. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 20. Oktober 2021 hat keinen Erfolg.
Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2013 – 1 BvR 3057/11 – juris Rn. 36, m.w.N.). Das ist vorliegend nicht der Fall.
Die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Grillhütte auf ihrem Grundstück um ein Gebäude mit Aufenthaltsraum handele. So berücksichtige das Gericht nicht, dass beispielsweise Flure, Gänge, Vorrats- und Abstellräume keine Aufenthaltsräume seien. Auch die gesetzliche Definition nach § 46 BauO LSA belege, dass die vorliegende Grillhütte keinen Aufenthaltsraum besitze. Die Hütte erfülle die Anforderungen nach § 46 BauO LSA gerade nicht.
Mit diesen Ausführungen haben die Kläger keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung dargelegt. Gemäß § 2 Abs. 5 BauO LSA sind Aufenthaltsräume Räume, die nicht nur zu einem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass unter einem vorübergehenden Aufenthalt ein nicht ganz kurzer Aufenthalt zu verstehen ist, sei es auch nur tagsüber und nur in der warmen Jahreszeit (vgl. auch VG Bayreuth, Beschluss vom 9. Dezember 2020 – B 2 20.1217 – juris Rn. 32; VG Cottbus, Urteil vom 17. Oktober 2018 – 5 K 537/13 – juris Rn. 25).
Nach diesen Maßstäben bestehen keine Zweifel daran, dass die Grillhütte die Kriterien eines Aufenthaltsraums i.S. des § 2 Abs. 5 BauO LSA erfüllt. Die Grillhütte ist, wie das Verwaltungsgericht anhand der Fotos im Verwaltungsvorgangs (Bl. 33 bis 35) festgestellt hat, mit einer Sitzgruppe um den Grill ausgestattet. Auf den Fotos ist zudem erkennbar, dass sich auf den Sitzplätzen Polsterauflagen befinden. Ferner befinden sich rund um den Grill größere Tischflächen, die ersichtlich nicht nur dem kurzen Abstellen des Grillguts dienen sollen, sondern – da sie von den jeweiligen Sitzplätzen aus gut erreichbar sind – in erster Linie als Esstische mit Stellflächen für Geschirr, Besteck und Gläser bei gemeinsamen Mahlzeiten vorgesehen sind. Der Zweck der Grillhütte erschöpft sich also nicht darin, dass eine Person in der Hütte bei nur gelegentlicher Anwesenheit Grillgut zubereitet. Vielmehr ist die Hütte darauf ausgerichtet, dort mit mehreren Personen in der Freizeit zu verweilen, etwa wenn ein Aufenthalt im Freien angesichts des Wetters unpassend erscheint. Entsprechend werden Hütten der vorliegenden Art auch beworben. So heißt es etwa zu ähnlichen Grillhütten, dass „die Menschen dank des Kota Grillhauses zu jeder Jahreszeit Feste oder spontane Zusammenkünfte veranstalten“ könnten (https://www.scandinavic-woodart.de/finnische-grillkotas) oder: „Dieses Kota lädt ein als perfekter Ort zum Relaxen, um kleine Familienfeste zu feiern oder einfach nur zum gemütlichen Zusammensitzen“ (https://finnenkate.com/grillhuetten-grillkotas/9-2-m-grill-cabin-230.html).
Die Grillhütte der Kläger ist auch nicht mit Fluren, Gängen, Vorrats- und Abstellräumen vergleichbar, die – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht als Aufenthaltsräume i.S. des § 2 Abs. 5 BauO LSA zu qualifizieren sind. Während es sich bei solchen Räumen oder auch bei Treppenräumen, (üblichen) Sanitärräumen, Trocken-, Heizräumen, Waschräumen und Garagen um Nebenräume handelt, in denen der Aufenthalt von Menschen in aller Regel jeweils auf eine kurze Verweildauer beschränkt ist (vgl. hierzu auch VG Karlsruhe, Urteil vom 20. Juli 2021 – 8 K 5584/19 – juris Rn. 28; VG München, Urteil vom 26. März 2012 – M 8 K 11.1314 – juris Rn. 30), dient die vorliegende Grillhütte längeren Aufenthalten, auch über mehrere Stunden. Dass die Hütte nicht täglich, sondern nur gelegentlich zu Freizeitzwecken genutzt werden dürfte, ist für die Annahme eines Aufenthaltsraums i.S. des § 2 Abs. 5 BauO LSA unschädlich. Mehr als nur vorübergehend ist ein Aufenthalt schon dann, wenn er sich in Abständen immer wieder wiederholt, auch wenn er nur stundenweise in größeren zeitlichen Abständen erfolgt (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 20. Juli 2021 – 8 K 5584/19 – juris Rn. 28).
Auch der Umstand, dass die Grillhütte die gesetzlichen Anforderungen an Aufenthaltsräume i.S. des § 46 BauO LSA nicht erfüllt, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. § 2 Abs. 5 BauO LSA setzt lediglich voraus, dass der Raum zum Aufenthalt bestimmt oder geeignet ist, aber nicht, dass der Aufenthaltsraum oder die Nutzung des Raumes als Aufenthaltsraum in jeder Hinsicht rechtmäßig ist (vgl. hierzu auch den vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss des VG Bayreuth vom 9. Dezember 2020 – B 2 S 20.1217 – juris Rn. 32, mit überzeugender Begründung).
Soweit die Kläger zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts „auf den gesamten erstinstanzlichen und vorgerichtlichen Schriftverkehr und Ausführungen“ Bezug nehmen, genügt dies nicht den Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Erforderlich sind vielmehr eine Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung und eine Darlegung, warum diese nicht tragend oder fehlerhaft sind. Dazu genügt eine bloße Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen nicht (vgl. Beschluss des Senats vom 20. Februar 2008 – 2 L 192/07 – juris Rn. 3 m.w.N.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).


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