Europarecht

Berufung, Annahmeverzug, Rechtsmittel, Haftung, Kommission, Verfahren, Hinweisbeschluss, Sicherung, Zugang, Bedeutung, Kraftfahrtbundesamt, Feststellung, Klageantrag, Wiederholung, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg, Die Fortbildung des Rechts

Aktenzeichen  21 U 1725/21

Datum:
16.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53482
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

83 O 1994/20 2021-03-18 LGINGOLSTADT LG Ingolstadt

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 18.03.2021, Aktenzeichen 83 O 1994/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.825,27 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem sogenannten „Diesel-Abgasskandal“.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts sowie im Hinweisbeschluss des Senats vom 28.06.2021 (Bl. 314 ff. d.A.) Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragte die Klagepartei mit Schriftsatz vom 17.05.2021:
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ingolstadt, Az: 83 O 1994/20, verkündet am 18.03.2021 und zugestellt am 22.03.2021, zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 43.700,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2020, abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 8.250,66, zuzüglich Finanzierungskosten in Höhe von EUR 1.375,93, Zugum-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges … mit der Fahrgestellnummer …, zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 11.07.2020 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 2.373,36 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 11.07.2020 zu zahlen.
Hilfsweise:
4. Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt, Az: 83 O 1994/20, verkündet am 18.03.2021 und zugestellt am 22.03.2021, wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.
Hilfsweise:
5. Die Revision wird zugelassen.
Die Beklagte hat auf die Berufung bisher noch nicht erwidert.
2. Mit Schriftsatz vom 28.07.2021 (Bl. 335 ff. d.A.) hält die Klagepartei an ihrem Berufungsbegehren fest. Hierauf wird Bezug genommen. Die Klagepartei wiederholt ihre Ausführungen in Bezug auf eine Haftung der Beklagten wegen des Thermofensters. Sie bekräftigt, die Beklagte habe zum Funktionieren der Abgasrückführung bei niedrigen Temperaturen unwahre Angaben gemacht unter Bezugnahme auf einen Mustertypengenehmigungsbogen der… AG.
Sie bekräftigt, es seien hinreichend Anhaltspunkte vorgetragen, die eine Haftung der Beklagten nach § 826 BGB begründeten. Sie bezieht sich auf ein Sachverständigengutachten aus einem Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld und auf ein Anhörungsverfahren. Die Klagepartei wendet ein, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Vortrag zu einer Lenkwinkelerkennung und dem Warmlaufprogramm vom Senat als zu pauschal angesehen werde. Unklar bleibe schließlich, ob die Ausführungen des Senats zur generellen Unzulässigkeit der Lenkwinkelerkennung auf einer besonderen – bislang nicht enthüllten Sachkunde beruhten – oder ob insoweit lediglich der Vortrag der Beklagten für die eigene Argumentation genutzt worden sei. Sie rügt, auf etwaige Bewertungen durch das Kraftfahrtbundesamt könne es aus verschiedenen Gründen nicht ankommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 18.03.2021, Aktenzeichen 83 O 1994/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss vom 28.06.2021 Bezug, in dem bereits ausführlich dargelegt wurde, weshalb der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen und an dem der Senat auch in der nunmehrigen Besetzung festhält. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 28.07.2021 geben keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung. Ergänzend ist insofern auszuführen:
1. Die Ausführungen zum Thermofenster erschöpfen sich in Wiederholung des bisherigen Vortrags. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss, dort S. 7 ff. (Bl. 320 ff. d.A.). Auch unter Berücksichtigung des nunmehrigen Vorbringens zu einem Mustertypengenehmigungsbogen der … AG erfolgt die Behauptung der Klagepartei, die Beklagte habe unwahre Angaben gemacht bei den Angaben zum Funktionieren des Abgasrückrückführungssystems bei niedrigen Temperaturen, ersichtlich ins Blaue: Angaben der … AG in einem Mustertypengenehmigungsbogen sind – unabhängig von der Frage der Verspätung des Vortrags – nicht geeignet, die Behauptung zu untermauern, die Beklagte habe unwahre Angaben gemacht in Bezug auf Fahrzeuge ihrer Produktion mit Motoren aus ihrer Entwicklung. Überdies ist die bloße Angabe zur Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems – zumal mit dem Hinweis auf die Anpassung/Optimierung der AGR-Rate u.a. hinsichtlich der Ansauglufttemperatur – und zum Funktionieren des AGR bei niedrigen Temperaturen, nicht geeignet, unwahre Angaben zum Thermofenster und der AGR herauszulesen (vgl. Art. 3 Nr. 9, 4. Absatz der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge, ABl. L 199 vom 28.07.2008, S. 1 ff.).
2. Zur Relevanz des Vortrags im Übrigen hat der Senat im Hinweisbeschluss ausführlich erläutert, warum die von der Klagepartei vorgetragenen Anhaltspunkte nicht genügen.
Zu dem Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Vortrag zu einer Lenkwinkelerkennung und dem Warmlaufprogramm vom Senat als zu pauschal angesehen werde und unklar bleibe, ob die Ausführungen des Senats zur generellen Unzulässigkeit der Lenkwinkelerkennung auf einer besonderen – bislang nicht enthüllten Sachkunde beruhten – oder ob insoweit lediglich der Vortrag der Beklagten für die eigene Argumentation genutzt worden sei, wird auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss Bezug genommen, dort S. 14 (Bl. 327 d.A.). Der Vortrag wurde nicht als zu pauschal gewertet, sondern der Vortrag trägt nicht den Vorwurf des objektiv sittenwidrigen Verhaltens. Ausführungen zur generellen Unzulässigkeit der Lenkwinkelerkennung sind nicht Gegenstand des Hinweisbeschlusses.
Soweit die Klagepartei sich auf einen Rückruf zu Fahrzeugen der Modelle …, … und … der Schadstoffnorm Euro 5 sowie – nunmehr – auf ein Anhörungsverfahren zu Fahrzeugen der Schadstoffnorm Euro 5 beruft, wird darauf hingewiesen, dass vorliegend ein Fahrzeug der Schadstoffnorm Euro 6 streitgegenständlich ist. Im Übrigen stellt auch ein Anhörungsverfahren in Bezug auf das Emissionsverhalten eines Fahrzeugs kein Indiz für ein objektiv sittenwidriges Verhalten dar, da bereits nicht jede unzulässige Abschalteinrichtung ohne weiteres den Vorwurf objektiv sittenwidrigen Verhaltens trägt. Soweit die Klagepartei erneut die überholte Beschreibung des Rückrufgrundes zum Rückruf von Fahrzeugen der Modelle …, … und … zitiert, wird Bezug genommen auf den Hinweisbeschluss, dort S. 14 f. (Bl. 327 d.A.).
Auf ein Sachverständigengutachten in einem Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld wurde im vorliegenden Verfahren nicht Bezug genommen.
Schließlich ersetzt die von der Klagepartei vorgetragene Behauptung, die Bewertungen durch das Kraftfahrtbundesamt – zumal dann, wenn sie nicht im Sinne der Klagepartei lauten – seien (aus verschiedenen Gründen) falsch, keinen Vortrag, der ein objektiv sittenwidriges Verhalten der Beklagten nahelegen würde. Die Klagepartei ist primär darlegungs- und beweisbelastet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung von § 40, 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt.


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