Europarecht

Hebammenvergütung – zur Abrechnung von Hebammenleistung

Aktenzeichen  L 4 KR 498/17

Datum:
1.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8699
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
HebVV § 6 Abs. 2 S. 3
SGB V § 134a

 

Leitsatz

1. Zur Rechtsgrundlage für die Abrechnung der Leistungen „Hilfen bei Schwangerschaftsbeschwerden oder bei Wehen“ und „Cardiotokographische Überwachung“. (Rn. 47)
2. In dem im streitigen Zeitraum anzuwendenden Abrechnungsregelungen (2011 bis 2015) ist auch die Abrechnung von Leistungen der Hebammenhilfe durch Hebammengemeinschaften vorgesehen. (Rn. 58 – 67)
3. Zum Vorliegen der Voraussetzungen einer Hebammengemeinschaft im Sinne des Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134 a SGB V. (Rn. 68 – 79)
4. Bei der Erbringung der Leistung durch eine Hebammengemeinschaft ist eine Abrechnung von Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung, die innerhalb des maßgebenden Zeitraums der Geburtspauschalgebühr erbracht worden sind, mit der Argumentation, die Versicherte sei von zwei unterschiedlichen Hebammen behandelt worden, nicht möglich. (Rn. 81)

Verfahrensgang

S 6 KR 629/15 2017-06-27 Urt SGAUGSBURG SG Augsburg

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.030,77 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
A.
Der von der Klägerin geltend gemachte weitere Gebührenanspruch für die von ihr und von weiteren an der Klinik K. tätigen Hebammen erbrachten Leistungen nach der Hebammenvergütungsvereinbarung in Höhe von 5.030,77 Euro besteht nicht. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht die von der Abrechnungsstelle M. GmbH für die Klägerin eingereichten Rechnungen um den streitgegenständlichen Betrag gekürzt.
1. Rechtsgrundlage für Vergütungsanspruch
Bei den von der Beklagten abgesetzten Leistungen handelt es sich um „Hilfen bei Schwangerschaftsbeschwerden oder bei Wehen“ und die Leistung „Cardiotokographische Überwachung“.
Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 134a SGB V in Verbindung mit Anlage 1 (Hebammen-Vergütungsvereinbarung) des zwischen den Hebammenverbänden und den Spitzenverbänden der Krankenkassen bestehenden Vertrages nach § 134a SGB V. Die Vergütungspflicht der Beklagten setzt voraus, dass den fünfzig Versicherten ein Sachleistungsanspruch auf die streitgegenständliche Hebammenhilfe zustand.
Gemäß § 134a Abs. 1 SGB V schließt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Berufsverbänden der Hebammen und den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Bundesebene mit bindender Wirkung für die Krankenkassen Verträge über die Versorgung mit Hebammenhilfe, die abrechnungsfähigen Leistungen unter Einschluss einer Betriebskostenpauschale bei ambulanten Entbindungen in von Hebammen geleiteten Einrichtungen und der Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe sowie über die Höhe der Vergütung und die Einzelheiten der Vergütungsabrechnung durch die Krankenkassen. Die Vertragspartner haben dabei den Bedarf der Versicherten an Hebammenhilfe und deren Qualität, den Grundsatz der Beitragssatzstabilität sowie die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen zu berücksichtigen. Bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen nach Satz 2 sind insbesondere Kostensteigerungen zu beachten, die die Berufsausübung betreffen.
Der auf der Grundlage des § 134a SGB V zwischen dem Bund Deutscher Hebammen e.V. und dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.V. einerseits und den Spitzenverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossene, zum 01.08.2007 in Kraft getretene Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe in der Fassung der Übergangsvereinbarung vom 31.01.2013 regelt u.a. die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit abrechnungsfähigen Leistungen der Hebammenhilfe durch freiberuflich tätige Hebammen, die Vergütung der Hebammenleistungen (Hebammen-Vergütungsvereinbarung, Anlage 1) und die Abrechnung der Hebammenleistungen (Anlage 2).
Mit Wirkung zum 25.09.2015 ist ein Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe in der Fassung des Schiedsspruchs 2015 in Kraft getreten.
In der Anlage 1, der Hebammen-Vergütungsvereinbarung (HebVV), ist die Vergütung für die Leistungen der freiberuflichen Hebammen im Rahmen der Hebammenhilfe in der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt (§ 1). In einem Leistungsverzeichnis sind die abrechenbaren Leistungen aufgelistet.
Im Abschnitt A des Leistungsverzeichnisses „Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung“ sind unter 0500 bis 0512 (Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden oder bei Wehen, für jede angefangene 30 Minuten) und unter 0600 bis 0602 (Cardiotokographische Überwachung bei Indikationen nach Maßgabe der Anlage 2 zu den Mutterschafts-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses – GBA) die dafür anzusetzenden Gebühren aufgeführt.
Ein Gebührenanspruch für die unstreitig im Rahmen der Betreuung der fünfzig Versicherten vor der Geburt erbrachten Leistungen ist grundsätzlich gegeben.
2. Wegfall des Gebührenanspruchs aufgrund Pauschalgebühr
In Abschnitt B „Geburtshilfe“ des Leistungsverzeichnisses zur HebVV ist unter „Allgemeine Bestimmungen“ u.a. geregelt, dass die Gebühren für die Leistungen nach den Nrn. 090x bis 131x (Hilfe bei einer Geburt bzw. einer Fehlgeburt) die Hilfe für die Dauer von bis zu acht Stunden vor der Geburt des Kindes oder einer Fehlgeburt und die Hilfe für die Dauer von bis zu drei Stunden danach einschließlich aller damit verbundenen Leistungen und Dokumentationen umfassen.
Hieraus ergibt sich, dass Leistungen nach den Gebührenziffern 0500 bis 0512 (Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden), 0600 bis 0602 (cardiotokographische Überwachung) sowie die Gebührennummern 3000 bis 3352 dann nicht mehr abgerechnet werden können, wenn Pauschalgebühren nach Nrn. 090x bis 131x angefallen sind und die Leistungen innerhalb des für diese Pauschalgebühren maßgebenden Zeitraums erbracht worden sind.
Bezüglich der Abrechnung von Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung, die innerhalb des maßgebenden Zeitraums durch eine andere als die die Pauschalgebühr abrechnende Beleghebamme erbracht worden waren, hat das BSG mit Urteil vom 21.08.1996, 3 RK 22/95, das auf einer Abrechnung von Leistungen nach der damals geltenden Hebammenhilfe-Gebührenverordnung (HebGV) vom 28.10.1986 beruhte, einen Wegfall des Gebührenanspruchs nach den Abrechnungsbestimmungen als nicht erfüllt angesehen, weil das damals geltende Gebührenverzeichnis eine Einbeziehung der von einer anderen freiberuflich tätigen Hebamme erbrachten Hilfeleistung in die eigene Gebührenabrechnung nicht vorsehe. Die Wortauslegung der HebGV und des Gebührenverzeichnisses erwähne nur die einzelne Hebamme und lasse nicht erkennen, dass in Bezug auf den von ihr erfassten Zeitraum bei einer Geburt auch dann nur die Pauschale in Ansatz gebracht werden können solle, wenn die Versicherte vor Beginn des Geburtsvorgangs die Hilfe einer anderen Hebamme in Anspruch genommen habe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Wechsel der Hebammen hier in erster Linie auf dem von beiden verabredeten Organisationsplan beruhe, der eine kontinuierliche Hebammenversorgung am Kreiskrankenhaus sicherstellen sollte. Durch die Verabredung von Einsatzzeiten sei zwischen den Hebammen keine Gesellschaft i.S.d. §§ 705 ff. BGB entstanden, die als solche verpflichtet gewesen wäre, Hebammenhilfe zu leisten, ohne dass es darauf ankomme, welche Gesellschafterin jeweils die Hilfe erbracht habe. Etwas anderes komme nur dann in Betracht, wenn das Gebührenrecht erkennen lasse, dass eine Gebühr bei einer Geburt nur einmal anfalle und beim Tätigwerden mehrerer Hebammen unter diesen aufzuteilen sei, wie es in der Fassung der HebGV vom 27.12.1960 der Fall gewesen sei.
Diese Rechtsprechung des BSG ist aber vorliegend nicht anzuwenden. Denn zum einen sieht die im streitgegenständlichen Zeitraum geltende Hebammen-Vergütungsvereinbarung die Abrechnung von Hebammenleistungen einerseits durch einzelne Hebammen und andererseits durch Hebammengemeinschaften vor (a). Zum anderen hat die Klägerin ihre Leistungen im Rahmen einer Hebammengemeinschaft erbracht (b).
a. Abrechnung von Hebammenleistungen durch Hebammengemeinschaften
Das Abrechnungsverfahren bezüglich der Abrechnung von Hebammenleistungen ist nach § 13 des Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe in Anlage 2 zum Vertrag nach § 134a SGB V geregelt. Geregelt ist dort zum einen die Abrechnung einzelner Hebammen, aber auch die Abrechnung gemeinsam abrechnender Hebammengemeinschaften:
Nach § 1 der Anlage 2 verfügt jede Hebamme über Institutionskennzeichen, die sie bei der Abrechnung ihrer persönlichen Leistungen mit den Krankenkassen verwendet. Für gemeinsam abrechnende Hebammengemeinschaften sind gesonderte Institutionskennzeichen zu führen (Ziffer 1). Abrechnungen mit den Krankenkassen erfolgen ausschließlich unter dem jeweiligen Institutionskennzeichen, das in jeder Abrechnung anzugeben ist. Die unter dem gegenüber den Krankenkassen verwandten Institutionskennzeichen gespeicherten Angaben, einschließlich der Bank- und Kontoverbindungen, sind verbindlich für die Abrechnungsbegleichung durch die Krankenkasse (Ziffer 3).
Die Rechnungslegung erfolgt je Hebamme bzw. Hebammengemeinschaft und Krankenkasse für alle Versorgungs- oder Abrechnungsfälle höchstens monatlich, mindestens zweimal im Jahr, sofern die Betreuung der Versicherten abgeschlossen ist (§ 2 Ziffer 3 der Anlage 2).
Nach § 3 der Anlage 2 hat die Hebamme ein für die Leistungserbringung verbindliches Institutionskennzeichen zu melden. Einzutragen ist das Institutionskennzeichen der Hebamme bzw. der Hebammengemeinschaft, die die Leistung tatsächlich erbringt.
Der Abrechnung von Hebammenleistungen sind Versichertenbestätigungen beizufügen. Die Modalitäten hierfür sind in der HebVV (Anlage 1) geregelt. Auch hier wird unterschieden zwischen einer Abrechnung von einzelnen Hebammen bzw. eines Hebammenteams.
Nach § 4 der HebVV sind die auf der Grundlage dieser Vergütungsregelung erbrachten Leistungen spätestens am Tag nach der Leistungserbringung von der Versicherten unter Angabe der Leistung, des Datums sowie der Uhrzeit der Leistungserbringung und ggf. die Dauer der Leistung durch Unterschrift zu bestätigen (Versichertenbestätigung).
In Anhang A sind die Modalitäten zur Versichertenbestätigung geregelt. Gemäß Ziffer 2 sind Versichertenbestätigungen der Abrechnung beizufügen. Versichertenbestätigungen werden als Muster zur Verfügung gestellt. Unter Ziffer 5 ist das Verfahren in Hebammenteams geregelt. Danach ist in Hebammenteams, in denen die Hebammen einzeln über ein eigenes Institutionskennzeichen abrechnen, die „Versichertenbestätigung B“ für alle Hebammen des Teams gemeinsam zu verwenden oder die Hebammen des Teams verwenden jeweils einzeln die „Versichertenbestätigung C“. Hebammenteams, die über ein gemeinsames Institutionskennzeichen abrechnen, verwenden die „Versichertenbestätigung C“.
In Anhang B finden sich die Muster für die „Versichertenbestätigung B“, die bei der Abrechnung der Hebammenhilfe über mehrere Institutionskennzeichen bei einem Hebammenteam zu verwenden ist, und für die „Versichertenbestätigung C“, die bei der Abrechnung der Hebammenhilfe über ein Institutionskennzeichen einer einzelnen Hebamme bzw. eines Teams zu verwenden ist.
Zusammenfassend steht für den Senat fest, dass in den im streitigen Zeitraum anzuwendenden Abrechnungsregelungen auch die Abrechnung von Leistungen der Hebammenhilfe durch Hebammengemeinschaften vorgesehen ist. Dies wird durch den von Beklagtenseite angeführten § 6 Abs. 2 des Vertrages über die Versorgung mit Hebammenhilfe bestätigt.
Nach § 6 Abs. 2 des Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe erbringt die Hebamme die Leistungen persönlich. Die persönliche Leistungserbringung kann auch in einer Hebammengemeinschaft freiberuflicher Hebammen erfolgen. Als persönliche Leistungen gelten auch Leistungen von Hebammen, die in der Gemeinschaft bzw. bei einer einzelnen Hebamme angestellt sind. § 6 regelt die Voraussetzungen der persönlichen Leistungserbringung. Leistungen sind danach grundsätzlich von der Hebamme persönlich zu erbringen, können aber auch in einer Hebammengemeinschaft erfolgen.
b. Vorliegen einer Hebammengemeinschaft i.S.d. Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V . 
Bei den an der Kreisklinik K tätigen Hebammen handelt es sich um eine Hebammengemeinschaft im Sinne des Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V.
Auf eine Zusammenarbeit im Sinne einer Hebammengemeinschaft weist bereits der vorgelegte Musterbehandlungsvertrag hin, den jede Versicherte mit den Hebammen der Kreisklinik K. abschließt. Auch wenn dort ausgeführt ist, dass jede Hebamme mit der Versicherten einen eigenen Vertrag abschließt, sind doch alle Hebammen der Klinik aufgeführt und nur die erstbehandelnde Hebamme unterzeichnet den Vertrag. Klar geregelt ist, dass keine ausschließliche Inanspruchnahme einer Hebamme gewährleistet ist. Vielmehr ist denkbar, dass verschiedene Hebammen die Leistungen an der Versicherten bzw. dem Neugeborenen erbringen. Es wird also klargestellt, dass die Hebammengemeinschaft als solche verpflichtet ist, Hebammenhilfe zu leisten, ohne dass es darauf ankommt, welche Hebamme jeweils die Hilfe erbringt. Aus der Vertretungsregelung und der Haftungsregelung ergibt sich entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten nicht, dass eine Hebammengemeinschaft nicht vorliegt.
Über die Verabredung von Einsatzzeiten hinaus haben die Hebammen in der Kreisklinik K. im streitgegenständlichen Zeitraum vor allem auch gemeinsam abgerechnet und die dafür erhaltene Vergütung solidarisch nach Anwesenheitszeiten aufgeteilt.
Es hat nicht etwa jede einzelne Hebamme die von ihr erbrachten Leistungen gegenüber der Beklagten abgerechnet oder von einem Abrechnungszentrum abrechnen lassen und sodann eine Vergütung für die speziell von ihr erbrachten Leistungen erhalten. Eine solche Abrechnung wäre nach den oben dargestellten Abrechnungsbestimmungen in einem Hebammenteam durchaus möglich gewesen.
Die Hebammen in der Kreisklinik K. haben aber gerade nicht die jeweils von ihnen erbrachten Leistungen abgerechnet. Vielmehr wurden im Jahr 2011 und bei den Rechnungen vom 05.01.2012, worauf die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen hat, unter dem Institutionskennzeichen der „Hebammen an der Kreisklinik K.“ sämtliche Hilfeleistungen der von verschiedenen Beleghebammen erbrachten Hilfeleistungen und auch die Abrechnung der Geburtshilfe durchgeführt. Erst die streitgegenständlichen Rechnungen, die nach diesem Zeitpunkt gestellt worden sind, erfolgten unter dem Institutionskennzeichen der Klägerin, die als Leistungserbringerin angegeben war, Zahlungsempfänger war die M. GmbH. Ab diesem Zeitpunkt hat eine Hebamme (hier die Klägerin) unter Angabe ihres Institutionskennzeichens die vor der Geburt des Kindes für eine Versicherte erbrachten Leistungen unterschiedlicher Hebammen abgerechnet und angegeben, die anderen Hebammen hätten die Abrechnung an sie abgetreten. Die Geburtshebamme hat dann die im Rahmen der Geburt und der Betreuung im Wochenbett erbrachten Leistungen unterschiedlicher Hebammen abgerechnet. Die Hebammen haben mit der Abrechnung eine Abrechnungsfirma, die M. GmbH beauftragt. Diese hat zwei Abrechnungen pro Versicherter an die Beklagte übermittelt. Die Bezahlung der erbrachten Leistungen durch die Beklagte erfolgte nach den übereinstimmenden Aussagen der Beteiligten nicht nach Hebammen getrennt, sondern auf ein gemeinsames Poolkonto, von wo die Verteilung der Gelder auf die Beleghebammen vorgenommen worden ist. Die angegebene Bankverbindung war in allen Fällen die gleiche.
Für die im Jahr 2011 und im Januar 2012 erfolgten Abrechnungen ist damit offensichtlich, dass die Hebammen der Kreisklinik K. als Hebammengemeinschaft unter einem Institutionskennzeichen der Gemeinschaft abgerechnet haben. Auch wenn die Hebammen nach diesem Zeitpunkt nicht mehr unter einem für die Hebammengemeinschaft beantragten gemeinsamen Institutionskennzeichen abgerechnet haben, wie es nach den oben dargestellten Abrechnungsvorschriften für gemeinsam abrechnende Hebammengemeinschaften vorgesehen ist, haben sie dennoch weiterhin eine gemeinsame Abrechnung vorgenommen. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 01.03.2018 vorgetragen, es hätte sich in der Praxis nach diesem Zeitpunkt nichts geändert. Die Hebammen haben im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum die Vergütung der für eine Versicherte erbrachten Leistungen gemeinschaftlich geltend gemacht und die dafür erhaltene Vergütung gemeinschaftlich erhalten. Eine Aufteilung der Vergütung erfolgte nicht nach den erbrachten Leistungen bzw. nach den jeweils geltend gemachten eigenen und von anderen Hebammen abgetretenen Vergütungsansprüchen, sondern nach den Anwesenheitszeiten in der Klinik, um einen Ausgleich zwischen den Hebammen zu schaffen, die die Tagschicht übernommen und denen die in der Nacht gearbeitet hatten. Dies hat die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vorgetragen.
Dass hier für jede Versicherte zwei Quittierungsbögen (einmal für Leistungen vor der Geburt und einmal für Leistungen der Geburtshilfe und im Wochenbett) angelegt und damit zwei getrennte Abrechnungen vorgenommen worden sind, dient jedenfalls nicht der von Klägerseite vorgetragenen Vereinfachung der Abrechnung und besseren Praktikabilität. Die Anlage von zwei Quittierungsbögen ist in den Abrechnungsbestimmungen auch nicht vorgesehen. Es drängt sich der Gedanke auf, dass damit dargestellt werden sollte, dass Leistungen, die vor der Geburt erbracht worden sind – auch wenn sie in den Zeitrahmen der Geburtspauschale fallen – von einer anderen Hebamme erbracht worden sind.
Zusammenfassend ist aus Sicht des Senats im Falle des Kreisklinikums K. im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum eine Hebammengemeinschaft i.S.d. §§ 705 ff. BGB gegeben. Die §§ 705 ff. BGB sind – worauf das SG zu Recht hingewiesen hat – nicht allein auf Gesellschaften des bürgerlichen Rechts anzuwenden, sondern auch auf gesellschaftsähnliche Rechtsverhältnisse, zu denen auch Arbeits- und Interessengemeinschaften zählen und die häufig nur in Form einer Innengesellschaft auftreten (siehe hierzu Palandt, BGB, § 705 Rz. 33, 37 und 42).
Wie für das SG steht auch für den Senat fest, dass ein gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis im Sinne der §§ 705 ff. BGB und somit eine Hebammengemeinschaft vorliegt. Diese hat ihren Gebührenanspruch für die von ihr erbrachten Hebammenleistungen dadurch verwirklicht, dass von der M. GmbH die an die Beklagte in Rechnung gestellten Gebühren auf ein gemeinschaftliches Treuhandkonto flossen und die dortigen Geldeingänge monatsweise nach den Anwesenheitszeiten der Beleghebammen verteilt wurden. Bei dem Treuhandkonto handelte es sich unstreitig um einen so genannten „Pool“. Dies stellt den klassischen Fall eines Zusammenschlusses zur gemeinschaftlichen Gewinnerwirtschaftung dar (vgl. Palandt, a.a.O., Rn. 42).
Die in der Hebammengemeinschaft tätigen Beleghebammen haben durch das gemeinsame Erstellen des Dienstplanes geregelte Arbeitszeiten sichergestellt und eine gerechte Verteilung der erwirtschafteten Gebühren trotz unterschiedlicher Arbeitszeiten unabhängig von der tatsächlich erbrachten Gebührenleistung nach der HebVV realisiert. Dies reicht für eine gesellschaftsrechtliche Zielsetzung im Sinne der §§ 705 ff. BGB aus, so dass von einer Hebammengemeinschaft im Sinne des Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V auszugehen ist.
Selbst wenn sich die Klägerin nicht bewusst war, dass sie einer Hebammengemeinschaft im Sinne der §§ 705 ff. BGB angehörte, spielt dies vorliegend keine Rolle (vgl. Palandt, a.a.O., Rn. 9f). Ebenso unerheblich ist, dass die Klägerin und die weiteren Hebammen der Kreisklinik nach außen gegenüber Dritten nicht als Gesellschaft auftreten wollten (vgl. BGH NJW – RR 04, 275).
Im Übrigen ist die Hebamme nach § 2 Ziffer 9 der Anlage 2, Abrechnung von Hebammenleistungen, für die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen durch das von ihr beauftragte Abrechnungszentrum verantwortlich. Sie stellt sicher, dass die vereinbarten Abrechnungsmodalitäten von dem Abrechnungszentrum eingehalten werden.
c. Folge des Vorliegens einer Hebammengemeinschaft
Die vorliegende Hebammengemeinschaft war als solche verpflichtet, Hebammenhilfe in der Kreisklinik K. zu leisten, ohne dass es darauf ankommt, welche Gesellschafterin jeweils die Hilfe erbracht hat.
Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung konnte dabei – wie oben dargestellt – nach der Bestimmung des § 6 Abs. 2 des Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V auch durch die Hebammengemeinschaft realisiert werden. Bei einer Erbringung der Leistung durch eine Hebammengemeinschaft ist aber eine Abrechnung von Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung, die innerhalb des maßgebenden Zeitraums der Geburtspauschalgebühr erbracht worden sind, mit der Argumentation, die Versicherte sei von zwei unterschiedlichen Hebammen behandelt worden, nicht möglich.
Die Beklagte hat daher zu Recht die Abrechnung beanstandet. Sie hat weiter gemäß § 2 Ziffer 6 der Anlage 2 der abrechnenden M. GmbH den Grund der Beanstandung mitgeteilt und, da sich die Beanstandung nur auf einen Teil der Abrechnung erstreckt hat, den unstreitigen Rechnungsbetrag fristgerecht nach Abs. 7 nach Eingang der Abrechnungsunterlagen bezahlt.
Einen Verstoß gegen Grundrechte, insbesondere aus Artikel 12 GG, vermag der Senat bei der Bildung einer Hebammengemeinschaft in keinster Weise zu erkennen.
B.
Nach allem ist auch ein Anspruch auf Verzugszinsen sowie auf eine Verzugspauschale nicht gegeben. Dabei kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 288 BGB gegeben und die Vorschriften über die Verzugszinsen bei Gebührenansprüchen von Hebammen überhaupt anwendbar wären.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die streitgegenständliche Frage der Abrechnung von Hebammenleistungen ist für eine nicht unerhebliche Anzahl laufender Verfahren von Bedeutung.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Verwandte Themen: , ,

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben