Europarecht

Kampfhundesteuer, Wesenstest, Negativzeugnis, Rückwirkung, keine erdrosselnde Wirkung

Aktenzeichen  W 8 K 21.1415

Datum:
21.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12426
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 105 Abs. 2a
KAG Art. 3 Abs. 1
HStS § 5
KampfhundeVO § 1

 

Leitsatz

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 4. März 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes A* … vom 24. September 2021 ist im angegriffenen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Beklagte konnte die Hundesteuer für den von dem Kläger gehaltenen Hund auf 600,00 EUR jährlich festsetzen und für das Jahr 2021 erheben, wie das Landratsamt A* … bereits im Widerspruchsbescheid vom 24. September 2021 in der Sache zutreffend ausgeführt hat, worauf im Einzelnen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren und der mündlichen Verhandlung führt zu keiner abweichenden Sichtweise.
Im Einzelnen:
Der Kläger ist zur Zahlung einer jährlichen Hundesteuer von 600,00 EUR verpflichtet.
Der Hundesteuerbescheid findet seine ausreichende Rechtsgrundlage in §§ 1, 5 Abs. 1, 2 HStS.
Nach § 1 HStS ist die Hundehaltung steuerpflichtig. Steuerschuldner ist nach § 3 Abs. 1 HStS der Hundehalter. § 5 Abs. 1 HStS legt als Steuermaßstab eine Steuer pro Hund fest, wobei der Steuersatz 50,00 EUR für jeden Hund und 600,00 EUR für jeden Kampfhund beträgt. Nach § 5 Abs. 2 HStS sind Kampfhunde Hunde, bei denen aufgrund rassespezifischer Merkmale, Zucht und Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist. Kampfhunde i.S. dieser Vorschrift sind alle in § 1 KampfhundeVO genannten Rassen und Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzung untereinander oder mit anderen Hunden.
Die in Bezug genommene KampfhundeVO enthält in ihrem § 1 Abs. 1 eine Aufzählung von Hunderassen, für welche die Eigenschaft als Kampfhunde stets vermutet wird und in ihrem § 1 Abs. 2 eine Aufzählung von Hunderassen, für welche die Eigenschaft als Kampfhund vermutet wird, solange nicht der zuständigen Behörde für die einzelnen Hunde nachgewiesen wird, dass diese keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweisen. Unter Abs. 2 werden unter anderem Rotteiler aufgeführt.
Gegen die Wirksamkeit der Hundesteuersatzung bestehen keine durchgreifenden Bedenken (1.). Weiterhin wurde die Satzung von der Beklagten im Einzelfall auch rechtmäßig angewandt (2.).
1. Die Beklagte konnte die Hundesteuersatzung auf der gesetzlichen Grundlage des Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) erlassen. Die Grenzen der hiernach zulässigen Aufwandsteuer werden durch die Hundesteuersatzung der Beklagten nicht überschritten.
Bei der Hundesteuer handelt es sich um eine traditionelle örtliche Aufwandsteuer, denn das Halten eines Hundes geht über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen – wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen – zusätzlichen Vermögensaufwand. Definitionsgemäß verfolgt die Steuer den Zweck der Einnahmenerzielung (vgl. § 3 Abs. 1 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 b KAG). Der Satzungsgeber kann daneben mit der Steuer jedoch auch Lenkungswirkungen als Haupt- oder Nebenzweck verfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 – 11 C 8/99 – BVerwGE 110, 265, juris Rn. 27 m.w.N.). Vorliegend verfolgt die HStS, indem sie über den Verweis in ihrem § 5 Abs. 2 auf § 1 KampfhundeVO die Haltung aller Hunde der dort aufgeführten Hunderassen mit einem erhöhten Steuersatz belegt, das zulässige lenkende Ziel, die Haltung von abstrakt als gefährlich angesehenen Hunden, aufgrund der mit ihr verbundenen Beeinträchtigungen der Allgemeinheit, einzudämmen (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2017 – 4 CS 17.1894 – juris Rn. 7; B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 29). Denn § 1 KampfhundeVO enthält eine Aufzählung abstrakt gefährlicher Hunderassen (vgl. BayVerfGH, U.v. 12.10.1994 – Vf. 16-VII-92 – BayVerfGHE 47, 207).
Dabei musste die Beklagte auch nicht diejenigen Hunde von der höheren Besteuerung ausnehmen, für die ein Nachweis i. S. d. § 1 Abs. 2 KampfhundeVO darüber, dass sie keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweisen, vorgelegt wird.
Zunächst ist festzustellen, dass die Beklagte dadurch, dass sie in § 5 Abs. 2 Satz 2 HStS alle Hunde der in § 1 KampfhundeVO genannten Rassen und Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzung untereinander oder mit anderen Hunden als Kampfhunde i. S. d. HStS definiert, die Differenzierung des § 1 KampfhundeVO zwischen Hunden, welche stets als Kampfhunde gelten (§ 1 Abs. 1 KampfhundeVO), und solchen, deren Kampfhundeeigenschaft widerleglich vermutet wird (§ 1 Abs. 1 KampfhundeVO), nicht übernimmt, eindeutig auch Hunde, welche unter § 1 KampfhundeVO fallen und für die nachgewiesen wird, dass diese keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweisen, als Kampfhunde definiert (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris; VG Bayreuth, GB. v. 16.1.2020 – juris Rn. 22). Dem steht nicht entgegen, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 HStS zunächst Kampfhunde abstrakt als Hunde definiert, bei denen auf Grund rassenspezifischer Merkmale, Zucht und Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist und hierdurch auf die individuelle Gefährlichkeit des konkreten Hundes unabhängig von seiner Rasse abstellt. Denn dies steht nicht im Widerspruch zur Konkretisierung der Kampfhundedefinition durch den Verweis des § 5 Abs. 2 Satz 2 HStS auf die Hunderassenlisten des § 1 KampfhundeVO und dem damit einhergehenden Abstellen auf die abstrakte Gefährlichkeit der Hunde dieser Rassen. Satz 1 hat den Zweck zusätzlich zu den Hunden der abstrakt als gefährlich geltenden Hunderassen auch Hunde anderer Züchtungen, welche nicht in der KampfhundeVO aufgeführt sind, wie z. B. ausländische Kampfhunderassen, welche ebenfalls Hunde hervorgebracht haben, die mit einem nicht zu unterschätzenden Aggressionspotential ausgestattet sind, als Kampfhunde zu definieren (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 – 11 C 8/99 – BVerwGE 110, 265, juris Rn. 52; VG Würzburg, U.v. 22.9.2004 – W 2 K 03.892 – juris Rn. 41 ff.). Er kommt nur zur Anwendung, wenn nicht bereits seine Konkretisierung in Satz 2 greift, da diese naturgemäß enger gefasst ist. Würde es lediglich auf die abstrakte Definition des Satz 1 ankommen, wäre die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 HStS wirkungslos und mithin überflüssig.
Der Satzungsgeber ist bei der Definition des Steuertatbestandes und mithin vorliegend des Begriffs des Kampfhundes nicht an den Kampfhundebegriff der KampfhundeVO gebunden. Das Negativzeugnis nach § 1 Abs. 2 KampfhundeVO lässt nur die gem. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG bestehende, sicherheitsrechtliche Erlaubnispflicht für die Haltung von Kampfhunden entfallen, bindet den kommunalen Satzungsgeber jedoch nicht an seine Definitionen. Vielmehr kann der Satzungsgeber im Rahmen seiner Satzungskompetenz aus § 13 KAG den Steuertatbestand und mithin den Begriff des Kampfhundes eigenständig definieren. Hierbei verfügt er hinsichtlich Typisierungen und Pauschalierungen über weitgehende Gestaltungsfreiheit und hat daher bei der Auswahl der als abstrakt gefährlich eingeschätzten Hunde einen beträchtlichen Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 – 11 C 8.99 – juris). Er kann daher auf (dynamische) Verweisungen in andere Normen zurückgreifen und hierbei diese Verweisung einschränken. Die streitgegenständliche, dynamische Verweisung in § 5 HStS auf die KampfhundeVO, ist daher jedenfalls so lange rechtlich zulässig, wie es keine tatsächlichen Anhaltspunkte gibt, dass die zugrundeliegenden Erkenntnisse offensichtlich überholt sind (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2005 – 10 B 34.05 – juris). Die Einordnung eines Rottweilers als abstrakt gefährlichen Hund ist dabei nicht zu beanstanden. Entgegenstehende neuere Erkenntnisse wurden von dem Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Dass es nach Vortrag des Klägers durch den streitgegenständlichen Hund bisher zu keinen Zwischenfällen gekommen sei, reicht zur Widerlegung der abstrakten Gefährlichkeit der Rasse jedenfalls nicht aus.
Dass Hunde, bei denen nachgewiesen ist, dass sie keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweisen, unter den erhöhten Hundesteuersatz fallen steht auch nicht im Widerspruch zum Lenkungsziel oder der Lenkungseignung der Kampfhundesteuer.
Zunächst ist das Lenkungsziel die Eindämmung der Haltung abstrakt gefährlicher und nicht lediglich konkret gefährlicher Hunde. Auch Hunderassen nach § 1 Abs. 2 KampfhundeVO sind Hunde, bei denen aufgrund ihrer Rassemerkmale von einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen ist. Die ordnungsrechtliche Erlaubnis zum Halten gefährlicher Hunde, welche den Nachweis der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters oder einen positiven Wesenstest des Hundes voraussetzt, lässt die abstrakte Gefährlichkeit der jeweiligen Hunderasse nicht entfallen. Auch zielt der Lenkungszweck von vornherein auf einen deutlich größeren Kreis von Fällen – nämlich die potentiellen Halter solcher Hunde – als die ordnungsrechtliche Pflicht zur Eignungsprüfung und zum Wesenstest. Letztere betrifft nur die Halter, die sich ungeachtet der erhöhten Besteuerung zur Anschaffung eines nach Maßgabe der Rasseliste als gefährlich vermuteten Hundes entschlossen haben. Das Abstellen auf individuelle Auffälligkeit würde das sonst vorbeugende Element der Lenkungsabsicht verfehlen und die Steuer dann ihre Lenkungswirkung gar verlieren (vgl. BVerwG, B.v. 28. Juni 2005 – 10 B 22/05 – juris Rn. 9 f.). Die unwiderlegliche Vermutung der Gefährlichkeit ist auch in besonderer Weise dazu geeignet, das Lenkungsziel zu erreichen. Müssten in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von der höheren Besteuerung gewährt werden, würde dies dem steuerlichen Lenkungszweck, den Bestand an potentiell gefährlicheren Hunden möglichst gering zu halten, gerade zuwiderlaufen (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 – 11 C 8/99 – BVerwGE 110, 265). Überdies ist die Anknüpfung an das abstrakte Gefahrenpotential sachgerecht, da aus der abstrakten Gefährlichkeit bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine akute Gefährlichkeit erwachsen kann (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8/13 – BVerwGE 150, 225; BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 29; 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris Rn. 8).
Ferner war die Beklagte auch nicht dazu verpflichtet, die Kampfhunde, welche bereits vor Einführung des erhöhten Steuersatzes auf ihrem Gebiet gehalten wurden, auszunehmen. Denn auch die erhöhte Besteuerung dieser Hunde ist dazu geeignet die Kampfhundepopulation in der Gemeinde niedrig zu halten. Die bereits auf dem Gemeindegebiet gehaltenen Kampfhunde sind Teil der ins Auge gefassten Kampfhundepopulation. Wenn aufgrund des erhöhten Steuersatzes bisherige Halter auf die weitere Haltung der Kampfhunde verzichten, trägt dies ebenso wie der Verzicht auf die Anschaffung eines solchen Hundes zu einer niedrigen Kampfhundepopulation zu und hat somit Lenkungseignung (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.2018 – 9 BN 1/18 – juris Ls.).
Eine Nichtigkeit der Hundesteuersatzung ist auch nicht unter dem Aspekt der erdrosselnden Wirkung erkennbar.
Der Satzungsgeber hat auch bezüglich der Höhe des Kampfhundesteuersatzes einen relativ großen Spielraum. Dieser wird erst überschritten, wenn die Steuer „erdrosselnde Wirkung“ hat, mithin, wenn sie so ausgestaltet ist, dass sie die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich macht, also im Ergebnis einem Verbot der Kampfhundehaltung gleichkäme. Denn dann würde die Aufwandssteuer unzulässigerweise nicht mehr zur Einnahmeerzielung erhoben (vgl. VG München U.v. 27.9.2012 – M 10 K 11.6018 – juris Rn. 31) und für ein sicherheitsrechtliches Verbot fehlt der Beklagten die Regelungskompetenz (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 39 m.w.N.). Hinsichtlich der Verbotswirkung ist auf den durchschnittlichen Steuerpflichtigen im Gemeindegebiet und nicht auf den individuellen Steuerpflichtigen – hier der Kläger – abzustellen. Denn, ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (BVerwG, B.v. 31.11.1990 – 8 B 72/90 – juris Rn. 2; BVerfG, B.v. 6.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325, 348). Da der Maßstab für die Bemessung der Hundesteuer als Aufwandsteuer die in der Vermögensaufwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit ist, ist zur Feststellung, ob der Steuer eine Verbotswirkung zukommt, die Höhe des Steuersatzes auch ins Verhältnis zum durchschnittlichen Haltungsaufwand für Kampfhunde zu stellen (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8/13 – juris Rn. 29). Nach allgemeiner Lebenserfahrung wird ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger sich den besteuerten Aufwand, hier die Anschaffung bzw. Haltung eines Kampfhundes, nicht mehr leisten, wenn die Steuer außer Verhältnis zu dem Aufwand steht (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8/13 – juris Rn. 29). Bei dem vorliegenden Steuersatz von 600,00 EUR für einen Kampfhund pro Jahr ist hiervon nicht auszugehen, da er unter dem Haltungsaufwand liegt. Der Haltungsaufwand setzt sich durch die laufenden Unterhaltskosten, wie Futter, Versicherungen, Zubehör, Tierarztkosten etc., einmalig anfallende Kosten, wie Anschaffungs- und Bestattungs- bzw. Tierkörperbeseitigungskosten sowie besondere Kosten im Zusammenhang mit der Kampfhundeeigenschaft, wie Kosten für den Wesenstest, die Gebühr für das Negativzeugnis sowie gegebenenfalls Kosten für sicherheitsrechtliche Auflagen wie Maulkorb oder Zwinger zusammen (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8/13 – juris Rn. 30). 2006 belief sich der durchschnittliche Jahresaufwand für die Hundehaltung eines normalen Hundes auf 900,00 bis 1.000,00 EUR (vgl. Ohr/ Zeddies: Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland 2006, https://www.uni-goettingen.de/de/document/download/acc4738b75a72a7c8fc9fbd5f9a59f78.pdf/Abschlussbericht%20freigegeben.pdf S. 26, zuletzt aufgerufen am 9.5.2022). Es ist davon auszugehen, dass der Aufwand für Kampfhunde dies übersteigt (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8/13 – juris Rn. 32) sowie dass er sich seit 2006 erhöht hat (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris Rn. 9). Die durch den Kläger vorgetragenen durchschnittlichen Unterhaltungskosten seines Hundes stellen dies nicht in Frage. Denn hiernach würden sich bereits Futter-, Tierarzt- und Versicherungskosten auf 565,00 EUR belaufen. Da in den Haltungsaufwand jedoch noch weitere Posten einzustellen sind, ist davon auszugehen, dass der Haltungsaufwand des Klägers den Steuersatz von 600,00 EUR ebenfalls deutlich übersteigt. Der Steuersatz liegt daher unverkennbar unter dem Haltungsaufwand eines Kampfhundes und steht mithin nicht außer Verhältnis zu diesem.
Der Kampfhundesteuersatz in Höhe von 600,00 EUR ist auch nicht angesichts der durchschnittlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen im Gemeindegebiet unverhältnismäßig. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das durchschnittliche Einkommen im Gemeindegebiet der Beklagten auffällig niedrig ist. Nach der kommunalen Statistik für die Beklagte aus dem Jahr 2019 (https://www.statistik.bayern.de/ …f, zuletzt abgerufen am 9.5.2022) betrug der Gesamtbetrag der Einkünfte je Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen der Beklagten im Jahr 2015 durchschnittlich 37.692 EUR. Eine besonders schlechte wirtschaftliche Situation lässt sich diesen Zahlen nicht entnehmen. Einem Steuersatz von 600,00 EUR kommt daher auch unter diesem Gesichtspunkt keine Verbotswirkung zu.
Auch aus der Relation des Kampfhundesteuersatzes zum Steuersatz für die anderen Hunde (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – juris; VG Bayreuth, G. v. 16.1.2020 – juris Rn. 22) ergibt sich keine Unverhältnismäßigkeit der Kampfhundesteuer. Vorliegend beträgt die Höhe der Steuer für einen Kampfhund das zwölffache der Steuer für einen anderen Hund und bewegt sich im Rahmen dessen, was bisher in der Rechtsprechung als zulässig erachtet wurde (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris Rn. 9; B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 27ff.; VG Bayreuth G.v. 16.1.2020 – B 4 K 18.1164 – juris Rn. 23; OVG RhPf U.v. 17.1.2017 – 6 A 10616/16 – juris Rn. 33 f.) Angesichts des Lenkungszweckes, die Population von Kampfhunden niedrig zu halten, ist dies auch im vorliegenden Fall angemessen.
Eine Unverhältnismäßigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Steuersatz durch seine Höhe dazu geeignet ist, jemanden von der Haltung eines Kampfhundes abzuhalten. Dies führt gerade zur Erfüllung des verfolgten Lenkungszwecks. Demjenigen, der trotzdem einen solchen Hund halten möchte, wird dies wie erläutert nicht wegen der zusätzlichen steuerlichen Belastung unmöglich gemacht.
Ferner kommt der Einführung der höheren Besteuerung auch für bereits gehaltener Kampfhunde keine unzulässige Rückwirkung zu (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 – 11 C 8/99 – BVerwGE 110, 265). Zunächst liegt schon keine echte Rückwirkung vor, da diese eine Rückwirkung von Rechtsfolgen für bereits abgeschlossene Tatbestände voraussetzt. Vorliegend liegt jedoch kein abgewickelter, der Vergangenheit angehörender Tatbestand vor, in den nachträglich ändernd eingegriffen wird. Die Anschaffung eines Hundes ist typischerweise eine auf Dauer angelegte Entscheidung des Hundehalters, weshalb bei der Hundehaltung ein einheitlicher Lebenssachverhalt vorliegt, der sich nicht in nach Steuerjahren gegliederte Abschnitte zerlegen lässt. Bei der Besteuerung handelt sich daher um eine unechte Rückwirkung. Diese ist grundsätzlich zulässig, sofern nicht überwiegende Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes im Einzelfall ihre Unzulässigkeit ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 -11 C 8/99 – BVerwGE 110, 265-277, 270). Das Vertrauen der Kampfhundehalter, für bereits gehaltene Hunde werde die Steuer nicht erhöht, wird rechtlich nicht geschützt. Die Erwartung, der bisherige steuerliche Zustand werde jedenfalls im Großen und Ganzen unverändert bleiben, reicht für einen Vertrauenstatbestand nicht aus. Der Gesetzgeber hat einen weitgehenden Gestaltungsspielraum, bestehende Gesetze zu ändern und neue Pflichten zu begründen. Dementsprechend darf der Bürger nur bei besonderen Vertrauenstatbeständen erwarten, dass die Gesetzeslage unverändert bestehen bleibt. Dies gilt auch für die Schaffung einer zusätzlichen (kommunalen) Steuer und die Änderung eines (kommunalen) Steuertarifs (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 -11 C 8/99 – BVerwGE 110, 265, 270). Ein solcher besonderer Vertrauenstatbestand ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Bescheid auch materiell rechtmäßig, da der Wesenstest nicht dazu führt, dass für seinen Rottweiler nur noch die Hundesteuer für Nichtkampfhunde erhoben werden kann. Nach §§ 1, 5 HStS unterliegt das Halten eines über vier Monate alten Kampfhundes im Gemeindegebiet einer gemeindlichen Jahresaufwandsteuer in Höhe von 600,00 EUR. Gem. § 3 Abs. 1 HStS ist der Halter des Hundes Steuerschuldner. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 HStS sind alle in § 1 KampfhundeVO aufgeführten Rassen und Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden unwiderleglich Kampfhunde i. S. d. HStS. Da Rottweiler § 1 Abs. 2 KampfhundeVO unterfallen, ist der Hund des Klägers ein Kampfhund im Sinne der HStS. Der Kläger hält den 6 Jahre alten Hund auch auf dem Gebiet der Gemeinde.
Damit konnte die Beklagte den erhöhten Kampfhundesteuersteuersatz trotz Negativattests festsetzen und für 2021 erheben.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.


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