Europarecht

Ordnungsgemäße Revisionsbegründung

Aktenzeichen  VI R 26/15

Datum:
11.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2017:B.110117.VIR26.15.0
Normen:
§ 120 Abs 3 Nr 2 FGO
Spruchkörper:
6. Senat

Leitsatz

NV: Eine ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung materiellen Rechts eingelegte Revision kann nicht in einer den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 FGO genügenden Weise ausschließlich mit Angriffen gegen die tatsächliche Würdigung durch das FG begründet werden, es sei denn, es werden Umstände bezeichnet, aus denen sich schlüssig ergibt, dass die vom FG in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen mit den Denkgesetzen oder mit allgemeinen Erfahrungssätzen unvereinbar sind .

Verfahrensgang

vorgehend FG Münster, 25. März 2015, Az: 7 K 3010/12 L, Urteil

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 25. März 2015 7 K 3010/12 L wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist wirtschaftliche Trägerin des Handballbundesligabetriebes des A-Vereins.
2
Sie schloss mit einzelnen Handballspielern Arbeitsverträge ab und stellte diese als Spieler des Deutschen Handball-Bundes (DHB) an. Laut § 1 der Verträge waren die Satzung und die Ordnungen des DHB in ihren jeweiligen Fassungen maßgebend für die gesamte Betätigung als Bundesliga-Spieler. Die Spieler erkannten insofern insbesondere die Spielerordnung des DHB (SpO) und die Rechts- und Verfahrensordnung des DHB ausdrücklich als verbindlich an und unterwarfen sich diesen Bestimmungen.
3
§ 2 der Verträge regelte die “Pflichten des Spielers” wie folgt: “Der Spieler verpflichtet sich, seine ganze Kraft und sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Arbeitgeber einzusetzen, alles zu tun, um sie zu erhalten und zu steigern und alles zu unterlassen, was ihm im Allgemeinen und im Besonderen vor und bei Veranstaltungen des Arbeitgebers abträglich sein könnte. Gemäß diesen Grundsätzen ist der Spieler insbesondere verpflichtet:
4
a) an allen Vereinsspielen und Lehrgängen, am Pflichttraining und an allen Spielerbesprechungen und sonstigen der Spiel- und Wettkampfvorbereitung dienenden Veranstaltungen teilzunehmen. Dies gilt auch, wenn ein Mitwirken als Spieler oder Ersatzspieler nicht in Betracht kommt. …”
5
Im Weiteren waren in § 2 Obliegenheitspflichten hinsichtlich der medizinischen Versorgung, der Teilnahme an Öffentlichkeitsarbeit, Auftreten in der Öffentlichkeit und der sportlichen Fairness geregelt. Eine Verpflichtung des Spielers zur Teilnahme an Spielen der deutschen Nationalmannschaft wurde nicht aufgeführt.
6
Zu den “Pflichten des Arbeitgebers” heißt es in § 4: “Der Arbeitgeber verpflichtet sich neben der Bezahlung der vereinbarten Vergütung (§ 5) insbesondere zu folgendem: … e) den Spieler für Berufungen im Rahmen von Länderspielen und Auswahlspielen laut IHF-Satzung für die Nationalmannschaft Deutschlands und seiner Mitgliedsverbände, Vorbereitungslehrgänge und Trainingslager abzustellen. …”
7
In § 5 sind die Vergütung des Spielers und in § 6 Einsatz, Tätigkeit und Vertragsstrafen unter Hinweis auf die Anlage I zum Vertrag im Einzelnen –hinsichtlich Art und zeitlichem Umfang– geregelt.
8
In § 82 SpO heißt es zum “Abstellen von Spielern” u.a.: “(1) Spieler, die zu einem Auswahlspiel oder zu einem Lehrgang einberufen werden, müssen zu diesem Zweck von ihrem Verein freigegeben werden. Die Einberufung ist dem zuständigen Verband mitzuteilen. … (4) Spieler, die Auswahlspielen oder Schulungs- bzw. Sichtungslehrgängen –mit Ausnahme von Übungsleiterlehrgängen– fernbleiben, dürfen für die Tage der Veranstaltung in keiner Mannschaft ihres Vereins zum Einsatz kommen, sofern keine Freigabe durch die einberufende Stelle erfolgt ist. Bei Verstößen gegen dieses Verbot ist das Spiel der betreffenden Mannschaft als verloren zu werten und ihr Verein mit einer Geldstrafe zu belegen – vgl. § 19 Abs. 1 Buchst. h) und Abs. 2 Rechtsordnung. Das Spielverbot gilt jedoch nicht als persönliche Sperre des Spielers. Der Spieler, der gegen das Verbot von Satz 1 verstößt, kann gesperrt werden – vgl. § 20 Rechtsordnung. (5) Spieler, die unentschuldigt nicht an Lehrgängen und Auswahlspielen teilnehmen, können gesperrt werden. Verschuldet ein Verein die Nichtteilnahme, ist in jedem Fall eine Geldstrafe zu verhängen. …”
9
Im Übrigen wird auf die Satzung des DHB, den Grundlagenvertrag zwischen dem DHB und dem Ligaverband (Handball-Bundesliga-Vereinigung Männer e.V.), die SpO, die Rechtsordnung des DHB, die Satzung der Europäischen Handball Föderation und die Statuten der Internationale Handball Federation Bezug genommen.
10
Die bei der Klägerin angestellten Spieler wurden mehrfach vom DHB zu Länder- und Auswahlspielen sowie zu Vorbereitungslehrgängen und Trainingslagern eingeladen. Die Einladung erfolgte jeweils durch direkt an die Spieler gerichtete Einladungsschreiben. Die Spieler erhielten für ihre Teilnahme ein Entgelt sowie Reisekostenersatz, wobei der DHB den Betrag unmittelbar auf ein vom Spieler benanntes Konto überwies. Die Höhe der Entgelte wurde zwischen dem Spielerrat und dem DHB ausgehandelt. Die Klägerin war in diese Verhandlungen und in den Zahlungsweg nicht eingebunden. Sie wurde über den Einsatz der Spieler als Nationalspieler durch die Übersendung einer Kopie des an den Spieler gerichteten Einladungsschreibens unterrichtet.
11
Vereinbarungen über die Zahlung von Abstellprämien oder einer Kostenerstattung zwischen der Klägerin und dem DHB gab es nicht. Es wurden auch keine entsprechenden Zahlungen des DHB an die Klägerin geleistet.
12
Die steuerrechtliche Behandlung der Zahlungen des DHB an die Spieler war Gegenstand einer vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bei der Klägerin im Jahre 2010 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung. Das BZSt war der Ansicht, bei den Zahlungen des DHB an die Spieler handele es sich um Lohnzahlungen Dritter gemäß § 38 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Für den Prüfungszeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 kam man zu einer einvernehmlichen Regelung, dass auf eine Haftungsinanspruchnahme verzichtet werde und Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter ergehen würden. Die Klägerin kündigte an, auch in Zukunft keine Lohnsteuer für die Zahlungen des DHB an die Spieler einzubehalten.
13
Eine daraufhin unmittelbar angeordnete Anschlussprüfung für den Zeitraum von Januar 2010 bis einschließlich Juli 2010 kam zu dem Ergebnis, dass eine vorzunehmende Lohnversteuerung der durch den DHB gezahlten Prämien seitens der Klägerin nicht erfolgt war und diese nun für die nicht abgeführten Lohnsteuerbeträge gemäß § 42d EStG in Haftung zu nehmen sei.
14
In Auswertung der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) einen Lohnsteuerhaftungsbescheid, mit dem er die Klägerin für die auf die durch den DHB an die Spieler gezahlten Vergütungen entfallende Lohnsteuer für den Zeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Juli 2010 in Haftung nahm. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
15
Der Klage auf Aufhebung des Haftungsbescheids gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 989 veröffentlichten Gründen statt. Es war im Wesentlichen der Auffassung, die Zahlungen an die Spieler stellten keine Lohnzahlungen des DHB als Dritten dar, da diese schon keine durch das Dienstverhältnis der Spieler zu der Klägerin veranlassten Gegenleistungen seien. Insoweit fehle es insbesondere an einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung der Spieler zur Teilnahme an Maßnahmen des DHB. Die weiteren Umstände (wie u.a. die Einladungspraxis, die Aushandlung der Vergütungen zwischen dem Spielerrat und dem DHB) sprächen für eine gesonderte, von dem Dienstverhältnis mit der Klägerin getrennte Rechtsbeziehung zwischen den Spielern und dem DHB.
16
Dagegen wendet sich das FA mit seiner Revision, die es auf eine Verletzung materiellen Rechts stützt.
17
Es beantragt sinngemäß,das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
18
Die Klägerin beantragt,die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

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