Europarecht

Schadensersatz bei Erwerb eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs: Bemessung des im Rahmen des Vorteilsausgleichs anzusetzenden Nutzungsvorteils; neuer Vortrag zur zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs in der Berufungsinstanz

Aktenzeichen  VI ZR 720/20

Datum:
18.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:180521UVIZR720.20.0
Normen:
§ 249 BGB
§ 826 BGB
§ 287 ZPO
§ 402 ZPO
§§ 402ff ZPO
§ 531 Abs 2 ZPO
Spruchkörper:
6. Zivilsenat

Leitsatz

1. Zur Zurückweisung des die zu erwartende Gesamtleistung eines Fahrzeugs betreffenden neuen Vortrags in der Berufungsinstanz in einem sogenannten Dieselfall.
2. Das Tatgericht ist bei der im Rahmen des Vorteilsausgleichs vorzunehmenden Bemessung des Nutzungsvorteils in einem sogenannten Dieselfall grundsätzlich nicht gehalten, zur Ermittlung der zu erwartenden Gesamtlaufleistung des betroffenen Pkws ein Sachverständigengutachten einzuholen; es kann diese vielmehr grundsätzlich selbst ohne sachverständige Hilfe gemäß § 287 ZPO schätzen (Fortführung Senatsurteile vom 27. April 2021 – VI ZR 812/20, juris Rn. 18 und vom 23. März 2021 – VI ZR 3/20, juris Rn. 11).

Verfahrensgang

vorgehend OLG Stuttgart, 9. April 2020, Az: 1 U 251/19, Urteilvorgehend LG Stuttgart, 17. April 2019, Az: 18 O 474/18

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. April 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger erwarb im September 2012 in einem Autohaus einen von der Beklagten hergestellten Neuwagen VW Tiguan Sport & Style 4Motion BM Techn. 2.0 I TDI. In diesem Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA189 verbaut. In dessen Motorsteuerung wurde seitens der Beklagten eine Software zur Abgassteuerung installiert, die über zwei unterschiedliche Betriebsmodi zur Steuerung der Abgasrückführung verfügt. Der “Modus 1” ist im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimiert. Er wird auf dem Prüfstand für die Bestimmung der Fahrzeugemissionen nach dem maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) automatisch aktiviert und bewirkt eine höhere Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Im normalen Fahrbetrieb ist der “Modus 0” aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und zu einem höheren Stickoxidausstoß führt. Im November 2016 wurde dem Fahrzeug deshalb ein Software-Update aufgespielt. Im Wesentlichen mit der Behauptung, er sei vor dem Hintergrund der dargestellten, unzulässigen Software zur Abgassteuerung, die eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle, sittenwidrig getäuscht und durch den Abschluss des Kaufvertrags geschädigt worden, nimmt der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Höhe von 33.789 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des von ihm erworbenen Pkw in Anspruch.
2
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 23.589,45 € nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen nur zur Zahlung von 22.362,01 € nebst Zinsen verurteilt wird. Die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Antrag, soweit ihm nicht stattgegeben worden ist, weiter.


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