Europarecht

Unzulässige Klage gegen Baubehörde da die Straßenverkehrsbehörde (hier: Autobahndirektion) zuständig ist: Werbeanlage

Aktenzeichen  M 9 K 19.109

Datum:
23.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51629
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Bay BO § 56 S. 2
StVO § 33 Abs. 1 S. 2
StVO § 46

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Vorliegend fehlt die sachliche Zuständigkeit der Beklagten. Die Klage ist deshalb wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
Nach Art. 56 Satz 1 Nr. 5 Bay BO ist keine Baugenehmigung zu erteilen, wenn eine Werbeanlage eine Ausnahmegenehmigung nach Straßenverkehrsrecht braucht. In diesem Falle ist nach Art. 56 Satz 2 Bay BO die Autobahndirektion zuständig. Maßstab für die Abgrenzung ist, ob hinsichtlich der Werbeanlage eine straßenverkehrsrechtliche Relevanz besteht und deshalb der Anwendungsbereich des § 33 StVO berührt ist. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 und Satz 1 StVO darf durch innerörtliche Werbung der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden, dass am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Über die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO entscheidet die zuständige Landesbehörde, d. h. die Autobahndirektion. Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Anwendungsbereich des § 33 StVO keine konkrete Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs voraus. Es genügt eine abstrakte Verkehrsgefährdung. Maßstab ist, dass ganz allgemein nach der Erfahrung des täglichen Lebens mit gewisser Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs eintreten kann, wobei an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringe Anforderungen zu stellen sind, da im Straßenverkehr der möglicherweise eintretende Schaden sehr groß ist (Vergleich BVerwG, U. vom 20.10.1993 – 11 C 44.92; .OVG Münster, B. vom 31.01.2000 – 8 B 58/00).
Gemessen daran fehlt der Klage als Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung bereits das allgemeine Rechtschutzbedürfnis, da sie gegen den falschen Beklagten und auf Erteilung einer rechtlich unzulässigen Genehmigung gerichtet ist. Da eine abstrakte Verkehrsgefährdung durch die geplante Werbeanlage zu bejahen ist wird der Schutzbereich des § 33 StVO berührt. Dies hat zur Folge, dass die Autobahndirektion nach § 56 Satz 2 BayBO iVm §§ 33, 46 Abs. 1 StVO für eine ggf. notwendige Ausnahmegenehmigung zuständig ist.
Nach dem Ergebnis des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung sowie der Stellungnahme der Autobahndirektion im Baugenehmigungsverfahren vom 23.07.2018 ist eine Zulassung nach Straßenverkehrsrecht notwendig, da der Werbepylon von den Verkehrsteilnehmern der 170 m entfernten A 9 gut zu sehen sein wird. Dies ergibt sich bereits daraus, dass von der Autobahn aus auch andere Gebäude des Gewerbegebiets zu sehen sind und insbesondere der hohe Turm der Brauerei, bestückt mit Eigenwerbung, deutlich zu erkennen ist. Auch die Stellungnahme der Autobahndirektion, die detailliert eine Höhe von 20 m, eine Schriftgröße von 1/50 in Entfernung zur Autobahn, Inhalt der Eigenwerbung sowie die Werbefläche regelt, zeigt, dass die Werbeanlage straßenverkehrsrechtlich nicht völlig irrelevant ist. Da nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs für die Zuständigkeit der Straßenverkehrsbehörde allein die straßenverkehrsrechtliche Relevanz für den Anwendungsbereich des § 33 StVO maßgeblich ist (U vom 28.07.2015 – 11B15.76), fehlt es an einer sachlichen Zuständigkeit der Beklagten als Baugenehmigungsbehörde und damit am Rechtschutzbedürfnis für eine Klage gegen diese.
Da es bereits an der Zulässigkeit der Klage fehlt, ist für die vorliegende Entscheidung unerheblich, dass und warum die Autobahndirektion Südbayern am 23.07.2018 von der Zuständigkeit der Beklagten ausging. Für den Anwendungsbereich des § 33 StVO ist unerheblich, ob die Werbeanlage wie hier in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet an der Grenze zum innerstädtischen Bereich errichtet werden soll. Ebenfalls ist für die hier getroffene Entscheidung unerheblich, dass sich die festgesetzte Höhe von 20 m im Hinblick auf die Umgebungsbebauung nicht erschließt. Ebenfalls unerheblich ist in diesem Verfahren, dass die Autobahndirektion ihrer Stellungnahme rechtlich zweifelhaft zugrunde legt, dass sie den Inhalt der Eigenwerbung regulieren darf (Firmenname oder Logo).
Die Klage war mit Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm § 708 ff. ZPO.


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