Europarecht

Unzulässige Klage im Asylverfahren mangels ladungsfähiger Anschrift des Klägers

Aktenzeichen  M 12 K 15.30071

Datum:
9.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 82
AsylG AsylG § 26a, § 31 Abs. 4

 

Leitsatz

1 Die Nichtangabe einer ladungsfähigen Anschrift der Kläger führt zur Unzulässigkeit einer Klage (BVerwG NJW NJW 2012, 1527). (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Rückführung des Klägers nach Italien stehen derzeit keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen. Die Mängel des italienischen Aufnahme- und Versorgungssystems sind nicht derart flächendeckend und gravierend, dass von einem grundlegenden, systemischen Versagen Italiens ausgegangen werden müsste, dass mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta führt. (redaktioneller Leitsatz)
3 Das Gericht besitzt zwar nicht durch entsprechenden medizinischen Sachverstand vermittelte Sachkunde im Zusammenhang mit entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen, sodass es in erster Linie dem Sachverständigen überlassen ist, in welcher Art und Weise er seine Stellungnahme unterbreitet (ebenso BeckRS 2011, 54187). Dem Ergebnis ist aber nur dann zu folgen, wenn es schlüssig, nachvollziehbar und transparent hergeleitet ist und auf einer zutreffenden Grundlage beruht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Verwaltungsstreitsache konnte entschieden werden, obwohl zur mündlichen Verhandlung keiner der Parteien erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen (Klägerbevollmächtigter mit Empfangsbekenntnis am 12. 2. 2016; Bl. 43 der Behördenakte; Beklagte mit Empfangsbekenntnis am 12. 2. 2016, Bl. 45 der Behördenakte) und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
Verfahrensgegenstand ist der Bescheid des Bundesamtes vom 19. Januar 2015, mit dem vom Bundesamt festgestellt wurde, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Nr.1) und die Abschiebung nach Italien angeordnet wurde (Nr.2; Bl. 56 der Behördenakte).
Die Klage ist mangels ladungsfähiger Anschrift des Klägers bereits unzulässig, § 82 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist außer dem Namen des Klägers auch dessen ladungsfähige Anschrift anzugeben. Ladungsfähige Anschrift ist die Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 82 Rn. 3). Bei einer natürlichen Person ist dies in der Regel die Wohnungsanschrift. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird (Geiger in Eyermann, a. a. O.). Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers soll nämlich nicht nur dessen hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit sicherstellen und die Zustellung von Entscheidungen, Ladungen sowie gerichtlichen Verfügungen ermöglichen; sie soll vielmehr darüber hinaus auch gewährleisten, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann.
Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage (BVerwG, B. v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 – juris). Der Klägerbevollmächtigte hat trotz entsprechender Aufforderung des Gerichts in der Ladung zur mündlichen Verhandlung keine ladungsfähige Anschrift des Klägers mitgeteilt.
Die Klage ist auch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Kläger wurde in Vollzug der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheides vom 19. Januar 2015 am 17. Dezember 2015 nach Italien abgeschoben. Dies ergibt sich aus der mündlichen Mitteilung des Landratsamtes Eichstätt vom 5. Februar 2016 (Bl. 37 Rückseite der Gerichtsakte). Der angegriffene Bescheid hat sich mit der am 18. Dezember 2015 erfolgten Überstellung des Klägers nach Italien erledigt und entfaltet deshalb keine den Kläger betreffenden Rechtswirkungen mehr (VG Frankfurt, U. v. 28.11.2012 – 3 K 525/11.A – juris). Dies wird auch durch Art. 19 Abs. 1 i. V. m. Art. 18 Dublin III VO bestätigt, da Italien für den Kläger, der dort subsidiären Schutz erhalten hat, betreffend seines Asylantrags weiter zuständig ist.
Selbst wenn die Klage zulässig wäre, ist sie unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
Die Feststellung, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Nr. 1 des Bescheides), findet seine Rechtsgrundlage in Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG und § 31 Abs. 4 AsylG, nachdem dem Kläger in Italien subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 12. 2011 zuerkannt worden ist.
Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG kann sich auf das in dessen Absatz 1 gewährleistete Asylgrundrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem sicheren Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge – GFK – vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II. S.560) und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S.953) sichergestellt ist (BVerfG v. 14. 5. 1996 – 2 BvR 1938/93 – juris). Ausgehend hiervon wird eine Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylG nicht durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (nachfolgend Dublin III-VO) verdrängt, denn diese Verordnung findet auf Asylbewerber, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Italien – subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist, keine Anwendung. Dies ergibt sich daraus, dass das in dieser Verordnung geregelte Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedsstaates nach Art. 20 Dublin III-VO nur eingeleitet wird, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, über den noch nicht endgültig entschieden wurde (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, § 27a Rn. 34). Daran fehlt es indessen, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt und dort subsidiären Schutz erhalten hat (VG Trier, B. v. 14. 7. 2014 -5 L 1226/14.TR – juris)
Von daher stehen europarechtliche Bestimmungen einer Anwendung von § 26a AsylG nicht entgegen und ist von vornherein kein Raum für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO.
Der Asylantrag wurde zu Recht gem. § 26a AsylG abgelehnt, weil der Kläger aus Italien, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, und damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, § 26 Abs. 2 AsylG. Der Sinn des § 26a AsylG besteht darin, bei einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat die Berufung auf das Asylgrundrecht – und damit zugleich die sachliche Prüfung der bezüglich des Herkunftslandes geltend gemachter Verfolgungsgründe – auszuschließen (BVerfG v. 14. 5. 1996 – 2 BvR 1938/93 u. a., BVerfGE 94, 49ff. = NVwZ 1996, 700,702). Darüber hinaus lässt die Drittstaatenregelung nach dem ihr zugrundeliegenden Konzept der normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat nicht nur die Berufung auf das Asylgrundrecht, sondern auch auf die Rechtspositionen nach § 60 Abs. 1 (jetzt: § 3 AsylG) und § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (jetzt: § 4 AsylG, § 60 Abs.5 AufenthG; § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) im Hinblick auf den sicheren Rechtsstaat entfallen (so BVerfG v. 14. 5. 1996, a. a. O.).
Der Kläger hat mit seinem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationalen Schutz beantragt, § 13 Abs. 2 AsylG; eine Beschränkung des Asylantrags auf nur internationalen Schutz ist nicht erfolgt, § 13 Abs. 2 Satz 2 AsylG. Die Ablehnung des Antrags nach § 26a AsylG erfolgte daher zu Recht.
Eine Entscheidung „nur nach § 26a AsylG“ und damit auch nach § 31 Abs. 4 AsylG kommt nicht in Betracht, wenn eine Rückführung in den sicheren Drittstaat nicht möglich ist (Hailbronner, Ausländerrecht, AsylG, B 2, § 31 Rn. 82). Diese Voraussetzung ist aber vorliegend nicht gegeben, eine Rückführung nach Italien ist möglich (vgl. Schreiben der italienischen Behörden vom 11. November 2014, Bl. 55 der Behördenakte).
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (Nr. 2 des Bescheides). Gegen die Abschiebung kann eingewandt werden, dass eine Ausnahmesituation vorliegt, in welcher der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und daher zum Verfolgerstaat wird. In seltenen Ausnahmefällen kann sich schließlich aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich von seinen generell einzuhaltenden Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne Prüfung des Schutzgesuchs entledigt (Hailbronner, a. a. O., Rn. 84).
Ein solcher Ausnahmefall liegt im Fall des Klägers nicht vor. Er hat in Italien subsidiären Schutz erhalten, so dass er in sein Heimatland Eritrea nicht abgeschoben wird.
Ein Ausnahmefall liegt auch nicht deshalb vor, weil den Kläger in Italien schwere Menschenrechtsverletzungen erwarten würden. Ein Ausländer, der in einen Drittstaat zurückgewiesen werden soll, kann den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall – trotz normativer Vergewisserung – die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat – entgegen seiner sonstigen Praxis – Schutz verweigern (BVerfG, U. v. 14. 5. 1996 -2 BvR 1938/93 – juris). Die Sonderfälle im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln im Sinne der Ausführungen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs von 21. Dezember 2011 – C 411/10 und C 493/10 und vom 10. Dezember 2013 – C 394/12, wonach ein Asylbewerber einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden und die zugunsten des Mitgliedsstaates streitende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht, widerlegt ist (VG Augsburg, B. v. 3. 12. 2014 -Au 7 S 14.50321 – juris).
Systemische Mängel, die einer Überstellung nach Italien entgegenstehen könnten, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bei der Durchführung von Asylverfahren und Behandlung von Asylbewerbern in Italien nicht gegeben.
Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Oktober 2010 (BGBl. II S.1198) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention – GFK – und der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK – zukommt.
Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 – C – 411/10 und C – 493/10, NVwZ 2012, S.417 und juris; U. v. 14. November 2013 – C – 4/11, NVwZ 2014, S.129 und juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, U. v. 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 und 2315/93, BverfGE 94, Seite 49 = NJW 1996, S,1665 und juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedsstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedsstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013, a. a. O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, on anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedsstaat als für die Prüfung des Asylantrags bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedsstaat selbst prüfen (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013, a. a. O.).
Hat ein Ausländer – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist nicht auf systemische Mängel im Asylverfahren bzw. der Aufnahmebedingungen abzustellen, sondern darauf, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedsstaat im Sinne von Art. 4, 19 Abs. 2 Grundrechte-Charta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (VG Düsseldorf, B. v. 6.11.2014 – 17 L 2289/14.A – juris; VG Aachen, B. v. 5. 3. 2015 -8 L 739/14.A – juris ). Das Kriterium der systemischen Mängel hat Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen der Art. 4 Grundrechte-Charta bzw. Art. 3 EMRK.
Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR- Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007) i. V. m. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 EUV v. 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S.1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Abl. C 306, S.1, ber. Abl. 2008 C 111, S. 56 und Abl.2009 C 290, S.1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil v. 21. Januar 2011 -30696/09, EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder seelische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt oder fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu treffen.
Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 – 27725/10 -Mohammed Hussein u. a. gegen die Niederlande und Italien, ZAR 2013, S.336 und juris).
Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen – Aufnahmerichtlinie – (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach den Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 – 1 a 21/12.A – juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 – A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293 und juris).
Der Kläger, der bereits subsidiären Schutz in Italien genießt, hat dort ein Aufenthaltsrecht und hat dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige (Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das VG Freiburg vom 11. 7. 2012). Eine Person mit subsidiärem Schutz erhält eine drei Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis. Diese kann verlängert werden, wenn die Gründe, die zu ihrer Erteilung geführt haben, weiter bestehen. Ein Reisedokument wird ausgestellt, sofern die betreffende Person von den heimatlichen Behörden keinen Reisepass beantragen kann. Personen mit subsidiärem Schutz sind italienischen Bürgern in Bezug auf Arbeit, Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Sozialhilfe gleichgestellt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, 4.2.2.). Personen mit Schutzstatus haben grundsätzlich keinen Zugang zu den Unterkünften für Dublin-rücküberstellte Asylsuchende. Schutzberechtigte können auch nicht in den italienischen Erstaufnahmezentren unterkommen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, 5.2). Der Kläger muss sich selbst um Unterkunft kümmern, es gibt grundsätzlich keine staatlichen Hilfeleistungen. Das „Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati“ (SPRAR) bildet das Zweitaufnahmesystem in Italien. Es ist ein Netzwerk von Unterkünften, das auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium, den Gemeinden und verschiedenen Nichtregierungsorganisationen (NGO) basiert. Die SPRAR – Projekte umfassen nicht nur eine Wohnmöglichkeit, sondern ein intensives, individualisiertes Integrationsprojekt mit Sprachkursen, Berufsbildung, Unterstützung bei der Arbeitssuche etc. Zugang zum SPRAR haben Asylsuchende und Schutzberechtigte. Im September 2013 erließ das italienische Innenministerium ein Dekret, wonach die SPRAR-Kapazität auf 16000 Plätze erhöht werden sollte; im Zeitpunkt der Reise der Schweizerischen Flüchtlingshilfe waren ab dem Jahr 2014 5000 Plätze vorgesehen. 150 der Plätze sind für Personen mit psychischen Problemen vorgesehen. Die SPRAR- Projekte arbeiten eng mit spezialisierten Psychiatern des öffentlichen Gesundheitssystems sowie mit NGO´s zusammen. Laut UNHCR ist es schwierig, einen der Plätze bei SPRAR zu erhalten, da es eine lange Warteliste gibt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, 5.2.1). Nach Gewährung des Schutzstatus sind die lokalen Behörden für die Unterstützung der Personen zuständig. Dabei gibt es in Italien riesige Unterschiede zwischen den Regionen. Die Situation ist in den Regionen Norditaliens besser als in Süditalien. Kirchliche und andere NGO´s bieten zusätzlich zu den gemeindlichen Zentren Notschlafstellen an (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., 4.3.2.). Der Kläger hat aber freien Zugang zum Arbeitsmarkt und kostenfreien Zugang zu allen öffentlichen medizinischen Leistungen wie alle Italiener auch (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15. 11. 2012 an das VG Gießen; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Freiburg v. 11. 7. 2012). Es gibt staatliche Arbeitsvermittlungen auf regionaler Ebene. Wie hoch die Chance ist, auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich eine Arbeit zu finden, hängt vom Einzelfall ab (Qualifikation, Eigenmotivation, Einsatz der Person, Unterstützung durch die Community; vgl. Auswärtiges Amt v. 21. 1. 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt). Anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge können von Hilfsorganisationen (z. B. Caritas, CIR -Consiglio Italiano per i Rifugati) Unterstützung bekommen (Auswärtiges Amt v. 21. 1. 2013).
Das Gericht schließt sich der Beurteilung des EGMR an, der infolge der umfassenden Auswertung der vorliegenden auch aktuellen Erkenntnismittel zu dem Ergebnis gekommen ist, dass zwar in einigen Bereichen, an einigen Orten insbesondere infolge des Eintreffens von Flüchtlingswellen immer wieder Mängel insbesondere bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu verzeichnen sind, diese jedoch nicht den Grad bzw. Umfang von systemischen Mängeln aufweisen. Der EGMR hat in seinem Beschluss vom 2. April 2013 (a. a. O.) ausgeführt:
„Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zweckes eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, einige Mängel aufweisen mag, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen, wie es im Fall M.S.S. gegen Belgien und Griechenland der Fall war. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars weisen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigen übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten sind. (…) Vor diesem Hintergrund kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt hat, dass ihr im Fall einer Rückkehr nach Italien aus wirtschaftlicher, gesundheitlicher und psychologischer Sicht ein tatsächliches und dringliches Härtefallrisiko droht, das schwer genug wiegen würde, um von Art. 3 EMRK erfasst zu werden.“
Der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U. v. 4. Mai 2011- 2 BvR 2333/08; BVerwGE 128, S.326 und juris) hat seine Rechtsauffassung über die Einschätzung der Situation der Asylsuchenden in Italien durch die Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10, HUDOC) ausdrücklich bestätigt.
Dieser Einschätzung schließt sich das Gericht mit einer Vielzahl weiterer Gerichte an: u. a. VGH Baden-Württemberg, a. a. O., OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., OVG Rheinland-Pfalz, a. a. O., OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 24. 6. 2013 – OVG 7 S 58/13, VG Stuttgart, U. v. 28. 2. 2014 – A 12 K 383/14; VG München, B. v. 24. 2. 2014 – M 11 S 14.30179; VG Düsseldorf, B. v. 7. 5. 2015 – 13 L 640/15.A; VG Gelsenkirchen, B. v. 6. 5. 2015 – 7a L 855/15.A; VG Minden, B. v. 4. 5. 2015 -1 L 305/15.A; VG Münster, B. v. 29. 4. 2015 – 1 L 417/15.A; OVG Lüneburg, U. v. 25. 6. 2015 – 11 LB 248/14; OVG NW, U. v. 24. 4. 2015 – 14 A 2356/12.A; VG Augsburg, B. v. 17. 7. 2015 – Au 7 S 15.50330 VG München, B. v. 20. 7. 2015 – M 25 S 15.50657; VG Augsburg, U. v. 20. 7. 2015 – Au 5 K 15.50310; VG Hannover, B. v. 29. 9. 2015 -13 B 4725/15; VG Düsseldorf, U. v.3. 7. 2015 -13 K 6850/14.A; VG Hannover, B. v. 29. 9. 2015 – 13 B 4725/15; VG Gelsenkirchen, U. v. 18.12.2015 – 9a K 4890/15.A; VG Dresden, B. v. 22.1.2016 – 12 L 23/16.A, BayVGH, U. v. 28.2.2014 – 13a B 13.30295; VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 – AN K 15.50316; VG München, B. v. 7.10.2015 – M 1 S 15.50961; alle juris).
Die Abschiebung kann auch trotz des vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attestes vom 26. Februar 2015 durchgeführt werden. Aus dem Attest des Facharztes für Psychiatrie Dr. …, … vom 23. Dezember 2014 ergibt sich für den Kläger ein depressives Syndrom und der Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung. Es bestehe die Notwendigkeit einer länger dauernden psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung. Es bestehe „Gefahr für sein Überleben in Italien“.
Die Beklagte hat bei der hier erfolgten Abschiebungsanordnung sowohl inlandsbezogene als auch auslandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, etwa die fehlende Reisefähigkeit oder eine bestehende Suizidgefahr bzw. eine nachhaltige Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes im Falle einer Abschiebung nach Italien (BayVGH, B. v. 12.3.2014 – 10 CE 14.247).
Zwar lassen sich die Anforderungen an die Qualität eines Gutachtens zum Vorliegen einer psychischen Erkrankung nicht abstrakt bestimmen. In erster Linie ist es dem Sachverständigen überlassen, in welcher Art und Weise er seine Stellungnahme unterbreitet. Dabei ist auch zu bedenken, dass das Gericht bei den in diesem Zusammenhang entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen keine eigene, nicht durch entsprechenden medizinischen Sachverstand vermittelte Sachkunde besitzt (BVerwG v. 17. 8. 2011, 10B 13/11). Gleichwohl ist dem Ergebnis eines Gutachtens oder der fachlichen Stellungnahme nicht blindlings, sondern nur dann zu folgen, wenn es schlüssig, nachvollziehbar und transparent hergeleitet ist und auf einer zutreffenden Grundlage beruht. Dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, muss vom Schutzsuchenden gegenüber dem Tatrichter und nicht gegenüber einem ärztlichen Gutachter nachgewiesen bzw. wahrscheinlich gemacht werden. Der objektive Erlebnisaspekt ist nämlich nicht Gegenstand der gutachtlichen ärztlichen Untersuchung zu einer psychischen Erkrankung. Allein mit psychiatrisch-psychotherapeutischen Mitteln kann nicht sicher darauf geschlossen werden, ob tatsächlich in der Vorgeschichte ein Ereignis vorlag und wie dieses geartet war (BayVGH v.15. 12. 2010, 9 ZB 10.30376). Nach den Darlegungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG v. 11.9.2007 – 10 C 17/07 -Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 31) muss sich aus dem Attest nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen der Erkrankung auf traumatische Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Krankheit nicht früher geltend gemacht worden ist (BVerwG v.11. 9. 2007, a. a. O.). Vorgelegte Gutachten müssen im Besonderen nachvollziehbar sein und den genannten Mindestanforderungen entsprechen (VG Düsseldorf v. 20.2.2003, juris).
Unter Beachtung vorgenannter Grundsätze genügt das vom Kläger vorgelegte Attest des Facharztes für Psychiatrie Dr. … nicht den vorgenannten Anforderungen an die Substantiierung des Vorliegens einer psychischen Erkrankung.
Dem vorgelegten ärztlichen Attest ist schon nicht zu entnehmen, dass der Kläger wegen seiner psychischen Erkrankung zurzeit transportunfähig oder reiseunfähig ist oder dass sich sein Gesundheitszustand durch eine Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern würde, so dass das vorliegende Attest zur Glaubhaftmachung eines tatsächlich bestehenden Abschiebungshindernisses nicht geeignet ist (BayVGH, B. v.28.10.2013 – 10 CE 13.2257 – juris). Aus dem Attest des Amtsarztes des Landratsamtes Eichstätt ergibt sich jedenfalls Reisefähigkeit des Klägers (Bl. 67 der Behördenakte). Aus dem Attest des Dr. … ergibt sich schon keine eindeutige Diagnose. Die Rede ist von einem depressiven Syndrom und dem Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Die Diagnosen werden nicht näher begründet, das Vorbringen des Klägers betreffend seine Flucht wird ungeprüft übernommen. Die Aussage im Attest, die Gefahr für das Überleben könnte durch fehlenden Zugang zur Behandlung oder durch eine Kurzschlusshandlung erfolgen, überzeugt nicht. Die Frage, ob Asylbewerber bzw. anerkannte Flüchtlinge in Italien Zugang zur medizinischen Behandlung haben, ist eine Sach- und Rechtsfrage, keine medizinische Fachfrage, für deren Beurteilung der Facharzt zuständig wäre. Der Hinweis auf eine mögliche „Kurzschlusshandlung“ ist durch nichts belegt und begründet. Des Weiteren finden sich keine konkreten Angaben über die bisherige und noch erforderliche Behandlung. Insgesamt genügt das Attest nicht den Anforderungen eine substantiiert dargelegten Abschiebungshindernisses wegen einer psychischen Erkrankung.
Darüber hinaus ist nach den vorliegenden Erkenntnissen das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger die Möglichkeit hat, in Italien die notwendige ärztliche Behandlung und Betreuung im Zusammenhang mit seiner psychischen Erkrankung zu erhalten. Wie oben dargelegt, haben subsidiär Schutzberechtigte in Italien freien Zugang zu medizinischen Leistungen. Eine ärztliche Versorgung auch im Rahmen einer psychischen Erkrankung ist gewährleistet. Eine kostenfreie medizinische Versorgung steht zudem auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind (VG Hannover, U. v. 7.11.2013 – 2 A 75/13, juris; VG Hamburg, U. v. 18.7.2013 -10 A 581/13, juris; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 17.6.2013 -OVG 7 S 33.13, juris).
Dass es gerade dem Kläger nicht möglich sein sollte, die erforderliche medizinische Versorgung angesichts seiner psychischen Erkrankung zu erhalten, steht zur Überzeugung des Gerichts nicht fest. Eine ausreichende medizinische Versorgung des Klägers ist jedenfalls dann gewährleistet, wenn seine Reisefähigkeit gegeben ist und die deutschen Behörden schon im Vorfeld der Überstellung Kontakt mit den italienischen Behörden aufnehmen und diese über die individuellen Bedürfnisse des Antragstellers informieren. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen – wie etwa psychisch Kranken – nach Italien keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 unter Verweis auf die Rechtsprechung des EMRK).
Demnach bestehen im konkreten Fall des Klägers insbesondere im Hinblick auf seine psychische Erkrankung keine grundlegenden Bedenken gegen eine Überstellung nach Italien. Im Übrigen war es dem Kläger offenbar nach der Abschiebung nach Italien durchaus möglich, aus Italien wieder nach Deutschland einzureisen, ohne von seiner Erkrankung daran gehindert zu werden.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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