Europarecht

Verjährungshemmung bei fehlerhafter öffentlicher Zustellung der Klage

Aktenzeichen  41 O 16423/15

Datum:
22.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 46655
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
InsO § § 15a, § 80 Abs. 1
GmbHG § 43 Abs. 4, § 64 S. 4
BGB § 204, § 206, § 823 Abs. 2
ZPO § 185, § 188, § 189

 

Leitsatz

1. Eine unzulässige öffentliche Zustellung der Klage bewirkt keine Hemmung der Verjährung.   (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beruht die Unwirksamkeit einer öffentlichen Zustellung auf einer unrichtigen Sachbehandlung durch das Gericht, kann grundsätzlich eine Hemmung der Verjährung wegen höherer Gewalt in Betracht kommen. Sie greift jedoch nur ein, wenn die verjährungshemmende Wirkung einer Zustellung infolge eines – für den Gläubiger unabwendbaren – gerichtlichen Fehlers nicht eintritt. Die Berufung auf eine für ihn unabwendbare Beantragung der öffentlichen Zustellung der Klageschrift aufgrund des Verhaltens des Gerichts setzt voraus, dass der Kläger seinerseits alles ihm Zumutbare getan hat, eine zustellungsfähige Adresse des Beklagten herauszufinden (ebenso BGH BeckRS 2016, 112137). (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 31.05.2016 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention zu tragen.
3. Das Urteil ist für den Beklagten und die Nebenintervenientin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 426.367,68 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ansprüche des Klägers sind verjährt
A.
Der Einspruch der Nebenintervenientin ist zulässig.
I.
Der Beitritt der Nebenintervenientin auf Seiten des Beklagten ist zulässig gem. §§ 66, 70 ZPO. Der Einspruch der Nebenintervenientin wirkt damit auch zugunsten des Beklagten, § 67 ZPO. Die Nebenintervenientin hatte ein rechtliches Interesse i.S.d. § 66 ZPO. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist weit auszulegen. Der Nebenintervenient muss zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis stehen, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt. Das rechtliche Interesse ist dann gegeben, wenn die Rechtsstellung des Nebenintervenienten durch das Unterliegen der unterstützten Partei im Prozess rechtlich verschlechtert oder durch ihr Obsiegen rechtlich verbessert wird. Ein rechtliches Interesse wird auch dann angenommen, wenn der Nebenintervenient im Falle des Unterliegens der unterstützten Partei mit einem Regress rechnen muss (vgl. MüKo § 66 ZPO Rn. 17).
Die Nebenintervenientin hatte mit der … einen D & O – Versicherungsvertrag für Organe juristische Personen abgeschlossen. Sofern der Beklagte von dem Kläger als faktischer Geschäftsführer der … in Anspruch genommen werden könnte, wie es der Kläger verlangt, könnte die Nebenintervenientin hierfür in Regress genommen werden. So ist der Kläger mit dem erlassenen Versäumnisurteil bereits an die Nebenintervenientin herangetreten und hat sie zur Zahlung aufgefordert. Ein rechtliches Interesse liegt daher vor.
II.
Der Einspruch der Nebenintervenientin erfolgte fristgerecht.
Denn die im Versäumnisurteil vom 31.05.2016 gesetzte Einspruchsfrist von drei Wochen hat mangels ordnungsgemäßer öffentlicher Zustellung nicht zu Laufen begonnen. Die Nebenintervenientin konnte daher auch noch am 30.09.2016 Einspruch einlegen, nachdem sie erstmals am 26.09.2016 von dem Versäumnisurteil Kenntnis erlangt hat (vgl. Anlage NV 3).
Zwar wurde das Versäumnisurteil mit Beschluss vom 02.06.2016 öffentlich zugestellt und eine dreiwöchige Einspruchsfrist gesetzt (vgl. Bl. 44/45 d.A.). Das Versäumnisurteil wurde am 07.06.2016 an die Gerichtstafel angebracht. Zum Zeitpunkt des Einspruchs der Nebenintervenientin am 30.09.2016 wäre damit grundsätzlich die Einspruchsfrist abgelaufen gewesen.
Allerdings beginnen Rechtsmittelfristen und damit auch die Einspruchsfrist nicht zu laufen, wenn die öffentliche Zustellung fehlerhaft erfolgte. Eine unter Verstoß gegen § 185 ZPO angeordnete öffentliche Zustellung löst die Zustellungsfiktion des § 188 ZPO nicht aus und setzt damit keine Frist in Lauf (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2001 – VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311).
Eine öffentliche Zustellung gemäß § 185 Nr. 1 ZPO ist nur dann zulässig, wenn der Aufenthaltsort des Beklagten unbekannt ist. Der Aufenthaltsort einer Partei ist unbekannt im Sinne des Gesetzes, wenn er nicht nur dem Gegner und dem Gericht, sondern allgemein unbekannt ist (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2001 – VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 314). Dabei ist es zunächst Sache der Partei, die durch die Zustellung begünstigt wird, alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anzustellen, um den Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen dem Gericht darzulegen. Wegen der besonderen Bedeutung der Zustellung für die Gewährung rechtlichen Gehörs sind an die Feststellung, dass der Aufenthalt des Zustellungsadressaten unbekannt ist, im Erkenntnisverfahren hohe Anforderungen zu stellen. Die begünstigte Partei muss daher alle der Sache nach geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anstellen, um den Aufenthalt des Zustellungsadressaten zu ermitteln. Dies schließt das Ausland ein, wenn entsprechende Anhaltspunkte bestehen (vgl. MüKo § 185 ZPO Rn. 6). Es reicht für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung nicht aus, dass der derzeitige Aufenthalt des Beklagten gerade dem Kläger nicht bekannt ist. Der derzeitige Aufenthalt des Zustellungsempfängers muss vielmehr in einem viel weiteren Sinne – nämlich im gesamten bisherigen Lebenskreis des Zustellungsempfängers – unbekannt sein.
Eine wirksame Zustellung nach § 185 ZPO liegt aber dann vor, wenn keine andere Zustellungsmöglichkeit für das Gericht ersichtlich ist und es aus der maßgeblichen Sicht ex ante auch keinen Grund gab, die begünstigte Partei zu weiteren Ermittlungen anzuhalten. Eine öffentliche Zustellung kommt dabei erst dann in Betracht, wenn auf dieser Grundlage veranschaulicht werden kann, dass der bisherige Lebenskreis des Zustellungsempfängers „abgeschöpft“ ist, ohne dass sich weiterführende Erkenntnisse ergeben haben. Denn die Frage, ob der Aufenthaltsort des Zustellungsadressaten allgemein unbekannt ist, kann nicht ohne Berücksichtigung der einem Kläger zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten beantwortet werden (OLG München, Urteil vom 24. September 2012 – 19 U 2647/12 -, juris und BGH NJW 2017, 886).
Die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils vermochte unter diesen Voraussetzungen vorliegend den Lauf der auf drei Wochen festgesetzten Einspruchsfrist (§ 339 Abs. 2 ZPO a.F.) nicht in Gang zu setzen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 185 ZPO) für eine öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils – für das die Zustellung bewilligende Gericht erkennbar – ebensowenig vorlagen wie für die zuvor erfolgte öffentliche Zustellung der Klageschrift. Die Nebenintervenientin konnte daher noch Einspruch einlegen.
Denn der Beklagte war zum Zeitpunkt der öffentlichen Zustellung der Klage und des Versäumnisurteils in … unter der Anschrift … wohnhaft und postalisch zu erreichen. Dies hätte der Kläger ermitteln können. Vorliegend wurde von dem Kläger zwar das Ergebnis einer Einwohnermeldeanfrage vom … vorgelegt, in welcher die Abmeldung nach … ohne Adresse dort angegeben war. Weiter wurde das Ergebnis einer Detektei vorgelegt, die unter dem 26.02.2016 berichtete, von einem Anwohner in der … erfahren zu haben, dass der Beklagte nach … verzogen sei. Ein Arbeitgeber habe nicht festgestellt werden können.
Die Ermittlungen des Klägers waren nicht ausreichend.
Denn dem Kläger stand damit die Erkenntnis zur Verfügung, dass der Beklagte nach … verzogen war. Zudem wurde dem Kläger das Schreiben des Beklagten vom 20.10.2015 (Bl. 17 d.A.) übermittelt (vgl. Verfügung vom 23.10.2015, Bl. 20 d.A.), auf welchem erkennbar die Faxnummer des Beklagten samt Vorwahl für … angegeben war. Weiter hatte der Beklagte mitgeteilt, bei seinen Verwandten zu wohnen.
Damit waren weitere Ermittlungsansätze für den Aufenthalt des Beklagten vorhanden, denen der Kläger nicht ausreichend nachgegangen ist. Vorliegend hätte der Aufenthalt in … ermittelt werden können.
Daneben war offensichtlich bereits die Nachbarschaftsabfrage des Klägers im Umfeld des früheren Wohnsitzes des Beklagten nicht ausreichend. Wie sich aus der Aussage der Zeugin … in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2018 ergibt, waren Nachbarn, namentlich die W., vorhanden, die die Adresse des Beklagten in … kannten. Auch ergibt sich aus der Zeugeneinvernahme, dass der Beklagte Vorstand der … gewesen war und in Kontakt mit dem Insolvenzverwalter der … stand. Aus der Einvernahme der Zeugin ergibt sich auch, dass der Beklagte tatsächlich an der Adresse in … seit seinem Wegzug nach … wohnhaft war bei seinen Eltern. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin haben sich dabei nicht ergeben. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Zeugin als Ehefrau des Beklagten ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben kann. Allein dieser Umstand reicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände aber nicht aus, die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Zweifel zu ziehen. Die Zeugin sagte widerspruchsfrei und umfassend aus. Auch auf Nachfragen reagierte die Zeugin offen und detailreich.
Damit hat der Kläger ersichtlich die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Ermittlung des Aufenthalts des Beklagten nicht ausgereizt. Er hat es unterlassen, den Hinweisen nach … (auch unter Verwendung der Faxnummer) nachzugehen, die Verwandten des Beklagten zu ermitteln, weitere Nachbarn zu fragen und die frühere Vorstandstätigkeit des Beklagten bei der … zu ermitteln und sodann über den Insolvenzverwalter an die Adresse des Beklagten zu gelangen.
Der Aufenthalt des Beklagten war auch nicht allgemein unbekannt. Wie dargelegt waren Nachbarn vorhanden, die die Adresse des Beklagten in … kannten. Aus der glaubhaften Aussage der Zeugin … ergibt sich weiter, dass der Beklagte auch Vorstand der … gewesen ist und auch nach seinem Wegzug mit dem Insolvenzverwalter der … Rechtsanwalt … weiterhin Kontakt hatte und dieser ebenfalls die Adresse des Beklagten hatte. Wie sich aus dem postalischen Vermerk vom 12.11.2015 (Bl. 24 d.A.) ergibt, war auch der Post die Adresse des Beklagten in … ekannt. Wie sich aus den später erfolgreich vorgenommenen Zustellungen und der glaubhaften Aussage der Zeugin … ergibt, handelt es sich dabei um die Adresse, an der der Beklagte seit seinem Umzug nach … wohnhaft ist.
Damit wäre auch für das Gericht ersichtlich gewesen, dass der Aufenthalt nicht allgemein unbekannt ist. Eine öffentliche Zustellung hätte nicht erfolgen dürfen.
B.
Die Klage ist unbegründet. Die Ansprüche des Klägers sind verjährt. Die Ansprüche des Klägers sind sowohl soweit sie auf §§ 64 S. 4, 43 Abs. 4 GmbHG als auch soweit sie auf §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 a InsO gestützt werden könnten verjährt. Die Nebenintervenientin hat wirksam auch für den Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben.
I.
Die Verjährungsfrist beträgt für Ansprüche gem. §§ 64 S. 4, 43 Abs. 4 GmbHG fünf Jahre. Sie beginnt nach § 200 S. 1 BGB mit der Entstehung des Anspruchs, d.h. dem Zeitpunkt, in dem die die Masse schmälernde Zahlung geleistet oder die schmälernde Maßnahme ergriffen worden ist (vgl. BGH NZI 2009, 486). Hier sind die letzten streitgegenständlichen Zahlungen am 01.06.2012 vorgenommen worden, so dass die fünfjährige Verjährungsfrist spätestens am 01.06.2012 zu laufen begonnen hat.
Der Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 a InsO verjährt gem. §§ 195, 199 BGB drei Jahre nach Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis von dem anspruchsbegründenden Sachverhalt. Der Kläger hatte spätestens als er mit Schreiben vom 29.08.2013 (Anlage K 5) den Beklagten zur Zahlung des eingeklagten Betrags aufforderte, Kenntnis vom anspruchsbegründenden Sachverhalt. Denn bereits in diesem Schreiben wirft der Kläger dem Beklagten vor als faktischer Geschäftsführer Zahlungen in Höhe von insgesamt 426.367,68 € trotz Überschuldung der … vorgenommen zu haben (vgl. Seite 2 des Schreibens vom 29.08.2013, Anlage K 5). Damit begann die dreijährige Verjährungsfrist spätestens mit Ablauf des Jahres 2013 zu laufen.
II.
Diese Verjährungsfristen wurden nicht durch die Einreichung der Klage am 14.09.2015 gehemmt nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Die Hemmung tritt erst mit ordnungsgemäßer Zustellung der Klage ein. Eine solche ordnungsgemäße Zustellung der Klage erfolgte erst am 13.03.2018 (vgl. Bl. 103 d.A.) aufgrund der Verfügung vom 14.02.2018 (vgl. Bl. 94/96 d.A.).
1. Die öffentliche Zustellung der Klage aufgrund des Beschlusses vom 02.03.2016 (Bl. 36/38 d.A.) vermochte eine Hemmung nicht herbeizuführen.
Denn eine unzulässige öffentliche Zustellung der Klage bewirkt keine Hemmung der Verjährung (vgl. BGH NJW 2017, 886). Den verjährungshemmenden Tatbeständen des § 204 BGB liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass der Gläubiger durch aktives Betreiben seines Anspruchs seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass der Schuldner gewarnt wird und sich auf eine Inanspruchnahme noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen muss. Diese Warnfunktion wird verfehlt, wenn eine Klage öffentlich zugestellt wird, obwohl der Aufenthaltsort des Beklagten nicht allgemein unbekannt ist und eine Zustellung auf anderem Wege möglich gewesen wäre. Berechtigte Interessen des Gläubigers erfordern es demgegenüber nicht, einer erkennbar unzulässigen öffentlichen Zustellung der Klageschrift verjährungshemmende Wirkung beizumessen, da es dem Gläubiger oblag, die erforderlichen Nachforschungen anzustellen und so die Voraussetzungen für eine wirksame Zustellung der Klageschrift zu schaffen (vgl. BGH, a.a.O.).
Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nach § 185 ZPO lagen nicht vor (s.o.).
2. Der Mangel der öffentlichen Zustellung der Klage wird auch nicht durch die tatsächliche Kenntnisnahme der Klageschrift durch den Beklagten nach § 189 ZPO geheilt.
Der Beklagte hat die Klageschrift vor der Zustellung am 13.03.2018 lediglich formlos im Rahmen des PKH-Verfahrens des Klägers erhalten. Zwar hat er trotz der falschen Adressierung laut eigenen Angaben über einen Nachbarn den PKH-Antrag samt Klageschrift erhalten. Eine Kenntnisnahme im Rahmen des PKH-Verfahrens von der Klageschrift ist aber nicht ausreichend für eine Heilung der späteren unzulässigen öffentlichen Zustellung der Klageschrift.
Denn Voraussetzung für eine Heilung nach § 189 ZPO ist, dass die Klage dem Beklagten mit Zustellungsabsicht bekannt gegeben wurde (vgl. Zöller § 189 ZPO Rn. 2). Wenn eine Zustellung noch nicht erfolgen sollte, kann sie auch nicht nach § 189 ZPO unterstellt werden. Denn dem Beklagten wird damit noch nicht zur Kenntnis gebracht, dass tatsächlich Klage erhoben worden ist. Wird dem Beklagten die Klageschrift formlos im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens zur Stellungnahmemöglichkeit übersandt, ist damit noch kein Zustellungswille verbunden. Eine die Rechtshängigkeit begründende förmliche Zustellung liegt dann nicht vor. Allein die Kenntnisnahme der auf diesem Weg übersandten Klage, vermag daher keine Zustellung zu bewirken.
Der Beklagte hat ausweislich seines Faxes vom 20.10.2015 (Bl. 17 d.A.) die ihm mit dem Prozesskostenhilfeantrag formlos übersandte Klage (vgl. Verfügung vom 02.10.2015, Bl. 13 d.A.) erhalten. Eine Zustellung der Klage mit entsprechender Belehrung über die Folgen der Klagezustellung war in dieser Verfügung noch nicht enthalten, die Übersendung erfolgte daher nicht mit Zustellungsabsicht hinsichtlich der Klage. Eine förmliche Zustellung der Klage wurde erstmals mit Verfügung vom 03.11.2015 angeordnet.
III.
Die Zustellung der Klage an den Beklagten am 13.03.2018 erfolgte aber zu einem Zeitpunkt als die Ansprüche des Klägers verjährt waren.
Zwar führte die Einleitung des PKH-Verfahrens am 14.09.2015 zu einer Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB. Ausweislich des Faxes vom 20.10.2015 hat der Beklagte diesen PKH-Antrag erhalten, so dass hier die Heilungswirkung des § 189 ZPO eingreift. Die Hemmung des Verjährung durch das Einreichen des PKH-Antrags endet gem. § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach einer rechtskräftigen Entscheidung. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgte mit Beschluss vom 23.10.2015 (Bl. 18/20 d.A.). Rechtskraft trat mit Ablauf der Monatsfrist des § 127 Abs. 3 ZPO ein. Damit trat für den Zeitraum vom 14.09.2015 bis zum 23.05.2016 die Hemmung der Verjährung ein.
Somit verjährten die Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 a InsO spätestens am 11.09.2017 (ursprünglicher Ablauf: 31.12.2017 + 253 Tage Hemmung). Die Ansprüche nach §§ 64 S. 4, 43 Abs. 4 GmbHG verjährten spätestens am 09.02.2018 (ursprünglicher Ablauf: 01.06.2017 + 253 Tage Hemmung).
IV.
Eine weitere Hemmung ist nicht eingetreten. Insbesondere liegt keine Hemmung nach § 206 BGB vor.
Beruht die Unwirksamkeit einer Zustellung auf einer unrichtigen Sachbehandlung durch das Gericht, kann grundsätzlich eine Hemmung der Verjährung wegen höherer Gewalt in Betracht kommen. Sie greift jedoch nur ein, wenn die verjährungshemmende Wirkung einer Zustellung infolge eines – für den Gläubiger unabwendbaren – gerichtlichen Fehlers nicht eintritt. Die Berufung auf eine für ihn unabwendbare Beantragung der öffentlichen Zustellung der Klageschrift aufgrund des Verhaltens des Gerichts setzt aber voraus, dass der Kläger seinerseits alles ihm Zumutbare getan hat, eine zustellungsfähige Adresse des Beklagten herauszufinden (vgl. BGH NJW 2017, 1735).
Ein unabwendbarer Fehler des Gerichts lag bereits nicht vor. Wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 11.01.2017 vorgetragen hat (Bl. 69 d.A.), habe die Sekretärin seiner Rechtsanwältin bei der Geschäftsstelle des Gerichts nachgefragt, ob der Beklagte seine aktuelle Anschrift mitgeteilt habe. Dies sei verneint worden. Eine solche Auskunft entspricht den tatsächlichen Umständen. Der Beklagte hat dem Gericht selbst keine Anschrift übermittelt, das entsprechende Fax ist dem Kläger in Ablichtung übermittelt worden.
Zwar war, wie bei späterer Durchsicht der Akte auffiel (vgl. die Verfügung vom 30.12.2016, Bl. 66 d.A.), auf der Zustellungsurkunde vom 12.11.2015 (Bl. 24 d.A.) die tatsächliche Adresse des Beklagten erfasst und damit in der Gerichtsakte. Eine Bestätigung, dass es sich dabei tatsächlich um die zustellungsfähige Adresse des Beklagten handelte, war damit aber nicht gegeben. Dem Gericht war durch den Beklagten keine Adresse genannt worden oder dem Kläger vorsätzlich eine Erkenntnis vorenthalten worden. Nachdem das Gericht durch eigene Maßnahmen in Erfahrung bringen konnte, dass es sich dabei tatsächlich um die zustellungsfähige Adresse des Beklagten handelte, wurde der Kläger umgehend informiert (vgl. Verfügung vom 10.10.2017). Der Kläger selbst unternahm weder nach der Mitteilung vom 30.12.2016 noch vom 10.10.2017 weitere Nachforschungen.
Selbst wenn in der Mitteilung des Gerichts, der Beklagte habe seine Adresse nicht mitgeteilt, unter Berücksichtung des Vermerks auf der Postzustellungsurkunde ein Fehler im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung anzunehmen sein sollte, so wäre der Fehler für den Kläger nicht unabwendbar gewesen. Wie bereits dargelegt waren für den Kläger ausreichend weitere Ermittlungsansätze zur Ermittlung der zustellungsfähigen Adresse des Beklagten vorhanden. Bereits eine umfassendere Nachfrage bei den Nachbarn hätte, wie die Zeugeneinvernahme gezeigt hat, zur Ermittlung der Anschrift geführt.
V.
Dem Beklagten bzw. der Nebenintervenientin ist auch nicht verwehrt, sich auf die Mängel der Zustellung zu berufen.
Ein solches Berufen ist dann rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich, wenn der Beklagte zielgerichtet versucht hätte, eine Zustellung, mit der er sicher rechnen musste, zu verhindern (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1310).
Ein solches Verhalten hat sich aus der durchgeführten Beweisaufnahme nicht ergeben. Aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin … steht fest, dass der Beklagte bereits im August 2013 seinen Wohnsitz endgültig nach … verlegt hatte. Aus der Aussage der Zeugin ergeben sich nachvollziehbar finanzielle Gründe für diese Wohnsitzverlagerung. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug dazu diente, sich einem Verfahren zu entziehen, haben sich nicht ergeben. Nach der Aussage der Zeugin stand der Beklagte auch weiterhin mit dem Insolvenzverwalter der … in Kontakt. Von einem Untertauchen ist nicht auszugehen. Der Umzug erfolgte auch bereits bevor er erstmals vom Kläger außergerichtlich in Anspruch genommen wurde und weit vor Erhebung der Klage.
Allein der Umstand, dass der Beklagte, nachdem er den PKH-Antrag erhalten hat, seine Anschrift in … nicht mitgeteilt hat, führt nicht zur Annahme, dass er die spätere Zustellung der Klage zielgerichtet zu verhindern versuchte. So hat der Beklagte sich auf den übermittelten Antrag hin zumindest gemeldet und auf das Fax seine aktuelle Faxnummer geschrieben. Auch hat er angegeben, dass er bei Verwandten wohne. Damit hat der Beklagte zumindest umfangreiche Hinweise zu seinem Aufenthalt mitgeteilt, auch wenn er die Adresse selbst nicht angegeben hat. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt damit nicht vor.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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