Aktenzeichen 9 C 22/14
Art 14 Abs 1 GG
Art 105 Abs 2a GG
§ 12 KAG NW
§ 163 AO 1977
§ 222 AO 1977
Leitsatz
1. Die gerichtliche Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen beschränkt sich auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht (Ergebniskontrolle).
2. Eine auf den Betrieb von Spielgeräten erhobene Vergnügungssteuer wirkt erdrosselnd und verstößt daher gegen Art. 12 GG, wenn die Steuerbelastung es für sich genommen unmöglich macht, den Beruf des Spielautomatenbetreibers im Gemeindegebiet zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen. Dieser Bewertung ist ein durchschnittlicher Unternehmer zugrunde zu legen (im Anschluss an bisherige Rspr).
3. Fehlt es an den erforderlichen Vergleichszahlen in der betroffenen Gemeinde, kann als Indiz auf die Marktlage in Nachbargemeinden oder in der Region abgestellt werden.
4. Bei einem steuerlichen Systemwechsel (hier: vom Stückzahlmaßstab zu einem am Einspielergebnis ausgerichteten Maßstab der Vergnügungssteuer) kann eine Übergangsregelung erforderlich sein, wenn der Gewerbetreibende zu einer zeitaufwändigen und kapitalintensiven Umstellung des Betriebsablaufs (Geräteaustausch) gezwungen ist und ohne Übergangsregelung seine Berufstätigkeit zeitweise einstellen müsste oder nur zu unzumutbaren Bedingungen fortführen könnte.
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 24. Juli 2014, Az: 14 A 692/13, Urteilvorgehend VG Münster, 24. Januar 2013, Az: 9 K 2028/10, Urteil
Tatbestand
1
Die Klägerin zählt zu den führenden Anbietern der deutschen Spielautomatenwirtschaft und gehört einer Unternehmensgruppe mit mehr als 2 000 Beschäftigten an. Sie wendet sich gegen die Heranziehung zur Vergnügungssteuer für den Betrieb einer Spielhalle mit zwölf Geldspielgeräten im Gebiet der Beklagten.
2
Bis einschließlich 2009 hatte die Beklagte auf Geldspielgeräte eine Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab in Höhe von 150 € monatlich je Gerät erhoben. Im Dezember 2009 änderte sie in ihrer Vergnügungssteuersatzung (VS) den Steuermaßstab und verlangte ab dem 1. Januar 2010 eine Geldspielgerätesteuer in Höhe von 20 v.H. des Einspielergebnisses.
3
Da die Klägerin entgegen § 11 Abs. 3 VS keine vierteljährliche Steueranmeldung abgab, setzte die Beklagte die Vergnügungssteuer im Wege der Schätzung mit Bescheid vom 16. August 2010 für das 2. Quartal 2010 fest. Hiergegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben, die sie später auf neun weitere Vergnügungssteuerbescheide – der letzte datiert vom 15. November 2012 für das 3. Quartal 2012 – erweitert hat. Sämtliche Schätzungen wurden anhand der Vergnügungssteueranmeldung einer anderen Spielhalle vorgenommen, die bis April 2011 ebenfalls mit zwölf Geldspielgeräten ortsansässig war.
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Mit Urteil vom 24. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht die Bescheide aufgehoben, soweit Verspätungszuschläge festgesetzt wurden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Erdrosselungswirkung der Steuer sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin rechtlich nicht gehindert sei, Geräte mit einem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einzusetzen, um so die Vergnügungssteuerbelastung auf den Spieler überzuwälzen. Eine solche Preiserhöhung sei auch am Markt durchsetzbar. Dabei komme es nicht darauf an, ob gerade der Markt im Stadtgebiet der Beklagten eine solche Preiserhöhung hinnehme, denn es gebe keinen Rechtssatz, der es einer Gemeinde gebiete, die Vergnügungssteuer stets so zu gestalten, dass eine Spielhalle gerade dort wirtschaftlich betrieben werden könne. Zwar könne die Klägerin selbst die Geräte nicht umprogrammieren, da nur Geräte mit einer zuvor erteilten Bauartzulassung verwendet werden dürften. Ob solche Geräte auf dem Markt angeboten würden und ob sich ein Austausch der Geräte einfach gestalte, sei aber unerheblich. Denn es sei Sache des Unternehmers, sich darauf vorzubereiten, dass von der Kostenseite eine Preiserhöhung erforderlich werde. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, welche bundesrechtlichen Schranken für die Höhe einer Geldspielgerätesteuer bestehen, insbesondere ob und gegebenenfalls wo eine solche Schranke unterhalb der Erdrosselungsgrenze aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besteht.
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Mit der Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, angesichts der mit dem Systemwechsel verbundenen drastischen Steuererhöhung handele es sich nicht mehr um eine kommunale Aufwandsteuer, sondern um eine direkte Unternehmenssteuer, für die der Beklagten die Kompetenz fehle. Außerdem habe die Gemeinde die Steuererhöhung nicht hinreichend begründet. Dies sei wegen der massiven Erhöhung, der Grundrechtsrelevanz zukomme, erforderlich gewesen. Des Weiteren fehle es an der Möglichkeit der kalkulatorischen Überwälzung der Steuererhöhung auf den Kunden mit verhältnismäßigen Mitteln. Nach der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts sei die Steuer darauf angelegt, dass die Überwälzbarkeit mit einem Substanzeingriff – nämlich in den vorhandenen Gerätebestand – verbunden sei; dies sei unzulässig.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Juli 2014 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 24. Januar 2013 zu ändern und die Vergnügungssteuerbescheide der Beklagten vom 16. August 2010, vom 16. November 2010, vom 21. Februar 2011, vom 20. Mai 2011, vom 18. August 2011, vom 15. November 2011, vom 17. Februar 2012, vom 18. Mai 2012, vom 15. August 2012 sowie vom 15. November 2012 aufzuheben,
hilfsweise:
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie weist ergänzend darauf hin, dass allenfalls für den erstmaligen Erhebungszeitraum das Erfordernis einer Übergangsregelung bestehen könne. Im Übrigen gebe es für Einzelfälle die Möglichkeit von Billigkeitsregelungen gemäß § 12 KAG NW i.V.m. §§ 163, 222 AO.
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verneint eine unterhalb der Erdrosselungsgrenze liegende weitere Verhältnismäßigkeitsschranke. Ob der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG durch die Steuer auf Geldspielgeräte berührt werde, sei zweifelhaft; jedenfalls handele es sich um einen verfassungsrechtlich gerechtfertigten Eingriff.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist nur hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Ohne Rechtsverstoß geht das Oberverwaltungsgericht von einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG aus (1.) und hält den gewählten Steuermaßstab für unproblematisch (2.). Auch legt es seiner weiteren Prüfung im Wesentlichen zutreffende verfassungsrechtliche Maßstäbe zugrunde (3. – 5.). Hinsichtlich der tragenden Erwägung, eine Erdrosselungswirkung der Steuererhöhung sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin Geräte mit einem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einsetzen könne, beruht das Urteil aber auf der Verletzung von Bundesrecht, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (6.). Gleiches gilt für die Annahme, aufgrund dieser Möglichkeit sei die Steuer auf die Kunden abwälzbar (7.). Da der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden kann, ist das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO (8.).
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1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass es sich bei der von der Beklagten erhobenen Vergnügungssteuer auf Spielgeräte um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG handelt. Sie soll die Leistungsfähigkeit des Spielers, der sich an den Geldspielautomaten vergnügt, treffen und wird entsprechend dem herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer bei dem Veranstalter des Vergnügens, also indirekt, erhoben (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 13. April 2005 – 10 C 5.04 – BVerwGE 123, 218 und vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 18). Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich nicht deshalb um eine direkte Unternehmenssteuer, für die der Beklagten die Kompetenz fehlt, weil der neue Steuersatz bei der Klägerin zu einer Verdoppelung der Steuer führt. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz; denn die Kompetenznormen des Grundgesetzes enthalten grundsätzlich keine Aussage zu diesen materiellen Fragen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 sowie BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 17).
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2. Gegen den gewählten Steuermaßstab bestehen keine Bedenken. Dem Satzungsgeber kommt bei der Festlegung des Steuermaßstabs ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Für die Annahme einer Aufwandsteuer ist erforderlich, dass der gewählte Maßstab einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand des Spielers aufweist (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 ; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 22). Der Maßstab des Einspielergebnisses genügt diesen Voraussetzungen. Der hohe Aufwand des viel Spielenden schlägt sich in höheren Einspielergebnissen des Aufstellers nieder und führt folglich zu einer entsprechend höheren Besteuerung. Damit weist das Einspielergebnis einen sachgerechten Bezug zum Vergnügungsaufwand auf, da es den Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers wenigstens proportional abbildet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 – 10 C 5.04 – BVerwGE 123, 218 ; Beschluss vom 19. August 2013 – 9 BN 1.13 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 9; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 ).
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3. Das Oberverwaltungsgericht geht ebenfalls ohne Rechtsverstoß davon aus, dass die Satzung nicht an einem Begründungsmangel leidet. Die gerichtliche Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen beschränkt sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht. Sie umfasst aber nicht die Überprüfung nach der Art von – ermessensgeleiteten – Verwaltungsakten mit der Folge, dass die Entscheidung des Satzungsgebers daraufhin zu überprüfen wäre, ob hinreichende Tatsachenermittlungen angestellt worden sind, die die Entscheidung tragen können (stRspr, s. BVerwG, Beschluss vom 19. August 2013 – 9 BN 1.13 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 3 m.w.N.; vgl. auch allgemein Sanders/Preisner, DÖV 2015, 761 m.w.N. aus der Rspr des BVerfG).
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Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin weder aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Halbteilungsgrundsatz (BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 – BVerfGE 115, 97 ) noch aus dessen Rechtsprechung zu Prognose- und Beurteilungsspielräumen herleiten. Hinsichtlich des Urteils zum Halbteilungsgrundsatz hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses für die aufgeworfene Frage (Fehler im Normsetzungsverfahren wegen mangelnder Begründung) nichts hergibt. Vielmehr wird dem Gesetzgeber in dieser Entscheidung lediglich die Möglichkeit eingeräumt, noch im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Auferlegung einer ungewöhnlich hohen Steuer nachträglich zu begründen. Die Rechtsprechung zu Prognose- bzw. Beurteilungsspielräumen ist schon deshalb nicht übertragbar, weil der Gemeinde hinsichtlich der Höhe einer Vergnügungssteuer kein derartiger Spielraum zusteht; vielmehr überprüft das Gericht – ohne vergleichbare Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle -, ob die Steuerhöhe verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht. Schließlich ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Vergnügungssteuer auf eine Überwälzbarkeit der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger “angelegt” sein muss (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 m.w.N.), keine besondere Darlegungspflicht des Satzungsgebers. Hierbei handelt es sich um ein materiell-rechtliches, allein objektiv zu bestimmendes Kriterium, für welches die subjektive Vorstellung des Normgebers ohne Bedeutung ist.
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4. Das Oberverwaltungsgericht misst die Vergnügungssteuer zu Recht am Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und nicht am Grundrecht der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG). Steuerliche Vorschriften sind dann an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen. Diese Voraussetzungen sind für die Vergnügungssteuer anerkannt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 – BVerfGE 31, 8 und Kammerbeschluss vom 3. Mai 2001 – 1 BvR 624/00 – NVwZ 2001, 1264; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 44). Die Eigentumsgarantie schützt nicht vor Preiserhöhungen infolge von neuen oder erhöhten Steuern. Die Erwartung, dass ein Unternehmen auch in der Zukunft rentabel betrieben werden kann, fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 – 1 BvR 1748/99, 905/00 – BVerfGE 110, 274 ). Das gilt jedenfalls für eine auf Abwälzung angelegte indirekte Steuer wie die Vergnügungssteuer (anders für die Einkommen- und Gewerbesteuer: BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 – BVerfGE 115, 97 ).
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5. Auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG ist das Oberverwaltungsgericht ganz überwiegend von zutreffenden Maßstäben ausgegangen. Ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl liegt dann vor, wenn die Steuer ihrer objektiven Gestaltung und Höhe nach es in aller Regel unmöglich macht, den angestrebten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 – BVerfGE 31, 8 und Kammerbeschluss vom 3. Mai 2001 – 1 BvR 624/00 – NVwZ 2001, 1264). Einer kommunalen Steuer kommt danach eine erdrosselnde Wirkung zu, wenn mit der Ausübung des in Rede stehenden Berufs in der Gemeinde infolge dieser Steuer nach Abzug der notwendigen Aufwendungen kein angemessener Reingewinn erzielt werden kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 – BVerfGE 31, 8 und vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 ). Dessen Wegfall darf unter Zugrundelegung einer wertenden Betrachtung hingegen nicht auf von der Besteuerung unabhängigen Ursachen beruhen.
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a) Dieser Betrachtung ist – vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes für bestehende Spielhallen (hierzu unter 6. c) – nicht der einzelne, sondern ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet zugrunde zu legen. Art. 12 GG gewährleistet keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 13. April 2005 – 10 C 5.04 – BVerwGE 123, 218 und vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 44; ebenso wohl BFH, Beschluss vom 19. Februar 2010 – II B 122/09 – juris Rn. 38; ferner FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 – 6 K 6070/12 – juris Rn. 64). Es ist daher zu ermitteln, ob der durchschnittlich zu erzielende Bruttoumsatz die durchschnittlichen Kosten unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrages für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn abdecken kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 45).
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Hierbei ist, soweit es – wie vorliegend – um den Beruf des Spielgerätebetreibers geht, zu beachten, dass dessen unternehmerischer Entscheidungsspielraum und die Möglichkeit der Abwälzbarkeit der Steuer auf den Kunden eingeengt ist (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 sowie FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 – 6 K 6070/12 – juris Rn. 62 ff.). Ihn treffen neben der Vergnügungssteuer nicht nur weitere Steuern wie die Umsatz-, Gewerbe- und u.U. die Körperschaftssteuer, vielmehr bestehen gerade für diese Unternehmensbranche umfangreiche gewerbe- und glücksspielrechtliche Beschränkungen (vgl. etwa Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2015, 1 und Sodan/Kluckert, GewArch 2013, 177, jeweils m.w.N.; vgl. allgemein zum sog. additiven Grundrechtseingriff BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 – 2 BvR 2258/09 – BVerfGE 130, 372 m.w.N.). Dies begrenzt einerseits die Möglichkeiten, eine höhere Abgabenbelastung betriebswirtschaftlich auszugleichen. Andererseits können hieraus besondere, von der kommunalen Steuer unabhängige strukturelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen erwachsen. Nur Erstes muss die Ausgestaltung einer berufsregelnden kommunalen Steuer berücksichtigen. Die Gemeinde ist daher beispielsweise nicht gehalten, den Betrieb einer Spielhalle an einem hierfür ungeeigneten Standort durch die Absenkung oder Nichterhebung von Steuern erst zu ermöglichen.
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Soweit das Oberverwaltungsgericht Bedenken hinsichtlich des beschriebenen Prüfungsmaßstabs geäußert hat, weil es sich bei der Figur des Durchschnittsunternehmers um eine “eine realitätsfremde Fiktion” handele (UA S. 16 unter Hinweis auf OVG Münster, Urteil vom 23. Juni 2010 – 14 A 597/09 – juris Rn. 100 ff.; dort wiederum unter Verweis auf BFH, Urteil vom 29. März 2006 – II R 59/04 – juris Rn. 21), folgt der Senat dem nicht. Die Feststellungen mögen schwierig sein und in Einzelfällen die Hinzuziehung eines Sachverständigen erfordern; praktisch undurchführbar sind sie aber nicht, zumal die gerichtliche Aufklärungspflicht dort ihre Grenze findet, wo das Vorbringen des Klägers, der die in seinen Erkenntnisbereich bzw. in seine Sphäre fallenden Tatsachen substantiieren muss, keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1999 – 9 C 36.98 – BVerwGE 109, 174 und Beschluss vom 16. Mai 2013 – 9 B 6.13 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 112 Rn. 14).
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b) Da es sich bei der Vergnügungssteuer um eine Gemeindesteuer handelt, kommt es entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hinsichtlich der Frage der Erdrosselung nicht auf den Markt im Allgemeinen, sondern auf die Marktsituation in der konkreten Gemeinde an. Dabei muss indes die erdrosselnde Wirkung eines Steuersatzes nicht ausschließlich auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Daten von Unternehmen im Geltungsbereich der Vergnügungssteuersatzung beurteilt werden. Vielmehr kann auch der Bestandsentwicklung seit Erlass der Vergnügungssteuersatzung indizielle Bedeutung zukommen. Die Frage, wie breit die Datenbasis sein muss, um repräsentative Aussagen treffen zu können, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den konkreten Gegebenheiten im jeweiligen Satzungsgebiet ab (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 45 f.). Fehlt es – wie im vorliegenden Fall – an Vergleichszahlen, weil es in der betroffenen Gemeinde keine hinreichende Zahl von Spielhallen gibt, kann als Indiz auf die Marktlage in Nachbargemeinden oder in der Region abgestellt werden.
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6. Die tragende Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, eine Erdrosselungswirkung der Steuer sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht gehindert sei, Geräte mit einem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einzusetzen, beruht – auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen – auf der Verletzung von Bundesrecht.
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a) Das Oberverwaltungsgericht geht entscheidungstragend davon aus, dass die Klägerin eine Erdrosselungswirkung der Steuer durch eine Preiserhöhung verhindern könne: Die Klägerin könne die Preiserhöhung dadurch bewirken, dass sie Geräte mit einem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einsetze. Es sei gerichtsbekannt und werde auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass Aufsteller sich regelmäßig mit einem geringeren als dem nach der Spielverordnung höchstzulässigen Kasseninhalt zufrieden gäben. Zwar könne sie selbst die Geräte nicht umprogrammieren, da nur Geräte mit einer zuvor erteilten Bauartzulassung verwendet werden dürften. Dass derartige bauartzugelassene Geräte mit höherem Kasseninhalt nicht existierten, habe die Klägerin aber nicht behauptet. Im Übrigen sei es unerheblich, ob solche Geräte auf dem Markt angeboten würden und ob sich ein Austausch der Geräte einfach gestalte. Denn es sei Sache des Unternehmers, sich auf eine etwaige Steuererhöhung vorzubereiten.
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b) Der rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts, die Klägerin könne die Verdoppelung der Vergnügungssteuer durch die beschriebene Art der Preiserhöhung auffangen, ist aus Sicht des Senats im Grundsatz nicht zu beanstanden. Auch die Klägerin hat eingeräumt, dass die Spielverordnung einer solchen Veränderung des Kasseninhalts nicht entgegensteht. Ebenso hat sie die rechnerische Richtigkeit der im Urteil beispielhaft dargelegten Möglichkeiten der Preiserhöhung nicht in Frage gestellt und zudem zugestanden, dass sich ein Spielhallenbetreiber, falls solche Geräte derzeit nicht auf dem Markt sein sollten, hierauf nicht dauerhaft berufen könnte. Den Einwand der Klägerin, eine Senkung der Auszahlungsquote könne wirtschaftlich nicht durchgesetzt werden, da davon auszugehen sei, dass ein Spieler einen bestimmten Betrag verspiele und nicht bei niedrigerer Spielgewinnauszahlung mehr Geld einzahle, hält der Senat demgegenüber nicht für überzeugend. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit zu Recht auf die Undurchsichtigkeit des realen Preises pro Stunde für die Spieler hingewiesen. Dies bewirke, dass es genügend Spieler gebe, die sogar zu höheren Preisen als dem in der Spielverordnung gedeckelten Preis von langfristig durchschnittlich 33 € je Spielstunde zu spielen bereit wären. Gegen diese tatrichterliche Bewertung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Im Übrigen würde die veränderte Programmierung des Kasseninhalts auch dann zu einer Gewinnsteigerung des Unternehmers führen, wenn die These der Klägerin zuträfe, dass Spieler regelmäßig nur einen vorher festgelegten Betrag verspielen.
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c) Das Oberverwaltungsgericht durfte aber nicht die mit der Preiserhöhung verbundenen tatsächlichen Fragen mit der Begründung offen lassen, es sei Sache des Unternehmers, sich auf eine Preiserhöhung einzustellen.
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aa) Zwar muss ein durchschnittlicher Unternehmer Rücklagen bilden, um sich auf etwaige Steuererhöhungen vorzubereiten. Denn die Verfassung schützt nicht die bloße Erwartung, das geltende Steuerrecht werde fortbestehen (so schon BVerfG, Teilurteil vom 10. Mai 1962 – 1 BvL 31/58 – BVerfGE 14, 76 ). Dem Gesetzgeber gebührt eine weitgehende Gestaltungsfreiheit in Bezug auf die Steuergesetzgebung. Dementsprechend darf der Steuerpflichtige nur bei besonderen Vertrauenstatbeständen erwarten, dass die Gesetzeslage unverändert bestehen bleibt. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28. November 1984 – 1 BvR 1157/82 – BVerfGE 68, 287 , vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 und vom 23. September 2010 – 1 BvQ 28/10 – juris Rn. 33). Ein solcher besonderer Vertrauensschutz bestand hier schon deshalb nicht, weil sich gerade das Automatengewerbe spätestens seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 2005 – 10 C 5.04 – (BVerwGE 123, 218) zur Unzulässigkeit des Stückzahlmaßstabs auf Änderungen hinsichtlich des Steuermaßstabs einstellen musste (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 1 BvL 11/10, 14/10 – BVerfGE 135, 238 Rn. 28 f. zur Umstellungspflicht des Normgebers). Selbst wenn die Spielhallenbetreiber aber mit der Einführung eines geänderten Maßstabs rechnen mussten, so konnten sie weder den neuen Maßstab (Einsatz oder Kasseninhalt) noch die erhebliche Steigerung des Steuerbetrages kennen. Angesichts dieser Ungewissheit war auch von einem vorausschauend handelnden Unternehmer ein vorsorglicher Austausch der Geräte, um sich auf den anstehenden Systemwechsel und die damit verbundenen erheblich höheren Steuerzahlungen vorzubereiten, nicht zu erwarten.
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bb) Ob ein nachträglicher Austausch der Geräte zumutbar war oder ob die Gemeinde aus Gründen des allgemeinen Vertrauensschutzes eine Übergangsfrist zur Umstellung auf den neuen Steuermaßstab hätte einräumen müssen, hat das Oberverwaltungsgericht nicht näher geprüft. Zwar ist der Normgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten, bei Systemwechseln stets eine Übergangsregelung vorzusehen. Er muss aber eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände vornehmen; hierbei darf er insbesondere die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschreiten (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2012 – 1 BvR 367/12 – BVerfGE 131, 47 ). Gesetzliche Regelungen können selbst dann, wenn sie die Freiheit der Berufswahl nicht berühren und die Berufsausübungsfreiheit in für sich genommen statthafter Weise beschränken, gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot des Vertrauensschutzes gleichwohl dadurch verstoßen, dass sie eine – nach der gebotenen Abwägung erforderliche – Übergangsregelung nicht vorsehen. Eine Übergangsregelung kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn die Beachtung neuer Berufsausübungsregelungen nicht ohne zeitaufwändige und kapitalintensive Umstellungen des Betriebsablaufs möglich ist und der Grundrechtsträger deshalb seine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Berufstätigkeit bei unmittelbarem Inkrafttreten der Neuregelung zeitweise einstellen müsste oder aber nur zu unzumutbaren Bedingungen fortführen könnte (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2012 – 1 BvR 367/12 – BVerfGE 131, 47 ).
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Um dies abschließend beurteilen zu können, hätte das Oberverwaltungsgericht Feststellungen zur Erforderlichkeit eines Geräteaustausches sowie dazu treffen müssen, mit welchem Zeit- und Investitionsaufwand dieser verbunden wäre. Solche Feststellungen liegen nicht darin, dass nach den Ausführungen des Urteils die Klägerin nicht behauptet habe, Geräte mit einem bauartzugelassenen höheren durchschnittlichen Kasseninhalt existierten nicht; es sei davon auszugehen, dass bei entsprechender Nachfrage derartige Spielautomaten angeboten würden (UA S. 19). Daraus lässt sich nicht entnehmen, dass solche Geräte tatsächlich bereits aktuell auf dem Markt vorhanden sind. Im Übrigen wäre eine solche Feststellung für den Senat nicht bindend, da sich aus den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gerichtsakten (Schriftsatz vom 27. September 2013, S. 2, GA Bl. 247) die gegenteilige Behauptung der Klägerin ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1988 – 9 C 54.87 – BVerwGE 79, 291 ).
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Unabhängig davon fehlen weitere erforderliche Feststellungen zur Frage, inwieweit ein Geräteaustausch mit dem In-Kraft-Treten der geänderten Satzung zumutbar war. Hierzu wären etwa Kenntnisse zum Investitionsaufwand bei einem Geräteaustausch erforderlich und zum Zeithorizont, in dem er erfolgen könnte. Hierbei könnte etwa berücksichtigt werden, für welchen Zeitraum eine vertragliche Bindung besteht und wann vorhandene Geräte aufgrund der nur begrenzt gültigen Bauartzulassungen ohnehin ausgetauscht werden müssten.
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cc) Dem etwaigen Erfordernis einer Übergangsregelung kann die Beklagte nicht entgegen halten, für Einzelfälle könne gemäß § 12 KAG NW auf die Billigkeitsregelungen der §§ 163, 222 AO zurückgegriffen werden. Allgemeine Folgen eines verfassungsgemäßen Gesetzes, die den gesetzgeberischen Planvorstellungen entsprechen und die der Gesetzgeber ersichtlich in Kauf genommen hat, vermögen einen Billigkeitserlass grundsätzlich nicht zu rechtfertigen. Denn Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen. Mit verfassungsrechtlich gebotenen Billigkeitsmaßnahmen darf also nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Wenn solche Maßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen müssten, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 – 9 C 10.14 – juris Rn. 13 m.w.N. zur Rspr des BVerfG). Die genannten Voraussetzungen lägen hier vor, falls die Prüfung ergäbe, dass ein durchschnittlicher Unternehmer die Preiserhöhung nur mit unzumutbaren Maßnahmen durchführen könnte.
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d) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Gemeinde Steuern nicht stets bis zur Grenze der Erdrosselung erhöhen darf. Vielmehr hat sie je nach den Umständen des Falles weitere verfassungsrechtliche Schranken zu beachten, die sich etwa aus dem Vertrauensschutz oder auch aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben können. Für eine allgemeine, unterhalb der Erdrosselungsgrenze liegende Schwelle einer unverhältnismäßig hohen Steuerbelastung ist allerdings kein Raum (a.A. Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 3 Rn. 184). Wirkt die Steuer nicht erdrosselnd, weil sie einem umsichtig handelnden durchschnittlichen Unternehmer die Möglichkeit belässt, einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, ist sie in der Regel nicht unverhältnismäßig. Etwas anderes kommt allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 – BVerfGE 115, 97 ), für die hier keine Anhaltspunkte bestehen.
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7. Hinsichtlich der Frage der Abwälzbarkeit der Steuer geht das Oberverwaltungsgericht von zutreffenden Maßstäben aus (a und b), hätte aber auch hier untersuchen müssen, ob der Klägerin eine Preiserhöhung mit zumutbaren Mitteln möglich war (c).
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a) Die vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegten Anforderungen an die Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer als indirekte Steuer sind nicht zu beanstanden.
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Für die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen – etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten – treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 ; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 28; Beschlüsse vom 24. Februar 2012 – 9 B 80.11 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 54 Rn. 7 und vom 21. November 2014 – 9 B 20.14 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 57 Rn. 14). Es ist nicht erforderlich, dass die Steuer – wie beispielsweise beim Stückzahlmaßstab – im Voraus exakt berechnet werden kann. Entscheidend ist vielmehr, dass der Unternehmer die abzuführende Steuer anhand langfristiger Erfahrungs- und Durchschnittswerte verlässlich kalkulieren kann (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 30).
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Die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler muss außerdem rechtlich und tatsächlich möglich sein. Dies ist zumindest so lange der Fall, wie der Spieleinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft. Ausgeschlossen wäre eine solche Überwälzbarkeit dann, wenn sich der Steuerbetrag zusammen mit den sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb der Geräte nicht mehr aus dem Spieleinsatz decken ließe und daher die Veranstalter zur Zahlung der Steuer ihre Gewinne aus anderen rentablen Betriebssparten verwenden müssten (sog. schräge Überwälzung) (BVerfG, Beschlüsse vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 – BVerfGE 31, 8 und vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 ).
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b) Hiervon ausgehend nimmt das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zutreffend an, dass das Erfordernis der Abwälzbarkeit teilidentisch ist mit der im Rahmen der Erdrosselungswirkung anstehenden Prüfung, ob eine Steuererhöhung für einen durchschnittlichen Unternehmer wirtschaftlich verkraftbar ist. Auch das Bundesverfassungsgericht prüft im Rahmen der Überwälzbarkeit, ob der Unternehmer in der Lage ist, seinen Umsatz zu steigern oder seine Betriebskosten zu senken. Für den hiervon abweichenden Ansatz der Klägerin, die davon ausgeht, die Schwelle der kalkulatorischen Überwälzbarkeit sei niedriger als diejenige der Erdrosselung, sieht der Senat keine Grundlage. Zwar unterscheiden sich das Erdrosselungsverbot und das Gebot der kalkulatorischen Überwälzbarkeit. Das Erdrosselungsverbot gründet auf den Freiheitsrechten der Art. 12 und Art. 14 GG und zielt auf die Möglichkeit der Erwirtschaftung eines Unternehmensgewinns. Demgegenüber ist die kalkulatorische Überwälzbarkeit dem Begriff der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2a GG immanent. Eine solche am Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG ausgerichtete Steuerlast fordert, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 ). Eine unterschiedliche Schwelle steuerlicher Belastung folgt aus diesen Unterschieden jedoch nicht.
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c) Daraus folgt, dass das Oberverwaltungsgericht auch in Bezug auf die Überwälzbarkeit nicht die mit der Preiserhöhung verbundenen tatsächlichen Fragen hätte offen lassen dürfen.
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8. Da sich das Urteil nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht muss nun entweder die offen gelassenen Fragen näher aufklären und prüfen, ob eine Übergangsfrist zur Umstellung auf den neuen Steuermaßstab erforderlich war, oder es muss untersuchen, ob ein durchschnittlicher Spielhallenbetreiber auch ohne Preiserhöhung eine Spielgerätesteuer von 20 v.H. des Einspielergebnisses verkraften kann.