Familienrecht

Fiktionsbescheinigung

Aktenzeichen  M 25 E 16.2114

Datum:
27.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 25 Abs. 3, § 71 Abs. 1, § 81 Abs. 5
ZustVAuslR ZustVAuslR § 5 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Die bedingte wohnsitzbeschränkende Auflage der letzten Aufenthaltserlaubnis ist für Zwecke der örtlichen Zuständigkeitsbestimmung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 ZustVAuslR als Unterfall der räumlichen Beschränkung (§ 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 ZustVAuslR)zu betrachten. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller einstweilen bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis eine Fiktionsbescheinigung auszustellen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen
III. Der Streitwert wird auf 1250,- € festgesetzt.
IV. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwälte … … mit monatlicher Ratenzahlung von 113,- € bewilligt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist 22 Jahre alt und Staatsangehöriger von Sierra Leone. Er begehrt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm einstweilen eine Fiktionsbescheinigung auszustellen, solange kein neuer Aufenthaltstitel erteilt oder der Antrag rechtskräftig abgelehnt worden ist. Der Antragsgegner weigert sich hiergegen mit der Begründung, örtlich nicht (mehr) zuständig zu sein.
Der Antragsteller reiste im April 2012 in das Bundesgebiet ein. Das Amtsgericht … ordnete im Februar 2014 für den Antragsteller zunächst vorläufige (Bl. 54), im Anschluss nach Angaben des Prozessbevollmächtigten dauerhafte Betreuung an.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom … Oktober 2014 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) fest, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt (Blatt 72). Der Antragsteller gehöre wegen einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung zu einer besonders schützenswerten Gruppe.
Während des Asylverfahrens war der Antragsteller mit Zuweisungsbescheid der Regierung von Oberbayern vom … Mai 2012 dem Landkreis Starnberg zugewiesen worden (Blatt 17). Der Antragsteller erhielt zunächst eine mehrfach verlängerte Aufenthaltsgestattung, wonach ihm die Wohnsitznahme nur im Landkreis Starnberg in der … Straße … gestattet war (Blatt 26, Blatt 39, Blatt 48, Blatt 50, Blatt 57). Noch während des Asylverfahrens verzog der Antragsteller mit Zustimmung der Regierung von Oberbayern (Blatt 51, Schreiben vom 21. Januar 2014) wegen seiner Erkrankung im Mai 2014 in eine betreute Wohngruppe im Landkreis München (Blatt 55). Der Antragsteller ist nicht erwerbstätig und bezieht Leistungen nach SGB II.
Nach Abschluss des Asylverfahrens und nach zeitlichem Ablauf der Asylgestattung beantragte der Betreuer des Antragstellers (Eingang am 27.11.2014, Blatt 87) beim Antraggsgegner die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen. Daraufhin erhielt der Antragsteller zunächst eine bis 26. Februar 2015 befristete Duldung, die insofern eingeschränkt war, als der Aufenthalt auf den Freistaat Bayern beschränkt und die Wohnsitznahme nur im Landkreis Starnberg gestattet war (Blatt 95). Der Betreuer des Antragstellers bat im Anschluss darum, die beantragte Aufenthaltserlaubnis so zu erteilen, dass der Antragsteller seinen Erstwohnsitz im Landkreis München anmelden könne, da er dort in einer Einrichtung wohne (Schreiben vom 2.12.2014, Blatt 98). Der Antragsgegner fragte beim Landkreis München an, ob Einverständnis mit dem Zuzug des Antragstellers bestehe (Schreiben vom 4. Dezember 2014, Blatt 104).
Am 19. Dezember 2014 erhielt der Antragsteller vom Antragsgegner eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG mit zeitlicher Gültigkeit bis zum 18.11.2015 (Blatt 105). Die Aufenthaltserlaubnis beschränkte die Wohnsitznahme bei Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder XII auf den Landkreis Starnberg.
Der Antragsteller ließ am 13. Februar 2015 eine noch anhängige Klage gegen die wohnsitzbeschränkende Auflage erheben (M 25 K 15.595). Das auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtete Eilverfahren erledigte sich nach gerichtlichem Hinweis, dass nicht § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 AufenthG, sondern § 80 Abs. 1 VwGO anwendbar sein dürfte, durch Rücknahme (Einstellungsbeschluss vom 4. März 2015, M 25 S. 15.596).
Im März 2015 erklärte der Landkreis München auf die Anfrage der Ausländerbehörde des Antragsgegners vom 4. Dezember 2014 seine Zustimmung zur Änderung der wohnsitzbeschränkenden Auflage (Blatt 140). Zu einer solchen Änderung kam es indes nicht mehr, weil der Antragsteller im Mai 2015 in eine Wohngruppe im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen verzog (Blatt 179,183). Mit Schreiben vom 21. August 2015 an die Ausländerbehörde des Landkreises München teilte die Beigeladene mit, dass die Zustimmung für einen Zuzug des Antragstellers wegen des Bezugs von Sozialleistungen nicht erteilt werde (Blatt 186).
Mit formlosem Schreiben vom 22. Oktober 2015 beantragte der Betreuer des Antragstellers beim Antragsgegner die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis (Blatt 196). Der Antragsgegner wies ihn darauf hin, dass der Verlängerungsantrag nunmehr bei der Beigeladenen zu stellen sei (E-Mail vom 22.10.2015, Blatt 197). Mit weiterer E-Mail vom 6. November 2015 teilte der Antragsgegner dem Betreuer mit, dass sich eine konkrete ausländerrechtliche Zuständigkeit für den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vor der Entscheidung des Gerichts im laufenden Klageverfahren nicht feststellen lasse, weil sich auch die Ausländerbehörde der Beigeladenen aufgrund der verfügten Wohnsitzauflage nicht für zuständig halte (Blatt 202). Man werde dem Antragsteller jedoch eine Fiktionsbescheinigung ausstellen. Daraufhin beantragte der Antragsteller mit Formblatt am 24.11.2015 die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und erhielt eine bis 23. Februar 2016 befristete Fiktionsbescheinigung mit dem Zusatz, dass bei Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder XII die Wohnsitznahme auf den Landkreis Starnberg beschränkt ist (Blatt 210).
Mit E-Mail vom 20. Januar 2016 teilte der Antragsgegner dem Betreuer mit, dass die Fiktionsbescheinigung jeweils in der Woche vor ihrem Ablauf bei einer Vorsprache vom Antragsgegner verlängert werde (Blatt 218). Ausweislich eines Aktenvermerks vom 20. Januar 2016 kam es in der Folge zwischen dem Antragsgegner und dem Betreuer wegen der unklaren örtlichen Zuständigkeit zu Differenzen (Blatt 220). Zuletzt verlängerte der Antragsgegner die Fiktionsbescheinigung des Antragstellers mit der bisherigen wohnsitzbeschränkenden Auflage bis zum 18. Mai 2016 (Blatt 222).
Am 29. Februar 2016 ließ der Antragsteller eine noch anhängige Klage gegen den Antragsgegner auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG erheben (M 25 K 16.975).
Der Antragsgegner ließ sich in diesem Verfahren klageerwidernd dahingehend ein, nicht örtlich zuständig zu sein. Bislang habe man im Wege des Entgegenkommens eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt und verlängert, weil sich die Beigeladene nicht als zuständig betrachte.
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller Fiktionsbescheinigungen auszustellen, solange kein neuer Aufenthaltstitel erteilt oder der Antrag rechtskräftig abgelehnt worden ist.
Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 81 Abs. 5 AufenthG. Die angeführte örtliche Unzuständigkeit sei eine Schutzbehauptung. Die Sache sei eilbedürftig, weil der Antragsteller jegliches Einkommen nur befristet erhalte. Die Befristung der Sozialleistungen orientiere sich an der Befristung der Fiktionsbescheinigung, welche am 18. Mai 2016 ablaufe. Gemäß § § 65 Abs. 2 VwGO sei die Beigeladene notwendig, hilfsweise, jedenfalls nach § 65 Abs. 1 VwGO beizuladen.
Zugleich wurde beantragt,
dem Antragsteller unter Beiordnung der Rechtsanwälte … … Verfahrenskosten Hilfe zu gewähren.
Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers ging am 9. Mai 2016 bei Gericht ein. Ausweislich des vorgelegten Bescheids des Jobcenters … vom … November 2015 erhält der Antragsteller bis 31. Mai 2016 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 689,56 €.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2016 hat das Gericht die Landeshauptstadt München zum Verfahren beigeladen.
Aus den Akten ergibt sich, dass dem Antragsteller Leistungen des Jobcenter bis zum 31. Mai 2016 bewilligt wurden.
Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 25 K 15.595, M 25 S. 15.596, M 25 K 16.975 und die in den dortigen Verfahren vorgelegten Behördenakten.
II.
Der zulässige Antrag hat Erfolg. Der Antragsgegner ist verpflichtet, dem Antragsteller bis zur Entscheidung über den am 22. Oktober 2015 gestellten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 19. Dezember 2014 einstweilen eine Fiktionsbescheinigung auszustellen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO entsprechend).
1. Der Anordnungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner ergibt sich aus § 81 Abs. 5 AufenthG, § 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 5 Verordnung über die Zuständigkeiten zur Ausführung des Aufenthaltsgesetzes und ausländerrechtlicher Bestimmungen in anderen Gesetzen vom 14. Juli 2005 (ZustVAuslR).
1.1. Der Antragsteller hat die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis rechtzeitig vor Ablauf seines Aufenthaltstitels beantragt (§ 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG). Ihm ist deshalb gemäß § 81 Abs. 5 AufenthG eine Bescheinigung über die Wirkungen seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.
1.2. Der Antragsgegner ist auch die örtlich zuständige Behörde für die Ausstellung der Fiktionsbescheinigung (§ 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 5 ZustVAuslR).
Danach ist örtlich zuständig die Ausländerbehörde, in deren Bezirk sich der Ausländer gewöhnlich aufhält. Ist der Aufenthalt räumlich beschränkt oder besteht die Verpflichtung, in einer vorher festgelegten Unterkunft zu wohnen, ist die Ausländerbehörde des Bezirks örtlich zuständig, auf den der Aufenthalt beschränkt ist oder in dem der Ausländer zu wohnen hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZustVAuslR).
1.2.1. Eine Verpflichtung des Antragstellers, in einer vorher festgelegten Unterkunft zu wohnen, besteht nach Abschluss des Asylverfahrens und Erteilung einer asylunabhängigen Aufenthaltserlaubnis nicht (mehr).
Denn die Zuweisungsentscheidung der Regierung von Oberbayern vom … Mai 2012 ist mit Abschluss des Asylverfahrens des Antragstellers gegenstandslos geworden, nachdem der Antragsteller ein asylverfahrensunabhängiges Aufenthaltsrecht erhalten hatte (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand Oktober 2014, § 50 AsylG Rn. 17 f., Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand Juni 2012, § 50 Rn. 29).
1.2.2. Indes ist die Wohnsitznahme des Antragstellers nach der am 18. November 2015 abgelaufenen, zu verlängernden Aufenthaltserlaubnis für den Fall der Inanspruchnahme von Leistungen nach SGB II oder XII, der vorliegend gegeben ist, auf den Landkreis Starnberg beschränkt. Diese Beschränkung ist trotz des gegen sie anhängigen Klageverfahrens (M 25 K 15.595) wirksam.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO lässt nämlich die Wirksamkeit der angegriffenen Bestimmung unberührt, sie hemmt lediglich ihre Vollziehbarkeit.
1.2.3. Die bedingte wohnsitzbeschränkende Auflage der letzten Aufenthaltserlaubnis ist nach Auffassung des Gerichts für Zwecke der örtlichen Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ZustVAuslR als Unterfall der räumlichen Beschränkung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative ZustVAuslR) zu betrachten. Dass das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die wohnsitzbeschränkende Auflage nicht als räumliche Beschränkung i.S.v. § 12 Abs. 2 und 3 AufenthG, auf deren Grundlage eine Verlassensanordnung erlassen werden kann (OVG NRW, B.v. 21.6.2012 – 18 B 420/12 – juris, Rn. 13), wertet, steht dem nicht entgegen. Bereits das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich entschieden, dass eine wohnsitzbeschränkende Auflage auf § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gestützt werden kann, weil sie einen geringeren Eingriff darstellt als die räumliche Beschränkung (BVerwG, U.v. 15.1.2008 – 1 C 17/07 – juris, Rn. 13).
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
1.2.3.1. Vom Wortlaut her lässt sich die wohnsitzbeschränkende Auflage unter räumliche Beschränkung subsumieren (so auch BVerwG zu § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, vgl. oben).
1.2.3.2. Nach Sinn und Zweck der Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative ZustVAuslR soll sich die örtliche Zuständigkeit anhand einer behördlichen (Ermessens-)Entscheidung hinsichtlich der Residenzpflicht bzw. der Einschränkung der Freizügigkeit bestimmen lassen und somit einen eindeutigen Anknüpfungspunkt darstellen. Die wohnsitzbeschränkende Auflage, die hinsichtlich ihrer (Rechts-)Wirkungen zwischen der ersten Alternative und der zweiten Alternative anzusiedeln ist, stellt eine solche behördliche Entscheidung dar.
1.2.3.3. Es würde zudem der beabsichtigten Steuerungsfunktion der Residenzpflicht zuwiderlaufen, wenn der – u.U. unter Verstoß gegen eine Auflage gewählte – tatsächliche Aufenthaltsort für die örtliche Zuständigkeit maßgeblich entscheidend sein sollte.
Somit ergibt sich nach Auffassung des Gerichts die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners vorliegend aus § 5 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative ZustVAuslR.
1.2.4. Sofern man sich wegen der Wortlautgrenze der Auslegung der soeben dargestellten Auffassung des Gerichts nicht anschließen will, ist jedenfalls zumindest der gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers im Sinne der Auffangvorschrift von § 5 Abs. 1 Satz 1 ZustVAuslR im Bezirk des Antragsgegners gegeben.
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt (BVerwG U.v. 7.7.2005 – 5 C 9/04 – juris). Vorliegend ist es auch nicht so, dass die wohnsitzbeschränkende Auflage faktisch keine Bedeutung erlangt hätte (vgl. dazu BVerwG, a.a.O., juris Rn. 17). Denn der erste Umzug in den Landkreis München während des laufenden Asylverfahrens erfolgte explizit unter der Bestimmung, dass damit keine Änderung der örtlichen Zuständigkeit des Antragsgegners verbunden war. Dem weiteren Umzug hat die Beigeladene widersprochen.
Neben dem tatsächlichen Aufenthalt ist grundsätzlich auch erforderlich, dass der Ausländer nach den ausländerrechtlichen Bestimmungen dort seinen Aufenthalt nehmen kann (vgl. OVG MV, B.v. 8.9.1998 – 2 M 80/98 – juris), andernfalls ist der Aufenthalt als nur vorübergehend zu werten (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand August 2008, § 71 Rn. 5a).
Nach diesem Maßstab kann der Antragsteller seinen Wohnsitz nicht im Bezirk der Beigeladenen nehmen. Denn nach der zwar angegriffenen, aber wirksamen Auflage seiner letzten Aufenthaltserlaubnis ist die Wohnsitznahme für den Fall der Inanspruchnahme von Sozialleistungen auf den Bezirk des Antragsgegners beschränkt.
Der Antragsgegner ist somit nach wie vor für die Entscheidung über den Verlängerungsantrag des Antragstellers und die Ausstellung der Fiktionsbescheinigung örtlich zuständig.
2. Es liegt keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Der Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist nur auf Ausstellung der Fiktionsbescheinigung bis zu einer Entscheidung über den Verlängerungsantrag, nicht auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gerichtet.
3. Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Antragsteller die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts ohne Fiktionsbescheinigung nicht nachweisen kann und sich der Antragsgegner weigert, eine weitere Fiktionsbescheinigung trotz erfolgter Antragstellung zu erteilen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog, wobei im Hinblick auf die Bescheinigung der Fiktionswirkung von der Hälfte des Auffangstreitwerts auszugehen ist.
5. Nach alledem hat der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe Erfolg. Der Antragsteller kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (§§ 166 VwGO, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend).
5.1. Hinsichtlich der Eilbedürftigkeit des Antrags und seiner Erfolgsaussichten wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
5.2. Der Antragsteller kann auch nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nur in Raten aufbringen.
5.3. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint auch erforderlich (§ 166 VwGO, § 121 Abs. 2 ZPO entsprechend). Deshalb war der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beizuordnen.


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