Aktenzeichen 209 F 758/18
Leitsatz
1. Streiten gemeinsam sorgeberechtigte Eltern über den Geburtsnamen eines Kindes, das seinen Lebensmittelpunkt mit anderen Geschwistern bei einem Elternteil hat, kann es zur Stärkung des Familienzugehörigkeitsgefühls dem Kindeswohl entsprechen, das Namensbestimmungsrecht zum Geburtsnamen diesem Elternteil zu übertragen (§ 1617 Abs. 2 S 1 BGB). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Streiten sorgeberechtigte Eltern über den Vornamen eines Kindes mit ausländischen Wurzeln, das seinen Lebensmittelpunkt mit anderen Geschwistern bei einem inländischen Elternteil hat, der über seinen Geburtsnamen bestimmen darf, kann es zur Stärkung des Verbundenheitsgefühls mit dem umgangsberechtigten ausländischem Elternteil, der die ausländischen Wurzeln des Kindes und seine Bindung zu ihm durch die Namenswahl ausdrücken möchte, dem Kindeswohl entsprechen, das Rechts zur Bestimmung des Vornamens diesem Elternteil zu übertragen (§ 1628 S. 1 BGB). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Das Namensbestimmungsrecht für den Geburtsnamen des Kindes …, geboren am … in Regensburg (Eltern: …), wird der Kindsmutter übertragen. Der Kindsmutter wird eine Frist von einem Monat, beginnend mit der Rechtskraft der Entscheidung, zur Ausübung des Wahlrechts gesetzt.
2. Das Namensbestimmungsrecht für den oder die Vornamen des Kindes …, geboren am … in Regensburg (Eltern: …), wird dem Kindsvater mit der Auflage übertragen, als ersten Vornamen den Vornamen … zu bestimmen. Dem Kindsvater wird eine Frist von einem Monat, beginnend mit der Rechtskraft der Entscheidung, zur Ausübung des Wahlrechts gesetzt.
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I.
Der Betroffene ist das gemeinsame Kind der Eheleute …. Die Eltern haben keinen gemeinsamen Ehenamen bestimmt. Der Vater hat seinen früheren Namen … zum 06.04.2018 in … geändert. Die Eltern haben gemeinsam die elterliche Sorge inne.
Auf einen Geburtsnamen sowie einen zweiten Vornamen des Betroffenen haben sich die Eltern bislang nicht geeinigt. Lediglich hinsichtlich des ersten Vornamens besteht zwischen den Eltern Einigkeit, dass dieser … lauten soll. Eine Mitteilung gegenüber dem Standesamt Regensburg erfolgte jedoch diesbezüglich nicht.
Die Eltern leben seit 05.07.2017 getrennt. Der Betroffene hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Mutter. Mit im Haushalt der Mutter lebt deren Tochter aus einer früheren Ehe der Mutter, die am … geborene Tochter … Der Vater nimmt begleitete Umgänge wahr.
Das Gericht hat die Mutter, den Vater und das Jugendamt angehört.
Die Mutter beantragt, ihr das Namensbestimmungsrecht für das am … geborene gemeinsame Kind zu übertragen. Sie möchte, dass der Betroffene den Namen … führen soll. Der Betroffene lebe zusammen mit der Mutter und der Halbschwester … in einem Haushalt. Auch der Grundsatz der Namenseinheit von Geschwistern spreche dafür, dem Betroffenen den Familiennamen … zu geben. Der Nachname des Vaters … sei der Mutter bislang nicht bekannt gewesen. Sie habe ihren Ehemann unter dem Familiennamen … kennengelernt und geheiratet. Der Kindsvater habe den Namen erst am 06.04.2018 durch eine Namensangleichung erworben, so dass es für die Mutter nicht nachvollziehbar sei, dass dieser Name Teil der Identität des Vaters und damit auch des Kindes sein sollte.
Der Vater beantragt, ihm das Namensbestimmungsrecht für das am … geborene ehegemeinsame Kind zu übertragen. Der Kindsvater möchte dem Betroffenen seinen Familiennamen … geben. Dies sei der Familienname, den der Kindsvater von seinem Vater erworben hat. Diesen Namen würde er seit der Geburt tragen. Durch den indischen Nachnamen kämen die indischen Wurzeln des Kindes zum Ausdruck. Beim Namen der Kindsmutter handele es sich dagegen nicht um deren Geburtsnamen, sondern um den amerikanischen Nachnamen des früheren Ehemannes der Kindsmutter.
Der zuständige Vertreter des Stadtjugendamtes hat in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagen, dem Betroffenen aufgrund des Grundsatzes der Namensgleichheit von Geschwisterkindern den Nachnamen … zu geben und zugleich, um die indischen Wurzeln des Kindes zu würdigen, dem Kind einen indischen Zweit- oder Drittnamen zu geben.
Eine Einigung der Eltern dahingehend konnte in der mündlichen Verhandlung nicht erzielt werden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2018 wird verwiesen.
II.
1. Das Amtsgericht – Familiengericht – Regensburg ist für die Entscheidung international, örtlich und auch sachlich und funktionell zuständig, §§ 99 Abs. 1, 111, 151, 152 FamFG i.V.m. §§ 1617 Abs. 2, 1628 S. 1 BGB, 23 a GVG, da das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, vermittelt sowohl durch die Mutter als auch durch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im hiesigen Bezirk hat.
Nach Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 5. Abs. 1 Satz 2 EGBGB ist aufgrund der auch deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes und mangels anderer Bestimmung durch die Inhaber des Sorgerechts das anzuwendende Sachrecht das deutsche Sachrecht.
2. Nach § 1617 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Kindsmutter das Bestimmungsrecht für den Geburtsnamen des gemeinsamen Kindes … geb. am … zu übertragen, da sich die gemeinsam sorgeberechtigten Kindeseltern nicht binnen eines Monats ab Geburt des Kindes auf einen Geburtsnamen einigen konnten und diese Entscheidung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1697 a BGB). Dabei ist der Kindsmutter unter Ausübung billigen Ermessens nach § 1617 Abs. 2 Satz 3 BGB eine angemessene Frist hierfür zu setzen, damit eine zeitnahe Klärung des Geburtsnamen des Kindes erfolgt.
Für das Gericht ausschlaggebend ist im vorliegendem Fall, dass das Kind zusammen mit der Halbschwester … im Haushalt der Mutter lebt. Aus Sicht des Gerichts entspricht es dem Wohl des Kindes am besten, wenn dieses denselben Geburtsnamen wie die beiden anderen Familienangehörigen, mit denen es in einem Haushalt lebt, hat. Das Kind lebt überwiegend mit Mutter und Schwester zusammen, bildet mit diesen also im täglichen Leben eine Familie, auch wenn beide Geschwister unterschiedliche Väter haben. Zur Festigung der Bindung und Bildung des Zusammengehörigkeitsgefühls ist es für das Kind aus Sicht des Gerichts wichtig, denselben Familiennamen wie Mutter und Schwester zu haben. Das Gericht befürchtet, dass Kind könnte sich ausgeschlossen fühlen, wenn es im Gegensatz zur älteren Schwester nicht den Familiennamen tragen darf, den die Mutter führt. Dazu kommt, dass ein Auseinanderfallen des Nachnamens des Kindes und der Kindsmutter im Alltag, insbesondere bei Erledigung von Behördengängen, bei der Wahrnehmung von Angelegenheiten des täglichen Lebens (§ 1697 Abs. 1 S. 3 u. 4 BGB) und im Rechtsverkehr zu Irritationen, Nachfragen, Hindernissen und Lästigkeiten führen würde, die durch die Benennung des Kindes nach der Kindsmutter verhindert werden können.
Für das Gericht ist es nachvollziehbar, dass der Vater nicht möchte, dass sein Kind den Familiennamen eines anderen Mannes trägt, der noch dazu amerikanischen Ursprungs ist. Dieser Einwand muss jedoch nach Auffassung des Gerichts klar hinter dem Interesse des Kindes an der Namensgleichheit mit Mutter und Schwester zurücktreten. Dasselbe gilt für das Argument des Vaters, dass der Betroffene indische Wurzeln habe, die im Namen zum Ausdruck kommen sollten. Außerdem handelt es sich beim dem Nachnamen … um einen Namen, der genau wie der Nachname … aus Sicht des Gerichts keinen eindeutigen Rückschluss auf die Nationalität des Namensträgers zulässt. Um die indischen Wurzeln des Kindes hervorzuheben, ohne zugleich ein Auseinanderfallen der Geburtsnamen der beiden Geschwisterkinder zu erreichen, entspricht es dem Interesse des Kindes besser, diesem einen indischen zweiten oder dritten Vornamen zu geben.
Keinerlei Bedeutung für die Entscheidung kommt aus Sicht des Gerichts der Behauptung des Vaters zu, dass die Mutter dem Vater versprochen hat, bei der Heirat dessen Nachnamen anzunehmen. Es handelt sich um eine bloße Absichtserklärung, der rechtlich keine Bedeutung zukommt. Tatsache ist jedenfalls, dass die Mutter den Namen ihres Ehemannes nicht als Familliennamen angenommen hat.
Das Gericht erachtet es daher als dem Kindeswohl dienlich, der Kindsmutter das Recht zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes zu übertragen.
3. Im Gegensatz dazu ist dem Vater gemäß § 1628 S. 1 BGB das Recht zur Bestimmung der Vornamen des Kindes zu übertragen.
Das Recht zur Bestimmung des Vornamens ist Bestandteil der Personensorge (§§ 1626 Abs. 1 S. 1, S. 2, 1627 BGB). Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sich die Eltern um Einigkeit bemühen. Scheitert eine Einigung, kann das Gericht auf Antrag gemäß § 1628 BGB einem Elternteil das Vornamensbestimmungsrecht übertragen, wenn diese Entscheidung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§ 1697 a BGB). Die Beschränkung kann gemäß § 1628 S. 2 BGB mit Auflagen versehen werden.
Das Gericht erachtet es als dem Wohl des Kindes dienlich, wenn der Vater das Recht zur Bestimmung der Vornamen des Kindes erhält. Das Gericht respektiert die Meinung des Vaters, dass das Kind über indische Wurzeln verfügt, die im Namen des Kindes zum Ausdruck kommen sollen. Nachdem das Namensbestimmungsrecht für den Geburtsnamen aus Gründen des Kindeswohls auf die Mutter zu übertragen ist, erscheint es dem Gericht angemessen, dem Vater das Recht zur Bestimmung der Vornamen zu übertragen und ihm so die Möglichkeit zu geben, die indischen Wurzeln des Kindes und seine Bindung zum Vater und zu dessen Nationalität durch die Wahl eines indischen zweiten oder dritten Vornamens zum Ausdruck zu bringen. Dies entspricht in der. Gesamtschau nach Ansicht des Gerichts dem Wohl des Kindes am besten. Das Gericht sieht, dass der Vater sich seit Geburt des Kindes um Umgangskontakt zu seinem Sohn bemüht hat und sich sehr um die Belange seines Sohnes kümmert. Das Gericht möchte mit der Entscheidung auch dem Vater das Gefühl zu vermitteln, gleichberechtigter Inhaber der elterlichen Sorge zu sein, und damit im Interesse des Kindes sein Engagement für seinen Sohn erhalten.
Es ist jedoch zu berücksichtigen ist, dass die Eltern sich auf den ersten Vornamen des Kindes … bereits geeinigt haben. Entsprechend § 1627 S. 1 BGB ist dem Vater deshalb bei der Ausübung des Namensbestimmungsrechts die Auflage gemäß § 1628 S. 2 BGB zu machen, als ersten Vornamen den Namen … zu wählen. Die Eltern haben sich auf diesen ersten Vornamen geeinigt. Das Kind wird seit seiner Geburt mit diesem Namen angeredet. Ein Wechsel des von den Eltern bestimmten Rufnamens wäre dem Wohl des Kindes nicht dienlich, so dass die Auflage geboten ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 FamFG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.