Familienrecht

Insolvenzrecht: Gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit der Singularzulassung der Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof; Statthaftigkeit der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde im Insolvenzverfahren

Aktenzeichen  IX ZB 166/11

Datum:
16.6.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 36 Abs 1 S 2 InsO
§ 36 Abs 4 S 1 InsO
§ 78 ZPO
§ 574 Abs 1 Nr 2 ZPO
§ 793 ZPO
§ 850c ZPO
Art 56 AEUV
Art 56ff AEUV
Spruchkörper:
9. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Aurich, 18. April 2011, Az: 4 T 386/10 (217), Beschlussvorgehend AG Aurich, 9. November 2010, Az: 9 IN 377/07

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 18. April 2011 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.

Gründe

1
1. Die Rechtsbeschwerde ist schon deshalb unzulässig, weil diese nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
2
Entgegen der Auffassung der Schuldnerin verstößt die gesetzliche Regelung zur Singularzulassung der Rechtsanwälte beim Bundesgerichthof nicht gegen den freien Dienstleistungsverkehr nach Art. 56 f AEUV, weil diese Zulassungsbeschränkung nicht auf dem Grundsatz territorialer Ausschließlichkeit beruht, sondern auf der Bildung einer spezialisierten Anwaltschaft aus Rechtsanwälten mit besonderer Erfahrung oder Kompetenz (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Februar 1988 – Rs 427/85, NJW 1988, 887 Rn. 44 [zu Art. 59 f EWG-Vertrag]; BGH, Beschluss vom 4. März 2002 – AnwZ 1/01, BGHZ 150, 70, 81 [zu Art. 49 f EG]; vom 27. April 2004 – VI ZR 242/03, n.v.; vom 11. Oktober 2010 – II ZR 93/08, juris Rn. 2). Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch aus der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.  Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36) keine abweichende Beurteilung.
3
2. Die Rechtsbeschwerde ist überdies unstatthaft, weil dieses Rechtsmittel vom Landgericht nicht zugelassen worden ist.
4
Über die Höhe des pfändungsfreien Einkommens des Schuldners (§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850c ZPO) entscheidet das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht (§ 36 Abs. 4 Satz 1 InsO). In diesem Fall bestimmt sich auch der Rechtsmittelzug nach den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2004 – IX ZB 97/03, WM 2004, 834, 835; vom 12. Januar 2006 – IX ZB 239/04, WM 2006, 539). Demnach ist gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts die sofortige Beschwerde eröffnet (§ 793 ZPO), während die Entscheidung des Beschwerdegerichts nur bei Zulassung der Rechtsbeschwerde anfechtbar ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
Kayser                                Raebel                                         Pape
                    Grupp                                  Möhring


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