Familienrecht

Versäumung der Rechtsmittelfrist wegen Einlegung nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags; kein Verschulden

Aktenzeichen  3 B 42/10

Datum:
4.6.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 60 Abs 1 VwGO
§ 166 VwGO
§ 114 S 1 ZPO
§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO
§ 133 Abs 2 VwGO
Spruchkörper:
3. Senat

Verfahrensgang

vorgehend VG Freiburg (Breisgau), 19. Oktober 2009, Az: 2 K 1102/08, Urteil

Gründe

1
Die Klägerin beansprucht als Erbin ihres 1994 verstorbenen Vaters die Feststellung eines Vertreibungsschadens an landwirtschaftlichem Vermögen. Ihre Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Oktober 2009 abgewiesen.
2
Den Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat der Senat mit Beschluss vom 22. April 2010 abgelehnt (BVerwG 3 PKH 14.09). Mit einem am 26. Mai 2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat ihr Prozessbevollmächtigter Beschwerde eingelegt, die Beschwerdebegründung eingereicht und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
3
1. Der Wiedereinsetzungsantrag hat Erfolg. Die Klägerin hat die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 Abs. 2 VwGO) ohne Verschulden versäumt. Ein Rechtsmittelführer, der, wie die Klägerin, innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ordnungsgemäß beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über den Antrag – auch wenn er abgelehnt wird – ohne sein Verschulden an der Einlegung des Rechtsmittels verhindert, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung rechnen musste, weil er sich für bedürftig im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO halten durfte und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit ohne Verzögerung über seinen Antrag entschieden werden konnte (Beschluss vom 23. Mai 1985 – BVerwG 7 C 4.85 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 147; Bier in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 18. Auflage 2009, § 60 Rn. 35). Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Klägerin nach der Bekanntgabe des Prozesskostenhilfebeschlusses den Anforderungen des § 60 Abs. 2 VwGO entsprechend nachgeholt. Dafür stand ihr die volle Monatsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Verfügung (vgl. Beschlüsse vom 17. April 2002 – BVerwG 3 B 137.01 – NVwZ 2002, 992 = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 244 und vom 18. März 1992 – BVerwG 5 B 29.92 – NJW 1992, 2307 = Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 3; BGH, Beschluss vom 27. Mai 1987 – IV b ZB 102/86 – NJW-RR 1987, 1150).
4
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Das hat der Senat im Beschluss vom 22. April 2010 (Rn. 4 f.) näher ausgeführt; hierauf wird Bezug genommen. Diese Bewertung hat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens Bestand, mit dem die Klägerin im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Prozesskostenhilfeverfahren wiederholt. Die Klägerin stellt nicht infrage, dass die Grundsätze über die Antragstellung im Lastenausgleichsverfahren geklärt sind. Veranlassung zu einer weitergehenden Klärung zeigt sie nicht auf. Wie der Senat im genannten Beschluss ausgeführt hat, muss ein Antrag einen bestimmten Schadenstatbestand bezeichnen. Für nicht bezeichnete Tatbestände folgt daraus, dass sie kein Verwaltungsverfahren einleiten, das bei Nichtbescheidung noch Anknüpfungspunkt für eine ergänzende behördliche Bescheidung sein könnte. Das gilt nicht nur für Globalanträge, die in unbestimmter Weise alles umfassen sollen, was möglicherweise geschädigt wurde, sondern auch für Anträge, die sich ausdrücklich auf bestimmte Tatbestände beschränken. Die Klägerin geht selbst davon aus, dass die ausdrückliche Antragstellung ihres Vaters nur Hausratsentschädigung und Aufbaudarlehen umfasste.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 29.06.2012 – 2 BvR 1601/10 – nicht zur Entscheidung angenommen.


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