Familienrecht

Vollzeiterwerbstätigkeit schließt Berücksichtigung als Kind im Familienleistungsausgleich nicht aus

Aktenzeichen  III R 9/12

Datum:
28.2.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst b EStG 2002
§ 32 Abs 4 S 1 EStG 2009
§ 63 Abs 1 S 2 EStG 2009
EStG VZ 2009
Spruchkörper:
3. Senat

Leitsatz

NV: Eine Vollzeiterwerbstätigkeit steht der Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht entgegen. Dies gilt auch dann, wenn sich das Kind aus einer mehrjährigen Berufstätigkeit heraus um eine weitere Berufsausbildung bemüht, diese Ausbildung aus studienorganisatorischen Gründen aber nicht sogleich antreten kann und bis dahin im Beruf weiterarbeitet. Zur Prüfung der Frage, ob der Grenzbetrag überschritten ist, sind daher auch die während der Vollzeiterwerbstätigkeit erzielten Einkünfte und Bezüge des Kindes einzubeziehen .

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 2. August 2011, Az: 6 K 2625/10, Urteil

Tatbestand

1
I. Streitig ist, ob der Grenzbetrag i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitzeitraum (August bis Dezember 2009) geltenden Fassung überschritten ist.
2
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist der Vater einer volljährigen Tochter T, die bis zum 21. August 2009 Angestellte im öffentlichen Dienst war und aus diesem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis entsprechende Einkünfte erzielte.
3
T bewarb sich bei der berufsbildenden Schule X um einen Platz im Ausbildungsgang “Berufsoberschule I Wirtschaft”. Im März 2009 erhielt sie die Aufnahmebestätigung. Ab dem 24. August 2009 besuchte T sodann die Schule. Daneben ging sie einer Teilzeitbeschäftigung nach, für die sie monatlich 500 € brutto erhielt.
4
Der Kläger beantragte Kindergeld für die Monate August bis Dezember 2009. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte den Antrag ab. Sie ging davon aus, dass T ab März 2009 zunächst gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG als ausbildungsplatzsuchendes Kind und ab August 2009 gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Kind in Berufsausbildung zu berücksichtigen sei und ihre in diesem Zeitraum bezogenen Einkünfte und Bezüge über dem anteiligen Grenzbetrag lägen. Während der Einspruch erfolglos blieb, entsprach das Finanzgericht (FG) dem Begehren des Klägers. Es führte aus, dass insbesondere der Berücksichtigungstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht gegeben sei. Dieser Vorschrift komme lediglich die Funktion einer Auffangregelung zu. Sie sei nicht auf solche Kinder anzuwenden, die sich in einer Vollzeitbeschäftigung befänden und sich aus dieser Situation heraus für eine weitere Berufsausbildung bewerben würden.
5
Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung sachlichen Rechts. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei ein Kind, das auf einen Ausbildungsplatz warte oder sich zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befinde, auch dann zu berücksichtigen, wenn es einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehe. Dass die Bewerbung aus einer solchen Tätigkeit heraus erfolgt sei, stehe der Berücksichtigung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht entgegen. Daher seien die Einkünfte aus dieser Tätigkeit bei der Prüfung der Grenzbetragsüberschreitung einzubeziehen. Im Streitfall sei der anteilige Grenzbetrag überschritten.
6
Die Familienkasse beantragt, das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 2. August 2011 6 K 2625/10 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Der Kläger beantragt, die Revision der Familienkasse als unbegründet zurückzuweisen.
8
Er nimmt auf die Begründung des angefochtenen Urteils Bezug und führt ergänzend aus, dass er lediglich für den Zeitraum August bis Dezember 2009 einen Kindergeldantrag gestellt habe. Deshalb sei allein die Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG einschlägig. T habe sich in der Zeit, in der sie einer den vollen Lebensunterhalt sicherstellenden Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, nicht in Berufsausbildung befunden.


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