Familienrecht

Vorrangiger Kindergeldanspruch des im anderen EU-Mitgliedstaat wohnenden Elternteils

Aktenzeichen  III R 10/13

Datum:
4.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2016:U.040816.IIIR10.13.0
Normen:
§ 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2009
§ 62 Abs 2 EStG 2009
§ 63 Abs 1 EStG 2009
§ 64 Abs 2 S 1 EStG 2009
§ 64 Abs 2 S 2 EStG 2009
§ 64 Abs 2 S 3 EStG 2009
§ 64 Abs 2 S 4 EStG 2009
Art 67 EGV 883/2004
Art 60 Abs 1 EGV 987/2009
EStG VZ 2010
EStG VZ 2011
EStG VZ 2012
Spruchkörper:
3. Senat

Leitsatz

1. Der Kindergeldanspruch eines in Deutschland wohnhaften Elternteils für sein in Ungarn im Haushalt des anderen Elternteils lebendes Kind kann nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. Art. 67 der VO Nr. 883/2004, Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 durch den vorrangigen Kindergeldanspruch des anderen Elternteils verdrängt werden.
2. Besteht in Deutschland oder in dem anderen Mitgliedstaat der EU ein gemeinsamer Haushalt der beiden Elternteile, in den das gemeinsame Kind aufgenommen ist, richtet sich die vorrangige Anspruchsberechtigung nach § 64 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG.

Verfahrensgang

vorgehend FG Münster, 1. Februar 2013, Az: 4 K 385/12 Kg,AO, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 1. Februar 2013  4 K 385/12 Kg,AO im Kostenpunkt ganz und im Übrigen insoweit aufgehoben, als es den Streitzeitraum Mai 2010 bis Januar 2012 betrifft.
Die Sache wird insoweit an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1
I. Streitig ist im Revisionsverfahren noch der Kindergeldanspruch von Mai 2010 bis Januar 2012 (Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2012).
2
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist deutscher Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz im Inland. Aus der 2005 geschlossenen Ehe mit einer ungarischen Staatsangehörigen (Kindsmutter) ging eine im Februar 2006 geborene Tochter (T) hervor.
3
Der Kläger war bis Ende September 2010 nichtselbständig erwerbstätig und erhielt danach bis Ende September 2011 aufgrund der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Arbeitslosengeld I nach § 117 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch.
4
Am 1. Februar 2009 verzog T mit der Kindsmutter nach Ungarn und behielt keinen weiteren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) bei.
5
Der Kläger bezog für T bis Januar 2011 inländisches Kindergeld. Nachdem die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) von der Wohnsitzverlagerung Kenntnis erlangt und weitere Ermittlungen zu den familiären Verhältnissen angestellt hatte, hob sie die Festsetzung des Kindergeldes für T mit Bescheid vom 2. Mai 2011 ab Februar 2009 auf. Im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren half die Familienkasse dem Einspruch mit Bescheid vom 27. Dezember 2011 für den Zeitraum Februar 2009 bis April 2010 teilweise ab und wies ihn im Übrigen mit Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2012 als unbegründet zurück.
6
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 711 veröffentlichten Gründen statt und hob den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid und die hierauf ergangene Einspruchsentscheidung auf.
7
Mit der hiergegen vom FG zugelassenen Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
8
Die Familienkasse beantragt,das angefochtene FG-Urteil insoweit aufzuheben, als es den Aufhebungsbescheid vom 2. Mai 2011 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 27. Dezember 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2012 hinsichtlich der Kindergeldfestsetzung ab Mai 2010 aufhebt und die Klage insoweit abzuweisen.
9
Der Kläger beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
10
Mit Beschluss vom 12. Januar 2015 hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Ruhen des Verfahrens angeordnet, bis der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) über das bei ihm anhängige Vorabentscheidungsersuchen C-378/14 entschieden hat. Der EuGH hat mit Urteil Trapkowski vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015:720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2015, 1501) über die Vorlagefragen entschieden.


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