Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatz, Berufung, Schadensersatzanspruch, gesellschaft, Feststellung, Herausgabe, Feststellungsklage, Anspruch, Pachtvertrag, AGB, Vereinbarung, Verletzung, Schaden, Zahlung, rechtliches Interesse, gerichtlicher Hinweis, berechtigtes Interesse

Aktenzeichen  14 U 4154/19

Datum:
10.3.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 9451
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

32 O 819/18 2019-06-28 Urt LGKEMPTEN LG Kempten

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 28.06.2019, Az. 32 O 819/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin den daraus resultierenden Schaden zu ersetzen hat, dass sich der Beklagte seit Ablauf des 31.03.2017 mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes R… in Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass sich der Beklagte mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts R… in 87561 … an die Klägerin seit Ablauf des 31.03.2017 in Verzug befinde und er der Klägerin einen aus diesem Verzug resultierenden Schaden zu ersetzen habe.
Die Klägerin hatte das S… haus von der Eigentümerin des Anwesens, der … (im Folgenden: S…gesellschaft), gepachtet. Nach einem vom 1. …meister (Zeuge R… vermittelten Treffen am 24.03.2016 im S…haus, bei dem der Vertriebsleiter der Klägerin, der Zeuge D… S…, der Beklagte sowie die Zeugen R… und V… (früher St…) teilnahmen, unterzeichnete der Beklagte am 21.04.2016 die in Kopie als Anlage K1 vorgelegte, als Pachtvertrag überschriebene Vereinbarung, die ihm von der Klägerin zugesandt worden war, und ließ das von ihm unterzeichnete Schriftstück der Klägerin zukommen. Die Vertreter der Klägerin unterzeichneten die Vereinbarung am 25.04.2016 und ließen den Beklagten eine unterschriebene Ausfertigung zukommen.
Unter Punkt 1. des Pachtvertrags ist festgehalten, dass dieser gemäß den anliegenden allgemeinen Vertragsbedingungen für Pachtverträge des Verpächters (Bestandteil der Anlage K1) geschlossen sei.
In diesen ist unter Punkt 4.6.1 festgehalten:
„Bei Beendigung des Pachtvertrages sind das Pachtobjekt und das eventuell mit verpachtete Inventar sowie das Leihinventar gereinigt, mit sämtlichen Haus- und Türschlüsseln und in vertragsgemäßem Zustand an Verpächter zurückzugeben.“ Zur Pachtdauer ist unter Punkt 4. des Pachtvertrags (K1) folgendes geregelt:
Beginn: nach Schlüsselübergabe durch den Verpächter
– voraussichtlich in der 20. oder 21. Kalenderwoche 2016
(das Obergabeprotokoll ist bindend)
Ende: 31.03.2017
das Pachtverhältnis endet, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedarf.
Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K1 verwiesen.
Am 10.05.2016 gab der Beklagte zur Beurkundung durch den amtlichen bestellten Vertreter des Notars … eine als „Abstraktes Schuldanerkenntnis und Zwangsvollstreckungsunterwerfung“ überschriebene Erklärung ab (Anlage K2).
Auf Seite 4 der Urkunde ist folgende Erklärung festgehalten:
„Das Pachtverhältnis beginnt am 11.05.2016 und endet am 31.03.2017, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedarf.“
Unter Punkt II. auf Seite 5 der Urkunde befindet sich die Erklärung, dass der Pächter sich gegenüber dem Verpächter zur Räumung des gesamten in Abschnitt I. der Urkunde näher beschriebenen Pachtobjekts und zur Herausgabe an den Verpächter verpflichte.
Wegen der Einzelheiten der Urkunde wird auf Anlage K2 verwiesen.
Das Pachtverhältnis der Klägerin mit der S…ngesellschaft über das streitgegenständliche S…haus endete am 31.03.2017. Der Beklagte hat das Pachtobjekt (jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung) nicht geräumt und auch nicht an die Klägerin oder die Schützengesellschaft zurückgegeben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zum 31.03.2017 zur Räumung und Herausgabe des S…hauses an sie verpflichtet gewesen sei. Der Beklagte sei ihr zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der Ihr dadurch entstanden sei, dass der Beklagte dieser Pflicht nicht nachgekommen sei. Die Klägerin habe auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Schadensersatzpflicht. Sie selbst sehe sich aufgrund der (noch immer) nicht erfolgten Herausgabe des S…hauses, aufgrund derer sie ihrerseits nicht zur Rückgabe des Pachtobjekts an die S…gesellschaft in der Lage gewesen sei, möglicherweise Ansprüchen der S…gesellschaft wegen der ihrerseits nicht erfolgten Rückgabe des Pachtobjekts an diese ausgesetzt.
Den abgewiesenen Klageantrag auf Zahlung des Beklagten an die Klägerin in Höhe von 50.640,00 € hatte die Klägerin damit begründet, dass ihr für die Zeit vom 01.04.2017 bis einschließlich November 2018 eine Nutzungsentschädigung in dieser Höhe gemäß § 546 a BGB zustehe. Im Übrigen habe sich der Beklagte auch schadensersatzpflichtig in dieser Höhe gemacht, weil er das Pachtobjekt nicht fristgerecht geräumt habe; der Schaden der Klägerin sei bereits darin begründet, dass sie selbst (auch ihr Pachtverhältnis endete mit Ablauf des 31.03.2016) von der Eigentümerin auf Nutzungsentschädigung in Anspruch genommen werde.
Der Beklagte macht geltend, selbst nie Besitzer des S…hauses geworden zu sein. Besitz am Pachtobjekt habe ausschließlich die A… GmbH (im Folgenden: GmbH) erlangt. Diese sei am 07.03.2016 durch Übergabe des Schlüssels vom Zeugen R… an den Beklagten Besitzerin des Pachtobjekts geworden; bei dieser sei der Besitz an die GmbH und nicht an den Beklagten persönlich übertragen worden. Der Einzug der GmbH sei am 12.03.2016 erfolgt. Der Beklagte behauptet, dass es abweichend vom streitgegenständlichen (schriftlichen) Vertrag (K1) eine individuelle Vereinbarung dahingehend gegeben habe, dass keine Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts an die Klägerin (am 31.03.2017) geschuldet sei, da das Pachtverhältnis als Interimslösung nahtlos in ein langfristiges Pachtverhältnis zwischen der GmbH und der Eigentümerin übergehen sollte.
Der Beklagte meint, dass die Herausgabe des Pachtobjekts für ihn unmöglich gewesen sei, was auch noch immer der Fall sei, da er in eigener Person nie Besitz am Pachtobjekt erlangt habe. Sollte tatsächlich eine Rückgabepflicht seinerseits im Verhältnis zur Klägerin anzunehmen sein, habe er einen diesbezüglichen Verzug jedenfalls nicht zu vertreten.
Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstand in erster Instanz auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils verwiesen. Änderungen haben sich insoweit nicht ergeben.
Das Landgericht hat, soweit es Gegenstand der Berufung ist, in der Hauptsache ausgesprochen:
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes R.str. 8 in 8… O. seit Ablauf des 31.03.2017 in Verzug befindet und der Klägerin einen aus diesem Verzug resultierenden Schaden zu ersetzen hat.
Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin gemäß §§ 581 Abs. 2, 546 BGB aufgrund des vorliegenden Pachtvertrages (K1) ein Anspruch auf Herausgabe und Räumung der streitgegenständlichen Pachtobjekts gegen den Beklagten zustehe.
Der Pachtvertrag sei zur Überzeugung des Gerichts in Kraft getreten. Zwar habe der Pachtvertrag bezüglich des Beginns des Pachtverhältnisses auf eine aus damaliger Sicht voraussichtlich in der 20. oder 21. Kalenderwoche 2016 erwartete Schlüsselübergabe abgestellt. Angesichts der vom Beklagten am 10.05.2016 abgegebenen, notariell beurkundeten Erklärung (Anlage K2), dass das Pachtverhältnis am 11.05.2016 beginne, sei aber von einer entsprechend dieser Erklärung abweichenden nachträglichen Vereinbarung der Parteien auszugehen, zumal es in der Folgezeit zu regelmäßigen Pachtzahlungen an die Klägerin – wenn diese auch durch die GmbH erfolgt seien – gekommen sei. Dem Beklagten sei auch der Gebrauch am streitgegenständlichen Pachtobjekt gewährt worden.
Der Nachweis einer abweichenden vertraglichen Regelung dahingehend, dass mündlich vereinbart worden sei, dass eine Herausgabe und Räumung des Pachtobjekts nicht geschuldet sei, sei nicht erfolgt.
Der Beklagte könne sich auch nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder den Nichteintritt einer Bedingung bezüglich des Pachtvertrages (Schlüsselübergabe) berufen.
Die Klägerin habe Anspruch auf Ersatz des aus dem Verzug mit der Rückgabe resultierenden Schadens. Der Beklagte habe den Verzug auch zu vertreten. Er sei der ihn treffenden Verpflichtung, der Klägerin nach Ende des Pachtverhältnisses den Besitz an der Pachtsache zu verschaffen, nicht nachgekommen. Er könne sich nicht auf einen unverschuldeten Tatsachen- oder Rechtsirrtum berufen. Ein eventuelles Verschulden eines rechtlichen Beraters des Beklagten müsse er sich gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.
Die Abweisung des Zahlungsantrags, gegen die keine Berufung eingelegt worden ist, hat das Landgericht damit begründet, dass der Klägerin, die nicht Eigentümerin des Pachtobjekts sei, angesichts der Beendigung ihres Pachtverhältnisses mit der Eigentümerin zum 31.03.2017 keine Nutzungsberechtigung und damit auch keine Nutzungsentschädigung zustehe. Solange die Klägerin sich gegen den von der Eigentümerin gegen sie geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung zur Wehr setze, könne die Klägerin vom Beklagten diesbezüglich auch nicht Freihaltung durch Zahlung als Schadensersatz verlangen.
Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils verwiesen.
Mit der Berufung wendet sich der Beklagte in vollem Umfang gegen die vom Landgericht getroffene Feststellung. Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte im wesentlichen geltend:
Die Feststellungsklage sei unzulässig. Beim Verzug handle es sich nicht um ein der Feststellungsklage zugängliches Rechtsverhältnis. Auch fehle ein Feststellungsinteresse. Die Klageseite selbst habe einen künftig zu erwartenden Schaden nicht substantiiert dargestellt. Im Übrigen sei die Schadensentwicklung abgeschlossen. Mit der Geltendmachung der bezifferten (rechtskräftig abgewiesenen) Klageforderung, die ausdrücklich auch als Schadensersatzforderung begründet worden sei, sei der Erfüllungsanspruch auf Herausgabe des Pachtobjekts gemäß § 281 Abs. 4 BGB erloschen. Ein nachfolgender Nichterfüllungsschaden sei ausgeschlossen.
Wegen der (rechtskräftigen) Abweisung des Klageantrags zu 1) dürften dem Feststellungsantrag keine Ansprüche wegen Nutzungsausfallentschädigung oder Schadensersatz für den Zeitraum April 2017 bis November 2017 zugrunde gelegt werden. In diesem Umfang sei der Feststellungsantrag wegen Klageverbrauchs unzulässig. Jedenfalls für diesen Zeitraum sei die Feststellungsklage abzuweisen; zumindest müssten diese Ansprüche aus dem Feststellungsantrag herausgenommen werden.
Hätte das Gericht den (nach dem Dafürhalten des Beklagten unstreitigen) Vortrag des Beklagten zu den mit der S…gesellschaft getroffenen Absprachen über einen langfristigen Direktpachtvertrag des Beklagten mit dieser ab 01.04.2017. und dazu, dass der Beklagte selbst niemals beabsichtigt habe, selbst als Privatunternehmer den Pachtbetrieb zu führen, und die GmbH bereits ab Anfang März 2016 den Pachtbetrieb vorbereitet habe, berücksichtigt, so wäre es zu der Überzeugung gekommen, dass der streitgegenständliche Unterpachtvertrag als Interimslösung bis zum Inkrafttreten des Pachtvertrags der GmbH mit der S…gesellschaft gedacht gewesen sei. Richtigerweise hätte das Landgericht sich dann der Behauptung des Beklagten angeschlossen, dass eine Herausgabe bei Ablauf des streitgegenständlichen Pachtvertrags nicht vereinbart gewesen sei.
Auch habe das Landgericht den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es dessen Behauptungen als nicht nachgewiesen angesehen habe, ohne ihn hierzu persönlich angehört zu haben.
Die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass der streitgegenständliche Pachtvertrag am 11.05.2016 in Kraft gesetzt worden sei, wofür die Klägerin beweisbelastet sei, beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung; insbesondere habe das Landgericht die erforderliche Gesamtwürdigung aller Umstände unterlassen. Das Landgericht habe gegen die Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, indem es aufgrund der notariell beurkundeten Erklärungen des Beklagten vom 10.05.2016 (K2) den Schluss gezogen habe, dass es insoweit zu einer Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung gekommen sein müsse. Es habe nämlich die naheliegende Erklärung übersehen, dass der Beklagte am 10.05.2016 bei der Abgabe seiner Erklärung davon ausgegangen ist, dass es am 11.05.2016 zu einer Schlüsselübergabe kommen würde (die aber dann doch nicht stattgefunden habe). Auch habe das Landgericht übersehen, dass gemäß Ziffer IV. „Zweckerklärung“ der notariellen Urkunde mit der notariellen Urkunde vom 10.05.2016 (K2) keine neuen Vereinbarungen geschaffen werden, sondern nur bereits bestehende Ansprüche gesichert werden sollten.
Verfahrensfehlerhaft sei das Landgericht zu der Feststellung gelangt, dass keine mündlichen Vereinbarungen bezüglich der Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts getroffen worden seien. Insbesondere habe das Landgericht sich nicht hinreichend mit der Argumentation des Beklagten auseinandergesetzt und auch dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es den Beklagten nicht angehört habe; zudem sei ein gerichtlicher Hinweis dazu unterblieben, dass der Beklagtenvortrag nicht für hinreichend bewiesen erachtet werde.
Bei entsprechender Beachtung des gesamten Prozessstoffes sei das Landgericht auch fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte sich nicht auf den Nichteintritt einer Bedingung berufen könne. Dieser habe in der Klageerwiderung ausgeführt, dass es eine grundsätzliche Bedingung für die persönliche Unterzeichnung des streitgegenständlichen Unterpachtvertrages (K1) gewesen sei, dass der Pachtbetrieb nahtlos ab 01.04.2017 im Rahmen eines Pachtverhältnisses der S… gesellschaft mit der GmbH fortgeführt werde. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO sei auch insoweit der Nachweis erbracht, dass der Beklagte den Pachtvertrag mit der Klägerin nur unter dieser Bedingung unterzeichnet habe.
Bei richtiger rechtlicher Bewertung und richtiger Tatsachenfeststellung hätte das Landgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass kein Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin gegen den Beklagten bestanden habe und/oder bestehe. Das Pachtverhältnis sei mangels Schlüsselübergabe an den Beklagten nie in Kraft getreten.
Selbst wenn ein Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin gegen den Beklagten bestehen würde, wäre ein solcher nach § 275 Abs. 1 BGB wegen subjektiver Unmöglichkeit erloschen, weil der Beklagte nicht im Besitz des Streitobjekts und damit aus tatsächlichen Gründen nicht zu dessen Herausgabe in der Lage sei. Entgegen der Ansicht des Landgerichts treffe den Beklagten auch keine Besitzverschaffungspflicht.
Zu Unrecht habe das Landgericht dem Beklagten die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage verweigert.
Selbst bei Bejahung eines Räumungs- und Herausgabeanspruchs habe der Beklagte einen diesbezüglichen Verzug nicht zu vertreten.
Wegen der – erstmals in der Berufung – vom Beklagten gestellten Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugin V…), S…, R…, H… und von Li… wird auf Punkt VIII. der Berufungsbegründung verwiesen.
Ergänzend wird wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Beklagten auf die Schriftsätze vom 02.09.2019, 12.12.2019, 30.11.2020 und 08.02.2021 verwiesen.
In der Berufung beantragt der Beklagte:
Das Urteil des Landgerichts Kempten vom 09.04.2019 – 32 O 819/18 – wird in Ziffer 1) des Tenors abgeändert und die Klage auch insoweit abgewiesen.
Die Beklagte beantragt in der Berufung,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags auf Zurückweisung der Berufung bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass das Landgericht zutreffend festgestellt habe, dass der Eintritt eines Schadens bei der Klägerin hinreichend wahrscheinlich sei. Die Verpflichtung des Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts, der der Beklagte nach wie vor nicht nachgekommen sei, bestehe bis jetzt. Der der Klägerin durch den Verzug des Beklagten mit der Pflicht, die Pachtsache zu räumen und an die Klägerin herauszugeben, entstandene Schaden lasse sich noch nicht beziffern.
Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 20.11.2019 und 08.02.2021 verwiesen.
Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen V… und S….
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur begründet, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes R… in … in Verzug befindet. Im Übrigen ist die Berufung gemäß § 513 ZPO unbegründet, weil sich die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung im Übrigen nach den der Berufungsentscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen als richtig erweist. Die Klage auf Feststellung, dass der Beklagte der Klägerin den daraus resultierenden Schaden zu ersetzen hat, dass er sich seit Ablauf des 31.03.2017 mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes R… in … in Verzug befindet, war und ist zulässig und begründet.
1. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes R… in … in Verzug befindet, ist die Klage unzulässig. Insoweit war das angefochtene Endurteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Eine Klage auf Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens des Schuldnerverzugs ist unzulässig (s. BGH, Urteil vom 19. April 2000 – XII ZR 332/97 -, juris). Beim Schuldnerverzug handelt sich nicht um ein Rechtsverhältnis i.s.d. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Schuldnerverzug, § 284 BGB, ist ein Unterfall der Verletzung der Leistungspflicht, nämlich die rechtswidrige Verzögerung der geschuldeten Leistung aus einem vom Schuldner zu vertretenden Grund und zugleich eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also lediglich „Vorfrage“ für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Ein gegenüber dem ursprünglichen Schuldverhältnis eigenständiges „Verzugsverhältnis“ kennt das Gesetz allerdings nicht (BGH, Urteil vom 19. April 2000 – XII ZR 332/97 -, Rn. 13, juris).
2. Die Feststellungsklage ist hingegen zulässig, soweit die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten begehrt. Insofern, bezüglich der von ihr geltend gemachten Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten ihr gegenüber, hat die Klägerin auch ein rechtliches Interesse an deren Feststellung. Der Zulässigkeit dieser Feststellungsklage steht auch nicht die in Rechtskraft erwachsene Abweisung des Zahlungsantrags entgegen.
2.1 Die Klägerin macht das Bestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien, nämlich eines schuldrechtlichen Anspruchs der Klägerin auf Schadensersatz gegen Beklagten aufgrund der (unstreitig bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung) nicht erfolgten Rückgabe des seitens des Beklagten von der Klägerin gepachteten Pachtobjekts geltend.
2.2 Der Rechtsposition der Klägerin droht Unsicherheit, da zwischen den Parteien Streit darüber besteht, ob der Beklagte der Klägerin gegenüber verpflichtet war, die Pachtsache bei Ende der Pachtzeit (an die Klägerin) herauszugeben, und aufgrund der (unstreitig) nicht erfolgten Rückgabe ein Schadensersatzanspruch besteht.
2.3 Die Feststellungsklage ist auch nicht deswegen unzulässig, weil der Klägerin bereits eine Leistungsklage bezüglich der streitgegenständlichen Schadensersatzverpflichtung möglich wäre.
Ein Schaden der Klägerin steht in erster Linie insoweit im Raum, als sich die S…gesellschaft als Eigentümerin des streitgegenständlichen Pachtobjekts und Verpächterin im Verhältnis zur Klägerin berühmt, ihrerseits Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zu haben, weil die Klägerin das streitgegenständliche Pachtobjekt zum Ende des Pachtvertrags zwischen ihr und der S…gesellschaft nicht an die S…gesellschaft zurückgegeben hat (s. als Anlage K 19 vorgelegtes Anwaltsschreibens). Unstreitig ist weder seitens des Beklagten noch durch die GmbH eine Rückgabe der Pachtsache an die Klägerin oder eine solche an die S…gesellschaft erfolgt.
Da im Pachtverhältnis der S…gesellschaft mit der Klägerin unstreitig die in diesem Verhältnis von der Klägerin geschuldete Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts nach Beendigung des Pachtverhältnisses nicht erfolgt ist, ist es durchaus wahrscheinlich, dass Ersatzansprüche der S…gesellschaft gegen die Klägerin, z.B. nach § 546 a BGB, bestehen, bezüglich derer die Klägerin aufgrund des Schadensersatzanspruchs, der Gegenstand der Feststellungsklage ist, Regress bei der Klägerin nehmen kann.
Ein Anspruch der S…gesellschaft auf Nutzungsentschädigung gegen die Klägerin ist insbesondere nicht deswegen ausgeschlossen, weil gesichert davon auszugehen wäre, dass ab dem 01.04.2017 ein Besitzrecht der GmbH, die – jedenfalls nach Vortrag des Beklagten – tatsächlich auch Besitzer des Pachtobjekts gewesen und nach dem 31.03.2017 geblieben ist, gegen die S…gesellschaft bestanden hat. Die S…gesellschaft und die GmbH führen einen Rechtsstreit darüber, ob die S…gesellschaft einen Anspruch auf Abschluss eines Pachtvertrags über das S…haus gegen die S… gesellschaft hat und ob der GmbH gegenüber der S…gesellschaft ein Besitzrecht zustand und noch zusteht; auch insoweit wird ein Berufungsverfahren beim Senat geführt. Über den Rechtsstreit ist noch nicht entschieden. Es ist nicht gesichert, in welcher Höhe Ansprüche der S…gesellschaft gegen die Klägerin bestehen. Jedenfalls aber ist es der Klägerin, wie vom Landgericht zutreffend entschieden, derzeit nicht möglich, bezüglich der von der S…gesellschaft gegen sie geltend gemachten Ansprüche auf Nutzungsentschädigung bereits jetzt eine Leistungsklage gegen den Beklagten zu erheben, da sie sich selbst gegen diese Ansprüche wehrt. In einem solchen Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg, für den auch ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (BGH, NJW 2007, 1809 ff).
2.4 Die Zulässigkeit der auf den Ausgleich eines Vermögensschadens gerichteten Feststellungsklage setzt lediglich die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung (nicht erfolgte Rückgabe der Pachtsache durch den Beklagten) zurückzuführenden Schadens (gegen die Klägerin gerichtete Ansprüche der S…gesellschaft wegen Nichtrückgabe der Pachtsache) ergibt. Dazu muss nicht dargelegt werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Vermögensdifferenz besteht. Wäre eine rechnerische Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Gesamtvermögenslage erforderlich, führte dies dazu, dass es keinen Unterschied zwischen der Darlegung einer Schadenswahrscheinlichkeit und der Berechnung des vollen Schadens gäbe, obwohl die Feststellungsklage die gerichtliche Vorklärung der Ansprüche gerade dann ermöglichen soll, wenn der Schaden ganz oder teilweise noch nicht berechnet werden kann (s. BGH, NJW-RR 2018, 1301 Rn. 23, beck-online).
2.5 Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht, auch nicht zum Teil, die rechtskräftige Abweisung des Zahlungsantrags entgegen.
Mit der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des Zahlungsantrags über 50.640,00 € hat das Landgericht nicht ausgesprochen, dass der geltend gemachte Anspruch, jedenfalls soweit er als Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen Verzugs mit der pachtvertraglichen Räumungs- und Herausgabepflicht geltend gemacht worden ist, endgültig nicht besteht. Die Auslegung der diesbezüglichen Urteilsbegründung führt zu dem Ergebnis, dass die Klage insoweit nur als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist.
Soweit das Landgericht ausgeführt hat, dass kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 50.640,00 € bestehe, hat es zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.11.2006, I ZR 257/03 (NJW 2007, 1809 ff) ausgeführt, dass die Klägerin den von der Schützengesellschaft gegen sie geltend gemachten Anspruch bekämpfe. Zwar könne ein zu ersetzender Schaden auch in der Belastung mit einer Verbindlichkeit bestehen. Solange der Beschwerte – wie vorliegend die Klägerin – jedoch den Anspruch bekämpfe, könne sie nicht Freihaltung durch Zahlung verlangen.
Wenn auch nicht ausdrücklich, so hat das Landgericht damit doch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Leistung von Schadensersatz nicht endgültig, sondern nur für derzeit als unbegründet erachtet, nämlich solange die Klägerin den Anspruch der S…gesellschaft selbst bekämpft.
3. Die Feststellungsklage ist, soweit sie zulässig ist, auch begründet, weil sich der Beklagte nach den der Berufungsentscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen mit der Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Pachtsache an die Klägerin seit Ablauf des 31.03.2016 in Verzug befindet und er der Klägerin deswegen nach §§ 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 286 zum Ersatz des durch diesen Verzug verursachten Schadens verpflichtet ist.
3.1 Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist der als Anlage K1 in Kopie vorgelegte Pachtvertrag wirksam zustande gekommen, da beide Vertragsparteien (die Klägerin durch ihre Vertreter) durch die jeweils unstreitige Unterzeichnung der Vertragsurkunde die Willenserklärung abgaben, den Vertrag zu den dort niedergelegten Bedingungen abzuschließen.
Unstreitig war dabei auch dem Beklagten klar, im eigenen Namen und nicht für die GmbH zu handeln (s. S. 4 der Klageerwiderung vom 13.09.2018, Bl. 14 d.A.). Dass es nicht Ziel des Beklagten war, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung den Gaststättenbetrieb im S…haus zu führen, ändert nichts daran, dass er – wie er selbst einräumt – bereit war, als Interimslösung in eigener Person den streitgegenständlichen Pachtvertrag mit der Klägerin abzuschließen und dementsprechend unstreitig der Klägerin durch Unterzeichnung des ihm zugesandten Vertragsentwurfs ein diesbezügliches Vertragsangebot machte, das die Beklagte durch Gegenzeichnung ihrer Vertreter annahm.
3.2 Der Pachtvertrag ist auch nicht gemäß § 158 Abs. 1 BGB unwirksam. Der Abschluss des streitgegenständlichen Pachtvertrags erfolgte nicht unter der (aufschiebenden) Bedingung, dass es zu einer Schlüsselübergabe seitens der Klägerin an den Beklagten kommen würde.
Die Regelung zur Pachtdauer unter Punkt 4. des Pachtvertrags
„Beginn: nach Schlüsselübergabe durch den Verpächter
– voraussichtlich in der 20. oder 21. Kalenderwoche 2016“
ist nicht als Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB auszulegen.
Diese Regelung ist nach §§ 133, 157 BGB nicht dahingehend auszulegen, dass die Wirksamkeit der wechselseitigen Verpflichtungen aus dem abgeschlossenen Vertrag vom Eintritt der Bedingung der Schlüsselübergabe abhängen sollte.
3.2.1 Der Beklagte, der nach eigenem Vortrag von einer Fortführung des Pachtverhältnisses nach Ende des streitgegenständlichen Pachtvertrags zwischen der GmbH (deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer er war) und der S…gesellschaft ausging, hatte kein Interesse daran, dass die von der Klägerin vertraglich eingegangene Verpflichtung zur Überlassung der Pachtsache an den Kläger vom Eintritt der Bedingung Schlüsselübergabe abhängen sollte. Es ist auch beklagtenseits nichts vorgetragen, was dafür sprechen würde, diese Regelung als Bedingung auszulegen, von deren Erfüllung die Wirksamkeit der durch den Vertrag eingegangenen Verpflichtungen (unter anderem und gerade auch die Pflicht zur Besitzeinräumung und damit zur Schlüsselübergabe) abhängen sollte.
3.2.2 Vielmehr liegt es nahe und entspricht auch den für beide Parteien erkennbaren Interessen der jeweils anderen Vertragspartei, dass mit der Vereinbarung, dass die Pachtdauer (bereits) mit Schlüsselübergabe beginnen sollte, klargestellt werden sollte, dass die vertraglichen Vereinbarungen ab dem Beginn der Pachtdauer gelten sollten, soweit nicht ausdrücklich (z.B. Pachtzahlungspflicht erst ab 01.07.2016) anderes vereinbart wurde.
3.2.3 Auch bestätigte der Beklagte mit der von ihm am 10.05.2016 zur notariellen Niederschrift abgegebenen Erklärung (K2) den Abschluss des streitgegenständlichen Pachtvertrags und des dort datumsmäßig bezeichneten Beginns des Pachtverhältnisses zum 11.05.2016. Das belegt, dass auch er nicht davon ausgegangen ist, dass die Wirksamkeit der durch den Pachtvertrag eingegangenen Verpflichtungen von der Bedingung abhängen sollte, dass eine Schlüsselübergabe durch die Klägerin an ihn erfolgen würde.
3.2.4 Zudem hat der Beklagte mit der Erklärung in der Urkunde vom 10.05.2016 nach außen erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er spätestens mit dem dort bezeichneten Beginn des Pachtverhältnisses am 11.05.2016 den Besitz an den tatsächlich bereits in seinen Händen befindlichen Schlüsseln und auch den Besitz am Pachtobjekt für sich in eigener Person ausübte. Unstreitig hat er bereits im März die Schlüssel vom Zeugen R… erhalten. Selbst wenn er diese, wie er geltend macht, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH erhalten haben sollte, so lag es ausschließlich an ihm selbst, den bereits im März 2016 – nach seiner Argumentation für die GmbH – erhaltenen Besitz an den Schlüsseln und dem Pachtobjekt auf sich als Besitzer in eigener Person überzuleiten. Spätestens mit der Erklärung in der Urkunde vom 10.05.2016 hat er nach außen erkennbar Besitzwillen für sich selbst und die Besitzaufgabe bezüglich der GmbH nach außen dokumentiert. Damit wurde er persönlich Besitzer.
3.3 Da die Pachtdauer nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen mit dem Ablauf des 31.03.2017 endete, war der Beklagte gemäß Punkt 4.6.1 der in den Pachtvertrag wirksam einbezogenen allgemeinen Geschäftsbedingungen (Bestandteil der Anlage K1), die auch der gesetzlichen Regelung nach §§ 546 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB entsprechen, mit dem Ablauf dieses Datums zur Rückgabe des Pachtobjekts verpflichtet.
Dem Beklagten ist der Beweis seiner Behauptung, dass es zwischen den Parteien zur mündlichen Vereinbarung gekommen sei, dass die Pachtsache entgegen der schriftlich festgehaltenen Regelung nicht zur Rückgabe der Pachtsache an die Klägerin verpflichtet sein sollte, nicht gelungen.
3.3.1 Weder hat der Beklagte selbst im Rahmen der Berufungsverhandlung irgendwelche Gespräche zwischen ihm und dem für die Klägerin tätigen Zeugen S… dargestellt, die auch nur vage in die Richtung einer derartigen Vereinbarung gehen würden, noch haben die Zeugen V… oder der Zeuge S… von solchen berichtet.
3.3.2 Soweit der Beklagte anscheinend meint, dass aufgrund seiner Interessenlage (Pachtverhältnis unmittelbar zwischen ihm und der Klägerin nur als Interimslösung) von einer konkludenten Vereinbarung dahingehend auszugehen sei, dass er entgegen der schriftlich festgehaltenen Regelung nicht zur Rückgabe der Pachtsache an die Klägerin verpflichtet sei, ist dem aus mehreren Gründen nicht zu folgen.
3.3.2.1 Zwar war dem als Vertreter für die Klägerin handelnden Zeugen S… unstreitig und vom Zeugen bestätigt bekannt, dass der Beklagte das Pachtverhältnis mit der Klägerin nur vorübergehend – für neun Monate – eingehen würde, und dass anschließend ein brauereifreies Pachtverhältnis mit der Schützengesellschaft stattfinden sollte. Dennoch konnte aber der Beklagte nicht ohne Weiteres (ohne dass diesbezügliche konkrete Vereinbarungen – sei es ausdrücklich oder konkludent – getroffen wurden) berechtigt davon ausgehen, dass die Klägerin auf ihren – in den AGB festgehaltenen und gesetzlich vorgesehenen – pachtvertraglichen Herausgabeanspruch verzichten wolle. Da der Zeuge S… nach seinen glaubhaften Angaben (Gegenteiliges ist auch beklagtenseits nicht substantiiert vorgetragen) nicht in die Verhandlungen der S…gesellschaft mit dem Beklagten über diese Fortführung des Pachtverhältnisses eingebunden war und ihm deren Stand nicht bekannt war, insbesondere aber weil – mangels abweichender Vereinbarungen der S…gesellschaft mit der Klägerin – die Klägerin ihrerseits sich zum Ende ihres Pachtverhältnisses mit der S…gesellschaft einem Herausgabeanspruch der S…gesellschaft ausgesetzt sah, hatte die Klägerin für den bei Sicht ex ante nicht auszuschließenden und tatsächlich auch eingetretenen Fall, dass es zu Problemen zwischen dem Beklagten und der S…gesellschaft kommen würde, ein berechtigtes Interesse daran, ihrerseits einen Herausgabeanspruch gegen den Beklagten zu haben.
3.3.2.2 Eine Vereinbarung durch konkludente (übereinstimmende) Willenserklärungen würde zudem voraussetzen, dass irgendwelche Verhaltensweisen einerseits des Beklagten und andererseits eines Vertreters der Klägerin erfolgt wären, denen jeweils ein derartiger Erklärungswert beigemessen werden könnte.
Solche hat aber auch der Beklagte – sei es schriftsätzlich oder in seiner Anhörung – nicht vorgebracht.
Auch die Beweisaufnahme hat keine Hinweise auf derartige Vorgänge erbracht (bezüglich derer davon auszugehen sein würde, dass der Beklagte sie sich als Vortrag zu eigen macht). Die Zeugin … hat zwar berichtet, dass „für uns“ (gemeint waren der Beklagte und sie) immer klar gewesen sei, dass sie bleiben würden und die neun Monate Pacht mit der Beklagten nur eine Interimszeit seien, nach der sie sich von der Brauerei befreien und direkt die S… als Verpächter haben würden. Über irgendwelche Gespräche, Äußerungen oder Verhaltensweisen des Beklagten einerseits und des Zeugen S… (andere Personen haben unstreitig keine Gespräche namens der Klägerin mit dem Beklagten in dieser Sache geführt) andererseits, aufgrund derer von einer Übereinkunft der Parteien auszugehen sein könnte, dass keine Rückgabe der Pachtsache an die Klägerin geschuldet sein sollte, hat aber weder sie noch der Zeuge S… berichtet.
3.3.2.3 Schließlich sprechen auch das vom Beklagten abgegebene abstrakte Schuldanerkenntnis und die gleichzeitig erfolgte Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung betreffend den Räumungs- und Herausgabeanspruch klar dagegen, dass die Parteien davon ausgegangen sein könnten, dass dieser Anspruch abbedungen sein sollte.
3.4 Der Anspruch auf Herausgabe des Pachtobjekts ist nicht gemäß § 281 Abs. 4 BGB erloschen. Die Klägerin macht gegen den Beklagten keinen Schadensersatz statt der von ihr zu erbringenden Leistung (Räumung und Herausgabe), sondern wegen Verzugs mit dieser geltend.
3.5 Da die Parteien das Ende der Pachtdauer vertraglich auf den 31.03.2017 vereinbart hatten, bedurfte es gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB keiner Mahnung, um den Verzug des Beklagten zu begründen. Aufgrund dieser Vereinbarung war nämlich auch die Leistungszeit für die Räumung und Herausgabe, die nach der vertraglichen Regelung „bei Beendigung des Pachtvertrages“ erfolgen sollte, kalendermäßig bestimmt.
3.6 Der Beklagte ist nicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit von der ihn treffenden Herausgabepflicht frei geworden. Er ist für die von ihm geltend gemachte Unmöglichkeit der Herausgabe vortrags- und beweisbelastet.
3.6.1 Zum einen hat der Kläger keine Tatsachen (substantiiert) vorgetragen, aufgrund derer davon auszugehen sein könnte, dass er nach seiner spätestens zum 11.05.2016 erfolgten Inbesitznahme des Pachtobjekts vor dem 31.03.2017 den Besitz an der Pachtsache wieder verloren hätte.
3.6.2 Zum anderen liegt eine Unmöglichkeit der Rückgabe der Pachtsache nicht schon dann vor, wenn der Pächter keinen Besitz mehr hat; ihn trifft vielmehr eine Besitzverschaffungspflicht. Erst wenn die Besitzverschaffung unmöglich ist, ist dem Pächter die Rückgabe selbst unmöglich (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 546 Rn. 84).
Der Beklagte war und ist auch nach Inbesitznahme für die GmbH ohne Weiteres in der Lage, die ihn treffende Herausgabepflicht zu erfüllen, da ihm sowohl die Geschäftsführung der GmbH wie auch deren Vertretung oblag und er damit in der Lage (und aufgrund seiner Eigenschaft als Alleingesellschafter auch berechtigt war) den Besitz am Pachtobjekt sich selbst als Privatperson zu überlassen oder den Besitz von der GmbH an die Klägerin zu übertragen. Er hat auch keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer die GmbH ihm gegenüber ein Besitzrecht gehabt haben könnte.
3.7 Soweit der Beklagte geltend macht, dass das Zustandekommen eines Pachtvertrags zwischen der S…gesellschaft und der GmbH Geschäftsgrundlage des streitgegenständlichen Pachtvertrags zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits geworden sei, trifft dies nicht zu. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nichts an der Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabe der Pachtsache zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung ändern würde.
3.7.1 Es ist zwar durchaus nachvollziehbar, dass aus Sicht des Beklagten der nur sehr kurz laufende Pachtvertrag mit der Klägerin wirtschaftlich nur sinnvoll gewesen sein dürfte, weil er davon ausgegangen ist, dass es nach Ablauf der Pachtzeit zu einem anschließenden Pachtvertrag über das Pachtobjekt mit der S…gesellschaft kommen würde. Nachdem aber die Klägerin in die Vertragsverhandlungen der S…gesellschaft mit der GmbH nicht involviert war, ist nicht davon auszugehen, dass auch aus Sicht der Klägerin Grundlage des streitgegenständlichen Vertrag das Zustandekommen eines (langfristigen) Pachtvertrags zwischen der S…gesellschaft und der GmbH werden sollte. Auch wenn die diesbezügliche Interessenlage für die Klägerin ersichtlich gewesen sein dürfte, handelte es sich insoweit um ein allein dem Beklagten und der GmbH zuzuordnendes Risiko.
3.7.2 Selbst unterstellt, es sei Geschäftsgrundlage des streitgegenständlichen Pachtvertrags geworden, dass es nach Ablauf der Pachtzeit zu einem anschließenden Pachtvertrag über das Pachtobjekt mit der S…gesellschaft kommen würde, hätte der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB allenfalls einen (vom Beklagten nicht geltend gemachten) Anspruch auf Vertragsanpassung (§ 313 Absatz 1 BGB) oder ein (vom Beklagten nicht ausgeübtes) Kündigungsrecht (§ 313 Abs. 3 BGB) zur Folge gehabt, würde aber nichts an dem Anspruch auf Herausgabe des Pachtobjekts zum Ende der Pachtdauer und einer eventuellen Schadensersatzpflicht wegen Verletzung dieser Pflicht ändern.
3.8 Der für das Fehlen eines Verschuldens nach der Formulierung des § 286 Abs. 4 BGB vortrags- und beweisbelastete Beklagte hat auch keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer angenommen werden könnte, dass das Unterbleiben der Räumung und Herausgabe der Pachtsache an die Klägerin von ihm nicht verschuldet worden ist.
3.8.1 Soweit sich der Beklagte darauf berufen will, dass er den Besitz an die GmbH überlassen habe, würde ihn bereits deswegen ein Verschulden treffen, weil er dann seinen Besitz freiwillig zu Gunsten der GmbH aufgegeben hätte. Außerdem wäre damit auch nicht belegt, dass er seine Pflicht zur Besitzverschaffung unverschuldet nicht erfüllt hat, zumal er selbst unstreitig Geschäftsführer und Alleingesellschafter der GmbH ist.
3.8.2 Der Beklagte hat seine Pflicht zur Herausgabe der Pachtsache auch nicht wegen eines etwaigen Rechtsirrtums unverschuldet versäumt.
Es ist durch Auslegung jeder Einzelnorm zu ermitteln, ob bestehendes Unrechtsbewusstsein für die Anwendung der jeweiligen Norm zu fordern ist (s. MüKoBGB/Grundmann, 8. Aufl. 2019, BGB § 276 Rn. 159). Bei der Verletzung der pachtvertraglichen Rückgabepflicht führt ein fehlendes Unrechtsbewusstsein nicht zur Verneinung von Fahrlässigkeit. Im Rahmen der Erfüllung wechselseitiger vertraglicher Verpflichtungen ist das Risiko einer rechtlichen Fehleinschätzung, welche Pflichten bestehen und welche nicht, der jeweils verpflichteten Partei zuzuweisen.
3.9 Die Feststellung der Schadensersatzpflicht ist umfassend auszusprechen.
Wie bereits dargelegt hat das Landgericht mit der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des Zahlungsantrags über 50.640,00 € nicht ausgesprochen, dass der geltend gemachte Anspruch, jedenfalls soweit er als Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen Verzugs mit der pachtvertraglichen Räumungs- und Herausgabepflicht geltend gemacht worden ist, endgültig nicht besteht.
4. Soweit der Beklagte in der Berufung beantragt hat, die Herren R…, H… und von Li… als Zeugen zum Beweis dafür zu vernehmen, dass entsprechend den Vereinbarungen eines zwischen der S…gesellschaft und der GmbH mündlich abgeschlossenen Pachtvorvertrags über den Inhalt des in Folge dieses Vorvertrags abzuschließenden schriftlichen Pachtvertrags verhandelt und hierzu auch Vertragsentwürfe durch die S…gesellschaft vorgelegt worden seien, war dieser Behauptung nicht weiter nachzugehen, weil sie für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich ist. Für die in der Berufung gegenständliche Feststellungsklage ist – wie bereits dargelegt – im Rahmen der Zulässigkeit nur erheblich, dass der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist, was wie dargelegt der Fall ist, nachdem die S…gesellschaft Ansprüche wegen der nicht erfolgten Räumung und Herausgabe gegen die Klägerin geltend macht. Die Begründetheit der Feststellungsklage erfordert nur, dass die Voraussetzungen des streitgegenständlichen Anspruchs gegeben sind. Hierfür sind die Behauptungen, für die die Zeugen R…, H… und von Li… benannt worden sind, unerheblich. Unerheblich ist auch, ob dem Beklagten am 07.03.2016 Schlüssel übergeben worden sind, zumal die Schlüsselübergabe durch den Zeugen R im März 2016 unstreitig ist; streitig ist nur, ob diese an ihn als Geschäftsführer der GmbH oder der an ihn in eigener Person erfolgt ist.
Im Rahmen der im Berufungsverfahren gegenständlichen Feststellungsklage ist – nachdem sich die Klägerin gegen die Ansprüche der S…gesellschaft wehrt – insbesondere nicht zu klären (was im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht mit Rechtskraftwirkung für die S…gesellschaft geklärt werden könnte), ob und in welcher Höhe die S…gesellschaft von der Klägerin Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB oder Schadensersatz wegen Verzugs mit der Räumung und Herausgabe des Schützenhauses verlangen kann.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO. Soweit die Klägerin in der Berufung unterlegen ist (Feststellung des Verzugs) kommt dieser Feststellung neben der Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Verzugs kein maßgeblicher wirtschaftlicher Wert zu, weswegen dem Beklagten gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten der Berufung in vollem Umfang aufzuerlegen waren.
Die (nur die Kosten des Rechtsstreits betreffende) Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO erfolgt.
Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es sind keine in Rechtsprechung und/oder Rechtslehre umstrittenen Rechtsfragen oder solche von grundsätzlicher Bedeutung entscheidungserheblich. Der Senat weicht mit der Entscheidung auch nicht von anderer obergerichtlicher Rechtsprechung ab.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben