Aktenzeichen 6 AZR 674/14
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Mönchengladbach, 23. September 2013, Az: 5 Ca 788/13, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 6. August 2014, Az: 7 Sa 1190/13, Urteil
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision im Übrigen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. August 2014 – 7 Sa 1190/13 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Hilfsantrag zur Leistungsklage über 10.187,45 Euro sowie die Feststellungsanträge abgewiesen worden sind.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung über den Hilfsantrag zur Leistungsklage sowie zur Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob ein Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO besteht, obwohl der Kläger diesen vom Sachwalter bestrittenen Anspruch nicht innerhalb der im Insolvenzplan festgelegten Frist klageweise weiter verfolgt hat.
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Der Kläger war bei der Beklagten (vormals firmierend unter N GmbH), der späteren Schuldnerin, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden idF vom 1. April 2005 (künftig MTV) nach Maßgabe des Haustarifvertrags der Beklagten vom 12. April 2005 Anwendung. Danach galt für den Kläger eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende.
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Am 1. Juni 2012 wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der Beklagten eröffnet. In dem darstellenden Teil des Insolvenzplans sind unter B VI – Gruppenbildung – ua. als Gruppe 2 die Arbeitnehmer und als Gruppe 5 die Gläubiger mit Schadenersatzansprüchen wegen Nichterfüllung (§§ 103 ff. InsO) festgelegt. Im gestaltenden Teil des Plans ist unter C II 2 bzw. C II 5 eine Abfindungsquote von 70 % für die Gläubiger der Gruppe 2 bzw. von 22 % für die Gläubiger der Gruppe 5 vorgesehen. Unter C IV 4 – Allgemeine Regelungen – heißt es im Plan:
„…
a)
Soweit in diesem Insolvenzplan von der Forderung eines Gläubigers gesprochen wird, ist immer die einzelne zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung gemeint, unabhängig von dem Rechtsgrund.
b)
Teilweise oder vollständig bestrittene Forderungen werden durch eine Rückstellung wie festgestellte Forderungen behandelt, soweit ein Feststellungsrechtsstreit anhängig ist. Zu berücksichtigen sind diese Forderungen nur dann, wenn die Klage innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach Bestandskraft des den Insolvenzplan bestätigenden Beschlusses des Amtsgerichts anhängig gemacht wird. … Wird die Klage nicht rechtzeitig anhängig gemacht, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt (analoge Anwendung von § 189 InsO).
c)
Für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht bis zum Termin über die Beschlussfassung über den Insolvenzplan angemeldet haben, gilt lit. b) entsprechend. …
…“
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Dieser mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 17. Juli 2012 bestätigte Insolvenzplan wurde am 31. Juli 2012 rechtskräftig. Mit Beschluss vom 6. August 2012 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.
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Am 11. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Frist des § 113 Satz 2 InsO zum 31. Oktober 2012. Bereits am 5. Juli 2012 hatte der Kläger eine Schadenersatzforderung als „Schadenersatzforderung wegen Verkürzung tarifl. Kündigungsfrist“ zur Tabelle angemeldet. Diese Forderung bestritt der Sachwalter in voller Höhe mit der Begründung: „Brutto. Rechtsanspruch noch nicht entstanden. Arbeitsverhältnis ist derzeit ungekündigt.“
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Der Kläger begehrt mit seiner am 18. März 2013 bei Gericht eingegangenen Klage den Ersatz des Verfrühungsschadens für die Zeit vom 1. November 2012 bis zum Ende der nach dem MTV maßgeblichen Kündigungsfrist am 31. März 2013. Mit der Leistungsklage verlangt er im Hauptantrag den Ersatz des in dieser Zeit entgangenen Entgelts in voller Höhe. Bei dem Hilfsantrag zur Leistungsklage setzt er das Arbeitslosengeld, das er zwischen dem 1. November 2012 und dem 31. März 2013 erhalten hat, ab und begehrt von dem verbleibenden Betrag 70 %, dh. die Quote der Gruppe 2.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens sei die Leistungsklage zulässig. Die Ausschlussfrist des Insolvenzplans sei unwirksam. Der Gesetzgeber habe bei der Reform der Vorschriften zum Insolvenzplan eine Ausschlussfrist ausdrücklich verworfen. §§ 254, 254b, 259a, 259b InsO seien abschließend und zwingend.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 24.209,00 Euro brutto – hilfsweise 10.187,45 Euro brutto – nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. März 2013 zu zahlen;
hilfsweise
seinen Anspruch auf Zahlung von 24.209,00 Euro brutto – hilfsweise 10.187,45 Euro brutto – im Insolvenzverfahren über das Vermögen der N GmbH zur Insolvenztabelle festzustellen.
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Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Leistungsklage bereits unzulässig sei. Einzig zulässige Klageart für Insolvenzforderungen wie die Forderung nach § 113 Satz 3 InsO sei die Feststellungsklage. Jedenfalls fehle der Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, wenn kein rechtskräftiges Feststellungsurteil vorliege. Der Kläger habe seinen Schadenersatzanspruch zu früh angemeldet und ihn zu spät eingeklagt. Die Ausschlussklausel im Insolvenzplan sei wirksam. Soweit der Kläger Forderungen nicht im Insolvenzplan angemeldet habe, seien diese zwischenzeitlich verjährt. Unabhängig davon sei die Klage bereits deshalb abzuweisen, weil der Sachwalter den Schadenersatzanspruch zu Recht bestritten habe und die verfrühte Anmeldung nicht durch eine Neuanmeldung korrigiert worden sei. Zudem gehöre der Kläger hinsichtlich der streitbefangenen Forderung zur Gruppe 5 der Gläubiger und könne von dem entstandenen Schaden nur 22 % beanspruchen.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Leistungsklage als zulässig angesehen, soweit der Kläger damit die am 5. Juli 2012 angemeldete Forderung verfolge. Dagegen sei die Leistungsklage unzulässig, soweit der Kläger sie auf die Schadenersatzforderung aufgrund der Kündigung vom 11. Juli 2012 stütze. Insoweit fehle es an der zwingenden Sachurteilsvoraussetzung der Anmeldung und Prüfung der Forderung. Aus demselben Grund sei auch die Feststellungsklage unzulässig. Im Umfang ihrer Zulässigkeit sei die Leistungsklage unbegründet, weil der Kläger die wirksame Ausschlussfrist versäumt habe. Zudem dürfe das Bestreiten des Sachwalters zu Recht erfolgt sein, weil im Zeitpunkt der Anmeldung ein Schadenersatzanspruch noch nicht entstanden gewesen sei.
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Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.