Aktenzeichen 7 U 5998/20
Leitsatz
1. Der Rechtsanwalt darf keine von der Zahl der Mandatserteilungen abhängige Vergütung zahlen; nicht verboten sind hingegen pauschale Entgelte des Rechtsanwalts, die dieser für die Bereitstellung von Infrastruktur zahlt, die es potentiellen Auftraggebern ermöglicht, ihn zu mandatieren. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hat ein Marketing-Unternehmen einer Rechtsanwaltsgesellschaft Datensätze, nicht aber Vertragsabschlüsse zu liefern, liegt trotz der Abhängigkeit der Vergütung von der Zahl der gelieferten Datensätze keine verbotene Vereinbarung über die Verprovisionierung von Mandatsverträgen vor; vielmehr handelt es sich bei dem Vertragsmodell um eine Form des Dialogmarketings (Direct-Response-Marketing) und damit der Werbung. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
27 O 454/20 2020-09-14 Endurteil LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 14.09.2020, Az. 27 O 454/20, in Ziffer 1 seines Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 9.896,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2019 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche aus einer Email-Marketing-Kampagne.
Die Klägerin ist ein Internet-Marketing Unternehmen, die Beklagte eine Rechtsanwaltsgesellschaft.
Am 05.07.2019 nahm die Beklagte ein Angebot der Klägerin „über eine E-mail-Marketing Kampagne CPL/CPO über unsere URL … .COM“ vom 25.06.2019 laut Anl. K 1 an. Das Angebot der Klägerin vom 25.06.2019 lautete wie folgt:
„1. Kampagneart und -definition
S.-A. E-Mail Kampagne zur Gewinnung von Interessenten. C. P. M. 360 versendet hierfür einen mit dem Auftraggeber abgestimmten Stand-Alone Newsletter an die unter Punkt 2 definierte Zielgruppe(n). Das Kampagneziel ist die Generierung von exclusiven Interessenten. Die Datenerhebung erfolgt über eine Landingpage auf den Servern der C. P. M. 360 GmbH.
2.1 Zielgruppendefinition:
Vom Abgasskandal betroffen sind derzeit die Marken VW, Audi, Seat, Skoda, Porsche, Mercedes und BMW.
VW Konzern: Skoda, Audi, Seat, VW, Porsche Motor EA 189 mit max. 2.0 Liter Hubraum /Baujahr 2007 bis 2014 VW Touareg, VW Phaeton und VW Amarok mit EA 897-Motor und 3.0 TDI und weitere.
Mercedes: Modelle mit 6 Zylinder OM 651 Motor, Baujahr ab 2005, Modelle mit 4-Zylinder OM 651-Motor, Baujahr ab 2008, 1.8 oder 2.1 Liter Hubraum, Rückruf verpflichtend angeordnet Vito mit OM 622 und OM 651 Motoren, C-Klasse und GLC mit OM 626 Motor BMW: M550d xDrive Alle anderen betroffenen Modelle (…)
3. Lieferumfang & Art der Lieferung
C. P. M. 360 übersendet die generierten Datensätze als verschlüsselte MD5-Hashes (Text-Datei; Tabstopp getrennt) an den Kunden, damit dieser einen Datenbankabgleich vornehmen kann. Der Datenabgleich muss nach Übermittlung der verschlüsselten Daten innerhalb von 7 Tagen erfolgen (8.6 AGB C. P. M. 360). Leads, die sich bereits im Bestand des Auftraggebers befinden, werden von der Verrechnung ausgeschlossen. Klardaten [sic] werden nach Ausgleich des Kundenkontos übermittelt. Der Auftraggeber übermittelt der C. P. M. 360 wöchentlich ein Reporting über eingehende Orders.
Lieferumfang der Datenübermittlung (Opt In):
CPL: Anrede, Vorname, Nachname, Telefonnummer, E-mail-Adresse (ja/nein), Jahr der Anschaffung,
CPO: Fahrzeugschein, Kaufvertrag/Schreiben des KBA/Hersteller (optional), Rechtsschutz-Versicherung zum Zeitpunkt des Autokaufes.
4. Kampagneziele & Preise
Zeitraum: 1 Monat (Start ab Unterzeichnung des Auftrags)
(…)
Kampagnenmodell Zielmenge Preis à (…)
Werbemittel 3.565,00 € (…)
CPL 500* 36,00 € (…)
CPO 50** 360,00 € (rechn.CPO) (…)
alle Preise zzgl. MwSt.
*Der Gesamtbetrag für die Leadgenerierung (CPL) setzt sich aus der Anzahl der lt. Reporting generierten Leads und mit dem Auftraggeber abgeglichenen und nicht in dessen Bestand befindlichen User [sic] zusammen. Die Abrechnung erfolgt nach Erbringung des jeweiligen Leistungsschrittes.
… Sollte das Ziel nicht erreicht werden, erfolgt eine Nachlieferung, bis das Ziel erreicht ist.
Leads, die nicht den Clustern in der Selektion entsprechen, können reklamiert werden. Im Falle einer Reklamation muss der Auftraggeber der C. P. M. 360 ein qualifiziertes Reklamationsreporting zukommen lassen, in dem klar hervorgeht, was der Grund der Reklamation ist (kein EA 189 Modell z.B.). Das Reklamationsreporting muss innerhalb von 2 Wochen erfolgen. Ausschließlich ein qualifiziertes Reklamationsreporting über beanstandete Leads wird als Reklamation anerkannt. Eine verkürzte oder fehlerhafte Reklamation wird als unzureichend abgewiesen und der Lead gilt somit als vollständig erbracht. Nicht valide, reklamierte Leads werden durch valide Leads innerhalb von 14 Tagen ersetzt.
5. Schlussbestimmungen & Verweise (…) Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der C. P. M. 360 GmbH. Zur Inkraftsetzung unserer AGB genügt dieser Verweis, die AGB sind jederzeit abrufbar unter …com/agb.html (…)
(…)“
Auf der Landingpage laut Ziffer 1 S. 4 des Angebots bat der Interessent, ihm kostenlos und unverbindlich Informationen zum Dieselskandal zu übersenden. Er musste hierzu seinen Vor- und Nachnamen, eine Email-Adresse und Telefonnummer angeben sowie mitteilen, ob eine Rechtsschutzversicherung bestehe und wie und wann er das Auto erworben habe. Darüber hinaus musste er durch Setzen eines Hakens in einem Kästchen mitteilen, dass er die Datenschutzbestimmungen gelesen und akzeptiert habe und dass er einwillige, „von dieselanwalt (d.h. der Klägerin) und cllb (d.h. der Beklagten) bzgl (seiner) Anfrage zum Dieselgate telefonisch und/oder per E-Mail kontaktiert zu werden“. Hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung der Landingpage wird auf Anl. K 15b Bezug genommen.
Mit Email vom 05.07.2019, 10:18 Uhr (Anl. K 16) übermittelte die Klägerin der Beklagten Entwürfe für die Werbemittel, die die Beklagte mit Email vom 05.07.2019, 10:39 Uhr freigab.
Am 08.07.2019 übermittelte die Klägerin der Beklagten mit Email laut Anl. K 2 129 Leads als verschlüsselte MD5-Hashes und bat „um zeitnahen Abgleich, damit wir (gemeint die Klägerin) die Leads in die Telefonie geben können“. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Email vom 09.07.2019, 09:42 Uhr laut Anl. K 2 mit, dass sie „die technischen Voraussetzungen für den (…) gewünschten Abgleich“ nicht habe und bat die Klägerin, „den nächsten geplanten Schritt einzuleiten“. Die Klägerin antwortete darauf mit Email vom 09.07.2019, 10.13 Uhr (Anl. K 17a), dass sie der Beklagten heute noch Klardaten liefern werde und dass diese Daten gleichzeitig „ins Call Center zur Akquise“ gehen würden. Die angekündigte Klardatenübermittlung erfolgte mit Email der Klägerin vom 09.07.2019, 10:21 Uhr (Anl. K 17b) mit dem Hinweis, dass „diese Daten (zeitgleich) in die Telefonie“ gehen würden.
Nachdem die Klägerin der Beklagten mit Email vom 10.07.2019, 17:49 Uhr (Anl. K 3) weitere 102 Leads als verschlüsselte MD5-Hashes übermittelt hatte, teilte die Beklagte der Klägerin mit Email vom 10.07.2019, 17:54 Uhr laut Anl. K 3 wiederum mit, dass die Beklagte aus technischen Gründen den gewünschten Abgleich der Daten nicht vornehmen könne und die Klägerin deshalb den „nächsten geplanten Schritt ein(..)leiten“ solle. Am 12.07.2019 übermittelte die Klägerin der Beklagten bezüglich der 102 Leads aus der Lieferung vom 10.07.2019 eine Klardatenliste.
Einige der an die Beklagte übermittelten Leads waren bei der Klägerin zuvor über andere Kampagnen generiert worden (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 04.05.2020, S. 3 erster Absatz, Bl. 30 d.A.).
Mit Schreiben vom 09.07.2019 stellte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über 5.526,36 € brutto für die Generierung von 129 Leads (Anl. K 4a) und mit Schreiben vom 11.07.2019 eine weitere Rechnung über 4.369,68 € für die Generierung weiterer 102 Leads (Anl. K 4b).
Die Beklagte verweigerte den Ausgleich der Rechnungen, da sie noch keine Abnahme erklären könne und erhebliche Zweifel bestünden, ob die Leads – sollten sie vertragskonform sein – aufgrund der von der Beklagten bezahlten Werbemittel generiert worden seien (vgl. Email der Beklagten vom 09.07.2019, 13:15 Uhr laut Anl. K 17b hinsichtlich der Leads-Lieferung vom 08.07.2019 und vom 17.07.2019 laut Anl. K 8 hinsichtlich beider Lieferungen).
Zum Beleg ihres vertragskonformen Handelns übermittelte die Klägerin der Beklagten mit Email vom 22.07.2019 (laut Anl. K 9) einen Musterdatensatz betreffend Herrn R. T. Die Beklagte wollte gleichwohl die Rechnungen der Klägerin nicht begleichen, da der Musterdatensatz T. eine ungültige Telefonnummer enthalte (vgl. die Emails der Beklagten vom 23.07.2019, 9:20 Uhr und 10:22 Uhr laut Anlagenkonvolut K 9).
Mit weiterem Email vom 23.07.2019, 18:08 Uhr (Anl. K 10) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie mittlerweile die gesamte am 09.07.2019 von der Klägerin ihr übermittelte Klartext-Leads-Liste überprüft habe. „Allerdings handle es sich (bzgl. Ziffer 2 bis 15 der Liste) allesamt um alte Datensätze, also um Daten, die vor der (von) uns bei Ihnen bestellten Kampagne erhoben wurde (…). In diesem Zusammenhang lässt sich auch nachvollziehen, dass keiner [sic] dieser Personen von Ihrem Büro aus angerufen wurde. Die Informationen seitens Herrn M. (dem Kampagnemanager der Klägerin), dass fleißig telefoniert wurde und bereits an die 35 Rückmeldungen zu Unterlagen vorgelegen hätten, nachweislich unwahr war [sic]. Erst heute haben ein paar wenige Personen von Ihrem Haus eine Email erhalten, bspw. Herr K.“ Es bleibe deshalb dabei, „dass die Abnahme der Lead-Lieferung insgesamt zurückgewiesen“ werde. „Ab Ziffer 15 bis einschließlich Ziffer 130 (seien) fast ausnahmslos nur noch Datensätze, die entweder keine gültige Telefonnummer (hätten) oder Datensätze von Personen (enthielten), die niemals über ihre Internetseite oder sonst wie Daten hinterlassen hätten, um rechtlichen Rat bezüglich eines Dieselfahrzeugs einzuholen.“
Mit Email vom 23.07.2019, 19:04 Uhr (Anl. K 11) wies die Klägerin die Mängelrüge der Beklagten in deren Email vom 23.07.2019, 18:08 Uhr (Anl. K 10) als nicht qualifiziertes Reklamationsreporting zurück. Die 129 übermittelten Leads seien vertragskonform. Darüber hinaus mahnte sie den Ausgleich der beiden Rechnungen vom 09.07.2019 und 11.07.2019 an.
Mit Schreiben vom 23.07.2019 (Anl. B 1) focht die Beklagte den Vertrag vom 05.07.2019 an und kündigte gleichzeitig den Vertrag vorsorglich außerordentlich fristlos, höchstvorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Außerdem fordert sie eine von ihr an die Beklagte bereits erbrachte Zahlung in Höhe von 1.344,70 € für Werbemittel bis zum 02.08.2019 zurück.
Mit Email vom 26.07.2019, 13.20 Uhr (Anl. B 2) rügte die Beklagte die mit der Klardatenliste vom 12.07.2019 übermittelten Leads (Lieferung vom 10.07.2019 in verschlüsselter Form). Es seien mehrere Datensätze doppelt geliefert worden. 29 CPLs wiesen eine ungültige oder gar keine Telefonnummer auf.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie die Abnahme verweigert habe, da sie darauf verzichtet habe, die Leads zu prüfen. Mit diesem Verzicht habe sie die Leads abgenommen. Im Übrigen seien die von der Klägerin der Beklagten übermittelten Leads vertragskonform und deshalb auch abnahmefähig gewesen. Unerheblich sei insoweit auch, ob die Daten vor Beginn der Kampagne für die Beklagte erhoben worden seien. Die Beklagte habe die einzelnen Leads auch nicht qualifiziert gerügt. Die pauschalen Rügen der Beklagten seien zudem verspätet.
Auf den in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2020 erteilten Hinweis des Landgerichts, wonach der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO nach § 134 BGB nichtig sei (vgl. S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2020, Bl. 40 d.A.), trug die Klägerin ergänzend vor, dass nach dem Vertrag nur die Generierung von Interessenten vereinbart worden sei, wofür – unabhängig vom Erfolg der späteren Gewinnung eines konkreten Mandats – eine feste Aufwandsentschädigung zu zahlen gewesen sei. Ein im zweiten Schritt zu generierender CPO sei nicht mit einem erteilten Mandat gleichzusetzen.
Die Klägerin beantragte daher:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.896,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2019 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
Sie erwidert, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Da die Beklagte die beiden Leads-Lieferungen vom 08.07.2019 und 10.07.2019 nicht abgenommen habe (was zwischen den Parteien auch unstreitig sei), sei der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch noch gar nicht fällig. Die CPLs seien auch nicht abnahmereif. Die Klägerin habe keine der im Vertrag in Auftrag gegebenen Maßnahmen angefangen oder gar umgesetzt. Weder sei mit der Beklagten ein individueller Newsletter abgestimmt noch in anderer Form die in Auftrag gegebene exklusive Kampagne für die Beklagte gestartet worden. Die übermittelten Datensätze seien bereits zeitlich vor der streitgegenständlichen Vereinbarung erhoben worden, sodass sie allein deshalb nicht – wie vertraglich vereinbart – aufgrund der Stand-Alone-Kampagne generiert worden und deshalb nicht vertragskonform seien. Im Übrigen würden viele Datensätze entweder keine gültigen Telefonnummern enthalten oder aber Personen betreffen, die niemals über die auf die Beklagte bezogene Landingpage Daten hinterlassen hätten.
Die Beklagte ist – wie die Klägerin der Meinung – dass es sich bei einem CPO nicht um ein erteiltes Mandat handle, sondern nur um Daten potentieller Anspruchsinhaber, bei denen sowohl Fahrzeugschein, Kaufvertrag/Schreiben des KBA/Hersteller (optional), Rechtsschutzversicherung zum Zeitpunkt des Autokaufs vorlägen. Die Vermittlung von Mandatsverhältnissen sei weder geschuldet noch von den Parteien gewollt gewesen.
Das Landgericht München I wies die Klage mit Endurteil vom 14.09.2020, Az. 27 O 454/20, ab. Zwar sei die Klägerin aktivlegitimiert, jedoch verstoße der Vertrag vom 05.07.2019 gegen § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO und sei deshalb gemäß § 134 BGB nichtig, sodass die Klägerin daraus keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte geltend machen könne. Bei den nach dem Vertrag von der Klägerin zu liefernden CPOs handle es sich nicht nur um eine werbende Vermittlung von Interessenten, sondern um eine Mandatsvermittlung. Dafür spreche vor allem, dass für einen CPO das Vorliegen einer Rechtsschutzversicherung erforderlich gewesen sei. Dies sei aber ein sehr relevanter Faktor für das Zustandekommen eines Mandats. Dass unter den zu liefernden CPOs Mandate zu verstehen seien, ergebe sich auch aus der Klageschrift, in der die Klägerin habe vortragen lassen, dass „(i) n einem zweiten Schritt (…) diese Leads (d.h. Interessenten) im Auftrag der Klägerin von einem zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigten Drittunternehmer kontaktiert werden, um aus dem gelieferten Pool mindestens 50 Mandate (CPO) für die Beklagte zu generieren.“
Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Endurteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter. Die Gewinnung von Mandanten sei nicht Gegenstand des Vertrages gewesen. Vielmehr sollte dies im Nachgang durch einen Dritten, der zur Erbringung von Rechtsberatungsleistungen berechtigt sei, erfolgen.
Die Klägerin beantragt daher:
I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 14.08.2020 [sic] wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.896,04 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2019 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.
Beide Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt (Beklagte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2021, Bl. 91 d.A.; Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.07.2021, Bl. 92/93 d.A.). Auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist zum allergrößten Teil begründet, da die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung der beantragten 9.896,04 € nebst Verzugszinsen seit 24.07.2019 hat.
I.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts verstößt der zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Durchführung einer Performance-Kampagne nicht gegen § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO und ist der Vertrag daher nicht nach § 134 BGB nichtig.
§ 49b Abs. 3 S. 1 BRAO verbietet dem Rechtsanwalt die Abgabe von Vorteilen für die Vermittlung von Aufträgen. Ratio legis war es, die anwaltliche Tätigkeit nicht mit der eines Maklers zu verquicken, da die Anwaltschaft kein Gewerbe sei, in dem Mandate gekauft und verkauft würden (vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 12/4993, S. 31 linke Spalte). Das Verbot des § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO erfasst jedoch nur Provisionszahlungen für ein konkret vermitteltes Mandat (BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 – 1 BvR 1886/06, Rdnr. 24, BGH, Urteil vom 20.06.2016 – AnwZ (Brfg) 26/14, Rdnr. 19, OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.04.2013 – 4 U 18/13, Rdnr. 4). Der Rechtsanwalt darf daher keine von der Zahl der Mandatserteilungen abhängige Vergütung zahlen (vgl. Kilian in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Auflage, München 2019, Rdnr. 165 zu § 49b BRAO). Nicht unter das Verbot fallen dagegen pauschale Entgelte des Rechtsanwalts, die dieser für die Bereitstellung von Infrastruktur zahlt, die es potentiellen Auftraggebern ermöglicht, ihn zu mandatieren.
All dies hat das Landgericht zwar nicht verkannt. Es hat aber angenommen, dass es sich bei den von der Klägerin zu generierenden CPOs nicht nur um Datensätze, sondern um konkrete Mandate für die Beklagte handelt (LGU S. 6 f.). Diese Ansicht teilt der Senat nicht.
Dem Landgericht zuzugeben ist, dass nach dem Wortlaut der Klageschrift Ziel der Vereinbarung die Generierung von 50 Mandaten für die Beklagte war, dass der Klägervertreter Mandate ausdrücklich mit CPOs gleichsetzte (vgl. S. 3 der Klageschrift, zweiter Absatz, Bl. 3 d.A.) und dass die Beklagte diesen klägerischen Vortrag zunächst nicht bestritt. Die Parteien haben allerdings ihren bis dahin unstreitigen Vortrag nach dem Hinweis des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2020 auf das Verbot des § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO dahingehend abgeändert, dass ein CPO nicht mit einem erteilten Mandat gleichzusetzen sei (Schriftsatz des Klägervertreters vom 28.08.2020, S. 2, Bl. 46 d.A. und Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 06.07.2020, S. 1, Bl. 42 d.A.). Infolgedessen kann zur Beurteilung, ob ein Fall des § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO vorliegt, nicht mehr nur allein auf den ursprünglichen Vortrag der Parteien abgestellt werden, sondern ist durch Auslegung des Vertrags festzustellen, welchen Leistungsinhalt dieser hatte.
Der Vertrag spricht von der Generierung exklusiver Interessenten als Kampagnenziel (Ziffer 1 S. 2 des Vertrags), und damit gerade nicht von zu Stande gekommenen Mandaten. Denn ein Interessent ist dem allgemeinen Sprachgebrauch nach eine Person, mit der ein Geschäft möglicherweise abgeschlossen werden kann, aber noch nicht abgeschlossen wurde. Dementsprechend ist in Ziffer 3 auch nur von „Datenübermittlung“ die Rede und wird dort der Umfang dieser Datenübermittlung definiert, wobei zwischen CPLs und CPOs unterschieden wird. Während im Rahmen eines CPLs der von der Klägerin zu übermittelnde Datensatz eines Interessenten nur die Anrede, Vor- und Nachnamen, Telefonnummer, Email-Adresse, Bestehen eines Rechtsschutzes und das Jahr der Kfz-Anschaffung enthalten muss, enthält ein CPO-Datensatz spezifischere Angaben, nämlich zum Fahrzeugschein, dem Kaufvertrag, Schreiben des KBA und/oder Herstellers sowie der Rechtsschutzversicherung zum Zeitpunkt des Autokaufs. Von einem der Klägerin zu übermittelnden Angebot des Interessenten, einen Mandatsvertrag mit der Beklagten einzugehen, oder gar von einer bereits abgeschlossenen Mandatierung ist in dem Vertrag dagegen nicht die Rede. Nur in letzterem Fall läge eine Mandatsvermittlung vor.
Da somit nach dem Vertrag von der Klägerin nur Datensätze, nicht aber Vertragsabschlüsse zu liefern waren, liegt trotz der Abhängigkeit der Vergütung von der Zahl der gelieferten CPLs und CPOs keine Vereinbarung über die Verprovisionierung von Mandatsverträgen vor, die von § 49b Abs. 3 BRAO verboten wäre. Letztendlich handelt es sich bei dem Vertragsmodell um eine Form des Dialogmarketings (Direct-Response-Marketing) und damit der Werbung. Ob diese der Beklagten nach § 43b BRAO erlaubt war, kann offengelassen werden, da auch ein unterstellter Verstoß gegen § 43b BRAO keinen Einfluss auf den Bestand des Vertrages zwischen den Parteien hätte.
II.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von 9.896,04 € brutto für die insgesamt gelieferten 231 CLPs nach § 631 Abs. 1 BGB.
1. Die Beklagte ist aktivlegitimiert. Wie sich aus der Kopfzeile der ersten Seite des Angebots vom 05.07.2019 laut Anl. K 1 sowie der Fußzeile aller Seiten des Angebots laut Anl. K 1 ergibt, gab die I. GmbH das Angebot ab, auch wenn dort wiederholt die Bezeichnung „C. P. M. 360“ auftaucht. Insoweit kann auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts in seinem Urteil verwiesen werden (LGU S. 5). Die zwischenzeitliche Verschmelzung der I. GmbH auf die Klägerin hat die Klägerin durch die Eintragungsmitteilungen des Amtsgerichts Charlottenburg vom 03.03.2020 laut Anl. K 12 nachgewiesen.
2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vergütung für die mit Emails vom 08.07.2019 (Anl. K 2) und 10.07.2019 (Anl. K 3) insgesamt übermittelten 231 CPLs nach § 631 Abs. 1 BGB ist gemäß § 641 Abs. 1 S. 1 BGB fällig, da die Beklagte mit Emails vom 09.07.2019, 09:42 Uhr (Anl. K 2) und 10.07.2019 (Anl. K 3) beide Leads-Lieferungen abgenommen hat.
a. Die Beklagte bat darin nämlich die Klägerin jeweils, „den nächsten geplanten Schritt einzuleiten“, d.h. aus den übermittelten CPLs CPOs zu generieren. Dies durfte die Klägerin nach Treu und Glaube als Anerkennung des Werks als in der Hauptsache vertragsgemäß und damit als Abnahme iSd. § 641 Abs. 1 BGB werten. Da die Klägerin der Beklagten die Leads übermittelt hatte, war die Beklagte zumindest grundsätzlich auch in der Lage, diese auf ihre Vertragskonformität zu überprüfen. Dass die Beklagte, weil sie technisch nicht in der Lage war, die von der Beklagten übermittelten MD5-Hashes zu lesen, tatsächlich keine Prüfung der CPLs durchführte, bevor sie die Klägerin bat, „den nächsten Schritt einzuleiten“ schließt eine Abnahme nicht aus (vgl. Retzlaff in Palandt, 80. Auflage, München 2021, Rdnr. 5 zu § 640 BGB). Da die Lieferung der CPLs in Form verschlüsselter MD5-Hashes in Ziffer 3 Abs. 1 S. 1 des Vertrages ausdrücklich vereinbart war, ging die Beklagte mit der Aufforderung an die Klägerin, trotz unterbliebener Prüfung der CPLs nunmehr mit der Generierung der CPOs zu beginnen, bewusst das Risiko ein, dass sich bei einer dann zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführten Prüfung der CPLs deren Mangelhaftigkeit herausstellt. Dies tat sie, um im Gegenzug möglichst zeitnah die von der Klägerin auf der Grundlage der gelieferten CPLs noch zu generierenden CPOs zu erlangen, um damit wiederum schnellstmöglich Mandate akquirieren zu können. Da die Generierung der CPOs nach dem Vertrag und den Vorstellungen der Parteien aber mit Personal- und Zeitaufwand für die Klägerin verbunden war (Telefonate aus dem Call-Center mit den potentiellen Kunden zur Erlangung der zusätzlichen Daten), der bei später von der Beklagten eingewandter Mangelhaftigkeit der CPLs hinsichtlich dieser CPLs nutzlos vertan wäre, durfte die Klägerin das Goahead der Beklagten in den Emails vom 09.07.2019, 09:42 Uhr (Anl. K 2) und 10.07.2019 (Anl. K 3) nach Treu und Glauben als Billigung der CPLs als im wesentlichen vertragskonform ansehen. Dass sie dies auch tatsächlich tat, ergibt sich aus der Email der Klägerin vom 09.07.2019, 10.13 Uhr laut Anl. K 17a, mit der sie die CPLs (zu diesem Zeitpunkt noch überobligatorisch, da kein Rechnungsausgleich erfolgt war) an die Beklagte im Klarformat übermittelte und gleichzeitig mitteilte, dass die Daten „gleichzeitig (…) ins Call Center zur Akquise“ gehen.
b. Die Emails der Beklagten vom 09.07.2019, 09:42 Uhr laut Anl. K 2 und 10.07.2019, 17:54 Uhr laut Anl. K 3 sind auch nicht dahingehend auszulegen, dass die darin erklärte Abnahme unter „Vorbehalt“, d.h. unter der Bedingung der Vertragskonformität der CPLs erfolgt wäre. Zwar hat die Beklagte in ihrem Email vom 09.07.2019, 09:42 Uhr vorgeschlagen, die Überprüfung der CPLs in einem nächsten Schritt vorzunehmen, jedoch setzt ein Vorbehalt ein Verhalten des Bestellers voraus, durch das dieser in zeitlichem Zusammenhang mit der Abnahme zu erkennen gibt, dass er das Werk bezüglich mindestens durch die Symptome bezeichneter Mängel nicht als vertragsgemäß gelten lassen will (vgl. Retzlaff in Palandt, 80. Auflage, München 2021, Rdnr. 21 zu § 640 BGB). Daran fehlt es streitgegenständlich aber, da in den Emails der Beklagten vom 09.07.2019, 09:42 Uhr laut Anl. K 2 und 10.07.2019, 17:54 Uhr laut Anl. K 3 weder Symptome von Mängeln noch Mängel selbst erwähnt werden. Ganz im Gegenteil führt die Beklagte doch in dem Email vom 09.07.2019, 09:42 Uhr laut Anl. K 2 aus, dass sie es für sehr unwahrscheinlich halte, „dass es bei einer entsprechenden Überprüfung zu einer nennenswert betroffenen Zahl [sic] kommen“ werde.
c. Da nach alledem beide Leads-Lieferungen vom 08.07.2019 und vom 10.07.2019 von der Beklagten abgenommen wurden, ist unerheblich, ob sie abnahmereif waren.
d. aa. Ebenso unerheblich ist das Email der Beklagten vom 09.07.2019, 13:15 Uhr laut Anl. K 17b, mit dem die Klägerin hinsichtlich der Lieferung von 129 CPLs vom 08.07.2021 „lediglich vorsorglich“ mitteilt, dass eine Abnahme der Leads laut der mittlerweile von der Klägerin im Klarformat übermittelten CPLs (Email der Klägerin vom 09.07.2019, 10.13 Uhr laut Anl. K 17a) aus der Lieferung vom 08.07.2019 aus zeitlichen Gründen noch nicht möglich sei, und deshalb derzeit keine Abnahme erteilt werde. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Abnahme hinsichtlich der CPL-Lieferung vom 08.07.2019 mit dem vorangegangenen Email der Klägerin vom 09.07.2019, 09:42 laut Anl. K 2 bereits erteilt.
bb. Hinsichtlich der CPL-Lieferung vom 10.07.2019 ist eine Abnahmeverweigerung erst in der Email vom 17.07.2019, 17:59 Uhr laut Anl. K 8 erklärt worden. Dies war allerdings erst, nachdem die Beklagte die Klägerin mit Email vom 10.07.2019, 17:54 Uhr laut Anl. K 3 ausdrücklich gebeten hatte, „den nächsten geplanten Schritt einzuleiten“ und damit die Abnahme erklärt hatte.
e. Entgegen der Behauptung der Beklagten sowohl in erster (Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 29.05.2020, S. 3, Bl. 35 d.A.) als auch in zweiter Instanz (Berufungserwiderungsschriftsatz, S. 7, Bl. 89 d.A.) war ein Unterbleiben einer Abnahme der CPL-Lieferungen durch die Beklagten auch keineswegs unstreitig. Die Klägerin hat nämlich im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.05.2020 (dort S. 4, letzter Absatz, Bl. 31 d.A.) ausdrücklich vorgetragen, dass die Beklagte durch ihren Verzicht auf eine Prüfung der CPLs diese abgenommen habe.
3. Die von der Beklagten behauptete Mangelhaftigkeit der beiden CPL-Lieferungen vom 08.07.2019 und 10.07.2019 ändert am Vergütungsanspruch der Klägerin aus § 631 Abs. 1 BGB schon deshalb nichts, da auf Leads bezogene Mangelrügen gemäß Ziffer 4 letzter Absatz S. 3 des Vertrages binnen zweier Wochen von der Beklagten „qualifiziert“ hätten gerügt werden müssen. Diese Frist ist jedoch weder hinsichtlich der Leads-Lieferung vom 08.07.2019 noch der vom 10.07.2019 eingehalten.
a. Die Mängelrügefrist begann gemäß § 187 Abs. 1 BGB im Falle der Lieferung vom 08.07.2019 (einem Montag) mit Beginn des 09.07.2019 und im Falle der Lieferung vom 10.07.2019 (einem Mittwoch) mit Beginn des 11.07.2019. Abzustellen war dabei, da die Lieferung der Leads in verschlüsselter Form als MD5-Hashes ausdrücklich vertraglich vereinbart war, auf die Übermittlung der CPLs in verschlüsselter Form und nicht auf die (vor Rechnungsausgleich noch überobligatorische) Lieferung der CPLs im Klardatenformat am 10.07.2019 hinsichtlich der Lieferung vom 08.07.2019 und am 12.07.2019 bezüglich der Lieferung vom 10.07.2019. Dass die Beklagte in Ermangelung entsprechender technischer Möglichkeiten diese verschlüsselten Datensätze nicht lesen konnte, ändert am Fristbeginn aufgrund der ausdrücklichen vertraglichen Regelung nichts. Damit endete die Zweiwochenfrist gemäß § 188 Abs. 2 BGB hinsichtlich der Lieferung vom 08.07.2019 mit Ablauf des Montags, 22.07.2019 und bezüglich der Lieferung vom 10.07.2019 mit Ablauf des Mittwochs, 24.07.2019.
b. Da in der Email der Beklagten vom 17.07.2019, 17:59 Uhr laut Anl. K 8, das während der Rügefrist bei der Klägerin einging, nur pauschal ausgeführt wurde, dass erhebliche Zweifel daran bestünden, dass die Leads auf Grundlage der von der Beklagten bezahlten Werbemittel generiert worden seien, ist darin kein „qualifiziertes Reklamationsreporting“ iSd. Ziffer 4, letzter Absatz S. 3 des Vertrags zu sehen, und reicht die Email vom 17.07.2019 zur Fristwahrung nicht aus. Für ein vertragsgemäßes „qualifiziertes Reklamationsreporting“ hätte für jeden einzelnen CPL der behauptete Mangel bezeichnet werden müssen. Die pauschale Äußerung von Zweifeln, mögen sie auch erheblich sein, reicht dazu jedenfalls nicht.
c. Die Rügen im Email der Beklagten vom 23.07.2019. 18:08 Uhr laut Anl. K 10, die die Leads-Lieferung vom 08.07.2019 betrafen, erfolgten ebenso nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Zweiwochenfrist wie die Rügen im Email der Beklagten vom 26.07.2019 (Anl. B 2), die sich auf die Leads-Lieferung vom 10.07.2019 bezogen. Ob diese beiden Mängelrügen die Anforderungen an ein „qualifiziertes Reklamationsreporting“ iSd. Ziffer 4 letzter Absatz erfüllten, kann daher in Anbetracht der Fristversäumung durch die Beklagte ebenso offenbleiben wie die Frage, ob die gelieferten CPLs vertragskonform und deshalb mängelfrei waren.
4. a. Die mit Schreiben der Beklagten vom 23.07.2019 (Anl. B 1) erklärte Anfechtung ihrer Annahmeerklärung vom 05.07.2019 „gemäß § 119 und § 123 BGB“ greift nicht, weil schon nicht erkennbar ist, worüber die Beklagte bei Abgabe der auf die Annahme des Vertragsangebots der Klägerin gerichteten Willenserklärung geirrt haben und/oder worüber die Beklagte von der Klägerin arglistig getäuscht worden sein sollte.
b. Die gleichzeitig mit der Anfechtung erfolgte vorsorgliche außerordentliche und ordentliche Kündigung des Vertrages berührt den Vergütungsanspruch der Klägerin aus § 631 Abs. 1 BGB nicht, da eine Kündigung, gleich ob außerordentlich fristlos oder ordentlich, stets nur ex nunc, nicht aber ex tunc wirkt und der Vergütungsanspruch bereits mit Lieferung der Leads am 08.07.2019 und 10.07.2019 und damit vor Ausspruch der Kündigung am 23.07.2019 entstanden war.
c. Auch eine Umdeutung der Anfechtungs- und Kündigungserklärung der Beklagten im Schreiben vom 23.07.2019 laut Anl. B 1 in einen Rücktritt nach § 634 Nr. 3 BGB würde den Vergütungsanspruch der Klägerin nicht zu Fall bringen, da ein Rücktritt (unabhängig davon, ob die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind) einen Sachmangel voraussetzen würde, die Beklagte die diesbezügliche Frist zur Erhebung einer Rüge jedoch versäumt hat (vgl. oben unter 3).
5. Ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 641 Abs. 3 BGB hinsichtlich des Vergütungsanspruchs der Klägerin steht der Beklagten (unabhängig davon, dass die Beklagte eine solche Einrede bislang nicht erhoben hat) nicht zu, da § 641 Abs. 3 BGB einen Mangelbeseitigungsanspruch der Beklagten voraussetzt, die Beklagte nach den Ausführungen oben unter 3 mit der Erhebung von Mängelrügen jedoch nicht mehr gehört werden kann.
Nach alledem hat die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Vergütung der insgesamt gelieferten 231 CPLs in Höhe von insgesamt 9.896,04 € brutto (231 x 36,00 € x 1,19).
III.
Die Beklagte befindet sich aufgrund der Mahnung der Klägerin vom 23.07.2019, 19:04 Uhr laut Anl. K 11 seit deren Zugang am gleichen Tag in Verzug. Der Lauf des Verzugszinses beginnt jedoch nach dem Rechtsgedanken des § 187 BGB nicht schon am 23.07.2019, sondern erst mit Beginn des auf den Zugang folgenden Tages und damit dem 24.07.2019 (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 80. Auflage, München 2021, Rdnr. 35 zu § 286 BGB). Insoweit als die Klägerin Verzugszinsen bereits ab dem 23.07.2019 verlangt, war daher die Berufung zurückzuweisen und bleibt die Klage abgewiesen.
C.
I. Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Obsiegen der Beklagte war minimal.
II. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 710 Nr. 8, 713 ZPO.
III. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da ein Revisionsgrund nicht vorliegt.