IT- und Medienrecht

Bildberichterstattung, Schuldspruch, Berichterstattung, Untersuchungshaft, Anklage, Berufung, Staatsanwaltschaft, Bildnis, Vergleich, Unterlassungsanspruch, Unterlassung, Meinungsfreiheit, Straftat, Freispruch, eine Angelegenheit

Aktenzeichen  18 U 2993/22 Pre

Datum:
7.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2022, 17164
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

1. Im Rahmen der bei einer identifizierenden Bildberichterstattung über eine Straftat vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien kommt einer Anklageerhebung eine deutlich geringere Zäsurwirkung zu als einem erstinstanzlichen Schuldspruch.
2. Von wesentlich größerem Gewicht für das Ergebnis der Abwägung wäre ein Geständnis des Betroffenen, welches zur Folge hätte, dass er sich nur noch in eingeschränktem Maße auf die bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung für ihn streitende Unschuldsvermutung berufen könnte.

Verfahrensgang

26 O 4091/22 2022-04-22 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.04.2022, Az: 26 O 4091/22, abgeändert und folgende einstweilige Verfügung erlassen:
Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Strafvorwürfe gegen den Verfügungskläger dessen Bildnis zu veröffentlichen, zu verbreiten oder veröffentlichen oder verbreiten zu lassen, wenn dies geschieht wie in dem unter der URL: https://www. …html oder in der Print-Ausgabe des H.blatts vom 01.04.2022 veröffentlichten Artikel mit der Überschrift „’Es war ein supergeiles Leben’ – Das ist der Kronzeuge im W.-Skandal“.
2. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Gründe

I.
Der Verfügungskläger begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch welche der Verfügungsbeklagten untersagt werden soll, im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über Strafvorwürfe, die im Zusammenhang mit dem W.-Komplex gegen ihn erhoben werden, sein Bildnis zu veröffentlichen oder zu verbreiten. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 22.04.2022 (Az: 26 O 4091/22) Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil der Verfügungskläger einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Bildberichterstattung weder aus dem am 23.07.2021 vor dem Oberlandesgericht München im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen 18 U 2628/21 Pre abgeschlossenen Vergleich noch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB, §§ 22, 23 KUG ableiten könne.
In dem Vergleich habe sich die Verfügungsbeklagte dazu verpflichtet, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Verfügungskläger dessen Bildnis zu veröffentlichen, zu verbreiten oder veröffentlichen oder verbreiten zu lassen, wenn dies geschehe wie in dem am 06.11.2020 unter der Überschrift „Die W.- Bande“ veröffentlichten Beitrag in dem Magazin „W. “. Unter Ziffer 2 des Vergleichs seien die Entscheidungsgründe des Urteils des Oberlandesgerichts München vom 18.05.2021 (Az: 18 U 144/21 Pre) zur Geschäftsgrundlage der Unterlassungsverpflichtung erklärt worden; deren Umfang gehe nicht weiter als der Tenor des gegenüber der dortigen Verfügungsbeklagten ausgesprochenen Verbots. In den Entscheidungsgründen des in Bezug genommenen Urteils habe das Oberlandesgericht München bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen maßgeblich auf den Stand des Ermittlungsverfahrens zum damaligen Zeitpunkt sowie den Umstand, dass gegen den Verfügungskläger noch keine Anklage erhoben worden sei, abgestellt.
Die streitgegenständliche Bildberichterstattung sei dagegen nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens und nach Anklageerhebung gegen den Verfügungsbeklagten erfolgt. Der Artikel setze sich insbesondere mit der Bedeutung des Verfügungsklägers für die Anklage in seiner doppelten Funktion als Angeschuldigter und als Kronzeuge gegen die weiteren Angeschuldigten auseinander. Dabei handele es sich um geänderte Umstände, „die von den im Vergleich vom 23.07.2021 vereinbarten Verpflichtungen der Verfügungsbeklagten nicht umfasst (seien)“.
Die ohne Einwilligung vorgenommene Bildnisveröffentlichung berühre zwar das Recht des Verfügungsklägers an seinem eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) als einer besonderen Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies müsse der Verfügungskläger aber in Abwägung mit dem überwiegenden Berichterstattungsinteresse der Verfügungsbeklagten (Art. 5 Abs. 1 GG) hinnehmen. Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen stelle das angegriffene Foto des Verfügungsklägers ein Bildnis der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dar. Die Veröffentlichung verletze auch kein berechtigtes Interesse des Verfügungsklägers im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG.
Im Rahmen der gebotenen Abwägung sei zu Gunsten des Verfügungsklägers zu berücksichtigen, dass er unstreitig nicht selbst die Öffentlichkeit gesucht habe und bis zu der vielfältigen Berichterstattung im Zusammenhang mit dem W.-Komplex auch nicht im Blick der Öffentlichkeit gestanden sei. Durch die streitgegenständliche Berichterstattung werde er für Dritte identifizierbar und damit in besonderer Weise der Anonymität entzogen. Dies wiege im Hinblick auf die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Unschuldsvermutung schwerer als eine nur „namentliche Identifizierbarkeit“. Auch sei im Hinblick auf die Rolle des Verfügungsklägers als Kronzeuge zumindest denkbar, dass mit der erleichterten Identifizierbarkeit eine Erhöhung der Gefährdung einhergehe.
Zu Gunsten der Verfügungsbeklagten sei in die Abwägung einzustellen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Bildnis um ein sogenanntes kontextneutrales Foto handele, welches keinen zusätzlichen Verletzungsgehalt in sich trage. Jedenfalls der interessierten Öffentlichkeit sei die Identität des Verfügungsklägers auch ohne eine Bildnisveröffentlichung bekannt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Verfügungsklägers seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Das von der Berichterstattung thematisierte Geschehen ankere in der Sozialsphäre des Verfügungsklägers, seinem beruflichen Umfeld.
Vor allem streite für die Verfügungsbeklagte das überragende Interesse an einem Wirtschaftsskandal, der nicht nur aufgrund der Schadenshöhe, sondern auch aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der W. AG um ein DAX-Unternehmen gehandelt habe, zu den bedeutendsten in der Geschichte der Bundesrepublik gerechnet werde und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages veranlasst habe. Die vorgenannten Umstände, aber auch die öffentliche Fahndung nach einem anderen, spektakulär geflüchteten Beschuldigten sowie die internationalen Verbindungen des zwischenzeitlich insolventen Unternehmens hätten auch international eine umfangreiche Berichterstattung ausgelöst.
Von Bedeutung sei in diesem Zusammenhang auch, dass der Verfügungskläger nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Verfügungsbeklagten ein Geständnis abgelegt und sich im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages bei den Abgeordneten als Vertretern der Öffentlichkeit und den Geschädigten entschuldigt habe. In diesem Zusammenhang habe der Verfügungskläger von einem „Riesendesaster“ gesprochen, das sich durch nichts beschönigen lasse. Insoweit sei von einem erhöhten Verdachtsgrad auszugehen, was seinen Ausdruck nicht zuletzt darin finde, dass die Staatsanwaltschaft München I nunmehr gegen den Verfügungskläger Anklage erhoben habe. Sei ein berichtetes Geschehen unstreitig oder habe sich der Verdachtsgrad durch ein Geständnis verdichtet, sei dies im Hinblick auf die für den Betroffenen streitende Unschuldsvermutung bei der Abwägung zu gewichten. Hinzukomme, dass sich das überragende Berichterstattungsinteresse nicht zuletzt deshalb an der Person des Verfügungsklägers festmachen lasse, weil dieser nicht nur Angeschuldigter, sondern zugleich Kronzeuge für die Anklage gegen die weiteren Angeschuldigten sei. Damit komme dem Verfügungskläger eine zentrale Bedeutung für die Anklage zu, weil von der Belastbarkeit seiner Angaben auch in nicht unerheblichem Maße der Ausgang des Verfahrens für weitere Beschuldigte abhängen werde, womit sich der Artikel ausgiebig befasse.
Die Situation unterscheide sich damit deutlich von dem vom Oberlandesgericht München in seinem Urteil vom 18.05.2021 (Az: 18 U 144/21 Pre) zugrunde gelegten Sachverhalt. Während das Oberlandesgericht auf den Umstand abgestellt habe, dass zum damaligen Zeitpunkt noch keine Anklage gegen den Verfügungskläger erhoben worden sei, sei das Ermittlungsverfahren nunmehr abgeschlossen, der Verfügungskläger habe ein Geständnis abgelegt und trete als Kronzeuge auf. In Anbetracht des deutlich erhöhten Verdachtsgrades habe die Unschuldsvermutung gegenüber dem früheren Stadium des Ermittlungsverfahrens an Gewicht verloren. Andererseits habe das öffentliche Interesse an der Person des Verfügungsklägers zugenommen und damit auch das Interesse der Verfügungsbeklagten, über die Person des Verfügungsklägers zu berichten und diesen Bericht zur Informationsvermittlung – zumindest kontextneutral – zu bebildern.
Das Urteil ist dem Verfügungskläger am 26.04.2022 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 19.05.2022, beim Oberlandesgericht München eingegangen am selben Tage, hat der Verfügungskläger Berufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung weiterverfolgt, und sein Rechtsmittel zugleich begründet.
Er macht geltend, mit der streitgegenständlichen Bildberichterstattung habe die Verfügungsbeklagte gegen den am 23.07.2021 vor dem Oberlandesgericht München unter dem Aktenzeichen 18 U 2628/21 Pre geschlossenen Vergleich verstoßen, weshalb ihm ein vertraglicher Unterlassungsanspruch zustehe. Der im Vergleichstext verwendete Begriff der „strafrechtlichen Ermittlungen“ sei unter Berücksichtigung des Parteiwillens und der Erwägungsgründe des Gerichts auszulegen. In der in Bezug genommenen Entscheidung des Oberlandesgerichts München werde ausgeführt, dass eine Bildberichterstattung in der Regel bis zu einer erstinstanzlichen Verurteilung zu unterbleiben habe. Entgegen der Ansicht des Landgerichts lägen daher aufgrund der erfolgten Anklageerhebung gegen den Verfügungskläger keine geänderten Umstände vor.
Unabhängig davon stehe dem Verfügungskläger jedenfalls der gesetzliche Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Das Landgericht habe verkannt, dass im Falle einer Berichterstattung über Strafverfahren die Abwägung zugunsten des Persönlichkeitsrechts nicht nur stark vorgeprägt sei, sondern diese in der Regel auch das öffentliche Interesse überwiege. Aufgrund der im Rechtsstaat herrschenden und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannten Unschuldsvermutung überwiege bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch in der Regel das Recht des Beschuldigten auf Schutz seiner Persönlichkeit vor einer identifizierenden Bildberichterstattung gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse.
Die streitgegenständliche Bildberichterstattung sei noch vor der Entscheidung des Strafgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Verfügungskläger erfolgt. Die Ermittlungen gegen ihn seien auch keineswegs abgeschlossen; vielmehr habe Anklage erhoben werden müssen, weil das Oberlandesgericht München angedeutet habe, dass es die Untersuchungshaft nicht verlängern werde. Das Landgericht habe die Zulässigkeit der Bildnisveröffentlichung erstaunlicherweise unter anderem mit der Fortsetzung des Strafverfahrens begründet. Damit werte es Umstände zu Lasten des Persönlichkeitsrechts, die vom Schutz der Unschuldsvermutung umfasst seien. Das gegenwärtige Verfahrensstadium verlange im Gegenteil ein besonders hohes Schutzniveau. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung „verdichte“ sich der Verdachtsgrad gegen einen Beschuldigten nicht bereits durch den Abschluss des Ermittlungsverfahrens, sondern erst durch eine erstinstanzliche – nicht notwendig rechtskräftige – Verurteilung.
Das Oberlandesgericht München habe im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen 18 U 144/21 Pre die Aussagen des Verfügungsklägers vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss nicht als „eine Art Geständnis“ bewertet. Auch eine mediale Selbstöffnung des Verfügungsklägers sei durch dessen Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss nicht erfolgt.
Soweit das Landgericht darauf abstelle, dass die Verfügungsbeklagte ein kontextneutrales Bildnis des Verfügungsklägers verwendet habe, lasse es erkennen, dass es die Beschwer, die durch jede bildliche Wiedergabe des Betroffenen entstehe, nicht hinreichend anerkenne, was dem Schutzzweck und der Systematik des Kunsturheber-Schutzgesetzes widerspreche. Jedes identifizierende Bildnis bedeute danach einen besonders intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten. Zusätzlich falle ins Gewicht, dass es sich um eine Bildberichterstattung über ein laufendes Strafverfahren handele.
Auch der Umstand, dass der Öffentlichkeit die Identität des Verfügungsklägers bereits bekannt sei, ändere nichts an der Unzulässigkeit der streitgegenständlichen Bildnisveröffentlichung. Ob die Öffentlichkeit bereits anderweitig Kenntnis erlangt habe, sei ohne Bedeutung.
Hinsichtlich des Berufungsantrags des Verfügungsklägers wird auf Seite 2 der Berufungsschrift (Bl. 56 d.A.) verwiesen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
Zur Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils führt sie im Wesentlichen aus, der Verfügungskläger gehe rechtsirrig davon aus, dass es bei der Anwendung des abgestuften Schutzkonzepts der §§ 22, 23 KUG auf die Berichterstattung über Strafverfahren feste Grenzen nach Verfahrensabschnitten gebe. Eine identifizierende Bildberichterstattung sei nicht per se erst nach einer erstinstanzlichen Verurteilung zulässig. Erforderlich sei immer eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles.
Im vorliegenden Fall gehörten zu den zu berücksichtigenden Umständen unter anderem der – durch die gerichtsbekannte Entschuldigung des Verfügungsklägers vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages geschwächte – Schutz der Unschuldsvermutung wie auch das vom Senat in früheren Entscheidungen anerkannte enorm hohe öffentliche Interesse an dessen Person als einer – jetzt auch angeklagten – Schlüsselfigur des größten Wirtschaftsskandals der deutschen Nachkriegsgeschichte. Entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers finde eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst gewesen sei, nicht statt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Verfügungsklägers vom 19.05.2022 und 03.06.2022 sowie die Berufungserwiderung der Verfügungsbeklagten vom 01.06.2022 Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Verfügungsklägers ist zulässig und begründet.
1. Aus dem Prozessvergleich vom 23.07.2021 (Az: 18 U 2628/21 Pre) kann der Verfügungskläger – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – den geltend gemachten Unterlassungsanspruch allerdings nicht ableiten. Unter Ziffer 2 des Vergleichs haben die Parteien sich darauf verständigt, dass Geschäftsgrundlage für die von der Verfügungsbeklagten eingegangene Unterlassungsverpflichtung die Entscheidungsgründe des Endurteils des Senats vom 01.06.2021 im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen 18 U 144/21 Pre sind. Zum damaligen Zeitpunkt war gegen den Verfügungskläger noch keine Anklage erhoben gewesen, worauf der Senat in den Entscheidungsgründen des genannten Endurteils unter Ziffer I 2 lit. a bb die Unzulässigkeit der damals streitgegenständlichen Bildberichterstattung – unter anderem – gestützt hat. Mit der Anklageerhebung gegen den Verfügungskläger ist deshalb die vereinbarte Geschäftsgrundlage der vertraglichen Unterlassungsverpflichtung entfallen.
2. Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht dem Verfügungskläger jedoch ein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Bildberichterstattung aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
a) Die Zulässigkeit einer Bildberichterstattung richtet sich nicht nach denselben Maßstäben wie die einer Testberichterstattung, sondern ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nach § 23 Abs. 2 KUG nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (vgl. hierzu und im Folgenden BGH, Urteil vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143, Rn. 39 m.w.N.).
Bereits die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, erfordert nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits (vgl. BGH a.a.O., Rn. 40; BGH, Urteil vom 06.02.2018 – VI ZR 76/17, NJW 2018, 1820, Rn. 10 m.w.N.).
aa) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Es gehört zum Kern der Presse- und Meinungsfreiheit, dass die Presse im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird. Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst war, findet nicht statt (BGH, Urteil vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143, Rn. 41).
bb) Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt. Es bedarf mithin einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von der Berichterstattung Betroffenen zu bringen (BGH a.a.O., Rn. 42).
Im Rahmen der Abwägung kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, wobei der Informationsgehalt der Bildberichterstattung unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln ist. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der Leser befriedigen. (BGH a.a.O.).
Auf Seiten des Betroffenen ist – wie bei der Wortberichterstattung – auch bei der Bildberichterstattung von Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt (vgl. BGH a.a.O., Rn. 43).
cc) Bei einer identifizierenden Bildberichterstattung über eine Straftat ist zu berücksichtigen, dass eine solche Berichterstattung in das Recht des Abgebildeten auf Schutz seiner Person eingreift, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert. Andererseits gehört eine Straftat zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Bei der rechtlichen Prüfung der Bildberichterstattung ist in die Abwägung einzustellen, dass die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter begründen. Bei Straftaten besteht häufig ein legitimes Interesse an der Bildberichterstattung über den Täter, weil sie oft durch die Persönlichkeit des Täters geprägt sind und Bilder unmittelbar über die Person und des Täters informieren können. Auch hier kommt es maßgeblich auf die Bedeutung der Straftat für die Öffentlichkeit an, die sich aus der Schwere oder Art der Tat, den Besonderheiten des Tathergangs oder der Person oder Stellung des Täters ergeben kann (vgl. BGH a.a.O., Rn. 44).
Handelt es sich um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen streitende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.06.2009 – 1 BvR 1107/09, AfP 2009, 365, Rn. 20). Bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch wird insoweit oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen. Eine individualisierende Berichterstattung über den Angeklagten eines Strafverfahrens kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn sich der Betreffende nicht – beziehungsweise nicht mehr mit Gewicht – auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann, etwa wenn er sich in eigenverantwortlicher Weise den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen in der medialen Öffentlichkeit auch im Wege der individualisierenden Berichterstattung gestellt hat, aber auch dann, wenn er kraft seines Amtes oder wegen seiner gesellschaftlich hervorgehobenen Verantwortung beziehungsweise Prominenz auch sonst in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht darauf hinzunehmen hat (BVerfG a.a.O.; BGH, Urteil vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143, Rn. 44).
Die für den Betroffenen streitende Unschuldsvermutung verliert an Gewicht, wenn er ein Geständnis abgelegt hat, seine Beteiligung an der ihm zur Last gelegten Tat deshalb nicht mehr im Zweifel steht und auch nicht zu befürchten ist, dass sich dies im weiteren Verlauf des Strafverfahrens noch ändern wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 04.05.2017 – 15 U 153/16, AfP 2019, 74, Rn. 32). Ein Geständnis kann zur Folge haben, dass sich der Verdachtsgrad gegen den Betroffenen so weit verdichtet, dass dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit nunmehr der Vorrang gebührt (vgl. OLG Köln a.a.O.). Es lässt die Unschuldsvermutung aber nicht vollständig entfallen, sondern führt lediglich dazu, dass diese der Bildberichterstattung nur noch in eingeschränktem Maße entgegengehalten werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2019 – VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196, Rn. 46 m.w.N.). In die Abwägung einzustellen ist die Gefahr, dass das Gesicht des Betroffenen zu Unrecht mit der Tat verbunden wird und er sich von diesem Eindruck auch nach einem Freispruch auf unabsehbare Zeit nicht mehr befreien kann (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143, Rn. 44 m.w.N.).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen stellt das kontextneutrale streitgegenständliche Foto des Verfügungsklägers kein Bildnis der Zeitgeschichte dar. Die im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmende Abwägung fällt zugunsten des Rechts des Verfügungsklägers an seinem eigenen Bild aus.
aa) Anzuerkennen ist zwar ein ganz erhebliches öffentliches Interesse nicht nur an einer Wort-, sondern auch an einer Bildberichterstattung über die dem Verfügungskläger zur Last gelegten Straftaten. Bei dem W.Skandal handelt es sich um einen der größten und spektakulärsten Wirtschaftsskandale in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Staatsanwaltschaft München I beziffert den entstandenen Schaden auf bis zu 3,2 Mrd. Euro. Gegenstand des öffentlichen Interesses ist gerade auch die Person des Verfügungsklägers, der als Leiter der W.-Tochter C.Systems M. E. mit Sitz in Dubai eine Schlüsselstellung im Zusammenhang mit dem sogenannten Drittpartnergeschäft des W.-Konzerns innehatte. Von den in den Bilanzen ausgewiesenen, aber angeblich nicht vorhandenen Vermögenswerten des W.-Konzerns im Gesamtumfang von 1,9 Mrd. Euro („Luftbuchungen“) sollen 1,1 Mrd. Euro auf die vom Verfügungskläger geleitete Tochtergesellschaft in Dubai entfallen. Der Verfügungskläger hat unstreitig einen Teil der gegen ihn erhobenen Vorwürfe eingeräumt, sich der Staatsanwaltschaft als Kronzeuge zur Verfügung gestellt und vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ausgesagt. Die Staatsanwaltschaft München I hat gegen den Verfügungskläger nunmehr Anklage erhoben.
bb) Dennoch überwiegt im gegenwärtigen Stadium des Strafverfahrens noch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers.
(1) Die streitgegenständliche Porträtaufnahme zeigt den Verfügungskläger en face; er schaut unmittelbar in die Kamera und damit den Leser an. Da es sich um ein Kopfbild handelt, lenkt nichts von seinen Gesichtszügen ab, die deutlich hervortreten. Der Verfügungskläger ist nicht nur für sein soziales Umfeld, sondern für die breite Öffentlichkeit und auch für jeden, der ihn vorher nicht kannte, ohne weiteres erkennbar. Aufgrund der zugehörigen Wortberichterstattung verbindet der Leser die Gesichtszüge des Verfügungsklägers mit den thematisierten Strafvorwürfen gegen dessen Person. Dadurch wird der Verfügungskläger, der bis zum Bekanntwerden der gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Öffentlichkeit unbekannt war, aus seiner weitgehenden Anonymität gerissen (vgl. zu diesen Gesichtspunkten BGH, Urteil vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143, Rn. 48 f.).
(2) Der Verfügungskläger bekleidet kein öffentliches Amt oder eine Stellung, die mit einer gesellschaftlich hervorgehobenen Verantwortung verbunden wäre. Er hat sich bislang auch nicht in eigenverantwortlicher Weise den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen in der medialen Öffentlichkeit gestellt. Fragen der Verfügungsbeklagten hat er nicht beantwortet (vgl. Anlage AS 1, S. 3, zweiter Absatz). Sein Auftritt vor dem W.-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages beruhte nicht auf einer eigenverantwortlich getroffenen Entscheidung; er war vielmehr als Zeuge vorgeladen. Die Vernehmung fand zwar in öffentlicher Sitzung statt; Bild- und Tonaufnahmen waren jedoch nicht zugelassen.
(3) Der Senat verkennt nicht, dass sich der Tatverdacht gegen den Verfügungskläger seit dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen 18 U 144/21 Pre – auf das sich die Parteien in ihrem Vergleich vom 23.07.2021 bezogen hatten – verdichtet hat. Mit der nunmehr erfolgten Anklageerhebung hat die Staatsanwaltschaft München I ihre Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass die Ermittlungen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bieten (§ 170 Abs. 1 StPO). Die Anklageerhebung schließt das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren ab (vgl. § 169a StPO) und leitet das Zwischenverfahren ein, in dem die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens getroffen wird (§ 199 Abs. 1, § 203 ZPO). Der Bejahung eines hinreichenden Tatverdachts durch die Staatsanwaltschaft kommt aber im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien eine deutlich geringere Zäsurwirkung zu als einem erstinstanzlichen Schuldspruch.
(4) Von wesentlich größerem Gewicht für das Ergebnis der Abwägung wäre ein Geständnis des Verfügungsklägers, welches zur Folge hätte, dass er sich nur noch in eingeschränktem Maße auf die bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung für ihn streitende Unschuldsvermutung berufen könnte. Die Feststellung des Landgerichts, dass der Verfügungskläger nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Verfügungsbeklagten „ein Geständnis abgelegt (habe)“ (Urteil, S. 12), beruht aber nicht auf einer tragfähigen Grundlage.
Die Verfügungsbeklagte hatte lediglich behauptet, dass der Verfügungskläger „in den Kernvorwürfen der Anklage geständig“ sei (Schriftsatz vom 19.04.2022, S. 2). Zur Begründung verweist sie auf die E-Mail ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05.04.2022, in der wiederum auf die „begleitende Wortberichterstattung“ – den Artikel mit der Überschrift „’Es war ein supergeiles Leben’ – Das ist der Kronzeuge im W.-Skandal“ (Anlage AS 1) – Bezug genommen wird.
In diesem Artikel wird an verschiedenen Stellen ausgeführt, dass der Verfügungskläger „zumindest ein Teilgeständnis (abgelegt)“ und eingeräumt habe, jahrelang W. Bilanzen gefälscht zu haben (Anlage AS 1, S. 2): Im Jahre 2020 habe der Verfügungskläger der Staatsanwaltschaft gegenüber erklärt, dass „die Zahlen“ des Drittpartnergeschäfts, in dem W. zuletzt 50 Prozent des gesamten Konzernumsatzes und 100 Prozent des Gewinns erwirtschaftet habe, „weitgehend erfunden“ gewesen seien (a.a.O., S. 6). Der Verfügungskläger habe den Ermittlern gegenüber eingeräumt, dass der untergetauchte Wirecard-Vorstand M- und er selbst mithilfe der von ihm im Auftrag von M. gegründeten Firma „Al A. S.“ Gelder hätten verschieben wollen, ohne dass die Wirtschaftsprüfer etwas bemerkten. M. und er hätten mithilfe eines weit verzweigten Netzes aus Briefkastenfirmen Geschäfte erfunden, um W. Zahlen zu schönen, anfangs in der Hoffnung, die Lücken in den Bilanzen im Nachgang mit echten Umsätzen zu füllen. Der Verfügungskläger wird mit der Aussage zitiert: „Wir haben ein Unternehmen aufgebaut, das echt war. Bis auf die Umsätze“ (a.a.O., S. 10). Laut seiner Aussage sei er sich vollkommen bewusst gewesen, dass er Zahlen gefälscht habe (a.a.O., S. 17). Er habe sich von M. kaufen lassen (a.a.O., S. 18). Der Verfügungskläger habe eingeräumt, dass er „in den letzten Jahren alles erfunden“ habe, und die Bilanzfälschung als „schleichenden Prozess“ bezeichnet. Er habe „hier mal gefrickelt, da mal gefrickelt“; der – so die Bewertung der Verfasser des Artikels – größte Bilanzbetrug Deutschlands sei dann „einfach passiert“ (a.a.O., S. 25). In einer eingeschobenen Chronologie („Aufstieg und Fall von Wirecard“) wird mitgeteilt, dass der Verfügungskläger am 15.07.2020 „seine Beteiligung an Bilanzmanipulation“ (sic!) eingestanden habe (a.a.O., S. 29). Bei einer Vernehmung im Sommer 2020 habe der Verfügungskläger seine Vorgehensweise dahin erläutert, dass echte Transaktionsdaten mithilfe einer eigens geschriebenen Fälschungssoftware zu einem neuen „authentischen“ – gemeint ist: plausiblen – Datensatz verfremdet worden seien (a.a.O., S. 30). Schließlich wird der Verfügungskläger mit dem Resümee zitiert, er sei „der Idiot“ gewesen, der „alles unterschrieben“ habe. Er habe für den Betrug gezeichnet und sei derjenige gewesen, der den Wirtschaftsprüfern weisgemacht habe, dass alles in Ordnung gewesen sei (a.a.O., S. 33).
Ausweislich des Artikels erhebt die Staatsanwaltschaft München I unter anderem gegen den Verfügungskläger Anklage wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Bilanzfälschung, Untreue und Marktmanipulation (a.a.O., S. 29). Die in dem Artikel wiedergegebenen Teilgeständnisse des Verfügungsklägers füllen diese Straftatbestände allerdings nur zum Teil aus. Der Verfügungskläger hat sich den Ermittlungsbehörden gegenüber eher als Getriebenen dargestellt, dem M. unaufhörlich eingebläut habe, dass es kein Zurück mehr gebe (a.a.O., S. 18). Die Wortberichterstattung der Verfügungsbeklagten stützt sich auch nicht nur auf das Teilgeständnis des Verfügungsklägers, sondern auch auf andere Erkenntnisquellen wie Zeugenaussagen Dritter oder E-Mail-Verkehr. Es besteht deshalb die – von der Verfügungsbeklagten in anderem Zusammenhang durchaus erkannte (vgl. Anlage AS 1, S. 3) – Möglichkeit, dass entscheidende Teile der Anklage in sich zusammenfallen könnten.
Da der Verfügungskläger kein umfassendes Geständnis abgelegt hat, besteht weiterhin die Gefahr, dass sein Gesicht in den Augen der Öffentlichkeit zu Unrecht mit schwerwiegenden Tatvorwürfen verbunden wird, die in der Hauptverhandlung keine oder jedenfalls nicht in vollem Umfang Bestätigung finden, und er sich von diesem unzutreffenden Eindruck auf unabsehbare Zeit nicht mehr befreien kann (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143, Rn. 44 m.w.N.). Das abgelegte Teilgeständnis hat nicht zur Folge, dass sich der Verfügungskläger nur noch in eingeschränktem Maße auf die für ihn streitende Unschuldsvermutung berufen könnte. Vielmehr kann im derzeitigen Verfahrensstadium trotz der Bedeutung und Schwere der dem Verfügungskläger vorgeworfenen Straftaten noch kein dessen Recht am eigenen Bild überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit anerkannt werden, über das Aussehen des Verfügungsklägers informiert zu werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.


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