IT- und Medienrecht

Erdgaslieferungsvertrag mit einer Wohnungseigentümergemeinschaft: Verbrauchereigenschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft und bereicherungsrechtliche Rückforderung von Entgeltzahlungen aufgrund einer unwirksamen Preiserhöhungsklausel

Aktenzeichen  VIII ZR 243/13

Datum:
25.3.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 13 BGB
§ 14 BGB
§ 307 Abs 1 S 1 BGB
§ 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB
§ 10 Abs 6 WoEigG
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Leitsatz

1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen dann einem Verbraucher gemäß § 13 BGB gleichzustellen, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient.
2. Beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten – wie etwa einem Energielieferungsvertrag zur Deckung des eigenen Bedarfs – handelt die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel zum Zwecke der privaten Vermögensverwaltung ihrer Mitglieder und damit nicht zu gewerblichen Zwecken.

Verfahrensgang

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 17. Juli 2013, Az: 4 U 38/13vorgehend LG Hamburg, 22. Februar 2013, Az: 318 O 35/12, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 17. Juli 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin, eine aus 241 Wohneinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft, bezog von Januar 2007 bis Juni 2009 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte), einem Energieversorgungsunternehmen, leitungsgebunden Erdgas. Die Klägerin wird seit Januar 2007 von der A.    Verwaltungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Verwalterin) vertreten, die bereits zuvor die Vertretung anderer Wohnungseigentümergemeinschaften übernommen hatte. In dieser Eigenschaft hatte die Verwalterin unter dem 6. Dezember 2004 mit der Beklagten einen “Rahmenvertrag” über die Belieferung mit Erdgas beginnend ab dem 1. Januar 2005 geschlossen. In diesem heißt es unter anderem:
“Vertragsdaten […]
Basisarbeitspreis (AP0): 1,5339 Cent/kWh […]
§ 4 Preise und Preisänderungen
[1] Für die Bereithaltung und Lieferung des Erdgases zahlt der Kunde einen Jahresleistungspreis und einen Arbeitspreis.
[…]
[3] Der Arbeitspreis (AP1) ändert sich zum 1.4. und 1.10. eines Jahres wie folgt:
AP1 = AP0 + 0,09133 (HL1 – 17,60 €/hl) + EST – PA
In der Änderungsklausel bedeuten:
        
        
        
AP0   
=       
Basis-Arbeitspreis gemäß Seite 1
        
        
        
HL1   
=       
Folgewert Preis leichtes Heizöl, veröffentlicht vom Statistischen Bundesamt in der Fachserie 17, Reihe 2; Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise); 2 Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Inlandsabsatz); Güterbezeichnung Leichtes Heizöl in €/hl bei Lieferung in TKW an Verbraucher, 40-50 hl pro Auftrag (einschließl. Mineralölsteuer und EBV), frei Verbraucher, für den Berichtsort Hamburg.
        
        
        
EST     
=       
Erdgassteuer, zurzeit 0,5500 Cent/kWh
        
        
        
PA    
=       
Preisabschlag, zurzeit 0,2812 Cent/kWh. E.     [Bekl.] behält sich das Recht vor, diese Preisabschlagsregelung anzupassen, sofern der Steuersatz für Erdgas geändert wird.
[4] Als Folgewert für HL1 werden zugrunde gelegt:
bei Preisänderungen zum 1. April
Durchschnittspreis leichtes Heizöl aus den veröffentlichten Werten für das 2. Halbjahr des vorhergegangenen Kalenderjahres.
bei Preisänderungen zum 1. Oktober
Durchschnittspreis leichtes Heizöl aus den veröffentlichten Werten für das 1. Halbjahr des laufenden Kalenderjahres.
[…]”
2
Am 11./14. Februar 2008 schlossen die Klägerin, vertreten durch die Verwalterin, und die Beklagte rückwirkend zum 1. Januar 2007 einen “Einzelvertrag” zum oben genannten Rahmenvertrag ab. Hiernach erfolgte die Belieferung der Klägerin “zu den Bedingungen des […] bestehenden Rahmenvertrages”. Die für die Erdgaslieferungen in der Folgezeit zwischen April 2008 und Juli 2009 erstellten Abrechnungen der Beklagten glich die Klägerin zunächst aus. Das Vertragsverhältnis der Parteien endete zum 30. Juni 2009.
3
Die Klägerin beanstandete die den vorgenannten Abrechnungen zugrunde liegenden Preiserhöhungen und errechnete auf der Grundlage des zum 1. Januar 2005 geltenden Arbeitspreises einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 184.736,56 €.
4
Am 28. Dezember 2011 hat die Klägerin in dieser Höhe – nebst Zinsen – einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt. Die Beklagte hat Widerspruch gegen den ihr am 2. Januar 2012 zugestellten Mahnbescheid erhoben und sich auf Verjährung berufen.
5
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen

Gültigkeit von Gutscheinen

Sie erweisen sich immer wieder als beliebtes Geschenk oder werden oft bei Rückgabe von Waren statt Geld ausgezahlt: Gutscheine. Doch wie lange sind Gutscheine eigentlich gültig, ist eine Einlösbarkeit von einem Monat überhaupt rechtmäßig und was passiert, wenn der Gutschein doch einmal verfällt?
Mehr lesen