Aktenzeichen M 10 K0 17.2340
Leitsatz
Die Angabe einer bloßen c/o-(care of)-Anschrift oder einer Postlagernd-Anschrift genügt nicht für die Zulässigkeit einer Klage nach § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO unter dem Gesichtspunkt der in jeder Phase des Verfahrens gebotenen Benennung einer ladungsfähigen Anschrift, weil es hierdurch nicht möglich wäre, eine Ladung des Klägers durch dessen Vorführung zu erzwingen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Der Prozesskostenhilfeantrag wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller hat am 26. Mai 2017 beim VG München beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Klage gegen den Freistaat Bayern wegen Untätigkeit zu einem Auskunftsersuchen zu gewähren. Der Antragsteller hat trotz gerichtlicher Aufforderung keine ladungsfähige Adresse angegeben, als Absender ist postlagernd angegeben, eine Übermittlung von Schriftstücken an ihn sei über das Sozialgericht Konstanz möglich und üblich.
Der Antragsgegner beantragt mit Schreiben vom 3. Juli 2017, den Antrag abzulehnen. Die beabsichtigte Klage hätte keinen Erfolg. Das Auskunftsbegehren ziele auf Informationen zu einer ausschließlich öffentlich geführten politischen Diskussion (Äußerung von StM Dr. Söder im Magazin Focus zu den Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge). Presseberichterstattung hierzu sei ohne weiteres kostenlos zu finden. Akten der Staatsregierung oder anderer staatlicher Stellen hierzu seien nicht bekannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bleibt ohne Erfolg.
1. Der Prozesskostenhilfeantrag und die beabsichtigte Klage sind unzulässig, da der Antragsteller trotz gerichtlicher Aufforderung keine ladungsfähige Adresse angegeben hat.
Die beabsichtigte Klage erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach muss die Klage den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Außer dem Namen des Klägers ist mit der Klage nach ständiger Rechtsprechung auch die ladungsfähige Anschrift des Klägers anzugeben. Ladungsfähige Anschrift ist die Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 4 zu § 82). Bei einer natürlichen Person ist dies in der Regel die Wohnungsanschrift (Anlehner in: Sodan/Ziekow, VwGO, Rn. 8 zu § 82). Dies gilt unabhängig davon, ob ein Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn die Angabe ohne weiteres möglich ist und kein schützenswertes Interesse entgegensteht (Anlehner, a.a.O.; BayVGH, B.v. 28.4.2003 – 24 ZB 02.3108 – juris; OLG Frankfurt, U.v. 15.5.2014 – 16 U 4/14 – juris).
Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers soll nämlich nicht nur dessen hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit sicherstellen und die Zustellung von Entscheidungen, Ladungen sowie gerichtlichen Verfügungen ermöglichen; sie soll vielmehr darüber hinaus auch gewährleisten, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann (Anlehner, a.a.O.; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Rn. 4 zu § 82; Geiger in: Eyermann, VwGO, Rn. 3 zu § 82). Das Erfordernis, die ladungsfähige Anschrift anzugeben, ergibt sich ebenso aus § 173 VwGO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 130 Nr. 1 ZPO (vgl. Anlehner, a.a.O., Rn. 10 zu § 82).
§ 82 Abs. 1 VwGO setzt dabei in jeder Phase des Verfahrens die Benennung einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers voraus (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24/97 – juris Rn. 42; vgl. auch BVerwG B.v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 u.a. – juris Rn. 11), so dass das Gericht gehalten ist, der Klagepartei insoweit eine Frist gemäß § 82 Abs. 2 VwGO zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1999 a.a.O. juris Rn. 41), was mit Schreiben vom 13. Juni 2017 erfolgte. Eine ladungsfähige Anschrift wurde dem Gericht innerhalb der gesetzten Frist und auch danach von der Klagepartei nicht mitgeteilt. Die Angabe einer bloßen c/o-(care of)-Anschrift oder einer Postlagernd-Anschrift genügt nicht (BayVGH, B.v. 3.2.2016 – 10 ZB 15.1413 – juris Rn 4f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl., § 253 Rn. 23; Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl., § 253 Rn. 10; OLG Frankfurt, a.a.O.). Denn hierdurch wäre es nicht möglich, eine Ladung des Klägers durch dessen Vorführung zu erzwingen.
Diese für das Klageverfahren bestehenden Anforderungen sind auch auf ein selbständiges Beschlussverfahren übertragbar (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 122, Rn. 5). Der Antragsteller wurde unter Fristsetzung entsprechend aufgefordert, er hat nicht reagiert und hat auch kein sonstiges schützenswertes Interesse dahingehend vorgetragen, seine Anschrift nicht mitteilen zu müssen.
2. Im Übrigen wäre die Klage auch inhaltlich erfolglos. Ein Auskunftsanspruch, der ursprünglich gegen den Bayerischen Rundfunk und später gegen den Freistaat Bayern geltend gemacht wurde, besteht nicht. Auf das Schreiben des Antragsgegners vom 3. Juli 2017 wird Bezug genommen.