IT- und Medienrecht

Fehlende Widerholungsgefahr bei Grundstücksverschmutzung

Aktenzeichen  23 C 3805/21

Datum:
3.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 38564
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 903, § 985, § 1004

 

Leitsatz

1. Das Verbringen von Laub in den Randbereich eines fremden Grundstücks (Zwischenraum zwischen Sichtschutz und Maschendrahtzaun) stellt eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Besorgnis weiterer Störungen und damit eine Wiederholungsgefahr besteht nicht, wenn ein Nachbar zunächst ein angrenzendes Grundstück mit Laub verschmutzt, dieses dann aber selbständig wieder entfernt. (Rn. 36 – 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Die Klagepartei hat bereits keinen Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagte zu 1) gem. § 1004 BGB, da diese nicht Störerin i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist.
Der Anspruch gem. § 1004 Abs. 1 BGB auf Unterlassung einer Beeinträchtigung des Eigentums richtet sich gegen den Schuldner.
Der Schuldner ist hierbei der Störer, wobei die Auslegung hierbei grundsätzlich strittig ist und aus diesem Grund stets einer wertenden Zurechnung bedarf. Unterschieden wird hierbei grundsätzlich bezüglich eines Handlungsstörers und eines Zustandsstörers.
Der Handlungsstörer ist, wer die Beeinträchtigung durch seine Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung adäquat verursacht hat. Dies kann unmittelbar durch denjenigen erfolgen, der durch seine Handlung selbst die Beeinträchtigung adäquat kausal verursacht hat oder mittelbare durch denjenigen, der die Beeinträchtigung durch die Handlung eines Dritten adäquat verursacht hat und die Beeinträchtigung verhindern kann (Palandt/Herrler, 80. Aufl. 2021, BGB § 1004 Rn. 15 ff.).
Aufgrund der durchgeführten Anhörung der Parteien konnte das Gericht zu der Überzeugung gelangen, dass die Beklagte zu 1) keine Störerin i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist.
Die Klägerin zu 1) gab hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass sie wahrgenommen habe, wie [die Beklagte zu 1) ] das Laub genommen habe und entsprechend dort verteilt habe (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).
Die Beklagte zu 1) führte hierzu aus, dass sie nie Laub in den Zwischenraum rein geschmissen habe. Sie habe dies auch nicht gesehen im Jahr 2019. Sie könne jedoch noch angeben, dass es damals im Jahr 2019 so gewesen sei, dass eine Plastikplane unter dem Palisadenzaun gelegt worden sei […] und von diesem Plastik ein bisschen was herausgeschaut habe. Sie habe den Kläger darum gebeten, dass das Plastik entfernt werden solle, was nicht gemacht worden sei. Aus diesem Grund habe sie dann gesagt, dass man auch etwas Laub drauf kehren könne und das abdecken könne, sodass man das nicht mehr sehen könne (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 der Akte).
Aufgrund der getätigten Aussagen von beiden Parteien nimmt das Gericht an, dass die Beklagte zu 1) bereits selbst kein Laub in den Zwischenraum geworfen hat, sodass die Beeinträchtigung durch diese nicht unmittelbar kausal verursacht wurde. Jedoch kommt das Gericht auch zu dem Ergebnis, dass keine mittelbare Verursachung seitens der Beklagten zu 2) vorliegt, da zwar der Beklagte zu 2) sich aufgrund der getätigten Aussage, dass man das Plastik auch mit Laub abdecken könne, veranlasst gefühlt haben könnte, das Laub in den Zwischenraum zu kehren, jedoch nicht anzunehmen ist, dass die Beklagte zu 1) diese Beeinträchtigung hätte verhindern können. In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) das Vorgehen des Beklagten zu 2) im Jahr 2019 selbst nicht wahrgenommen hat. In diesem Rahmen verkennt das Gericht nicht, dass die Beklagte zu 1) als Partei ebenso ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Die Beklagte zu 1) gab hierzu ohne Aufforderung des Gerichts bekannt, dass sie zumindest mit dem Beklagten zu 2) über die Situation bezüglich des Plastiks gesprochen hat. Zudem kann auch das Verhalten des Beklagten zu 2) nicht aufgrund der Ehe der Beklagten zu 1) zugerechnet werden. Es besteht somit bereits kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1), da diese nach Überzeugung des Gerichts nicht Störerin bzw. Schuldnerin i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist.
II. Die Klagepartei hat ebenso keinen Anspruch auf Unterlassung gegen den Beklagten zu 2), mangels anzunehmender Wiederholungsgefahr.
1. Schutzgut von § 1004 Abs. 1 BGB sind alle Beeinträchtigungen, Die nicht in § 985 geregelt sind. Unter Beeinträchtigung ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903) widersprechender, nach Dauer und Intensität nicht nur ganz unerheblicher Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers zu verstehen (Palandt/Herrler, 80. Aufl. 2021, BGB § 1004 Rn. 5 f.). Auch das Verschmutzen (genauer: der noch andauernde Vorgang der Verschmutzungshandlung) eines Grundstücks oder das Abstellen einer Sache auf einem fremden Grundstück stellt eine Eigentumsbeeinträchtigung dar (BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2021, BGB § 1004 Rn. 81).
Nach der durchgeführten Anhörung der Parteien kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Beeinträchtigung durch Verbringung des Laubes vorlag.
Die Klägerin zu 1) gab hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass sie dem Beklagten zu 2) gesehen habe wie dieser Schaufel und Besen Laub zusammen gekehrt habe und dann in den Zwischenraum hinein hat fallen lassen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).
Der Kläger zu 2) gab hierzu an, dass er den Vorfall selbst nicht wahrgenommen habe,, er aber Gehalt gesehen habe, dass der Beklagte zu 2) am Gartenzaun unterwegs gewesen sei und dort gearbeitet habe (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).
Der Beklagte zu 2 gab hierzu an, dass er im Jahr 2019 ist einmal dazu gekommen sei, dass er ein bisschen Laub dazwischen geworfen habe. Er habe das ganze zusammen gekehrt in einem Plastikeimer getan. Danach habe er dieses Laub genommen und habe es in den Spalt dazwischen geworfen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 d. A.).
Bereits aufgrund der Aussagen der Klagepartei selbst kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass der Beklagte zu 2) im Jahr 2019 Laub in den Zwischenbereich zwischen dem Palisadenzaun und dem Maschendrahtzaun geworfen hat. Dagegen konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt werden, dass auch noch weitere Gartenabfälle und sonstiger Unrat durch den Beklagten zu 2) auf das Grundstück der Klagepartei verbracht wurde. Insoweit bestand bereits keine Eigentumsbeeinträchtigung.
2. Der Beklagte zu 2) ist zwar Handlungsstörer, da er das Laub in den Zwischenbereich verbracht hat und dies somit eine Beeinträchtigung darstellt, die adäquat kausal durch den Beklagten zu 2) verursacht wurde, jedoch kommt das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen, dass eine Wiederholungsgefahr gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt, weshalb der Klagepartei kein Anspruch auf Unterlassung gem. § 1004 BGB zusteht.
Für die Wiederholungsgefahr ist erforderlich, dass eine auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen vorliegt, maßgeblich ist hierbei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Aufgrund des Wegfalls der Wiederholungsgefahr erlischt der Anspruch, wobei das Gericht hierbei nicht verkennt, dass eine erstmals ernsthaft drohende Beeinträchtigung ausreichend ist (Palandt/Herrler, 80. Aufl. 2021, BGB § 1004 Rn. 32). Hat grundsätzlich bereits eine Eigentumsbeeinträchtigung stattgefunden, so soll die Wiederholungsgefahr zu vermuten sein. Es liegt dann am Anspruchsgegner, diese Vermutung zu widerlegen (BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2021, BGB § 1004 Rn. 269).
Die Klägerin zu 1) gab hierzu an, dass sie gesehen habe wie der Beklagte zu 2 Laub in den Zwischenraum hat fallen lassen. [Aufgrund der Wahrnehmungen des Klägers zu 2) im Jahr 2020] sei Sie herausgegangen und habe dann um die Ecke geschaut und habe dann gesehen, dass der Beklagte zu 2 wieder Laub in den Abstand dort hineingeschmissen habe. Sie habe definitiv wahrgenommen, dass der Beklagte im Jahr 2020 gezielt Laub in dem Bereich geschmissen habe (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2 f., Bl. 41 f. d. A.).
Der Kläger zu 2 gab an, dass er im Jahr 2019 den Vorfall nicht genau wahrgenommen habe, aber gesehen habe, dass der Beklagte zu 2 am Gartenzaun unterwegs gewesen sei und dort gearbeitet habe. Im Laufe des Tages habe er geschaut und haben festgestellt, dass auffällig viel Laub im Zwischenraum läge. Danach haben sie das ganze auch beim Beklagten zu 2) angesprochen. Zumindest sei das Ergebnis gewesen, dass das Laub danach nach ein paar Tagen entfernt worden sei (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).
Die Beklagte zu 1) gab hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass es damals im Jahr 2019 so gewesen sei, dass eine Plastikplane unter dem Palisadenzaun gelegt worden sei, was jedoch herausgeschaut habe. Sie müsse angeben, dass das Ganze ja auch schön gemacht worden sei danach. Inzwischen seien dort kleines Steine dazwischen. Das sähe sehr ordentlich aus, weshalb für sie auch kein Grund mehr da sei, dass man etwas zum Abdecken hineinlegen sollte (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 d. A.).
Der Beklagte zu 2) gab an dass er im Jahr 2019 das Laub genommen habe und es in den Spalt dazwischen geworfen habe. Er habe das Laub dort hineingeschmissen, damit man das Plastik nicht mehr sehr hell und das ganze abgedeckt werde. Er könne angeben, dass er das Ganze auch nie wieder wiederholt habe. Er möchte das auch nicht nochmal wiederholen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 d. A.).
Des Weiteren wurden zur Veranschaulichung der Örtlichkeit in der mündlichen Verhandlung 4 weitere Fotos zu Protokoll genommen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).
Aufgrund der durchgeführten informatorischen Anhörung kommt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass die Wiederholungsgefahr fortgefallen ist, da der Beklagte zu 2) laut eigener Angabe der Klagepartei das Laub nach dem Vorfall im Jahr 2019 selbständig entfernt hat. Zwar gibt die Klagepartei an, dass es im Jahr 2020 zu einem erneuten Vorfall gekommen sei, jedoch konnte dies nicht zur Überzeugung des Gerichts ausreichend dargelegt und bewiesen werden. Insoweit ist bezüglich der Aussagen der Klagepartei zu berücksichtigen, dass sie als Partei ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Aufgrund der durchgeführten informatorischen Anhörung konnte sich bezüglich der vorgetragenen weiteren Vorfälle im Jahr 2020 das Gericht nicht entsprechend der Voraussetzungen von § 286 ZPO überzeugen, welcher Vortrag insoweit der Wahrheit entspricht.
Es konnte jedoch zur Überzeugung des Gerichts dargelegt werden, dass keine Besorgnis weiterer Störungen besteht. Insoweit ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Beklagtenpartei den Vorfall im Jahr 2019 unumwunden zu gibt und sich entsprechend selbst belastet. Des Weiteren ist bei dem vorgelegten Bild vom 02.11.2021 um 9:25 Uhr (Beschreibung auf Rückseite des Bildes) entsprechend des Vortrages der Beklagten zu 1) unter dem Laub an manchen Stellen die beschriebenen kleinen Steine zu sehen. Es erscheint dem Gericht aus diesem Grund plausibel, dass die Beklagtenpartei kein eigenes Interesse daran hat, weitere Beeinträchtigungen vorzunehmen. Auch führt die Nichtteilnahme am Schlichtungsverfahren, insbesondere unter Berücksichtigung der allgemeinen Coronasituation sowie das nicht Unterschreiben der strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht dazu, dass das Gericht annimmt, dass weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass das Gericht annimmt, dass die Situation für den Beklagten zu 2) im Jahr 2019 aufgrund der vorgenommenen Beseitigung durch ihn selbst erledigt war, weshalb es für das Gericht plausibel erscheint, dass er eine solche Unterlassungserklärung nach über einem Jahr nach dem bereits zwischen den Parteien besprochenen Vorfall nicht unterschreibt.
Zusätzlich erscheint es dem Gericht zudem plausibel, dass insbesondere aufgrund eines Windes es nachvollziehbar ist, dass sich das Laub insbesondere in dem Zwischenbereich zwischen dem Palisadenzaun und dem Maschendrahtzaun sammelt. Zu dieser Überzeugung gelangt das Gericht insbesondere aufgrund der weiteren vorgelegten Bilder vom 02.11.2021 um 8:24 Uhr sowie der Bilder welche mit dem Schriftsatz vom 21.09.2021 eingereicht wurden (Blatt 25 f. d. A.).
III. Mangels begründeter Hauptforderung (s. oben) besteht auch kein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
IV. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 3 ZPO. Wertbestimmend für die Festsetzung des Streitwerts ist dabei die zu schätzende Beeinträchtigung, die von dem beanstandenden Verhalten zu besorgen ist und die beseitigt werden soll. Bei mehreren Beklagten eines inhaltsgleichen Eintrages sind die Werte zu addieren (Zöller/Herget, 33. Aufl. 2020, ZPO § 3 Rn. 16.170). Das Gericht schätzt den Streitwert somit auf 500,- €, wobei dieser sich gegen zwei Beklagte richtet, weshalb sich ein Gesamtwert von 1.000,- € ergibt.


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