IT- und Medienrecht

Keine zulässige Klage bei fehlender Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers

Aktenzeichen  M 10 K 16.1128

Datum:
23.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 82 Abs. 1 S. 1
ZPO ZPO § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers ist Voraussetzung für eine zulässige Klageerhebung, da sie nicht nur die hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit des Klägers sicherstellen und die Zustellung von Entscheidungen, Ladungen sowie gerichtlichen Verfügungen ermöglichen soll, sondern auch gewährleistet, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann. (Rn. 9 – 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die Klage ist bereits unzulässig. Die Klage erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach muss die Klage den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Außer dem Namen des Klägers ist mit der Klage nach ständiger Rechtsprechung auch die ladungsfähige Anschrift des Klägers anzugeben. Ladungsfähige Anschrift ist die Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 4 zu § 82). Bei einer natürlichen Person ist dies in der Regel die Wohnungsanschrift (Anlehner in Sodan/Ziekow, VwGO, Rn. 8 zu § 82). Dies gilt unabhängig davon, ob ein Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn die Angabe ohne weiteres möglich ist und kein schützenswertes Interesse entgegensteht (Anlehner, a.a.O.; BayVGH, B.v. 28.4.2003 – 24 ZB 02.3108 – juris; OLG Frankfurt, U.v. 15.5.2014 – 16 U 4/14 – juris).
Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers soll nämlich nicht nur dessen hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit sicherstellen und die Zustellung von Entscheidungen, Ladungen sowie gerichtlichen Verfügungen ermöglichen, sie soll vielmehr darüber hinaus auch gewährleisten, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann (Anlehner, a.a.O.; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Rn. 4 zu § 82; Geiger in Eyermann, VwGO, Rn. 3 zu § 82). Das Erfordernis, die ladungsfähige Anschrift anzugeben, ergibt sich ebenso aus § 173 VwGO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 130 Nr. 1 ZPO (vgl. Anlehner, a.a.O., Rn. 10 zu § 82).
§ 82 Abs. 1 VwGO setzt dabei in jeder Phase des Verfahrens die Benennung einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers voraus (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24/97 – juris Rn. 42; vgl. auch BVerwG B.v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 u.a. – juris Rn. 11), so dass das Gericht gehalten ist, der Klagepartei insoweit eine Frist gemäß § 82 Abs. 2 VwGO zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1999 a.a.O. juris Rn. 41), was mit Schreiben vom 4. April 2016 erfolgte. Eine ladungsfähige Anschrift wurde dem Gericht innerhalb der gesetzten Frist und auch danach von der Klagepartei nicht mitgeteilt.
Ein schützenswertes Interesse des Klägers dahingehend, seine Anschrift nicht mitteilen zu müssen, wurde nicht vorgetragen.
2. Im Übrigen wäre die Klage auch unbegründet. Dem Kläger wurde im Rahmen der Rückkehrhilfe auf seinen Antrag vom 23. November 2010 hin für ein von ihm geplantes Geschäftsvorhaben „Lebensmittelgeschäft“ ein maximaler Zuschuss in Höhe von 3.000 Euro in Aussicht gestellt. Dabei wurde die Förderung davon abhängig gemacht, dass der Kläger verschiedene Unterlagen vorzulegen habe (ausführlicher Geschäftsplan mit Kostenaufstellung, Gewerbeanmeldung, Quittungen, Fotos). Ausweislich eines Bankbelegs wurden dem Kläger am 14. Februar 2011 1.000 Euro nach Äthiopien überwiesen. Aus den vom Kläger übermittelten Papieren war nur die Verwendung von rund 550 Euro für Miete etc. ersichtlich. Die Verwendung der restlichen 450 Euro war unklar. Der mehrfachen Aufforderung, eine Liste zu übermitteln, aus der die Verwendung des Geldes hervorgehe (Wareneinkauf, Mobiliar etc.) war der Kläger nicht nachgekommen. Auch die Bemühungen einer Kontaktperson vor Ort, der sich gegenüber der Beklagten bereit erklärt hatte, ein Monitoring der Geschäftsgründung zu übernehmen, erbrachte nicht die erforderlichen Nachweise. Daraufhin hatte die Beklagte mit E-Mail vom 29. September 2011 dem Kläger das Ende der Zusammenarbeit mitgeteilt.
Eine weitere Förderung kommt zum einen deshalb nicht in Betracht, da der Kläger entgegen der Förderauflagen keine Verwendungsnachweise, auch einfachster Art, für die insgesamt ausbezahlte erste Rate in Höhe von 1.000 Euro erbracht hat, zum anderen auch deshalb nicht, da er nunmehr eine weitere Förderung für einen Geschäftsbetrieb mit einem Motorradtaxi beantragt, was nicht mit der ursprünglichen Förderzusage für ein Lebensmittelgeschäft übereinstimmt.
3. Die Klage ist damit mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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