IT- und Medienrecht

Unzulässige Ausdehnung der Geschäftstätigkeit im Recht der Gleichnamigen durch Wiederaufnahme eines aufgegebenen Angebots

Aktenzeichen  4 HK O 4124/14

Datum:
21.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2017, 152373
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
MarkenG § 5 Abs. 2, § 15
BGB § 242

 

Leitsatz

1 Eine bestehende markenrechtliche Gleichgewichtslage darf nicht durch besondere Hervorhebungen des verwechslungsfähigen Namens, Weglassen von unterscheidenden Zusätzen, Änderung der Benutzungsart, Anmeldung einer Marke sowie Ausdehnung der Geschäftstätigkeit in sachlicher oder räumlicher Hinsicht gestört werden. (Rn. 55) (red. LS Dirk Büch)
2 Das Ändern einer Tätigkeit, im Rahmen derer Ingenieurdienstleistungen durch Subunternehmer erbracht werden, dahingehend, dass die eigene Erbringung der Ingenieurdienstleistungen angeboten wird, stellt eine Ausdehnung der Geschäftstätigkeit dar.  (Rn. 70) (red. LS Dirk Büch)
3 Wurde eine früher angebotene Dienstleistung über mehrere Jahre nicht mehr angeboten, stellt die Wiederaufnahme dieses Angebots ebenfalls eine Ausdehnung der Geschäftstätigkeit dar.  (Rn. 78) (red. LS Dirk Büch)

Tenor

I. Der Rechtsstreit ist hinsichtlich des Feststellungsantrags der Klage – mit Ausnahme von Klageantrag 2. – für alle im Klageantrag genannten Länder mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland in der Hauptsache erledigt.
II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfälle bis zu insgesamt 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit des Ordnungsgeldes, zu unterlassen,
1. im geschäftlichen Verkehr das Zeichen
„GAUFF“,
dies insbesondere in der Form:
in Alleinstellung in Deutschlandfür eine der nachstehend genannten Dienstleistungen zu benutzen:
Aufstellung von Kosten-Preisanalysen, Controlling, betriebswirtschaftliche Beratung, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben, Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht (Facility management), Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten, organisatorische Beratung, Sammeln und Zusammenstellung von Daten, sämtliche vorgenannte Dienstleistungen in Treuhand, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben, Immobilienwesen, Investitionsplanung und -beratung, Bauwesen, Bau und Reparatur von Abwasseraufbereitungssystemen, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich Durchführung von Bauvorhaben, Leitung von Bauarbeiten [Oberaufsicht], sämtliche beginnend mit „Dienstleistungen eines Bauträgers“ vorgenannte Dienstleistungen in Treuhand, insbesondere treuhänderische Übernahme der Bauherrenfunktion, Abfall- und Abwasserentsorgung, Durchleitung, Transport und Verteilung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Durchleitung, Transport und Verteilung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Abfall- und Abwasserentsorgung, Abfallverarbeitung [Umwandlung], Abwasserreinigung, Erzeugung von elektrischem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser, Recycling von Müll und Abfall, Wasseraufbereitung, Aus- und Fortbildung, Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke, Schulung, Aufbau und Installation von Signalsystemen, Betriebsleitzentralen, Steuerungsanlagen und Stellwerken sowie sonstiger elektrischer und elektronischer Produkte, Dienstleistungen eines Architekten, Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitung von Bauvorhaben, Dienstleistungen von Ingenieuren, Dienstleistungen eines technischen Mess- und Prüflabors, Dienstleistungen eines Geologen, insbesondere Durchführung von Boden- und Gesteinsuntersuchungen, Dienstleistungen eines Hydrologen, insbesondere Durchführung von Wasseruntersuchungen, Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht (Facility Management), Erstellung wissenschaftlicher Gutachten, Konstruktionsplanung, Land- und Regionalentwicklung, Machbarkeitsstudien, Raumordnung, nämlich planmäßige Ordnung, Entwicklung und Sicherung von größeren Flächen, Renaturierung und Rekultivierung, Technische Beratung, technische Projektplanungen, Vermessung, beginnend mit „Dienstleistungen eines Architekten“ vorgenannte Dienstleistungen in Treuhand.
2. In Deutschland im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „GAUFF Deutschland“ und/oder „GAUFF Engineering Deutschland“ damit zu werben, seit Jahrzehnten Qualitäten und Kompetenzen im klassischen Consulting und im Bereich von Ingenieurdienstleistungen zu besitzen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der in Ziffer III. 1 beschriebenen Handlung bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
V. Die Klägerin wird verurteilt, der Beklagten Auskunft über Art und Umfang der in Ziffer III. 1 beschriebenen Handlungen zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Dienstleistungen nach Ziffer III. 1 erzielten Umsätze und Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.
VI. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 898,67 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.08.2014 zu bezahlen.
VII. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte weitere 1.162,70 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.03.2015 zu bezahlen.
VIII. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
IX. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 38 Prozent und die Beklagte 62 Prozent.
X. Das Urteil ist in Ziffer III, gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 375.000,00 Euro (Ziffer III. 1.: 300.000,00 Euro; Ziffer III. 2.: 75.000,00 Euro), hinsichtlich Ziffer V. gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 Euro und hinsichtlich der Ziffern VI. und VII, sowie wegen der Kosten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird
-für die Klage auf 1.000.000,00 €
-für die Widerklage für die Zeit bis 12.03.2015 auf 500.000,00 €, für die Zeit vom 13.03.2015 bis 14.02.2017 auf 650.000,00 € und für die Zeit ab 15.02.2017 auf 550.000,00 €
mithin insgesamt für die Zeit bis 12.03.2015 auf 1.100.000,00 €, für die Zeit vom 13.03.2015 bis 14.02.2017 auf 1.250.000,00 € und für die Zeit ab 15.02.2017 auf 1.150.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Widerklage ist in den Unterlassungsanträgen 1 und 5.1 begründet, im Antrag 5.2 unbegründet.
Die Klage war bis zur Erhebung der Widerklage mit Ausnahme von Deutschland begründet.
1) Die Abmahnung vom 07.04.2014 (Anlage K 1) bezog sich auf die Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung „Gauff“ für unabhängige Ingenieurdienstleistungen im Bereich von Infrastrukturmaßnahmen im geschäftlichen Verkehr in Europa sowie in den dort genannten außereuropäischen Ländern.
Einen entsprechenden Umfang besitzen die Klageanträge in der Klageschrift vom 04.06.2014.
Im Schriftsatz vom 14.02.2017 erklärte die Beklagte ihren rechtsverbindlichen Verzicht, wenn auch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, auf die im Abmahnschreiben vom 07.04.2014 wegen der damaligen Bewerbung auf der Internetseite www.gauff.net. von unabhängigen Ingenieurdienstleistungen im Bereich von Infrastrukturmaßnahmen geltend gemachten Ansprüche aus dem Unternehmenskennzeichen bzw. der Benutzungsmarke „Gauff“ soweit sie nicht die Bundesrepublik Deutschland betreffen.
In der mündlichen Verhandlung erklärte die Beklagtenvertreterin, die Verzichtserklärung im Schreiben vom 13.02.2017, Anlage B 126 (fast wortgleich die soeben zitierte Verzichtserklärung aus dem genannten Schriftsatz), beziehe sich auf alle vom Abmahnschreiben vom 17.04.2014 erfassten Handlungen, nicht nur auf die Werbung im Internet unter gauff.net.
In der mündlichen Verhandlung wurde u.a. der Antrag zu Ziffer I. 1 aus der Widerklage (Unterlassung der Verwendung des Zeichens „GAUFF“ in Alleinstellung in Deutschland) gestellt.
a) Soweit die Abmahnung die europäischen Länder mit Ausnahme von Deutschland sowie die dort genannten außereuropäischen Länder umfasst, war die Klage begründet.
Abgesehen von der oben zitierten Verzichtserklärung hat die Beklagte auch keinerlei Vortrag gehalten, der die in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche außerhalb von Deutschland begründet könnte. Sind die in der Abmahnung behaupteten Ansprüche – außerhalb der Bundesrepublik Deutschland – nicht begründet, so war insoweit die Feststellungsklage in der Klageschrift begründet.
b) Durch die Verzichtserklärung und die Erhebung der auf Deutschland beschränkten Widerklage sowie die Stellung der Widerklageanträge in der mündlichen Verhandlung ist ein erledigendes Ereignis eingetreten. Insoweit ist jedenfalls das Feststellungsinteresse entfallen.
c) Die Formulierung in der Klageschrift, dass festzustellen sei, dass die Beklagte keine Ansprüche auf die Abgabe folgender Verpflichtungserklärungen durch die Klägerin habe, derer sie sich ihr gegenüber in ihrer Abmahnung berühmt habe, legt das Gericht dahin aus, dass festgestellt werden sollte, dass der Beklagten der behauptete Unterlassungsanspruch nicht zustand.
Die Auslegung basiert darauf, dass in der Klageschrift im Klageantrag Ziffer I auf die Abmahnung vom 07.04.2014 Bezug genommen wird und dass die Klägerin im Schriftsatz vom 21.10.2014 eine Erledigterklärung mit der Begründung abgegeben hat, dass sich insoweit die Klage mit Antrag I der Widerklage decke. Dies zeigt, dass die ursprüngliche Klage trotz der gewählten missverständlichen Formulierung von Anfang an so gemeint war, wie dies von der Klägerin auch im Schriftsatz vom 21.02.2017, Seiten 7 und 8, später klargestellt worden ist.
Soweit allerdings dieser Feststellungsantrag auch auf die Bezahlung einer Vertragsstrafe gerichtet ist, fehlte und fehlt es am Feststellungsinteresse. Weder hat die Beklagte in der Abmahnung einen Anspruch auf ein Vertragsstrafeversprechen behauptet noch gibt es einen derartigen Anspruch (BGH NZI 2015, 653).
Hinsichtlich der Bezahlung der Rechtsanwaltskosten bestand ein Feststellungsinteresse und insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
d) Nach alledem ist der Rechtsstreit hinsichtlich der Klage mit Ausnahme von Deutschland und mit Ausnahme von Klageantrag 2. in der Hauptsache erledigt, Dies ist in Ziffer I des Endurteils auszusprechen. Im übrigen (Antrag 2. und hinsichtlich Deutschland) ist die Klage, da sie von Anfang an unbegründet war, abzuweisen.
2) Nach dem Recht der Gleichnamigen muss der Inhaber eines prioritätsälteren Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr hinnehmen, die der Träger des prioritätsjüngeren Namensrechts dadurch hervorruft, dass er seinen Namen im Geschäftsverkehr führt, wenn der Träger des prioritätsjüngeren Namensrechts ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat, redlich handelt und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu vermindern (BGH GRUR 2011, 623; 2011, 835; 2013, 397).
In aller Regel besteht aber kein Recht auf Verwendung des eigenen Namens auch als Marke.
Eine umfassende Interessenabwägung muss klären, welcher der Beteiligten welche Maßnahmen zu treffen hat, um einer Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken, wobei ein unvermeidlicher Rest an Verwechslungsgefahr hinzunehmen sein kann. In die Interessenabwägung ist die Dauer der ungestörten Benutzung und der Bekanntheitsgrad seiner Kennzeichnung und der mit ihr verbundene materielle Besitzstand des Prioritätsälteren einzustellen. Auf Seiten des Prioritätsjüngeren kann bedeutsam sein, wie nahe sich die Branchen kommen und wie groß sein Interesse an der gewählten Bezeichnung ist sowie, ob er sich um ein zumutbares Höchstmaß an Abgrenzung bemüht hat. In aller Regel wird der Prioritätsjüngere zur Rücksichtnahme verpflichtet sein.
Eine bestehende Gleichgewichtslage darf nicht gestört werden, etwa durch besondere Hervorhebungen des verwechslungsfähigen Namens, Weglassen von unterscheidenden Zusätzen, Änderung der Benutzungsart, Anmeldung einer Marke, Ausdehnung der Geschäftstätigkeit in sachlicher oder räumlciher Hinsicht. Bei einer sachlich-räumlichen Ausdehnung der Geschäftstätigkeit bedarf es in der Regel unterscheidungskräftiger Zusätze zum Unternehmenskennzeichen.
Regelmäßig unzulässig ist die Verwendung des Namens oder der namensmäßigen Unternehmensbezeichnung zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen, ebenso der Übergang von einer firmenmäßigen zu einer markenmäßigen Benutzung. Eine zunehmende Benutzung als Schlagwort sowie die Hervorhebung des übereinstimmenden Firmenbestandteils muss in der Regel keiner der Namensgleichen dulden, da sie den Eindruck einer Allein- oder Vorrangstellung erzeugt (BGH GRUR 2011, 623).
3) Die Beklagte ist Inhaberin eines prioritätsälteren Unternehmenskennzeichenrechts nach § 5 Abs. 2 Markengesetz.
Die eingetragene Firma der Beklagten lautet „H.P. Gauff Ingenieure GmbH & Co. KG – JBG“. Dabei wird von den maßgeblichen Verkehrskreisen die Abkürzung „JBG“ nur schwerlich als Abkürzung für Ingenieurbüro Gauff erkannt, da dies nicht naheliegend ist und sich auch aus den sonstigen Firmenbestandteilen nicht ergibt, kann aber ein namensrnäßiger Hinweis auf ein Unternehmen sein. Allerdings kommt derartigen Abkürzungen eine schwache Kennzeichnungskraft zu (BGH GRUR 1985, 461 – Gefa/Gewa).
Geprägt wird die Firma der Beklagten in erster Linie durch den namensmäßigen Bestandteil „Gauff“, da die anderen Bestandteile wie ingenteure und GmbH & Co. KG nicht kennzeichnungskräftig sind. H.P. wird als Abkürzung des Vornames erkannt. Der Name (H.P.) Gauff muss auch nicht der einzige unterscheidungskräftige Bestandteil der Gesamtfirma sein.
Die Beklagte genießt also Schutz ihrer vollständigen Unternehmensbezeichnung sowie des Unternehmensschlagwortes Gauff (Ströbele/Hacker, § 5 Markengesetz, Rn. 23 f.; BGH GRUR 2013, 68 – Castel/VIN CASTEL; GRUR 2013, 638).
Bei der Klägerin ist ebenfalls der Namensbestandteil Gauff prägend und das Unternehmensschlagwort schutzfähig, da weitere prägende Bestandteile in der Firma nicht enthalten sind.
Soweit die Klägerin vorträgt, die Beklagte trete unter den Bezeichnungen „JBG Gauff Ingenieure“ oder „JBG“ auf, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.
In der von der Klägerin vorgelegten Prozessanweisung JBG Gauff Ingenieure (Anlage K 12) wird nur auf Seite 16 bei einem Formblattmuster JBG in Alleinstellung verwendet. Im Übrigen handelt es sich insoweit insgesamt um ein internes Dokument. Bei der Anlage K 13 handelt es sich um eine einzelne Anzeige aus dem Jahr 2014. Anlage K 14 beinhaltet ein internes Schreiben, das nicht im geschäftlichen Verkehr verwendet wurde. Richtig ist, dass bei der Gebäudekennzeichnung (Abbildung auf Seite 11 des Schriftsatzes vom 21.10.2014) JBG in Alleinstellung verwendet worden ist.
Dies alles ändert jedoch nichts daran, dass JBG offenbar regelmäßig im Zusammenhang mit Gauff Ingenieure Verwendung gefunden hat (Anlagen B 7 bis B 15, B 31, B 33). Dies alles zeigt, dass die Beklagte zwar die Bezeichnung JBG – zum Teil herausgestellt – verwendet bzw. verwehdet hat, es zeigt aber auch, dass dies fast immer in Verbindung mit dem Namen Gauff geschehen ist. Dieser Name bietet sich als Firmenschlagwort an, da er verhältnismäßig kurz und einprägsam ist und da die angesprochenen Verkehrskreise damit ein Unternehmen verbinden (können) – im Gegensatz zu der aus sich heraus nicht verständlichen Bezeichnung JBG. Hinzu kommt, dass diejenigen, denen JBG als Abkürzung für Ingenieurbüro Gauff geläufig ist, sich auch wieder den Namen Gauff merken und diesen verwenden werden, sodass auch für diesen Teil der Verkehrskreise der Name in erster Linie als Firmenschlagwort in Betracht kommt.
Damit besteht auch Verwechslungsgefahr nach § 15 Markengesetz, da dem Namen mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt und die beiden Firmenschlagworte identisch übereinstimmen und auch die Tätigkeitsbereiche der Parteien nach übereinstimmenden Vortrag identisch sind bzw. in benachbarten sich ergänzenden Geschäftsfeldern befinden. Somit besteht ein Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin wegen der Verwendung der Bezeichnung „Gauff“ in Alleinstellung, soweit dem nicht das Recht der Gleichnamigen entgegensteht.
Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass unter Alleinstellung jede Verwendung der Bezeichnung „Gauff“ außerhalb der vollständigen Firma bzw. außerhalb der Bezeichnung „Gauff Engineering“ zu verstehen ist.
Festzuhalten ist weiter, dass der Klägerin grundsätzlich kein Recht zusteht, den Namen Gauff in Alleinstellung zu benutzen (BGH GRUR 1985, 389 „Familienname“).
Im Folgenden wird darzustellen sein, dass sich die Klägerin hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnung Gauff in Alleinstellung im Umfang des Widerklageantrags Ziffer 1. nicht auf das Recht der Gleichnamigen berufen kann.
4) Die Klägerin hat ihre Geschäftstätigkeit auf selbst ausgeführte Ingenieurdienstleistungen ausgedehnt.
a) Zwischen EPCM-Leistungen (z.B. mit Ausführung der Ingenieurdienstleistungen durch Subunternehmer) und der der Erbringung von Ingenieurdienstleistungen liegt eine sachliche Ausdehnung der Geschäftstätigkeit.
Hierbei kann nicht entscheidend darauf abgestellt werden, dass in beiden Fällen Ingenieurdienstleistungen im Mittelpunkt stehen, da eine Tätigkeit ähnlich einem Generalübernehmer (schlüsselfertige Projektabwicklung) von der Tätigkeit des vor Ort arbeitenden Unternehmers unterschieden wird. Vergleichbare Unterschiede werden zum Beispiel zwischen Vertrieb und Herstellung von Produkten oder zwischen Groß- und Einzelhandel gemacht, auch wenn dort jeweils ein bestimmtes Produkt inmitten liegt.
Daran ändert es nichts, dass bei EPCM-Leistungen die Klägerin Hauptauftragnehmerin der Dienstleistungen ist und diese auch insgesamt gegenüber dem Auftraggeber abrechnet. Diese Unterscheidung ist nämlich im Licht der Frage zu sehen, ob durch die Übernahme von selbstausgeführten Ingenieurdienstleistungen eine Änderung der Gleichgewichtslage erfolgt. Dies ist gerade der Fall, da es einem Unternehmen freisteht, EPCM-Leistungen anzubieten, ohne die Ingenieurdienstleistungen selbst auszuführen, und andererseits die Möglichkeit besteht, „nur“ Ingenieurdienstleistungen anzubieten, nicht aber EPCM-Leistungen.
b) Die Klägerin trägt vor, sie habe seit 1988 (also seit Gründung) ingenieurdienstleistungen angeboten. Dies wird jedenfalls für einige wenige Fälle für die Jahre bis 2000 durch einige der von der Klägerin vorgelegten Anlagen bestätigt (Anlagen K 23, K 26, K 27, K 28 und K 29). Soweit die Klägerin darüber hinaus Zeugenbeweis für den Vortrag anbietet, die Dienstleistungen gemäß der Widerklage seien stets Bestandteil dieses Geschäftsbereichs gewesen, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und der Zeugenbeweis als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag nicht zu erheben.
Das Gericht geht davon aus, dass in den Jahren bis 2000 durchaus – jedenfalls auch – Ingenieurdienstleistungen durch die Klägerin erbracht worden sind. Anschließend aber, für die Zeit ab dem Jahr 2000, ist davon auszugehen, dass die Klägerin selbst keine Ingenieurdienstleistungen mehr erbracht hat, da ihr jedenfalls in den Jahren bis 2004 die personellen Kapazitäten hierfür gefehlt haben (Anlage B 89). Daran ändert es nichts, dass vom Unternehmensgegenstand im Gesellschaftsvertrag (Anlage K 10) Ingenieurdienstleistungen umfasst werden, da es auf die tatsächliche Ausführung ankommt. Weitere von der Klägerin vorgelegte Anlagen (Anlagen K 118, K 120 bis 122) beziehen sich nicht auf Deutschland. Ein sich auf Deutschland beziehendes Referenzblatt in der Anlage K 46 betrifft den Zeitraum bis 1997.
Für die Zeit ab 2005 stellt sich die Sachlage so dar, dass die Klägerin begann, vereinzelt selbst Ingenieurdienstleistungen zu erbringen (hier wurde eine Rechnung für Vermessungsarbeiten vorgelegt [Anlage K 65]), ab 2008 wurden auf der Website solche Dienstleistungen angeboten (Anlage K 9). Allerdings sprechen gewichtige Indizien dafür, dass die Klägerin auch ab 2005 zunächst (fast) keine Ingenieurdienstleistungen selbst erbracht hat. So die Veröffentlichung im Bundesanzeiger zum Jahr 2011 (Anlage B 60), wonach die Aktivitäten der Klägerin weiterhin ausschließlich auf das Ausland ausgerichtet seien. Weiterhin das Konvolut an Referenzblättern in der Anlage K 18, die sich nicht auf Deutschland beziehen. Insbesondere auch die Jahresabschlüsse der Klägerin für die Jahre 2006 bis 2012 (Anlage K 33), in denen Deutschland nicht genannt wird.
c) Der Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe von der Ausführung von Ingenieurdienstleistungen durch die Klägerin ab dem Jahr 2006 Kenntnis gehabt, geht deshalb ins Leere, weil entsprechende Ingenieurdienstleistungen gerade auch für die Jahre 2005 bis 2008 nicht substantiiert in hinreichendem Umfang vorgetragen werden. Es fehlt somit schon an der Grundlage dessen, wovon die Beklagte Kenntnis gehabt haben soll.
Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin in nennenswerter Weise nicht vor 2008/2009 wieder damit begonnen hat, selbst Ingenieurdienstleistungen auszuführen. Dem entspricht der – höchst vorsorgliche – Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 21.02.2017, Seite 19 unten. Dem entspricht auch der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 08.12.2014 auf Seite 24, dass erste Projekte der Klägerin im Rahmen der EPCM bereits Anfang bis Mitte der 90iger Jahre in Venuzuela gestartet worden seien. Hieraus folgt für die Kammer, dass bis dahin – jedenfalls auch – selbst Ingenieurdienstleistungen erbracht worden sind (vgl. b)).
d) Soweit in der Zeit bis 2000 die Erbringung von Ingenieurdienstleistungen durch die Klägerin Bestandteil einer zwischen den Parteien bestehenden Gleichgewichtslage gewesen sein sollte, war das Erbringen derartiger Ingenieurdienstleistungen durch die Klägerin selbst nach mehrjähriger Nichterbringung ab dem Jahr 2000 nicht mehr Bestandteil der dann bestehenden Gleichgewichtslage zwischen den Parteien. Dabei mag es dahinstehen, ob man darauf abstellt, dass ein Unternehmenskennzeichenrecht durch Nichtbenutzung wieder erlischt, oder darauf, dass entsprechend den Grundsätzen der Verwirkung nach ca. siebenjähriger Nichtbenutzung dem anderen Namensgleichen nicht mehr zugemutet werden kann, die über so lange Zeit nicht erbrachten Dienstleistungen weiterhin zur Gleichgewichtslage zu zählen. Genauso wie nach einigen Jahren eine Tätigkeit zum Bestandteil einer Gleichgewichtslage werden kann, fallen umgekehrt nach längerer Nichterbringung diese Tätigkeiten wieder aus der Gleichgewichtslage heraus.
Somit kommt es zu der sich nunmehr stellenden Frage, ob die in erheblicher Weise nicht vor 2008/2009 wieder begonnene Erbringung von Ingenieurdienstleistungen neuerlich zum Bestandteil einer zwischen den Parteien bestehenden Gleichgewichtslage geworden ist. Dabei kann nicht von einer Kenntnis von derartigen selbst erbrachten Ingenieurdienstleistungen durch die Beklagte für die Zeit vor 2007 ausgegangen werden.
Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass jedenfalls eine markenmäßige Verwendung des Zeichens Gauff für Ingenieurdienstleistungen eine Störung der Gleichgewichtslage darstellt.
5) Die Klägerin hat weiterhin ihre Kennzeichnungspraxis dahin geändert, dass sie für die streitgegenständlichen Dienstleistungen das Zeichen Gauff in Alleinstellung verwendet hat.
a) Entsprechend der Klarstellung durch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ist unter Gauff in Alleinstellung jede Verwendung des Zeichens Gauff zu verstehen, bei der dieses Zeichen außerhalb der Firmenbezeichnung der Klägerin bzw, außerhalb von zusammengesetzten Bezeichnungen wie Gauff Engineering Verwendung findet.
b) Der Vortrag der Parteien unterscheidet sich darin, dass die Klägerin die Verwendung von Gauff in Alleinstellung für Ingenieurdienstleistungen seit Juni 2006 (Schriftsatz vom 21.10.2014, Seite 10) bzw. seit 2007 (Seite 19 dieses Schriftsatzes) behauptet, die Beklagte dagegen vorträgt, die Klägerin habe bis November 2010 stets den Zusatz „Engineering“, „GE“ oder „GEB“ verwendet und trete frühestens ab dem Jahr 2010 unter der isolierten Bezeichnung Gauff auf.
Soweit die Klägerin für ihre Behauptung der Verwendung von Gauff in Alleinstellung für Ingenieurdienstleistungen Zeugenbeweis anbietet, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und der Zeugenbeweis nicht zu erheben, da es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag handelt.
Nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen hat sie auch vor dem Jahr 2010 die Bezeichnung Gauff in Alleinstellung verwendet, wenngleich im internen Schriftverkehr zwischen den Gauff – Firmen (Anlage K 18), aber im Internet ab 2008 (Anlage K 9) und für einen Flyer (Anlage K 84, aus 2008).
Die weiter von der Klägerin vorgelegten Verwendungsbeispiele betreffen entweder nicht Deutschland (Anlagen K 102, K 104, K 115 bis K 119) oder betreffen den internen Geschäftsverkehr zwischen den Gauff – Firmen (Anlagen K 103, K 106, K 107) bzw. den Geschäftsführervertrag vom Mai 2007 (Anlage K 105).
Soweit in der Zeit vor dem Jahr 2010 der genannte Internetauftritt und die Kundenpräsentationen in den Jahren 2007 bis 2009 von der Klägerin angeführt werden (Anlagen K 108 bis K 112) würde sich hier die Frage der Kenntnis der Beklagten bzw. die Zurechnung von Kenntnis an die Beklagte stellen, wenn ansonsten eine Gleichgewichtslage anzunehmen wäre. Hierauf beziehen sich die Ausführungen in der nächsten Ziffer.
c) Soweit die Klägerin noch vorträgt, sie habe Dienstleistungen für das Ausland auch in Deutschland erbracht, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und kann nicht Grundlage für die Annahme einer Verwendung der Bezeichnung Gauff in Alleinstellung in einem bestimmten Zeitraum sein, schon gar nicht für eine Kenntnis der Beklagten hiervon.
d) Der Übergang zur Verwendung der Bezeichnung Gauff in Alleinstellung für die streitgegenständlichen Dienstleistungen durch die Klägerin stellt eine Störung der Gleichgewichtslage dar. Insoweit besteht, ebenso wie hinsichtlich der dargelegten Ausweitung des Geschäftsbereichs durch die Klägerin, ein Unterlassungsanspruch der Beklagten wegen einer unzumutbaren Störung der Gleichgewichtslage, wenn nicht die Ausweitung der Geschäftstätigkeit und die Verwendung der Bezeichnung Gauff in Alleinstellung Bestandteil einer Gleichgewichtslage geworden sind.
6) Letzteres ist nicht der Fall. Auch die Grundsätze der Verwirkung kann die Klägerin dem Unterlassungsanspruch der Beklagten nicht mit Erfolg entgegenhalten.
Die Beklagte hat die Verwendung der Bezeichnung Gauff in Alleinstellung nicht über längere Zeit unwidersprochen geduldet und der Klägerin musste klar sein, dass durch ihr Verhalten Rechte der Beklagten verletzt werden.
a) Die der Klage zugrunde liegende Abmahnung erfolgte im April 2014 (Anlage K 1). Die Klage ging am 05.06.2014 bei Gericht ein, die Widerklage am 15.08.2014.
b) Die Parteien führten von November 2008 bis März 2009 und erneut Anfang 2010 Gespräche über den Markeneintragungen der Klägerin (u.a. Wortmarke „Gauff“ – in Alleinstellung).
Die Löschungsaufforderung an die Klägerin erging am 06.12.2012, die Klage auf Markenlöschung wurde am 21.01.2013 anhängig.
Weitere Bemühungen der Parteien um eine Lösung der Streitfragen sind das Schreiben der damaligen Rechtsanwälte der Klägerin vom 08.09.2011 (Anlage B 128) und der Entwurf einer Vereinbarung vom 30.04.2013 (Anlagen B 129 und B 130).
Im Übrigen trägt die Klägerin selbst vor, mit der Begründung einer Notwendigkeit einer Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche der Parteien seien die Einigungsvorschläge der Klägerin stets abgelehnt worden (Schriftsatz vom 21.02.2017, Seite 31).
c) Nach der Rechtsprechung des BGH kommt eine Verwirkung solange nicht in Betracht, wie die Zusammenarbeit der Parteien währt, wenn die Beteiligten unter dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen gemeinsam am Markt aufgetreten sind, sodass die Erträgnisse dieser Tätigkeit Beiden zugute kamen (Ströbele/Hacker, § 21 Markengesetz, Rn. 59; BGH GRUR 1985, 389 – Familienname).
Vorliegend bestreitet zwar die Beklagte eine Zusammenarbeit der Parteien bis zum Jahr 2011, trägt aber vor, die Parteien hätten ab April 2007 begonnene Projekte abgeschlossen bzw. die Beklagte sei als Subunternehmerin eingeschaltet worden. Unstreitig ist weiter, dass die Parteien bis zum Jahr 2010 kooperiert haben (Schriftsatz vom 08.12.2014, Seite 42) und dass die Werbung der Parteien bis ins Jahr 2010 koordiniert wurde (Schriftsatz vom 14.08.2014, Seite 34). Außerdem verfügten die Parteien bis ins Jahr 2012 über einen gemeinsamen Geschäftssitz und verfügt die Klägerin erst seit Dezember 2010 über einen eigenen Internetauftritt. Noch im Jahr 2010 gab es Überlegungen zu einem gemeinsamen Logo (Anlage K 14). Bis ins Jahr 2011 fanden gemeinsame Weihnachtsfeiern statt (Anlage K 39).
Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Parteien jedenfalls bis ins Jahr 2010 auf intensive Weise zusammengearbeitet haben.
In der genannten Entscheidung (GRUR 1985, 389) führt der BGH aus:
„Darüber hinaus durfte die Beklagte aus dem Umstand, dass die Klägerin während des gemeinsamen Vertriebs nicht gegen die Verwendung des Namens Grohe in Alleinstellung durch die Beklagte vorgegangen ist, nicht auf eine Duldung dieses Verhaltens auch für den Fall der Auflösung der Zusammenarbeit schließen. Während des gemeinsamen Vertriebs kam diese Kennzeichnung durch den gemeinsamen Firmenkern weitgehend beiden Unternehmen zugute, sodass die Klägerin keine Veranlassung hatte, zur Wahrung ihrer Interessen hiergegen einzuschreiten; ihre Untätigkeit konnte daher auch nicht als Einverständnis mit dem Übergang der Beklagten auf die Kennzeichnung ihres Unternehmens mit dem Namen Grohe in Alleinstellung verstanden werden …“.
Vorliegend ist die Interressenlage gleichartig. Die Erbringung von EPCM-Leistungen durch die Klägerin, bei denen die Beklagte als Subunternehmerin eingeschaltet war, kam beiden Parteien zugute und die Beklagte musste daher keinen Anlass sehen, gegen die Klägerin vor Ende dieser Zusammenarbeit vorzugehen. Gleiches gilt für die weitere oben genannte Zusammenarbeit.
d) Im Hinblick auf diese zwischen den Parteien gewachsene Verbundenheit und fortdauernde Geschäftsbeziehung jedenfalls bis 2010 musste der Klägerin bewusst sein, dass sie mit der Ausweitung des Geschäftsbereichs und dem Übergang zur Verwendung der Bezeichnung Gauff in Alleinstellung Rechte der Beklagten verletzen kann und dadurch die Koexistenzlage stört. Der Klägerin war dies bei ihrem Verhalten auch bewusst; (vgl. OLG Nürnberg, Urteil, Aktenzeichen 3 U 603/14).
e) Nach alledem hat die Beklagte weder das streitgegenständliche Verhalten der Klägerin länger als 5 Jahre geduldet (§ 21 Abs. 1 Markengesetz) noch lag auf Seiten der Klägerin eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung vor. Der streitgegenständliche Zustand muss der Klägerin auch nicht nach Treu und Glauben erhalten bleiben und hat die Beklagte diesen Zustand durch ihr Verhalten nicht erst ermöglicht.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen und dass auch die Ausdehnung des Geschäftsbereichs der Klägerin und der Übergang zur Verwendung der Bezeichnung Gauff in Alleinstellung für Ingenieurdienstleistungen durch die Klägerin nicht zum Gegenstand einer zwischen den Parteien bestehenden Gleichgewichtslage geworden sind. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Internetauftritt der Klägerin (Anlage K 9) und im Hinblick auf die streitgegenständlichen Präsentationen (Anlagen K 108 bis K 112), sodass die Frage einer Kenntnis der Beklagten von diesem Internetauftritt und von diesen Präsentationen dahinstehen kann.
7) Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, dass die Widerklage hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs in Ziffer 1) begründet ist.
Der Feststellungsanspruch (Antrag 2.) sowie der Antrag auf Auskunft (Antrag 3.) sind als markenrechtliche Folgeansprüche aus §§ 15, 19 Markengesetz ebenfalls begründet.
Gleiches gilt für den Zahlungsanspruch gemäß Antrag 4. nach § 15 Abs. 5 Markengesetz, der jedoch nur zu 30 Prozent begründet ist, da die Abmahnung nur hinsichtlich Deutschland begründet war und nicht hinsichtlich der übrigen europäischen Länder und der weiterhin genannten außereuropäischen Länder. Die Klägerin schuldet daher 898,67 Euro (1,3 Gebühren aus 250.000,00 Euro × 30 Prozent zzgl. 20,- €).
Ergänzend ist festzuhalten, dass der Antrag in Ziffer 1. der Widerklage nicht widersprüchlich ist, da die Verwendung der Bezeichnung GAUFF in einem dunklen Viereck mit fünf quadratischen Auslassungen keine Verwendung innerhalb einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Gesamtbezeichnung im Sinne der Rechtsprechung des BGH im Fall ConText (GRUR 2016, 705) darstellt. Vorliegend umfasst die Verallgemeinerungsform (das Zeichen GAUFF) die insbesondere – Variante (die konkrete Verletzungsform).
8) Die Widerklage ist auch im Antrag 5.1 hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnungen „GAUFF Deutschland“ und/oder „GAUFF Engineering Deutschland“ begründet.
Hierin liegt jedenfalls eine irreführende Werbung, da unstreitig ein Unternehmen „GAUFF Deutschland“ nicht existiert. Die Klägerin wirbt insoweit irreführend mit einer Unternehmensbezeichnung eines nicht existierenden Unternehmens, um selbst bedeutender zu erscheinen. Somit ist der Anspruch nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG begründet.
Die Unterlassungerklärung der Klägerin vom 21.02.2017 (Anlage K 125) hat nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr geführt, da sie auf Werbung im Rahmen der Website unter gauff.net beschränkt ist und somit sämtliche anderen Werbemöglichkeiten weiterhin zulässt. Eine derartig eingeschränkte Unterlassungserklärung musste die Beklagte nicht annehmen und hat sie offensichtlich auch nicht angenommen.
9) Der weitere Unterlassungsantrag hinsichtlich der Benutzung der Bezeichnungen „Gauff Power International“ und/oder „Gauff Power“ ist unbegründet.
Die Beklagte trägt insoweit vor, sie wende sich nicht gegen die Benutzung der Firmenbezeichnung Gauff Power International als solche, sondern nur gegen die Benutzung auf der Website der Klägerin, die den Namen Gauff insoweit unzulässigerweise markenmäßig verwende.
Ausgehend davon, dass sich die Beklagte hier gegen die Verwendung des Unternehmenskennzeichens eines existierenden Unternehmens wendet, ist der Antrag bereits nicht auf eine markenmäßige Verwendung bezogen. Im Übrigen kann die Verwendung der Unternehmensbezeichnung einer Drittfirma nicht per se als Störung einer bestehenden Gleichgewichtslage gewertet werden, zumal die Beklagte nichts dazu vorträgt, ob bzw. warum diese Unternehmensbezeichnung nicht zulässig geführt sein sollte.
Eine weitergehende Begründung des Antrags ist nicht dargetan.
10) Der Widerklageantrag in Ziffer 6. ist nur in Höhe von 1.162,70 Euro begründet.
Auszugehen ist für die Widerklageanträge Ziffern 5.1 und 5.2 von einem Streitwert von je 75.000,00 Euro. 1,3 Gebühren aus einem Streitwert von 150.000,00 Euro ergibt einen Betrag von 2.285,40 Euro. Davon die Hälfte zuzüglich 20,00 Euro ergibt 1.162,70 Euro.
11) Der Streitwert ist in Abweichung vom Beschluss vom 18.11.2014 festzusetzen.
Dabei geht die Kammer bei der Klage von einem Streitwert von 1 Million Euro aus, wovon auf Deutschland 300.000,00 Euro, auf die restlichen europäischen Länder 100.000,00 Euro und auf die außereuropäischen Länder 600.000,00 Euro entfallen. Dies deshalb, da die Klägerin offensichtlich in erheblichem Maße im Ausland tätig war und ist, sodass der überwiegende Bedeutungsgehalt der Abmahnung die außereuropäischen Länder betroffen hat. Hinsichtlich einer Tätigkeit der Klägerin in europäischen Ländern außerhalb Deutschlands wurde nicht konkret vorgetragen und nur wenige der vorgelegten Unterlagen betreffen diese Länder.
Die Kammer setzt daher den Streitwert für die Widerklage in den Anträgen 1. bis 4. (also für die Länder der Europäischen Union) auf 500.000,00 Euro und für die ergänzenden Unterlassungsanträge in Ziffern 5.1 und 5.2 auf zusammen 150.000,00 Euro fest. Ab Beschränkung der Widerklage auf Deutschland war der Streitwert daher mit 550.000,00 Euro für die Widerklage zu bemessen, da die Europäischen Länder außerhalb Deutschlands weggefallen sind.
Der Gesamtstreitwert von 1,1 Millionen Euro ergibt sich aus den 500.000,00 Euro in der Widerklage (Anträge 1.-4.) und weiteren 600.000,00 Euro für die außereuropäischen Länder.
12) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.


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