Aktenzeichen 31 O 354/15
BGB § 13, § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 2, § 312 a Abs. 1
ZPO § 91, § 709
RVG § 13, § 14
Leitsatz
1. Anrufer im Sinne von § 312 a I BGB ist nicht nur der Unternehmer, sondern auch die das Gespräch führende natürliche Person. (Rn. 17)
2. Diese muss ihren richtigen Namen nennen, die Verwendung eines Pseudonyms ist unlauter im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (Fassung bis 09.12.2015). (Rn. 17 und 18)
Tenor
1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Strom, Kunden der Klägerin, die Verbraucher im Sinne von § 13 BGB sind, für ein Stromprodukt der Beklagten telefonisch zu kontaktieren und zu bewerben, ohne dass der Anrufer zu Beginn des Gesprächs seinen vollen bürgerlichen Vor- und Nachnamen nennt.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 432,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. Juni 2015 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Widerklage wird abgewiesen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet, die Widerklage ist unbegründet.
I.
Entscheidung über die Klage.
1. Die Klage ist zulässig. Denn die Klägerin ist Mitbewerberin der Beklagten auf dem Strommarkt in B. (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG). Das Klagebegehren ist nicht missbräuchlich (§ 8 Abs. 4 UWG).
2. Die Klage ist begründet. Denn Herr M. L. hat bei den Anrufen im Oktober und November 2014 bei den Kundinnen der Klägerin Frau M. G. und B. R. seine Identität nicht offengelegt (§ 312a Abs. 1 BGB). Herr M. L. handelte als Beauftragter der Beklagten im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG. Dies hat die Beklagte im Termin vom 6. April 2016 ausdrücklich eingeräumt (Bl. 106 d.A.). Es ist unstreitig, dass er sich den beiden Frauen unter dem (falschen) Namen „Alexander Frey“ vorgestellt hat. Unstreitig ist weiter, dass die Beklagte in dem Verfahren 13 HK O 5/15 vor dem Landgericht Bayreuth, das die beiden Anrufe zum Gegenstand hatte, von Anfang an mitgeteilt hat, dass sich hinter dem Namen „Alexander Frey“ Herr M. L.“ verbirgt.
Der Ansicht der Beklagten, dass damit § 312a Abs. 1 BGB genüge getan sei, folgt das Gericht nicht. Die Beklagte ist der Meinung, dass als „Anrufer“ im Sinne des § 312a Abs. 1 BGB das Unternehmen gemeint ist, für das angerufen wird, nicht aber der Mitarbeiter oder beauftragte des anrufenden Unternehmens. Denn den Angerufenen – so die Beklagte – komme es nur darauf an zu erfahren, von welchem Unternehmen sie kontaktiert werden, nicht aber auf den Namen der Personen, die anrufen (Bl. 26-30 d.A.).
Diese Rechtsansicht widerspricht dem Wortlaut des seit 16. Juni 2014 geltenden § 312a Abs. 1 BGB. Die Vorschrift unterscheidet ausdrücklich zwischen einen anrufenden Unternehmer und den Personen, die für ihn anrufen. Ausdrücklich wird bestimmt, dass der Anrufer (also endweder der Unternehmer oder die von ihm beauftragte Person) „seine Identität“ offenzulegen hat. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich somit, dass der kontaktierter Verbraucher einen Anspruch darauf hat zu erfahren, mit welcher Person er telefoniert. Wenn der Name des Anrufers daher von dem des Unternehmers abweicht, hat er seine Identität durch Nennung seines Namens offenzulegen (ebenso Palandt, BGB, 75. Auflage, § 312a RndNr. 2). Entscheidend ist, dass durch die Nennung des Namens die Person des Anrufers identifiziert werden kann. Dies konnten die angerufenen Frauen M. G. und B. R. nicht, selbst wenn sie wussten, dass sie von der Firma E. GmbH, der Beklagten, kontaktiert wurden. Denn eine Person mit dem Namen „Alexander Frey“ war bei der Beklagten nicht beschäftigt. Dass die Beklagte die Person des Anrufers M. L. in dem Verfahren 13 HK O 5/12 offenlegte, ändert hieran nichts. Denn die Pflicht zur Offenlegung der Identität besteht zum Zeitpunkt des Anrufes. Die Pflichtverletzung entfällt nicht nachträglich deshalb, weil sich die Beklagte zur Offenlegung bereit erklärte.
§ 312a Abs. 1 BGB ist eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3 Nr. 11 UWG. Die unterbliebene Offenlegung der Identität des Anrufers M. L. beeinträchtigt die Interessen der angerufenen Frauen spürbar im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG (Köhler/Bornkamm, UWG 33. Auflage, § 4 RndNr. 11.170 und 11.170a). Die Ansicht der Beklagten, dass es dem Verbraucher letztlich gleichgültig sei, mit welchem Beauftragten oder Mitarbeiter eines Unternehmens er spricht, wenn nur erfährt, in wessen Auftrag dieser anruft, teilt das Gericht. Der mündige Verbraucher hat einen Anspruch darauf zu erfahren, mit wem er telefoniert. Hieran hat er auch ein Interesse. Denn nur so ist es ihm möglich, bei späteren Rückfragen oder Reklamationen auf die Person, mit der er bereits telefoniert hat, Bezug zu nehmen. Die Nennung eines falschen Namens beeinträchtigt die Interessen eines Verbraucher daher spürbar.
Der Antrag der Kläger ist auch nicht zu weitgehend. Zwar verpflichtet § 312a Abs. 1 BGB nur zur Offenlegung der Identität des Anrufers. Dieser Verpflichtung konnte der Anrufende M. L. nur durch Nennung seines Namens nachkommen. Ein anderer Weg, um den angerufenen Frauen zu vermitteln, mit welcher Person sie sprechen, ist nicht ersichtlich.
3. Der Klageantrag Ziffer 2. ist in Höhe von 432,50 Euro netto begründet (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG). Die Klägerin hat die Kosten für die vorgerichtlichen Abmahnungsgebühren auf Seite 7 der Klageschrift (Bl. 15 d.A.) richtig berechnet, allerdings von einem Geschäftswert von 50.000,- Euro ausgehend. Da dieser aber mit 15.000,- Euro anzusetzen ist, ergibt sich folgende Rechnung:
– Geschäftsgebühr gem. §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 VVRVG: 1,3.845,00 Euro
– Pauschale für Post und Telekommunikation 20,00 Euro
…
Summe: 865,00 Euro
Davon 1/2: 432,50 Euro
Dieser Betrag ist ab 26. Juni 2015 zu verzinsen (§§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB. Die Beklagte ist ab diesem Zeitpunkt in Verzug (K4).
II. Entscheidung über die Widerklage
Die Widerklage ist unbegründet. Denn die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen erstattungsfähigen Anspruch. Sie wurde von der Klägerin zurecht auf Unterlassung in Anspruch genommen. Insofern wird auf die Ausführung oben I. Bezug genommen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.