IT- und Medienrecht

Werbung für Leuchtmittel ohne Energieverbrauchskennzeichnung

Aktenzeichen  41 HK O 890/19

Datum:
10.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MD – 2020, 451
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Amberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3a
VO (EU) Nr. 2017/1369 Art. 6

 

Leitsatz

1. Art. 6 VO (EU) Nr. 2017/1369 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Delegierten VO (EU) Nr. 874/2012 sind Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG.  (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verstoß gegen die Vorschriften des Art. 6 VO (EU) Nr. 2017/1369 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Delegierten VO (EU) Nr. 874/2012 ist in der Regel geeignet, Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Vorstand der persönlich haftenden Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu werben, wenn dies geschieht wie in ihrem Prospekt … gültig vom 11.06.-15.06.2019 (KW24) auf Seite 22 für das Produkt „Philips LED Scene Switch“.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Nr. 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000 € und hinsichtlich Nr. 2 in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Dem nach § 8 Abs. 3 Nummer 2 UWG klagebefugten Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zu.
Der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG besteht, weil die Werbung der Beklagten als geschäftliche Handlung nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, weil unlauter war. Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Bei der VERORDNUNG (EU) 2017/1369 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 4. Juli 2017 und der DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) Nr. 874/2012 DER KOMMISSION vom 12. Juli 2012 handelt es sich um gesetzliche Vorschriften in diesem Sinne, § 2 EGBGB. Diesen gesetzlichen Vorschriften handelte die Beklagte zuwider. Denn nach Art. 6 der Verordnung (EU) 2017/1369 war die Beklagte als Händlerin verpflichtet, in visuell wahrnehmbarer Werbung oder in technischem Werbematerial für ein bestimmtes Modell auf die Energieeffizienzklasse des Produkts und das Spektrum der auf dem Etikett verfügbaren Effizienzklassen gemäß dem einschlägigen delegierten Rechtsakt hinzuweisen. Nach Art. 4 Absatz 1b) der Delegierte Verordnung (EU) Nummer 874/2012 hatte die Beklagte dafür zu sorgen, dass in jeglicher Werbung sowie in allen offiziellen Preisangeboten oder Ausschreibungsangeboten, in denen energiebezogene Informationen oder Preisinformationen für ein bestimmtes Modell bekannt gegebenen werden, die Energieeffizienzklasse angegeben wird. Diesen unionsrechtlichen Vorgaben entsprach die verfahrensgegenständliche Werbung der Beklagten nicht. Die unionsrechtlichen Vorschriften stellen Marktverhaltensregeln im Sinne von § 3a UWG dar. Nach der Erwägung 2 zur Verordnung (EU) 2017/1369 gilt: Die Energieverbrauchskennzeichnung versetzt Kunden in die Lage, sachkundige Entscheidungen auf der Grundlage des Energieverbrauchs von energieverbrauchsrelevanten Produkten zu treffen. Informationen über effiziente und nachhaltige energieverbrauchsrelevante Produkte leisten einen wesentlichen Beitrag zur Energieeinsparung und zur Senkung von Energiekosten und fördern zugleich Innovationen und Investitionen in die Herstellung energieeffizienterer Produkte. Die Verbesserung der Effizienz der energieverbrauchsrelevanten Produkte durch sachkundige Entscheidungen der Kunden und die Harmonisierung der einschlägigen Anforderungen auf Unionsebene kommt auch Herstellern, der Industrie und der Wirtschaft in der Union insgesamt zugute. Erwägung 10 lautet auszugsweise: Die Bereitstellung korrekter, sachdienlicher und vergleichbarer Informationen über den spezifischen Energieverbrauch von energieverbrauchsrelevanten Produkten erleichtert dem Kunden die Entscheidung für Produkte, die während des Gebrauchs weniger Energie und andere wichtige Ressourcen verbrauchen. Damit handelt es sich eindeutig um Normen, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß der Beklagten gegen die unionsrechtlichen Vorgaben ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Soweit eine Marktverhaltensregelung einen konkreten Verbraucherschutz bezweckt, ist eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher bzw. von Verbrauchergruppen grundsätzlich nur dann zu bejahen, wenn der Verstoß geeignet ist, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dies ist im Regelfall zu bejahen (vergleiche Köhler/Bornkamm: UWG, 34. Aufl., § 3a UWG Rn. 1.103). So verhält es sich vorliegend. Ohne die Angabe der Energieeffizienzklasse und das Spektrum der zur Verfügung stehenden Energieeffizienzklassen war die Werbung geeignet, Verbraucher zu Kaufentscheidungen zu führen, die sie bei Kenntnis der erforderlichen Energieeffizienzangaben nicht getroffen hätten. Schließlich ist durch den Erstverstoß die Wiederholungsgefahr im Sinne von § 8 Abs. 1 UWG indiziert. Überdies folgt die Wiederholungsgefahr aus dem Umstand, dass die Beklagte ein unlauteres Verhalten in Abrede stellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit der Kläger zunächst in seinem angekündigten Klageantrag Lampen und Leuchten benannte, bedingt dies keine andere Kostenentscheidung. Die Werbung erfolgte für eine Lampe. Eine Werbung für eine Leuchte ohne Angabe der Energieeffizienzklasse oder des Spektrums der zur Verfügung stehenden Energieeffizienzklasse würde nämlich einen kerngleichen Verstoß darstellen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Verkündet am 10.02.2020


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