Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses: Gültigkeit des Ermächtigungsbeschlusses, einen Rechtsanwalt zu bestimmtem Stundensatz zu beauftragen

Aktenzeichen  484 C 967/16 WEG

Datum:
4.8.2016
Fundstelle:
ZMR – 2017, 268
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG WEG § 27 Abs. 3 Nr. 7
RVG RVG § 3a Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Liegt ein Ermächtigungsbeschluss gem. § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG vor, kann der Verwalter selbst entscheiden, welchen Rechtsanwalt er beauftragt. Es bedarf dabei grundsätzlich keiner Kenntnis der Eigentümer, welche Kosten damit verbunden sind. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dabei kann der Verwalter auch ermächtigt werden, einen Rechtsanwalt zu einem bestimmten Stundensatz zu beauftragen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Klage wird abgewiesen
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages
IV. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt

Gründe

Die Klage ist zulässig.
Es ist das Wohnungseigentumsgericht zuständig gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG.
Es liegt hier auch keine unzulässige Teilanfechtung vor. Der Kläger hat klargestellt, dass er den gesamten Beschluss unter TOP 1 c anficht. Der Klageantrag ist jedoch dahingehend auszulegen, dass hier eine vollumfängliche Beschlussanfechtung gewollt war. Der Klageantrag ist so auszulegen, dass er dem wohlverstandenen Interesse des Klägers entspricht. Hätte der Kläger gewusst, dass eine Teilanfechtung unzulässig wäre, so hätte er von Anfang an den gesamten Beschluss angefochten, was dadurch deutlich wird, dass der Kläger zuletzt den Antrag gestellt hat den gesamten Beschluss für ungültig zu erklären. Greift der Kläger einen nicht abtrennbaren Teil an ist in der Regel von einer vollen Anfechtung auszugehen (BGH ZWE 2013, 47 Rn. 11). Es liegt demnach eine vollumfängliche Anfechtung des Beschlusses unter Top 1 c vor.
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Beschluss entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Entscheidungserheblich ist, dass der Verwalter gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG wenn, so wie hier eine Ermächtigung vorliegt, Ansprüche gerichtlich geltend zu machen berechtigt ist und einen Aktivprozess für den Verband führen darf. Wenn ein derartiger Beschluss vorliegt, kann der Verwalter alle erforderlichen Maßnahme in die Wege leiten, also entweder selbst Klage erheben oder aber einen Rechtsanwalt hierfür beauftragen. Der Verwalter kann dann gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG selbst entscheiden welchen Rechtsanwalt er beauftragt. Es bedarf deshalb grundsätzlich keinerlei Kenntnis der Wohnungseigentümer darüber, welche Kosten mit der beabsichtigten außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen verbunden sind. Es genügte grundsätzlich ein Beschluss, dass der Hausverwalter mit der Durchsetzung der außergerichtlichen und gerichtlichen Ansprüche beauftragt wird. Dabei bedarf es auch in keiner Angabe wie die entstehenden Prozesskosten finanziert werden sollen. Vielmehr ergibt sich, dass die Prozesskosten über die Instandhaltungsrücklage finanziert werden. Es bedarf auch keines von den Eigentümern auszuübenden Auswahlermessens denn eine Delegation auf den Hausverwalter ist gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG zulässig. Daher bedarf es auch nicht der Einholung von mindestens 3 Alternativangeboten von Anwaltskanzleien.
Werde der Beschlusses so gefasst, dass der Hausverwalter grundsätzlich berechtigte wäre die Ansprüche der WEG außergerichtlich und gerichtlich durchzusetzen, so wäre der Beschluss ordnungsgemäß und nicht anfechtbar und der Verwalter wäre berechtigt einen Rechtsanwalt nach seiner Wahl zu beauftragen. Nunmehr kann es keinen großen Unterschied machen, ob der Hausverwalter zu einem bestimmten Stundensatz berechtigt ist einen Rechtsanwalt zu beauftragen, zumal es durchaus in München übliche Praxis ist einen Fachanwalt zu einem bestimmten Stundensatz zu beauftragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass solche Zeit-Honorarvereinbarungen nach § 3 a Abs. 2 S. 1 RVG der Angemessenheitskontrolle unterliegen, so dass sie im Verhältnis zum Streitgegenstand und zum festgesetzten Streitwert nicht zu einer völlig unverhältnismäßigen Vergütung führen dürfen. Dies ist jeder Stundensatzvereinbarung immanent und braucht nicht gesondert beschlossen zu werden. Dadurch wird aber die Zeithonorarvereinbarung gedeckelt und das Risiko der Wohnungseigentümer ist nicht unverhältnismäßig hoch mit Kosten belastet zu werden, die überhöht sind. Wenn nun der Hausverwalter gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG berechtigt ist einen Rechtsanwalt zu beauftragen, so muss er auch berechtigt sein dies auf einem Zeithonorarbasis zu tun, wobei hier die Höhe des Zeithonorars durch Beschlusses geregelt worden ist.
Auch verstößt der Beschluss nicht gegen § 1 Abs. 1 S. 1 Preisangabenverordnung. Diese Regelung bezieht sich auf das Vertragsverhältnis, also die Vergütungsvereinbarung selbst, jedoch nicht auf einen Beschluss einer WEG.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Mangels anderer Anhaltspunkte kommt hier der mittlere Regelstreitwert von 5.000,00 Euro zur Anwendung.

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